Panavia Tornado IDS(Revell - Nr. 03987)Produktinfo:
Besprechung:Das Original:Der Tornado ist eines der bedeutendsten Kampfflugzeuge der NATO und bildet aufgrund der modernen Elektronikausrüstung und hervorragenden Flugeigenschaften das Rückgrat der europäischen Luftverteidigung. Er wird bei vier Luftstreitkräften eingesetzt. Die Hauptversion ist die IDS (Interdictor Strike) für Bodenangriffsziele und zur Aufklärung. Die Deutsche Luftwaffe setzt auch die Version ECR ein (Electronic Combat and Reconnaissance). Die ersten Kampfeinsätze erfolgten während des Golfkrieges 1991, zuletzt war der Tornado auch in Afghanistan im Einsatz. Das Aufgabenspektrum des Jagdbombers umfasst die offensive Luftunterstützung der Landstreitkräfte, Abriegelung des Gefechtsfeldes und den Kampf gegen feindliche Luftstreitkräfte am Boden und in der Luft. Er verfügt außerdem über eine elektronische Flugsteuerung und ein automatisches Geländefolgeflugsystem. Durch die schwenkbaren Tragflächen kann der Tornado sowohl Tiefflüge mit hoher Geschwindigkeit als auch Langsamflüge mit geringer Flügelpfeilung bewältigen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei Mach 2,2 in 11.000 m, maximale Waffenzuladung 9.000 kg. Das JaboG 33 Büchel hat anläßlich des 50-jährigen Bestehens am 8.10.2008 einen Tornado mit einem spektakulären Sonderanstrich versehen. Das Motiv spiegelte die Verbundenheit des Geschwaders mit der Region und den amerikanischen Partnern in Büchel wieder. (Quelle: Revell.de)
Eine kleine Modellgeschichte:Der Tornado war eigentlich immer ein Steckenpferd von Revell. In 1:32 gab es ganze zwei Bausatzformen des Flugzeugs, eine aus den 1980er und eine neuentwickelte aus den 90er Jahren, die auch heute noch vertrieben wird. Beide Modellformen wurden mit jeweils mehreren verschiedenenen Versionen, Typen und Decalvarianten auf den Markt gebracht. Der immer noch aktuelle Revell-Tornado im Maßstab 1:72, eine "verkleinerte" Variante des "modernen" 1:32er Bausatzes, ist meines Erachtens eines der besten Jet-Modelle des Herstellers überhaupt im "kleinen" Maßstab, und auch der 1:144er Toni erfreut sich wegen eines filigranen und stimmigen Gesamteindrucks breiter Beliebtheit. In 1:48 legte Revell in den 1990er Jahren den guten, weil recht formgetreuen Italeri-Bausatz mit eigenen Decalvarianten auf. Daneben gab es noch die Hersteller Heller und Airfix, die sich mit einem Bausatz aus gemeinsam entwickelter Form an die Tornado-Front wagten. Diese beiden Bausätze waren, genauso wie der recht unausgegorene Versuch des Herstellers Esci aus Italien in den 1980er Jahren, von minderer Qualität, und alle drei sollten von Tornado-Fans nicht weiter betrachtet werden. Der chinesische Hersteller Hobby Boss (HB) brachte 2009/ 2010 mehrere Varianten des Tornados aus eigenen Formen heraus. Von den Details und der Modelloberflächen her recht attraktiv, hatte sich HB leider mit der Form des vorderen Rumpfbereiches vertan, welcher im unteren Querschnitt zu schmal ist und die Form des Fliegers relativ deutlich verunstaltet. Außerdem führten die mit einem nach unten gebogenen Rand versehene Cockpithaube, die abgerundete Form der Tailerons und etwas überdimensionierte Flügeltaschen bei vielen Tornado-Kennern zur Kritik und gar Ablehnung des Bausatzes. Allen bisherigen Tornados in 1:48 sind die falsch wiedergegebenen oder gar fehlenden Innenverkleidungen der Lufteinlauftunnel gemein. Während also der Italeri-Bausatz bisher bei vielen Bastlern im Endeffekt als immer noch bester, weil solider, formgetreuer, aber eben recht "grober" Basisbausatz galt, quälte den Tornado-Fan stets die Sehnsucht: ein akkurater, fein detaillierter Bausatz mit den zahlreichen technischen Optionen des Orignals musste her, einer, der dem imposanten Vorbild dieses wichtigen Kampfjets gerecht werden würde. Die Zeit scheint nun gekommen.
Showtime!Bereits nach dem Öffnen der Schachtel (ja, es ist leider mal wieder ein "wabbeliger" Seitenlader-Karton, aber das kennen wir ja schon...) wird eines klar: der Bausatz besteht aus einer schieren Menge an Spritzlingen, vierzehn (!) an der Zahl, von denen zwei zum Bau der Schleudersitze, Räder und Tanks doppelt vorhanden sind. Um es direkt vorweg zu sagen: ich konnte das im Vorfeld der Veröffentlichung des Bausatzes in verschiedenen Internetforen thematisierte "Problem" der angeblich falsch angewinkelten/ "verformten" Windschutzscheibe und der zu "flachen" Cockpithaube nicht nachvollziehen, im Gegenteil: beide Bauteile sind nach meinen Recherchen sowohl subjektiv als auch gemessen an vorliegenden Bildern und verschiedenen Maßstabsplänen stimmig dargestellt. Überhaupt sind Formentreue und Proportionen des Bausatzes meines Erachtens insgesamt sehr gelungen, was insbesondere an den Teilen des Rumpfes, der Tragflächen und dem markanten Leitwerk deutlich wird. Insgesamt enthält der Kit 271 Teile. Revell beschreibt diese Bausatz-Neuentwicklung wie folgt: Bausatzlänge 360 mm, Spannweite 286 mm.
Voilà! Das ist doch mal 'ne Ansage. Ich würde noch hinzufügen:
Da kann einem schon mal der Mund wässrig werden. Und das Auge isst wie immer mit: Die Modelloberflächen wirken durchweg filigran gestaltet, Einzelheiten treten allesamt scharf und unverwaschen hervor. Eine leicht körnig-angeraut wirkende Plastikbeschaffenheit tritt zu Tage, aber alles im "normalen" Bereich. Mit dem ersten Farbauftrag wird das geglättet sein. Und wie gesagt - Details, wohin das Auge reicht. Sehr schön finde ich, dass Revell sogar an die Öffnung der Auxiliary Power Unit (APU) auf der rechten hinteren Rumpfseite gedacht hat. Außerdem liegt auch ein Luftwaffen/EADS-"Recce"-Pod (Aufklärungsbehälter) bei, mit dem man die IDS-Aufklärerversion darstellen könnte. Das Cockpit hat die "alte" IDS-Konfiguration und ist bereits aus der Schachtel super ausgestattet. Bei den Schleudersitzen handelt es sich um die "späte", aber unmittelbar nach Tornado-Einführung in den 1980er Jahren verbreitete und bis heute gebräuchliche Martin Baker MK10A-Variante. Die Sitze sind im Prinzip fein detailliert, die Sitzauflagen haben allerdings sehr stark vereinfachte, aufgedruckte Gurtdarstellungen. O.K., wer das recht simpel gehaltene Gurtzeug nicht bemalen möchte, für den wird die Zubehörindustrie sicherlich bald Abhilfe schaffen, um die in der Tat sehr komplexe "Verzurrung" des Tornadositzes anzubieten, die Revell hier nur spärlich nachgebildet hat. Das Modell ist nicht für die ECR- oder britische ADV-Varianten oder den Upgrade-Zustand ASSTA 1-3 ausgestattet. Letzteres verwundert, weil die ASSTA-3 Variante von Revell als potentieller "Erst-Release" in 2013 angekündigt worden war. Revell wird sicher irgendwann einmal mit diesen Varianten nachziehen, die Modularität des Bausatzes bietet sich geradezu dafür an. Da die vorliegenden Spritzlinge Teile für die britischen LMRTS- und FLIR-"Kinn"-Behälter ("chinpods") und den "Sky Shadow ECM pod" enthalten, könnte man bereits jetzt auch eine britische GR.1 oder eine GR.4-Variante aus dem Bausatz basteln, obwohl der Bau dieser Varianten gem. Bauanleitung und Decals gar nicht vorgesehen ist. Allerdings müsste man dann auch die Klarsichtabdeckung des LMRTS-Pods scratch erstellen (sie liegt komischer Weise nicht bei), eine der Bordkanonenöffnungen verspachteln, und ein paar Antennen zu Rumpf und Leitwerk hinzufügen. Nun ja, es gäbe Aufwändigeres...
Die etwas überfrachtet wirkende Bauanleitung führt uns auf nur 16 Seiten mit ganzen 94 (!) Schritten zum Ziel. Eng gepackt wird man von Schaubild zu Schaubild mit Konstruktionsdetails "bombardiert"; ein Glück liefert Revell für die zahlreichen technischen Optionen (Flaps "raus/ rein"; Lufteinlaufklappen "hoch/ runter"; etc.) auch Zoom-Betrachtungen zum jeweiligen Bauschritt, so dass man sich ein genaues Bild machen kann.
Kleine Abzüge gibt es für das Fehlen jedweder Bombenzuladung und für die wirklich sehr einfach gestalteten Sidewinder-Raketen. Die sehen aus wie "Dummies", nicht aber wie die am Toni verwendeten Typen, ebenso das Staurohr an der Flugzeugnase - das hat mit dem Original wirklich nichts zu tun. Schade ist zudem, dass die Luftbetankungssonde (In- Flight Refuelling Probe/ IFR) aussschließlich im eingeklappten Zustand vorhanden ist. Hier bleibt einem nur die alten Airfix/Italeri-Kits auszuräubern! Der BOZ-Pod wurde von Revell im leeren Zustand (ohne Flares) und ohne Düppelaustoßöffnung dargestellt. Hier fehlt es an Tiefe, weil die modellierten Flarekartuschenöffnungen ein wenig "schwammig" wirken, aber das lässt sich problemlos mit Aufbohren der jeweiligen Öffnung beheben. Das Bugfahrwerk entspricht der ab dem 3. Produktionslos gefertigten "späten" Variante mit einem Scherenbein, was natürlich die Darstellung verschiedener IDS-Vorbilder einschränkt, die mit dem von Dowty-Rotol gefertigten Dualscherenbein ausgestattet sind/waren. Die einfach und recht grob strukturierten Fahrwerkschächte sind komplett ohne Leitungen und Applikationen ausgebildet - den ambitionierten Scratchbauer und vor allem die Zubehörindustrie wird das freuen. Ich für meinen Teil kann das auch ohne "Tuning" verschmerzen, denn beim stehenden Modell fällt das Fehlen der inneren Strukturen in diesen Bereichen eh kaum auf.
Eine konstruktionstechnische Besonderheit des Bausatzes stellen die mitschwenkenden Außenlastenträger/Pylone unter den Flügeln dar. So ist vorgesehen - vorausgesetzt, man hat den Mechanismus dazu eingebaut - dass sich die Pylone mit daran befestigten Außenlasten wie beim Original beim Schwenken der Flügel (diese sind beim Modell mit einem groben Zahngetriebe im Rumpf verbunden) gleichzeitig parallel ausrichten. Da die Flügeltaschen an den Tragflächenwurzeln allerdings nur einen bestimmten Schwenkwinkel zulassen, muss man sich hier während des Zusammenbaus für einen Winkel entscheiden, damit die Flügeltaschen entsprechend zurechtgeschnitten werden können, und keine Spalten entstehen. Außerdem sollte man bei dem Prozedere berücksichtigen, dass die Landeklappen beim Original-Toni nur bis zu einem bestimmten Schwenkwinkel der Flügel ausfahren werden können. Ich persönlich halte solche funktionalen "Gimmicks" bei Modellbausätzen (Stichwort "Standmodell", nicht "Spiezeug"!) für überflüssig, aber technisch/mechanisch interessant ist es allemal.
Aktualisierung im Dezember 2022 - PassgenauigkeitDer Kit hat trotz der komplexen Konstruktion eine erstaunlich gute Passgenauigkeit. Nach eigenen Bastel-Erfahrungen (ich habe den Kit erstmals im Jahr 2021 gebaut) teile ich die im Netz vertretene Auffassung, dass der sehr stark modulare Aufbau des Bausatzes definitiv nichts für Anfänger ist. Passprobleme gibt es im Bereich der aus drei Teilen bestehenden Lufteinlässe, bei denen ein leichter Kantenversatz entstehen kann, und beim Aufkleben der Rumpfoberschale/Rumpfdeckel auf den Unterbau, dessen hinterer Bereich eventuell zurechtgeschliffen/angepasst werden muss, wenn man nicht präzise genug arbeitet. Ebenso gibt es Anpassungsbedarf an der Rumpfunterseite. Die Naht ist geschickt platziert, aber eben immer noch sichtbar, so dass auch hier leicht "nachgetrimmt" werden muss. Insgesamt ist die Nacharbeit am Kit nichts Gravierendes, was der Modellbauer nicht mit ein wenig Geduld und Spachtelmasse in den Griff bekommen kann. Wirklich fummelig ist die Konstruktion der Vorflügelklappen, die wegen ihrer Filigranität extrem vorsichtig in die entsprechenden Flügelöffnungen eingepasst werden müssen. Hinzu kommen sehr filigrane Landeklappen, die lediglich an drei Kontaktpunkten an die Tragflächenhinterkanten geklebt werden sollen. Hier ist die Stabilisierung mit jeweils zwei kleinen Stücken Stahldraht als "Überbrückungshilfe" empfehlenswert. Tricky ist auch die Montage der Fahrwerke, die nicht nur mit zahlreichen Anbauteilen versehen werden, sondern auch mit viel Geduld und Spucke eingebaut, ausgerichtet und stabilisiert werden müssen. Dabei sind mir die beiden vierkantigen Plastikachsen für die Aufnahme der Räder an den Hauptfahrwerksstreben abgebrochen, so dass ich dort stabile Metallachsen aus Messingrundprofilen einsetzte.
Die Bemalungshinweise werden wie bei Revell üblich mit hauseigenen Farben angegeben, leider auch diesmal ohne RAL- oder andere Standardbezeichnungen. Fünf Farbtöne sollen aus Revellfarben zusammengemischt werden. Es liegt nur eine Decalvariante bei, die allerdings eine ganz besonders gelungene Jubi-Lackierung des JaboG 33 in Büchel darstellt. Mein abschließendes Urteil des Bausatzes (Skala zwischen 0/"schlecht" bis 5/"Spitze") lautet: Detaillierungsgrad: 4,5 von 5; Formtreue: 4,5 von 5; Oberflächentextur: 4,5 von 5; Handling/Einfachheit des Zusammenbaus: 1,5 von 5 - sehr komplex!; technische Darstellungsvielfalt: 5 von 5; Ausstattung mit Zubehör: 2,5 von 5; Passgenauigkeit: 4 von 5 (nach eigenen Erfahrungen). Weitere Details des Kits in NahaufnahmeFlügeloberseite. Die Hauptfahrwerkschächte. Die leider recht einfach gestaltete Sidewinder-Rakete. Darstellbare Maschinen:
Stärken:
Schwächen:
Anwendung:
Fazit:Horrido - endlich! Ein Toni, wie ihn sich jeder Flugzeugfan wünscht. Mit ein wenig Geduld und Konstruktionsgeschick kann man bereits "aus der Schachtel heraus" ein detailliertes, bestechendes Modell mit vielen Konfigurationsmöglichkeiten bauen. Weitere Infos:Referenzen:
Anmerkungen: Redaktionelle und inhaltliche Überarbeitung des Artikels im Dezember 2022 durch den Autor. Diese Besprechung stammt von Alexander Jost - 03. Juni 2014 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |
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