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Focke-Wulf Fw 190 A-5

Beuteflugzeug

von Roland Sachsenhofer (1:48 Hasegawa)

Es gibt wenig Gelegenheit, bei der Beschäftigung mit der Weltkriegs-Fliegerei auf ausgesprochen farbig-bunte oder farbig zumindest ausgefallene Lackierungen zu treffen. Nur in einem Bereich findet man eine lückenlos hohe Dichte von spektakulären „Sonderlackierungen“: bei erbeutetem Fluggerät der jeweiligen Gegenseite! Aber es ist nicht nur das vielfarbige Erscheinungsbild, das fasziniert: wie zu zeigen sein wird, erweisen sich Beutemaschinen neben ihrer farblichen Gestaltung auch als eine hochspannende Angelegenheit.

Focke-Wulf Fw 190 A-5

Allein schon die banal klingende Frage, wieso ein nicht unerheblicher Aufwand getrieben wurde, an gegnerisches Flugzeugmaterial zu kommen, zeitigt eine Reihe von interessanten Antworten. Zum einen stößt man auf naheliegende Gründe: in einem Zeitalter, in dem Sieg und Niederlage wesentlich von der technischen Überlegenheit des eigenen Kriegsgeräts über jenes des Gegners bestimmt wird, ist das Wissen über die technischen Fähigkeiten des Gegners essentiell.

Focke-Wulf Fw 190 A-5

Focke-Wulf Fw 190 A-5

So sind gegnerische Spitzentechnologien wie etwa die in Nachtjäger eingebauten neuesten Funkmessanlagen oder innovative Turbinenantriebe natürlich höchst begehrte Beute. Wo und wie auch immer diese High-Tech auf die eigene Seite gelangte - durch Überläufer, über Navigationsfehler oder gar im Zuge der Beschaffung durch eigene Kommandounternehmen - wurde das Stück feindlicher Spitzentechnik rasch auf Herz und Nieren überprüft und ausgewertet.

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Die Aufmerksamkeit konzentrierte sich aber nicht nur auf die neuesten Innovationen. Ein in die eigene Hand gefallenes gegnerisches Flugzeug bot die unschätzbare Gelegenheit, real und tatsächlich erflogen werden zu können. Daraus gewonnene Erkenntnisse konnten direkt in taktische Vorgaben für die eigenen Besatzungen umgemünzt werden - und so Leben retten und Kampagnen entscheiden. Ein eindrucksvolles Beispiel dazu gibt hier etwa die britische Testpiloten-Legende Eric „Winkle“ Brown, wenn er in seinem Buch „Wings on my Sleeves“ beschreibt, wie von ihm und seinen Testpiloten-Kollegen Messerschmitt Bf 109 bis an ihre Belastungsgrenzen – oder darüber hinaus - getrieben wurden. Im Sturzflug sollten die deutschen Flugzeuge in kritische Hochgeschwindigkeitsbereiche gebracht werden, um ihre Mach-Zahl herauszufinden. Bei diesem Wert nahe an der damals noch unbekannten „Schallmauer“ beginnen die Ruder eines Flugzeugs durch die sich ablösende Grenzschicht „festzufrieren“ oder gar ihre Wirkung umzukehren, Stoßwellen der zu einer Mauer verdichteten Luft führen schlussendlich zu nicht mehr zu kontrollierenden Flugzuständen und einem Zerlegen des Flugzeuges. Kurzum: jenes Flugzeug, dass eine höhere Mach-Zahl aufwies, konnte schneller stürzen! Was hier unter Einsatz ihres Lebens herausgefunden wurde, waren also für die Taktik des Luftkampfes essentielle Informationen.

Eine recht interessante Frage ist natürlich auch, in welchem organisatorischem Rahmen das fliegerische Erproben der gegnerischen Maschinen stattgefunden hat. Der Wichtigkeit der Sache entsprechend hatte so gut wie jede Seite eigene Institutionen, in denen diese Auswertungen stattfinden konnten. Deutschland besaß mit der etwas salopp „Zirkus Rosarius“ genannten 2. Staffel des „Versuchsverbandes Oberkommando der Luftwaffe“ eine eigene Einheit, die die Vorführung der erbeuteten Feindmaschinen vor Einsatzpiloten der Luftwaffe als Auftrag hatte. In der Regel waren die Flugzeuge des „Zirkus Rosarius“ davor in der „Erprobungsstelle Rechlin“, mit der man im engen Austausch stand, technisch erprobt und ausgewertet worden.

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In Zusammenhang mit Rechlin und den Flugzeugen des „Zirkus Rosarius“ ist auch das bis heute geheimnisvolle „KG 200“ zu nennen. Teile dieses unter strengster Geheimhaltung operierenden Verbandes führten verdeckte Operationen mit erbeuteten B-24 Liberator oder B-17 Flying Fortress über besetzten und feindlichem Gebiet aus, um Agenten abzusetzen oder die Spionagetätigkeit der eigenen Seite zu unterstützen. Dies sind ebenfalls Aspekte, die mit dem Thema „Beuteflugzeug“ zu verbinden sind!

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Die Gegenseite hatte ebenfalls ihren „Zirkus Rosarius“: auf britischer Seite fand die Erprobung von Beuteflugzeugen bevorzugt beim „No. 1426 Flight“ der Royal Air Force statt. Diese Einheit, damals spaßeshalber dank ihrer Ausstattung mit Ju 88, Bf 109, He 111, Fw 190 etc. auch „Rafwaffe“ genannt, machte, analog zum Zirkus Rosarius, die eigenen Flieger mit den Beutemaschinen bekannt. Die eigentliche fliegerisch-technische Auswertung dagegen fand meist beim „Aerodynamics Flight of the Experimental Flying Department“ sowie beim „Wireless & Electrical Flight“ (W&EF) mit Basis in Duxford statt.

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Neben der Erprobung in den angesprochenen großen Testzentren ergab sich durch die sich verschiebenden Frontverläufe auf allen Kriegsschauplätzen eine weite Palette an Gelegenheiten zu informeller, „wilder“ Erprobung- und damit kommen wir auch der hier gezeigten erbeuteten Fw 190 A-5 auf die Spur!

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Zur Vorbildmaschine: Fw 190 A-5, 325th FG

In den Quellen taucht diese Fw 190 mit unbekannter Werknummer im Frühjahr 1943 als Beute der 317th FS/ 325th FG in Lesina, einem nahe Foggia gelegenen Fliegerhorst, auf. Die ansprechende Lackierung in Blau, Rot und Gelb bekam die Maschine anlässlich ihrer vor Ort stattfindenden Flugerprobung verpasst, der auffallende Anstrich sollte wohl Beschuss durch die eigene Seite verhindern. Als „Testpilot“ ist 1st Lt. Jack Snifton von der der 317th FS aktenkundig geworden. Die erbeutete Jagdmaschine bekam bald wegen verschlissener Reifen Flugverbot, das aber nach Instandsetzung wieder aufgehoben werden konnte. Mit dem Abzug der Gruppe, die im März `45 vom süditalienischen Lesina nach Rimini verlegte, verlieren sich schließlich auch die Spuren dieser besonderen Fw 190.

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Abschließend noch ein paar Worte zur 325th FG: die drei Fighter Squadrons des Verbandes waren zu Beginn diese Zeitraums mit P-47 Thunderbolt ausgerüstet, die aber schon im März 1944 gegen P-51 Mustang eingetauscht werden sollten. Die Hauptaufgabe der 325. FG blieb aber gleich: von ihren Stützpunkten aus wurde vor allem Begleitschutz für Bomberverbände geflogen, die von Italien aus Ziele im süddeutschen und österreichischen Raum ins Visier nahmen. Das inkludierte auch die berühmten „Shuttle“-Angriffe, bei denen nicht mehr nach Italien zurück, sondern zu sowjetischen Basen in Nordosteuropa weitergeflogen wurde.

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Zum Bauprozess

Zur Verwirklichung dieses Projektes wurde zum einen der bewährte und bekannte Bausatz der Fw 190A von Hasegawa verwendet, zum anderen habe ich für die ausgefallenen Markierungen auf den sehr empfehlenswerten Decalbogen „Captured Butcherbirds Part 5“von Karaya zurückgegriffen. Hasegawas „Würger“, 2005 zum ersten Mal aufgelegt, kann noch immer in allen relevanten Kategorien wie Passgenauigkeit, Schönheit der Details und Sinnhaftigkeit des Teileaufbaus überzeugen.

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Was manche als alterstypische Unzulänglichkeit dieses Bausatzes ansehen mögen, habe ich, zumindest bei diesem Projekt, als Vorteil empfunden: der Aufbau ist nicht überkompliziert, sondern führt rasch, gediegen und schnörkellos zu einem soliden Ergebnis. Angesichts mancher Erlebnisse mit Bausätzen jüngeren Datums habe ich speziell die Passgenauigkeit als geradezu phänomenal erlebt. Die Fw 190 stammt übrigens aus jener Verpackung, bei welcher dem Flugzeug nebst entsprechenden Markierungen auch eine Figur Josef Prillers sowie schöngemachte Teile eines BMW 327 Coupé beigelegt sind. Diesen habe ich natürlich auch gebaut, allerdings nicht im Zusammenhang mit dem Thema „Beutefahrzeug“!

Focke-Wulf Fw 190 A-5

Die Auseinandersetzung mit „Beuteflugzeugen“ wird sich als ein Generalthema durch meine Modellbauaktivitäten des kommenden Jahres ziehen. Schon beim ersten Modell dieser geplanten Serie kann ich sagen: dieses Motiv hat mich im besten Sinne durchaus „gefangengenommen“!

Focke-Wulf Fw 190 A-5

Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“.

Focke-Wulf Fw 190 A-5

Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at

Focke-Wulf Fw 190 A-5

Roland Sachsenhofer

Publiziert am 16. Mai 2022

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