German Ju88(HobbyBoss - Nr. 80297)Produktinfo:
Besprechung:Nach Hasegawa und Revell brachte im August 2013 auch Hobby Boss eine Junkers Ju88 C-6 im Maßstab 1:72 auf den Markt (lassen wir mal die alten Bausätze von Revell, AMT/ERTL und Italeri unberücksichtigt). Während Hasegawa und Revell sich gegenseitig durch die Fülle von Details in ihren Bausätzen zu übertreffen suchen, geht Hobby Boss einen ganzen anderen Weg: Easy Assembly sind die Zauberwörter. Und, um es gleich vorweg zu nehmen, das ist Hobby Boss auch gelungen. Die Zahl der Bauteile ist recht gering, Tragflächen und Leitwerk sind bereits verbunden, Fahrwerkgondel und Klappen ein Teil, ebenso besteht der Motorblock aus einem Bauteil. Wenn die Passgenauigkeit noch stimmt, ist dieser Bausatz ein idealer Anfängerbausatz, und sicher können auch Kinderhände hier ein ordentliches Modellergebnis erzielen. Alle Teile sind sauber gespritzt, ohne Grat und mit feinen versenkten Gravuren versehen. Eine super Materialqualität. Auch die transparenten Kanzelteile sind schlierenfrei und die vorhandenen Kanzelverstrebungen erleichtern das Abkleben und Bemalen. Die Verpackung ist exzellent, alle Spritzrahmen sind einzeln verpackt und eingeschweißt. Auch die Decals erhielten eine extra Plastikhülle und das Schutzpapier ist noch einmal festgeklebt. Das Rumpfoberteil ist noch einmal mit Draht an einer Pappe befestigt. Somit kann das Staurohr, das bereits an der Tragfläche angegossen ist, nicht brechen. Die Abmessungen, Blechstöße und Klappen entsprechend weitgehend zumindest meinen Risszeichnungen. Doch dem fortgeschrittenen Modellbauer mit größeren Ansprüchen an Exaktheit und Originalität empfehle ich: Hände weg von diesem Bausatz. Zu diesem Preis erhält man weitaus Besseres. Denn Hobby Boss hat es mit den Details etwas zu easy genommen, da stimmt so einiges nicht. Das geht schon beim Kartonbild los. Der Modell-Prototyp-Bauer hat die Triebwerke um 90° verdreht montiert, so dass sich die Laderverkleidungen oben befinden. Auch das Tarnmuster entspringt seiner Phantasie und hat nichts mit der Splintertarnung der Ju88 zu tun, die übrigens richtig auf dem Bemalungsplan dargestellt ist. (Achtung die beiden Grüntöne sind vertauscht und die Kennung 3U+LV ist auf der rechten Rumpfseite in der falschen Reihenfolge dargestellt). Hobby Boss macht aus dem schweren Jäger / Zerstörer offensichtlich eine Trainingsmaschine, denn im normalerweise dreisitzigen Cockpit finden sich nur zwei Sitze. Beide in Flugrichtung und mittig ausgerichtet. Das hat ziemlich wenig mit der Ju88 zu tun. Außerdem sind die Sitze vertauscht, der Sitz mit dem gepanzerten Kopfschutz ist der Pilotensitz. Also B1 nach vorn, B7 um 90° drehen und nach hinten. Und dann auf der linken Seite positionieren und auf der rechten Seite den dritten Sitzplatz ergänzen.
An den Tragflächen befinden sich Halterungen für die Sturzflugbremsen, die die C-6 jedoch nicht trug und die im Bausatz auch nicht vorhanden sind. Diese sollte man entfernen. Die Bodenwanne ist um 5 mm zu weit hinten angeordnet und ragt in die Klappen des Bombenschachtes. Das ist besonders ärgerlich, weil bereits Löcher für die Positionierung vorhanden sind. Außerdem ist in den Rumpf die Struktur der Bodenwanne eingelassen. Will man also die Bodenwanne an die richtige Stelle bringen, müssen Löcher verschlossen und die Rumpfstruktur beseitigt werden – also ist Schleifarbeit angesagt. Nichts mit Easy Assembly! Noch einen gravierenden Fehler zeigen die Motorenverkleidungen: die Ladergehäuse auf der Unterseite sind links und rechts spiegelbildlich angeordnet. Beim Original waren sie aber auf beiden Seiten gleich. Die bereits angegossenen Fahrwerkklappen sind recht dick, kann man vielleicht verschmerzen. Aber dafür bekommt das Heckrad gar keine Klappen. Selber anfertigen. Und wenn man schon mal beim Scratchen ist, sollte man auch gleich die stromlinienförmigen Verkleidungen vor den Auspuffanlagen herstellen. Dass die Auspuffanlagen auf beiden Seiten des Motor gleich sind, kann man vielleicht noch ignorieren. Die Bewaffnung besteht nur aus kleinen Plastikstäben, die von außen (!) auf die Kabine geklebt werden sollen. Die Peilantenne auf dem Rumpfrücken wird mithilfe eines Decals dargestellt. Ach ja, die Decals. Sie sind sauber und versatzfrei gedruckt. Enthalten sind Kennungen, Balkenkreuze, Staffelwappen und für die F1+XM auch die gemalte Bugverglasung. Aber auch bei den Bemalungsvarianten ist Hobby Boss den easy-Weg gegangen, denn beide darstellbaren Maschinen kann man in anderen Bausätzen wiederfinden (Italeri, AMT/ERTL). Da hätte es vielleicht doch mal etwas Neues sein können. Weitere Bilder
Darstellbare Maschinen:
Stärken:
Schwächen:
Anwendung:
Fazit:Die Junkers Ju88 C-6 von Hobby Boss: easy assembly – ja, authentic kit – nein. Gebt diesen Bausatz in Kinderhände und gewinnt Nachwuchs für den Modellbau. In jedem anderen Fall – greift zu anderen Bausätzen! Diese Besprechung stammt von Enrico Friedel-Treptow - 23. September 2013 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |
Modellbauer-Profil Enrico Friedel-TreptowLand: Beiträge: 140 Dabei seit: 2009 Neuste Artikel:Alle 140 Beiträge von Enrico Friedel-Treptow anschauen. Mitglied bei: |