Schnellboot S-100Tiefflieger auf 4 Uhr…von Theo Peter (1:72 Revell)
Zum Modell:Wenn man an Kriegsschiffe aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs denkt, fallen einem sofort die großen Schlachtschiffe, Zerstörer, U-Boote und Flugzeugträger ein. Aber die deutsche Kriegsmarine setzte auch sehr erfolgreich viel kleinere Boote zur Bekämpfung feindlicher Schiffe ein.
Die Schiffswerft Friedrich Lürrsen baute der deutschen Kriegsmarine einen hochseetüchtigen, überlegenen, schnellen und schlagkräftigen Schnellboot-Typ. Selbst bei rauer See war das Schnellboot in der Lage mit extrem hohen Geschwindigkeiten zu operieren. Ebenso besaß das Boot hervorragende Manövrierfähigkeiten und musste bis Kriegsende keiner nennenswerten Kampfwertsteigerung unterzogen werden.
Die S-100 Bewaffnung bestand aus zwei fest eingebauten Torpedorohren mit 53,3cm Durchmesser und vier mitgeführten Torpedo G7A, 2,2cm Maschinenwaffen (davon eine versenkbare mit Drehkranzlafette im Backdeck) und einem 2cm Zwillings-MG in der Mitte des Bootes. Ab 1943 erfolgte eine sukzessive Nachrüstung durch eine achtern eingebaute Bordkanone 3,7cm Flak 36 oder eine vollautomatische 4cm-Bofors-Flak 28, die je nach Verfügbarkeit auf den Booten verbaut wurden. Zwei Maschinengewehre MG 34 oder MG42 wurden auf der Brücke mitgeführt. Im Jahre 1944/1945 wurde achtern teilweise eine 2cm-Flak-Vierling C38 installiert, die sich in Gefechten mit offensiveren Gegnern sehr bewährte. So war das Boot auch vor Angriffen aus der Luft geschützt.
Eigentlich als Torpedojäger entwickelt, wurden die Boote auch als Transportboote und Minenleger eingesetzt. Erst die Entwicklung des Radars und der Feuerleittechnik stoppte die Erfolgsgeschichte der S-Boote.
Die S-100 waren knapp 35 Meter lang und hatten einen Tiefgang von nur 1,67 Metern. Die Anfangs verbauten drei Mercedes Benz MB511-V Viertakt Diesel mit je 2.000 PS (später drei MB501A oder MB511 mit zusammen ca. 7.500 PS Leistung bei mechanischer Aufladung) brachten ihre Kraft auf drei Hochgeschwindigkeits-Schrauben mit 1,1 - 1,23 Metern Durchmesser, die das Boot auf bis zu 43,5 (kurzfristig sogar auf bis zu 48) Knoten beschleunigten.
Nach dem Krieg wurden 107 nicht zerstörte S-100 von den Siegermächten als Kriegsbeute übernommen. Das hier dargestellte S-100 Schnellboot (S 193) wurde im Jahre 1944 von Oberleutnant zur See Horst Schuur kommandiert und war in Ijmuiden in den Niederlanden stationiert und gehörte der 8. Flotte an.
Zum Bau des 1:72 Giganten:Es handelt sich bei diesem Modell um mein erstes „Über"-Wasserfahrzeug im Maßstab 1:72. Als ich den Karton öffnete war ich von der Vielfalt und Qualität der Bauteile überwältigt. Gebaut wurde das fast einen halben Meter lange Modell größtenteils aus der Kiste. Nachdem der Rumpf soweit zusammengeklebt war, wurden die seitlichen Auspuffmündungen, die Kühlwassereinlässe und die Kühlwasserausläufe mit dem Akkubohrer aufgebohrt. Das Deck wurde mit schwarzer Farbe aus der Spraydose lackiert und anschließend mit matter dunkelgrauer Revellfarbe trockenbemalt. Die Aufbauten wurden ebenfalls mit matter grauer Revellfarbe bemalt.
Nach Tipps aus dem Internet musste die Panzerung der Kajüte etwas verschmälert werden. Dies geschah mit einer sehr feinen Feile und dem sparsamen Einsatz von feinem Schmirgelpapier. Erst jetzt wurden das Deck und der Rumpf abgeklebt und mit matter hellgrauer Farbe aus der Spraydose lackiert. Leider musste der Lack wieder ab, da sich der Lack nicht mit dem Kunststoff des Bootes vertrug und viele kleine Blasen entstanden. Nachdem der ganze Lack mühsam abgekratzt war, wurden die zurückgebliebenen Kratzspuren mit sehr feinem Schleifpapier wieder geglättet.
Nachdem der Bausatz nach diesem Lackierunfall nur knapp dem Mülleimer entkommen war, lackierte ich das Modell also nochmals mit hellgrauer Farbe aus der gleichen Spraydose - allerdings grundierte ich das Modell vorher gründlich mit weißem Sprühlack. Und man siehe da - es hat funktioniert. Nach Trocknung der Farbe wurden zahlreiche Rostspuren mit matter hellbrauner Farbe am Schnellboot angebracht. Die Farbe wurde in kleinen Tupfen am Modell angebracht und anschließend mit einem breiten mit Nitroverdünnung getränkten Borstenpinsel Richtung Wasseroberfläche verwischt.
Der Bausatz füllt ganz nebenbei noch die Restekiste. So bleiben je nach gebauter Version zwei Geschütze (in meinem Fall sogar eine Flak 38 Vierlings-Flak), Schlauchboote, Rettungsboote und Wasserbomben für die Grabbelkiste übrig.
Das auf dem Schiffsdeck verwendete Schlauchboot erhielt einen Boden aus in Form geschnittenen Holzstäbchen. Das einmal um das Rettungsboot laufende Seil wurde, nachdem das angegossene Seil mit dem Messer entfernt wurde, durch ein Seil aus Nähgarn ersetzt. Die Rauchgeneratoren enthielten eine Verkabelung aus Nähgarn und Weißleim und zusätzliche Tanks (Druckluftflaschen von Preiser).
Die Öffnungen der Reling wurden mit Ketten (aus einer billigen Modeschmuckkette) geschlossen. Ebenso wurde der Anker an einem Stück Kette befestigt. Die Flagge des Schiffes wurde nicht direkt an den Mast, sondern (wie auf Originalbildern gut zu erkennen) an ein am Mast befestigtes Seil geklebt. Die Flagge selbst wurde auf eine dünne Alufolie geklebt, um diese anschließend in Form biegen zu können.
Die Brückenverglasung wurde mit Sekundenkleber an der Brückenpanzerung verankert. Der auf dem Schiffsdeck angebrachte Kompass wurde mit dem Nassschiebebild aus dem Kit beklebt und anschließend mit kristallklarer Window-Color verglast. Diese Methode ergibt einen wirklich hervorragend realistisch aussehenden Effekt und ist wirklich nicht schwer zu realisieren. Die Verspannung erfolgte aus gezogenen und schwarz bemalten Gussästen. Versiegelt wurde das komplette Modell abschließend mit mattem Klarlack.
Das Diorama:Das Diorama besteht aus Polystyrol, in das die Form des Rumpfes geschnitten wurde. Die Wasseroberfläche wurde mit einem Bunsenbrenner bearbeitet. In das weiche Material wurden die Wellenformen eingearbeitet.
Bemalt wurde die Wasseroberfläche mit Acrylfarbe und dem Pinsel. Nachdem die Farbe getrocknet war, wurde die komplette Wasseroberfläche mit kristallklarer Window-Color bestrichen. In die noch nasse Masse wurde weiße Stopfwatte als Gischt eingearbeitet. Der Hohlraum wurde ebenfalls mit Stopfwatte gefüllt. Nach Trocknung der Window-Color spiegelt die Wasseroberfläche wie in der Realität auch.
Dadurch, dass das Boot nicht fest im Diorama verankert wurde, kann es sowohl als Wasserlinien- als auch als Vollrumpfmodell verwendet werden. Die in das Loch gelegte Stopfwolle verhindert ein Durchscheinen des nicht ganz passgenau ausgeschnittenen Loches.
Die 1:72 Figuren:Die im Diorama eingesetzten Figuren stammen aus dem Revell Bausatz „WWII German Navy Crew 1:72" und dem CMK Kit „1:72 Resin WWII Flying Bridge Crew". Die Revell Figuren sind leider aus wirklich schlecht zu verarbeitendem und zu klebendem Weichplastik. Doch mit einem kleinen Trick gelingt auch die Bearbeitung des Weichplastiks. Die Figuren einfach über Nacht in die Tiefkühltruhe legen.
Fast alle im Diorama eingesetzten Figuren wurden in neue Posen gebracht und anschließend mit matten Revellfarben und dem Pinsel bemalt. Einige der Köpfe stammen aus der Restekiste. Die MP-40 Maschinenpistole stammt von Preiser und ist von hervorragender Qualität. Ebenso stammen das Pistolenhalfter und auch die Munitionsbeutel von Preiser. Wichtig bei der Figurenbearbeitung war mir, dass alle Figuren in die Richtung, aus der die Feindflugzeuge kommen, schauen bzw. zeigen. Ebenso sollten die beiden Flakschützen das Flak auch bedienen und nicht nur auf den Stühlen sitzen und die Hände auf dem Schoss liegen haben. Ich denke, dass mir der Umbau der Figuren recht ordentlich gelungen ist. Die im Diorama eingesetzten Figuren stammen von Revell (Weichplastik) und CMK (Resin). Kurzes Fazit:Der Bau des Modells machte wirklich sehr viel Spaß und zog sich mit einigen Unterbrechungen über fast ein halbes Jahr hin. Dennoch bleibe ich dem Thema WWII Schiffe im Maßstab 1:72 treu und habe mir gleich noch den Airfix Kit „German S-Boat" (das ungepanzerte Vorgängermodell des S-100) zugelegt.
Der Bau des S-100 Revell-Bausatzes ist auch Modellbauneulingen zu empfehlen, obwohl meiner Meinung nach ein wenig Erfahrung im Modellbau nicht schadet. Immerhin muss viel gebohrt, bemalt, lackiert, nachdetailliert, verschiedenste Materialien verbaut und das Boot verspannt werden. Ich hoffe, es gefällt!
Theo Peter Publiziert am 25. April 2018 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |