RNLI Severn Class Lifeboat(Airfix - Nr. 7280)Produktinfo:
Besprechung:Nicht nur Kurioses zum VorbildDer Severn ist der längste Fluss Großbritanniens, er entspringt in Wales und mündet in den Bristolkanal. Eigentlich ist das für diese Besprechung total unerheblich, aber ich konnte einfach nicht der Versuchung widerstehen, das Folgende unterzubringen: Kurioserweise entwickelt sich auf dem Severn ein so massiver Tidenhub (bis zu 15,4 Meter), dass zu günstigen Zeiten Erlebnishungrige auf seiner Flutwelle (dem „Severn Bore“) weit ins Landesinnere surfen können, gerne auch bei Mondschein und über durchaus lange Strecken. Der derzeitige (Juni 2007) Rekordhalter ist Dave Lawson aus Hempsted, Gloucestershire, der volle 5,7 Meilen (9,17 km) am Stück auf dem Severn zurückgelegt hat, und zwar in einer Zeit von über 35 Minuten und unter Kontrolle eines offiziellen Kampfrichters der British Surfing Association – zwar zum Unwillen der zuständigen Behörden, aber zur Freude vieler anderer Landsleute. Soviel zum Thema „ich nehme unnützes Wissen einhundert!“ Solcher Art ist jedenfalls der Fluß, nach dem das RNLI (Royal National Lifeboat Institution) seine größte, ab 1996 eingeführte Rettungsbootklasse benannt hat, die 17 Meter langen Severns, von denen es zur Zeit 46 Stück in Dienst gibt (neun als Reserveboote, der Rest verteilt auf Stationen entlang der britischen und irischen Küsten). Das seit 1854 unter diesem Namen firmierende RNLI ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit Hauptquartier in Poole (Dorset), die zum Großteil aus Spenden finanziert wird. Mit 4600 Männern und Frauen seemännischem Personal, fast durchweg Freiwilligen, werden 332 Rettungsfahrzeuge unterschiedlicher Größe bemannt, die an 233 Rettungsstationen bereitliegen. Die britischen Rettungsfahrzeuge sind durch die Bank weg kleiner als zum Beispiel die deutschen, da bei einem Großteil der Rettungsstationen das Boot über eine Slipanlage oder einen Trailer zu Wasser gebracht werden muß. Neben kleinen Küstenrettungsbooten gibt es auch allwettertaugliche größere Rettungsfahrzeuge, unter denen die Severns die größten sind. Zudem betreibt das RNLI vier Hovercrafts für Rettungsoperationen in für normale Wasserfahrzeuge unzugänglichen Gebieten. Seit der Gründung des RNLI wurden über 137000 Menschenleben gerettet (Stand November 2006). Der Prototyp der Severn-Klasse wurde 1992 vorgestellt und baut auf den Erfahrungen der vorangegangenen Bauklassen auf, besonders der Arun-Klasse von 1971. So ist z.B. die Deckskante im Mittelteil heruntergezogen, um das Aufnehmen von Geretteten zu erleichtern. Bauwerft der Severns, Trents, Merseys sowie der neuen Tamars und FCB 2 ist die Firma Green Marine in Lymington, Hampshire. Green Marine erstellt diese Boote mit besonders stabilen und seetüchtigen GfK – Rümpfen, gut wssserdicht unterteilt, teils ausgeschäumt und kevlar-verstärkt, um den extremen Einsatzbedingungen an einigen der gefährlichsten Küstenabschnitten Europas gerecht zu werden. Die Severns weisen umfassende Navigations- und Kommunikationseinrichtungen auf und tragen als Tochterboot ein Schlauchboot der Y – Klasse. Ihre Rumpfform ist so gestaltet, daß ihre Schrauben auch bei Grundberührungen geschützt sind. Sie besitzen zur Verbesserung der Manövrierfähigkeit ein Bugstrahlruder.
Technische Daten
Das letzte Severn ist 2003 ausgeliefert worden. Derzeit wird die Tamar-Klasse gebaut, die mit 16 Metern Länge zwar etwas kleiner als die Severns ist, aber ähnliche Leistungsdaten hat. Sie weist modernere Elektronikeinrichtungen auf, ein Fly-by-wire-System und besonders gegen Erschütterungen geschützte Sitze erleichtern der Besatzung den Dienst. Zudem kann sie von Slipanlagen eingesetzt werden und ist damit für das RNLI universeller einsetzbar.
Der BausatzZur großen Freude der Schiffsmodellbauer hat die jüngst wiederauferstandene Firma Airfix endlich ihren seit mehreren Jahren angekündigten Spritzgußbausatz eines Severn-Bootes herausgebracht, und er ist tatsächlich auch in Deutschland zu haben – eine erhebliche Verbesserung gegenüber den letzten neuen Bausätzen wie der TSR 2 und dem Wallace und Gromit Anti-Pesto Van. Unser Rezensionsexemplar kommt in einer Schachtel mit richtigem Deckel daher, die prall gefüllt ist mit vier Spritzlingen aus sehr hellgrauem und einem aus klarem Kunststoff. Leider sind sie nicht getrennt verpackt, glücklicherweise weisen die Klarsichtteile nur wenige Kratzer auf – aber schade ist das trotzdem. Die Kunststoffteile sind weitestgehend frei von Gußgraten und Sinkstellen; Auswerfermarken finden sich größtenteils an unproblematischen Stellen. Generell gilt auch für diesen Bausatz von Airfix, daß die Detaillierung nicht so scharf und klar wie bei manchen asiatischen oder osteuropäischen Herstellern ist, ohne daß das jedoch dem Vergnügen Abbruch tun muß. Ein sauber und ohne Versatz gedruckter Decalbogen (in der Vergangenheit keine Selbstverständlichkeit bei Airfix) und ein zwanzigseitiges Anleitungsheft mit farbiger Umschlagseite komplettieren den Kasteninhalt.
Der Bausatz im DetailDas Boot kann sowohl als Vollrumpf- als auch als Wasserlinienmodell gebaut werden, für letztere Option sind Schnittmarken im Rumpfinneren angezeichnet. Es enthält eine komplette Inneneinrichtung des Aufbaus – wieviel davon nachher zu sehen sein wird, steht auf einem anderen Blatt. Spritzling 1 Dieser enthält Seitenteile für Rumpf und Aufbau sowie Teile für den Ständer und diverse Kleinteile, unter anderem die Ruder und den Außenborder des Beiboots. Dessen Schraube sollte ersetzt werden. Spritzling 2 Hier findet sich der Rumpfboden mit den großen Schlingerkielen und den Öffnungen für den Bugstrahlrudertunnel, dazu jede Menge Teile für die Inneneinrichtung, sehr schöne wasserdichte Türen und reichlich weitere Kleinteile. Sinkstellen finden sich an den beiden Suchscheinwerfern, wo sie aber nicht stören, wenn man die Teile ausfräst und verglast. Leichte Sinkstellen finden sich an dem recht massiven und einteiligen Bootskran. Wahrscheinlich fallen sie aber nicht sehr ins Auge. Leider läßt sich der Kran ohne größeren Umbau nur in der gestauten Position einbauen – schade für Modelle in Dioramas. Spritzling 3 Hier finden sich das Deck mit fein wiedergegebenen geschlossenen Lukendeckeln, der Heckspiegel, das Aufbaudach, das Schlauchboot sowie zahlreiche weitere Kleinteile. Spritzling 4 Hier warten die schön modellierten Relings auf einen ruhigen Moment und gute Nerven zum Heraustrennen, Versäubern und Einbauen – sicherlich ein wesentlicher Schritt zu einem schönen Modell. Außer ihnen finden sich die sechs an Flugzeugsitze erinnernden Sitzgelegenheiten für die Crew, Festmacher, Rettungsringe, Handräder sowie die zwei Hauptschrauben und der Tunnel des Bugstrahlruders mit einer schönen kleinen Schraube darin. Die Klarsichtteile Der letzte Spritzling enthält insgesamt elf einigermaßen klare, jedoch eher dicke Klarsichtteile. Leider haben sie ein paar Kratzer von den anderen Spritzlingen abbekommen. In Anbetracht der schönen Inneneinrichtung wäre ein Ersatz durch noch dünneres und möglichst durchsichtiges Material zu überlegen. Spritzling 1 Die DecalsHier hat sich Airfix gegenüber früheren Produkten wirklich verbessert, wie schon beim Anti-Pesto Van zu sehen war. Die Decals sehen sauber gedruckt aus und erlauben die Markierung der Boote von insgesamt 36 Stationen sowie der neun Reserveboote mit dem Stand Juli 2006, erheblich mehr als z.B. bei Alangers Oakley - Rettungsboot. Nicht enthalten sind jedoch die jeweiligen Namensschilder, die einzige Namenstafel enthält nur das Kürzel „RNLB“ ohne den sonst darauf folgenden Namen. Hier habe ich im Modellboard gelesen, daß die Namen aus Rücksicht auf die Spender, nach denen die Boote benannt wurden und von denen keiner bevorzugt werden sollte, weggelassen wurden. Mit allen Namen wäre der Decalbogen (und die dazugehörige Anleitung) wohl auch erheblich größer geworden. Erfreulicherweise enthält der Bogen auch die gelb-roten und weißen Zierstreifen (sowie zusätzliches Streifenmaterial!) - wie sich die Decals tatsächlich verarbeiten lassen, wird sich zeigen.
Die BauanleitungAuch hier hat Airfix sich Mühe gegeben. Klar gezeichnete, gut nachvollziehbare insgesamt 27 Baustufen führen zum Ziel. Die Abfolge ist allerdings nicht durchweg logisch und praktisch - so dürfte es deutlich sinnvoller sein, die Außenhaut des Aufbaus als getrennte Baugruppe herzustellen, die verspachtelt und lackiert werden kann, bevor sie am Rumpf befestigt wird - und nicht Schritt für Schritt wie angegeben. Die Farbangaben in der Anleitung beziehen sich Airfix-typisch auf Humbrol-Farbtöne. Es wird auf die Wasserlinienoption hingewiesen, jedoch sind die zu führenden Schnitte SEHR schmal auslaufend und machen den Zusammenbau des vierteiligen Rumpfes wahrscheinlich sehr schwierig. In Anbetracht des geringen Tiefgangs würde ich den Vollrumpf eher in einer ausgeschnittenen Platte verstecken, als ihn abzutrennen. Zudem wird bei Darstellung „in Aktion“ nahezu immer irgendein Teil des Unterwasserschiffs sichtbar sein – deshalb würde ich von größeren Schneidereien Abstand nehmen, außer das Modell wird vor Anker liegend gezeigt und muß auf eine Glasplatte. Eine Stärke der Anleitung ist die farbig gedruckte Umschlagseite, die auf einer Seite acht Originalfotos eines Severn und auf der Rückseite eine farbige Bemalungs- und Decalübersicht bietet. Das ist zwar nicht gedruckt wie ein Hochglanzmagazin, aber auf jeden Fall hilfreich und ein netter Zug den Modellbauern gegenüber. Die Farbansicht enthält auch eine Liste der Kennungen der einzelnen Rettungsboote.Schade ist, daß als Farbangaben nur Verweise auf Humbrolfarben ohne Angabe der einzelnen Farbtöne gegeben werden. Hier nun eine Auflistung der dazugehörigen Farben:
Stärken:
Schwächen:
Fazit:Ein durchweg empfehlenswerter Bausatz eines interessanten Vorbilds! Weitere Infos:Referenzen:
Diese Besprechung stammt von Frank Spahr - 06. April 2010 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |
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