Saab J 29F Tunnan(Pilot Replicas - Nr. 48-A002)Produktinfo:
Besprechung:Zum VorbildIm Herbst 1945 kam Frid Wänström, Projektleiter von Saab, in die Schweiz und prüfte dort geheime Unterlagen, die ein beim Grenzübertritt verhafteter Angestellter der Messerschmitt-Werke bei sich hatte. Aus diesen ging eindeutig hervor, dass Delta- und Pfeilflügelkonstruktionen den Effekt hatten, „den Luftwiderstand drastisch zu reduzieren“, wenn sich das Flugzeug der Schallmauer näherte. Wänström erkannte deren Bedeutung und begann darauf basierend die Entwicklung der Saab 29, der das Messerschmitt-Projekt P.1101 zu Grunde lag. Im Jahr 1946 bestellte die schwedische Luftwaffe dann drei Prototypen des neuen Düsenjägers. Der erste Prototyp der Saab 29 absolvierte seinen Erstflug am 1. September 1948 mit dem britischen Testpiloten Robert Moore am Steuer. Die Bezeichnung „Tunnan“ (schwedisch für Tonne, Fass) leitet sich vom gedrungenen und etwas bauchigen Erscheinungsbild des Flugzeuges ab. Während manch renommierter Hersteller noch jahrelang mit geraden Tragflächen herumspielte, griffen die Schweden konsequent die deutschen Erkenntnisse auf und bauten mit der Saab 29 das erste in Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg in Serie gefertigte Kampfflugzeug mit Pfeilflügeln, das seinerzeit neben der F-86 und der MiG-15 zu den modernsten Düsenjägern der Welt zählte. Angetrieben wurde die Tunnan von dem in schwedischer Lizenz gebauten De Havilland Ghost DGT3 Radial-Strahltriebwerk mit der Bezeichnung RM2 der Firma Svenska Flygmotor (22 kN Schub). Die Tunnan war mit vier Bofors m/47C 20 mm-Maschinenkanonen (Hispano 804 Mk V) bewaffnet. Auch einen Kriegseinsatz erlebte die Saab 29: für den Einsatz der Vereinten Nationen in Kongo wurden von 1960 bis 1961 neun Saab J 29B und zwei S 29C der Flygvapnet bereitgestellt. Mit 661 Flugzeugen, von denen 308 Maschinen als F-Version aus der B- und E-Version umgebaut wurden, war die Saab 29 das bis heute am meisten produzierte Saab-Muster. Die F-Version erhielt die Tragflächen der E-Version, hier entfielen die Vorflügel zugunsten einer Vorderkante mit Sägezahn, was eine Erhöhung der Geschwindigkeit bewirkte. Die F-Tunnans verfügten über die mit Nachbrenner ausgestattete Version des Ghost/Svenska Flygmotor RM2B-Triebwerks, das rund ein Viertel mehr Schub (27,45 kN) als das Standard-RM2 erzeugte. Die Saab 29 war mit 1.060 km/h Höchstgeschwindigkeit ein schnelles und wendiges Flugzeug, das sowohl als Jagd-, Jagdbomber-, Aufklärungs- als auch als Zielschleppflugzeug effektiv eingesetzt werden konnte. Die Jagdversion wurde 1965 in Schweden aus dem aktiven Dienst ausgemustert und durch die Saab 35 Draken ersetzt. Einziger Exportkunde blieb das österreichische Bundesheer, das 1961 30 J 29F Tunnans kaufte, wo sie bis 1972 im Einsatz blieben. Quelle: Wikipedia, Bauanleitung Der BausatzAnfang/Mitte der 2010er Jahre kamen drei neue Quarterscale-Spritzgussbausäze der Saab 29 auf den Markt: 2011 von AZ Model, HobbyBoss und Pilot Replicas zogen 2015 nach. Neben dem Bausatz mit den schwedischen Versionen brachte Pilot Replicas auch einen mit österreichischen heraus, 2021 folgte noch eine J 29B in Tarnbemalung aus dem Kongo-Einsatz. Dass der Pilot Replicas-Kit als über jeden Zweifel erhaben eingestuft wird, hat seine Gründe. AZ Model hat seiner Tunnan eine zu lange Nase und eine falsch geformte Cockpithaube verpasst, HobbyBoss glaubte wohl, für sein 48er Modell mit zu kleinen Abmessungen Material einsparen zu können – hier müsste korrekterweise ein Maßstab von 1:52 angesetzt werden. Nun könnte man sagen: als schwedischer Hersteller sitzt Pilot Replicas ja auch direkt an der Quelle; aber sehen wir mal nach, was man hier für sein Geld bekommt. Der InhaltDie Bausatzbestandteile findet man sicher in einer stabilen und ausreichend groß dimensionierten Klappdeckelbox untergebracht, sämtliche Spritzrahmen sind aus grauem, wertig und fest wirkendem Material hergestellt und einzeln in Kunststoffbeutel eingeschweißt. Die Teilequalität entspricht dem heutigen Standard; Auswerfermarken an sichtbaren Stellen, Fischhäute oder Sinkstellen sucht man vergebens. Die Oberflächen der Rumpf- und Tragflächenteile sind leicht angeraut, auffallen mögen die teilweise recht großen Angüsse, die ein vorsichtiges, sorgfältiges Abtrennen und Versäubern der Teile erfordern. Während andere Bausatzhersteller sich mit einteiligen Halbschalen für den Bau des Rumpfes zufrieden geben, schafft es Pilot Replicas, den doch verhältnismäßig einfach gestalteten Rumpf der Tunnan in acht Hauptbauteile zu zerlegen. Die wollen dann zwar sauber und sorgfältig eingesetzt bzw. zusammengefügt werden, aber die daraus entstehende Rumpfdetaillierung – zusammen mit den dann noch anzubauenden Kleinteilen - sucht ihresgleichen. Sauber und scharf ausgeführte versenkte Nietreihen und Panellines sind heutzutage gängiger Standard, aber die Darstellung von Panels, die auf der Außenhaut liegen und kleinsten durchbrochenen Lufthutzen ist beileibe keine Selbstverständlichkeit. Einen sauberen Zusammenbau vorausgesetzt, entsteht so ein hervorragend detaillierter Flugzeugrumpf. Sauber und scharf ausgeführte Panellines und Nietenreihen Auch ein Lufteinlaufkanal ist vorhanden, der an das Bugteil anzubauen ist und von einem Teil, das die Triebwerkseinlaufschaufeln zeigt, abgeschlossen wird. Diese Sektion ist separat und in den Rumpf noch nachträglich einbaubar, was die Lackierung sehr erleichtert. Etwas enttäuschend ist der Triebwerksauspuff, der nur aus einem kurzen geraden Rohr besteht, das aus zwei Halbschalen zusammenzubauen ist; eine Nachbildung des Turbinenendes ist nicht dabei. Weiterhin müssen laut Bauanleitung ca. 30 Gramm Gewicht im Bug untergebracht werden, um einen Tailsitter zu vermeiden, aber hierfür dürfte ausreichend Platz vorhanden sein.
Auch beim Cockpit lässt sich der Hersteller nicht lumpen: 15 zu verbauende gut detaillierte Kunststoffteile sind schon eine Hausnummer, und die werden noch durch Ätzteile ergänzt. Der Schleudersitz wird mit Gurtzeug verfeinert, für das Armaturenbrett, das ein schönes und fein ausgeführtes Relief zeigt, gibt es eine Anzahl an Decals für die Instrumentenskalen. Auch Seitenkonsolen mit einigen wenigen Bedienelementen sind zu verbauen; hier ist eine entprechende Bemalung erforderlich, allerdings ist anzunehmen, dass wegen der eigenwillig geformten Cockpitwanne davon später nicht mehr viel zu sehen sein wird. Das Visier besteht aus einem Klarsichtteil, auf dem nach der Bemalung noch ein Decal zu platzieren ist. Schön nachgebildet ist das Instrumentenbrett samt Abdeckung Auf den Tragflächen findet man wieder sehr feine, scharf nachgebildete versenkte Nietreihen und Panellines. An den Tragflächenhinterkanten anmodellierte T-Stücke nehmen die separat anzubauenden Klappen und Querruder auf; am Höhenleitwerk ist das Ruder jedoch fest angegossen. An den Rumpfinnensiten sind Führungsnasen vorhanden, die eine korrekte Montage der Flügel gewährleisten. Vorbildgerecht liegen diesem Kit die Tragflächen mit Sägezahn und ohne Vorflügel bei. In der Höhe des Sägezahns ist ein fein und sehr dünn ausgeführter Grenzschichtzaun über die Tragflächenvorderkante zu montieren – in dieser Form auch nicht alltäglich. Auf der Tragflächenunterseite sind zwar Montagepunkte für Raketenpylone erkennbar, auch Pylone für die Positionierung in der Mitte der Tragflächen sind vorhanden; wie auch immer geartete Außenlasten liegen dem Bausatz aber nicht bei. Man kann dazu stehen, wie man will: Außenlasten gestalten das Modell durchaus interessanter, stören andererseits aber die charakteristischen Linien dieses ungewöhnlichen Flugzeugmusters. Feine Nietenreihen auch auf den Tragflächen Den Bereich des Fahrwerkes sieht man grundsätzlich fein nachgebildet, jedoch lassen sich hier ein paar Schwächen feststellen. Die Fahrwerksschächte dürften ein paar Strukturen mehr haben, viel würde man davon hinterher aber nicht mehr sehen, da die Schächte weitgehend von den Klappen verdeckt werden. Dafür gefällt das Fahrwerk aber wieder: das Bugrad ist mit einem freistehenden Schutzblech abgedeckt, an den Hauptfahrwerksbeinen stechen die filigran ausgeführten, zweiteiligen, extra anzubauenden Scheren am Stoßdämpfer hervor. Die Reifen des Hauptfahrwerkes sind belastet dargestellt, lassen aber leider jegliche Profilierung vermissen. Die gut nachgebildeten und innen hohlen Speichenfelgen entsprechen dagegen wieder dem Vorbild; der Bremsanlage täte aber eine deutlich ausgeprägtere Struktur zweifellos gut. Da die Räder gut zu sehen sind, können Resinteile (z.B. von Aires) hier eine Alternative darstellen, aber eine entsprechende Bemalung der Bausatzteile und die Ergänzung mit Bremsschläuchen dürfte ebenso so manches ausgleichen. Einziges wirkliches Manko ist die Befestigung der Hauptfahrwerksbeine im Fahrwerksschacht: ein kleiner runder Knopf, der in ein entsprechendes Loch im Fahrwerksschacht zu setzen ist, muss als Passhilfe bei einem Kit dieses Qualitätslevels als überaus mager eingestuft werden. Die Position in Längsrichtung gibt die Fahrwerksstrebe vor, in Querrichtung ist das Fahrgestell aber allein anhand eines Maßes aus der Bauanleitung auszurichten. Hier wäre eine längere, massivere (und entsprechend stabilere) Montagehilfe, die die Richtungen eindeutiger vorgibt und eine zuverlässige Befestigung gewährleistet, fraglos eine große Hilfe.Licht und Schatten bei den Rädern Erste Sahne sind dann wiederum die Klarsichtteile. Die Cockpitverglasung ist wunderbar klar, dünn und schlierenfrei hergestellt, ein Lupeneffekt ist kaum erkennbar. Weitere Klarteile sind beispielsweise die Landescheinwerfer und die Positionslichter an den Tragflächenenden. Dazu liegt eine kleine Messingplatine mit neun zweistufig geätzten Teilen bei, die ausschließlich für den Cockpitbereich vorgesehen sind. Die Sitzgurte wurden bereits erwähnt, weiterhin gibt es unter anderem Rückspiegel für die Schiebehaube.
Die Decals......sind auf zwei von Moose Republic hergestellten Bögen verteilt. Der Druck ist sauber, scharf und versatzfrei, selbst kleine Schriften sind noch einwandfrei lesbar. Die verwendeten Signalfarben (Gelb, Rot und Leuchtorange) werden auf dem dünnen, glänzenden Trägermaterial brillant wiedergegeben. Die BauanleitungDie vierseitige, ca. A4 große, englischsprachige Bauanleitung führt in 19 Schritten zum fertigen Modell. Heutzutage ungewöhnlich und deshalb erwähnenswert ist die Historie zum Vorbild auf der ersten Seite (dafür hat man sich eine Teileliste erspart). Weiter geht es mit Hinweisen zur Bauanleitung und einer Tabelle mit Farbangaben zu Paletten von drei verschiedenen Herstellern, ergänzt durch FS-Farbcodes. Die Bauschritte selbst werden durch CAD-Grafiken dargestellt, die grundsätzlich aussagekräftig, aber etwas gewöhnungsbedürftig und teilweise recht klein ausgefallen sind. Trotzdem die Grafiken im Vierfarbdruck erstellt sind, ist Farbigkeit, wie bei großen Bausatzherstellen mittlerweile üblich, leider außen vor geblieben. Ebenfalls ungewöhnlich für eine Bauanleitung ist die hochwertige Ausführung auf Karton mit hochglänzender Nitrolackierung. Anstatt dessen hätte man sich zwei Seiten mehr gewünscht, auf denen manche Baustufen stärker unterteilt oder mit größeren Grafiken deutlicher dargestellt sind.
Die Bauanleitung wird durch eine Bemalungs- und Dekorationsanleitung mit selbem Umfang und Ausführung ergänzt. Hier macht der hochwertige Druck durchaus Sinn, vermitteln die farbigen Vierseitenrisse einen doch recht guten Eindruck, wie das fertige Modell aussehen wird. Die Zeichnungen werden durch Anmerkungen zum Platzieren der Decals und Tipps für die Farbwahl ergänzt. Die erste Seite behandelt die Positionierung der "Standard"-Decals, jede der folgenden Seiten widmet sich der Dekoration einer der drei möglichen Varianten im Naturmetallfinish mit recht farbenfrohen Markierungen.
Darstellbare Maschinen:
Stärken:
Schwächen:
Anwendung: Der komplexe Aufbau und die nicht gerade einfache Montage des Hauptfahrwerkes erfordert ein ordentliches Maß an Modellbauerfahrung. Fazit:Auch wenn der Kit bei vielen Händlern nicht mehr verfügbar ist, kann man doch bei einem großen Auktionsportal fündig werden. Angbote mit Phantasiepreisen müssen ja nicht angenommen werden, und es lohnt sich hier allemal, auf ein adäquates Angebot zu warten. Man erhält einen Bausatz, der auch bereits aus der Schachtel heraus den Bau eines hervorragenden Modells ermöglicht (siehe hier) und bei dem man sich bei der Lackierung mit Naturmetalltönen austoben kann. Für einen erfahrenen Modellbauer, der mit den wenigen Schwächen gut umgehen kann, ist der Bausatz empfehlenswert! Weitere Infos:Anmerkungen:
Diese Besprechung stammt von Roland Kunze - 10. April 2024 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |