1929 Mercedes Benz SSK(Lindberg - Nr. 6601)Produktinfo:
Besprechung:Zum VorbildDie 1927 mit dem Rennsport-Tourenwagen Typ S eingeführte Mercedes-Benz Baureihe W 06 wurde in der Folge zügig ausgebaut. Kurz nach dem im Juli 1928 lancierten Typ SS, der gegenüber dem Typ S stärker als alltagstauglicher Hochleistungs-Reisesportwagen ausgelegt war, ging mit dem Typ SSK ein Fahrzeug an den Start, das nahezu ausschließlich für den Einsatz im Motorsport konzipiert war. Durch ihren langen Radstand von 3.400 mm waren die Typen S und SS zwar außerordentlich fahrstabil, für bestimmte Motorsportwettbewerbe wie die seinerzeit besonders populären Bergrennen fehlte es ihnen jedoch an Handlichkeit und Agilität. Um diesen Nachteil zu beseitigen, kürzte man in Untertürkheim den Radstand des bekannten Typ S-Fahrgestells um stattliche 450 mm auf 2.950 mm und nannte den darauf aufgebauten kompakten Rennsportwagen „SSK“ – „Supersport Kurz“. Da der Typ SSK sowohl in der Sportwagen- wie der Rennwagenklasse an den Start gebracht werden sollte, ließen sich im Bedarfsfall Trittbretter, Kotflügel, Lampen und Verdeck entfernen. Als Antriebsaggregat kam weiterhin der in der Baureihe W 06 verwendete kompressorgeladene Sechszylindermotor mit knapp 7,1 Litern Hubraum zum Einsatz. Nach wie vor bestand der mit nassen Zylinder-Laufbuchsen versehene Motorblock des Triebwerks aus der Aluminiumlegierung Silumin, während der abnehmbare Zylinderkopf aus Grauguss gefertigt war. Den Antrieb der oben liegenden Nockenwelle besorgte eine am hinteren Motorende stehende Königswelle. Am vorderen Motorende war im Unterschied zu den Typen S und SS ein leistungsfähigeres Roots-Gebläse untergebracht, das die Höchstleistung des Sechszylinders mit Kompressoreinsatz auf 250 PS bei 3.300/min schraubte. Ohne Kompressor lag die Leistung des Triebwerks bei 180 PS. Außer dem verkürzten Radstand wies das Fahrgestell des SSK gegenüber dem der Typen S und SS keine Neuerungen auf. Gemäß seiner klaren Positionierung als Wettbewerbsfahrzeug kam - anders als beim Typ SS - allerdings wieder der vom Typ S bekannte niedriger bauende Kühler zum Einsatz, der eine besonders flache Silhouette des Karosserieaufbaus ermöglichte. Mit dem verkürzten Radstand ging auch eine erhebliche Gewichtsersparnis einher. Hatte der Typ SS als Rennsport-Tourenwagen fahrfertig glatte zwei Tonnen auf die Waage gebracht, war der SSK mit einem Einsatzgewicht von 1.520 kg geradezu ein Leichtathlet. Sein Leistungsgewicht von rund 6 kg/PS verlieh ihm exzellente Fahrleistungen mit rasanter Beschleunigung und einer Höchstgeschwindigkeit, die je nach Übersetzung bis zu knapp 200 km/h betrug. Insgesamt wurden in allen Motorisierungsvarianten aber gerade mal 33 SSK gebaut – bei einem Stückpreis von um die 30.000 Reichsmark im Angesicht der Weltwirtschaftskrise durchaus nachvollziehbar. Seine Einsatzpremiere erlebte der SSK bereits zwei Wochen nach dem ersten offiziellen Start des Typ SS, der mit einem triumphalen Dreifacherfolg beim für Sportwagen ausgeschriebenen Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring geendet hatte. Ebenfalls mit Rudolf Caracciola am Steuer gelang dem SSK Ende Juli 1928 ein überlegener Sieg mit Streckenrekord beim renommierten Gabelbach-Bergrennen nahe Ilmenau in Thüringen. Die Überlegung, den SSK mit seinem verkürzten Radstand zu einem nahezu unschlagbaren Bergrennwagen zu machen, erwies sich in der Folge als absolut richtig: Caracciola holte in der Rennwagenklasse quasi im Wochenrhythmus Siege bei den bedeutendsten Veranstaltungen, etwa am Schauinsland vor den Toren Freiburgs, beim Ratisbona-Bergrennen nahe Kelheim, am Mont Ventoux in Südfrankreich und am Semmering bei Wien. Nach drei Jahren voller Siege und Spitzenplatzierungen für die SSK hielt die schnelllebige Welt des Motorsports zu Beginn der 1930er Jahre neue Herausforderungen für die Mercedes-Benz Werksmannschaft bereit. Während der SSK in den Händen von Privatfahrern weiterhin und noch über Jahre zahllose Erfolge bei zumeist weniger im Rampenlicht stehenden Veranstaltungen errang, waren im Spitzensport, bei dem Werksfahrzeuge und Spitzenpiloten in den größten und bedeutendsten Rennen gegeneinander kämpften, neue Akteure auf den Plan getreten. Quelle: Mercedes-Benz Publicarchiv Der BausatzDer Lindberg-Bausatz hat laut Scalemates seine Ursprünge im Jahr 1966 und wurde seither nur dreimal wieder aufgelegt. Ob der Revell-Bausatz von 1983 ebenfalls aus den Lindberg-Formen kommt, lässt sich hier nicht nachvollziehen, die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr hoch. Mein Bausatz stammt aber sicher aus dem Jahr 1973, der ersten Wiederauflage von Lindberg. Die Teile sind in einem ausreichend dimensionierten Stülpkarton sicher untergebracht. Sämtliche Karosserieteile habe ich in einem Kunststoffbeutel eingeschweißt vorgefunden, alle weiteren Rahmen lagen offen im Karton – ob das so der ursprüngliche Auslieferungszustand war, ist mir nicht bekannt. Zwar gibt es immer wieder Auswerfermarken, Fischhäute und leichte Sinkstellen an den Teilen zu finden, dennoch darf trotz des hohen Bausatzalters die Teilequalität als "Gut" bezeichnet werden, ebenso die Detaillierung. Die sechs Klarsichtteile sind ebenfalls in der Tüte mit den Karosserieteilen enthalten (und hoffentlich nicht verkratzt), ein Decalbogen ist nicht vorhanden. Der InhaltWas zunächt ins Auge fällt, ist der einteilige, massiv ausgeführte Fahrzeugrahmen und die große Anzahl an Chromteilen, die auf zwei(!) Spritzrahmen verteilt sind. Wiederum darf die Verchromung mit ihrem hochglänzenden Finish als recht aufdringlich eingestuft werden – für einen Nobelsportwagen mag das durchaus passend sein, die meisten SSK waren aber Wettbewerbsfahrzeuge, für die dieses Finish fraglos überdacht werden sollte. Zwar sind die meisten Angüsse sehr dezent ausgeführt, aber so gelegt, dass beim Abtrennen der Teile dennoch die Verchromung verletzt werden wird und man um eine Nacharbeit nicht herumkommt. Dazu sind etliche Teile auf den Chromrahmen zu finden, die da überhaupt nichts verloren haben – beispielsweise die Ölwanne und das Brandschott. Die massive Ausführung des Fahrzeugrahmens (also keine nachgebildeten U-Profile der Trägerteile) muss kein Nachteil sein, lediglich die Rahmenhörner vor dem Kühler sind offen zu sehen, und die sind beim Vorbild auch auf der Innenseite verschlossen. So gilt es lediglich, die scharfen Kanten am Rahmen zu brechen und die vorhandenen leichten Sinkstellen auszugleichen. Die weitere Nachbildung des Fahrgestelles ist der Entstehungszeit des Bausatzes entsprechend: Verstrebungen und Stoßdämpfer sind vorhanden, die Blattfederpakete sind ansprechend nachgebildet, die Vorderachse ist einteilig, die Vorderräder nicht lenkbar ausgeführt.
Die Felgen sind zweiteilig, das Speichenwerk ist jedoch nur mehr oder weniger plastisch auf dem verchromten Außenteil nachgebildet. Eine Entchromung wird auch hier Sinn machen, da die allermeisten SSK mit farbigen Felgen und Speichen zu sehen sind - eine entsprechende Bemalung sollte für eine gute Tiefenwirkung sorgen. Die Bereifung ist zweiteilig aufgebaut: schwarze Innenflanken und Laufflächen mit kaum vorhandenem Profil sowie weiße Außenflanken – Weißwandreifen entsprechen aber nun so gar nicht dem, was im Deutschland der 1930er Jahre gefahren wurde.
Dem Entstehungszeitraum entsprechend ist auch der Motorblock nachgebildet. Als recht gute Basis ist hier in den Grundzügen alles vorhanden, viele Teile (Ölwanne, Kompressor, Zylinderkopfdeckel) sind jedoch verchromt, was es in den meisten Fällen zu überdenken gilt. Der Öltank – eigentlich am Brandschott angebracht – fehlt, dagegen ist das Lenkgestänge, wenn auch nicht beweglich, aber durchgehend vorhanden. Eine weitere, umfangreichere Detaillierung des Motorraumes müsste nach Vorbildfotos in Eigenregie erfolgen. Die Auspuffrohre/-schläuche (ebenfalls verchromt) auf der Beifahrerseite sind zwar ansprechend nachgebildet, wirken aber etwas dünn. Weitere funktionelle Details wie Kardanwelle, Hinterachse, Benzintank und Auspuffanlage sind ebenfalls berücksichtigt, bedürfen aber einer entsprechenden Bemalung.
Gut einsehbar ist das Cockpit, auch hier sind die wesentlichen Bestandteile vorhanden. Die Anzeigen der Instrumente am Armaturenbrett gibt es als (zwar recht einfache) Reliefs nachgebildet, ebenso wie Pedalerie und Schalthebel. Etwas feiner ausgeführt dürfte das Lenkrad sein, hier haben Außen- und Innenkranz die selbe Materialstärke, und das dürfte kaum vorbildgerecht sein. Die Polsterung der Sitzbank wirkt etwas übertrieben plastisch dargestellt, ist aber dennoch durchaus verschmerzbar. Auf den Karosserieinnenseiten im Cockpitbereich sind Verkleidung und Seitentaschen nachgebildet – für die damalige Zeit erstaunlich, in Anbetracht der einteiligen Karosserie.
Scheinwerfer und Kühler samt Schutzgitter sind verhältnismäßig ansprechend ausgeführt, die Vergitterung ist nicht durchbrochen. Die Motorhaube kann auf der Ober-/Fahrerseite grundsätzlich geöffnet dargestellt werden, um den Motorraum zu zeigen. Die Form der Karosserie wirkt in ihren Gesamtzügen stimmig, ebenso der Tankstutzen und die Unterbringung der beiden Reserveräder. Einzig der Verschlussdeckel für den Öltank (vor der Windschutzscheibe) fehlt.
Schwierig wird es bei der durchgehenden Kotflügel-Trittbrett-Kombination: so dürften nur die allerwenigsten der eh schon in nur geringen Stückzahlen gebauten SSK ausgeliefert worden sein – vermutlich eben als Nobelsportwagen. Die meisten Vorbilder zeigen hier einzelne, freistehende Kotflügel für jedes Rad und nur in wenigen Fällen Trittbretter, die dann aber eher funktionellen Charakter für die Unterbringung von Werkzeugkiste und Reservekanister haben. Gänzlich daneben ist die vorgesehene Montage einer vorderen und hinteren Stoßstange, die an wirklich keinem der zeitgenössischen Vorbilder zu sehen sind. Feine Nachbildung der Schließe am Lederriemen Die Bauanleitung......darf als Kuriosum bezeichnet werden. Heutzutage ist sowas nicht mehr denkbar, aber während der Entstehungszeit des Kits dürfte dies der aktuelle Stand gewesen sein: eine vierseitige Anleitung auf Holzschliffpapier, schwarz/weiß gedruckt, keine Montagezeichnungen mit Einzelteilen und Pfeilen, wie diese zusammenzufügen sind, sondern Fotos des Modelles im entsprechenden Baustadium mit eingefügten Hinweisen und Kommentaren, dazu zu jeder Baustufe eine Baubeschreibung in englisch. Farbangaben, geschweige denn einen Hinweis zu einer Farbpalette gibt es nicht. In Anbetracht dessen, dass man die Teile als „vorgefärbt“ bezeichnen kann, war eine Bemalung wohl auch nicht vorgesehen. Weiterhin liegt ein Beiblatt mit der Baubeschreibung in deutscher, französischer und italienischer Sprache bei, wie man es bei Revell-Kits aus den 1960er und 70er Jahren kannte.
Nun aber zu den Fakten: grundsätzlich dürfte die Anleitung mit ihren 15 Baustufen aussagekräftig genug sein, um das relativ einfach aufgebaute Modell zusammenzusetzen. Auch wenn die Qualität der Bilder, bedingt durch Papiersorte und Druck, nicht gerade hochwertig ist, sollte es zusammen mit den Anmerkungen in den Bildern und der Baubeschreibung kein Hexenwerk sein, den SSK auf die Räder zu stellen. Stärken:
Schwächen:
Anwendung: Sieht man von den altersbedingten Eigenheiten ab, durchaus anfängerfreundlich. Fazit:Ein Kit mit Garantie für jede Menge Retrofeeling! Trotz des hohen Bausatzalters und der "Amerikanisierung" der Ausführung (Weißwandreifen, überproportional viele Chromteile, Stoßstangen und evtl. die durchgehende Kotflügel-Trittbrett-Kombination) ist es eine ordentliche Basis, um einen schönen SSK zu erstellen. Diese Besprechung stammt von Roland Kunze - 14. März 2024 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |