Porsche 917K `70 Le Mans Gulf Color(Fujimi - Nr. 12613)Produktinfo:
Besprechung:Zum VorbildPorsche nahm seit Mitte der 1960er Jahre an der Sportwagen-Weltmeisterschaft mit verschiedenen Typen (906, 910, 911) teil. Diese Wagen waren aber nicht stark genug motorisiert, um gegen die großvolumigen Prototypen Chancen auf einen Gesamtsieg zu haben. Porsche hatte in seiner Rennwagengeschichte noch keine Sportwagen-Weltmeisterschaft als Gesamtsieger gewonnen, so nahm man viel Geld in die Hand und begann 1968 mit der Entwicklung des 917, der im Frühjahr 1969 auf der Genfer Automobilausstellung vorgestellt wurde. Konstrukteur war Hans Mezger, maßgeblich unterstützt wurde die Entwicklung durch den damaligen Leiter der Porsche-Entwicklungsabteilung Ferdinand Piëch. Piëch nannte den 917 später „das riskanteste Auto seines Lebens“. Das Fahrzeug war in dieser ersten Version mit einem 4,5 Liter V12-Motor ausgerüstet, der eine Leistung von 520 PS abgab. Den 917 gab es zunächst in zwei Karosserievarianten: als Kurzheck und Langheck. Gerade die Langheck-Version, die eigentlich für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt war, erwies sich in diesem Bereich als nahezu unfahrbar, da die Fahrzeuge sehr unruhig auf der Strecke lagen. So weigerten sich die Werksfahrer, den 917 beim 1000-Kilometer-Rennen von 1969 auf der unebenen Nordschleife des Nürburgrings zu pilotieren. Trotzdem kamen 917 bei einigen Rennen in diesem Jahr noch zum Einsatz, mit den Wagen war man aber alles andere als zufrieden. Für die Saison 1970 wurden in Zusammenarbeit mit John Wyer Automotives beide Versionen aerodynamisch überarbeitet und dafür u. a. ein neues Heck entworfen, zusammen mit Änderungen im technischen Bereich konnte so das Fahrverhalten erheblich verbessert werden. Für die 24 Stunden von Le Mans fanden sich dann sechs Kundenteams, die mit dem 917 antraten. Mit einem Sieg des Kurzheck-917 von Porsche Salzburg und dem zweiten Platz des Martini-Teams mit einem 917 Langheck gelang 1970 der bis dahin größte Erfolg der Marke. Auch 1971 wurden die ersten beiden Plätze von Porsche 917 belegt. Der 917 war ein Rennwagen mit einem Mittelmotor und einem Chassis mit Gitterrohrrahmen, der mit der Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunstharz fest verbunden war. Die Leistungsdaten des 917 beeindrucken auch heute noch: ab 1970 kam ein luftgekühlter(!) Fünfliter V12-Motor mit einem Bankwinkel von 180° zum Einsatz, der eine Leistung von 600 PS bei 8.400/min und ein maximales Drehmoment von 549 Nm abgab. Mit der Langheck-Version waren Geschwindigkeiten bis nahe an die 400 km/h-Marke möglich. Die Kühlung besorgte ein waagerecht liegendes Lüfterrad, das vom Motor zwangsangetrieben wurde. Bei 8.400/min lieferte dieses Gebläse 2.400 Liter Luft pro Sekunde und brauchte dazu 17 PS bzw. etwa 3 Prozent der Motorleistung. Der Porsche 917 wurde von 1969 bis 1975 in verschiedenen Rennserien mit den dafür passenden Motorisierungen eingesetzt. In dieser Zeit wurden Motor und Karosserie stetig verändert bzw. verbessert, ab 1973 kamen Turbolader zum Einsatz, die Motorleistungen bis 1.100 PS ermöglichten. Es gab Ausführungen als geschlossenes Coupé und als offenen Spyder, eine Übersicht über die Evolutionsstufen des 917 gibt es hier. Als einer der erfolgreichsten Rennsportwagen der 1970er Jahre war er das Vorgängermodell für die ebenfalls sehr erfolgreichen Porsche 956 und 962. Der BausatzDiese Bausatzversion stammt aus dem Jahr 2015 und nimmt den John Wyer 917K als Le Mans-Fahrzeug von 1970 mit der Startnummer 20 als Vorbild. Der Wagen wurde von Jo Siffert und Brian Redman pilotiert und ist damals nach 156 gefahrenen Runden in Führung liegend wegen Motorschaden ausgefallen. Die Ursprünge dieses Kits reichen bis ins Jahr 2003 zurück, seither wurde er in verschiedenen Editionen mit den Decals für Rennteams wie Porsche Salzburg, Martini etc. aufgelegt. Die neueste Ausgabe mit diesem Inhalt kommt 2022 von Revell als Limited Edition mit dem Le Mans-Siegerfahrzeug von 1970. Der InhaltHier aber nun zum Fujimi-Kit: die Spritzrahmen und das Zubehör sind einzeln in Plastiktüten verpackt und werden in einem sehr knapp bemessenen Stülpkarton geliefert. Die Fertígungsqualität ist über jeden Zweifel erhaben, Fischhäute, Grat, Sinkstellen und Auswerfermarken an sichtbaren Stellen sucht man vergebens.
Der Bausatz folgt dem bekannten Muster im Aufbau diesmal nicht ganz: die Cockpitsektion wird mehr oder weniger direkt auf dem Unterboden aufgebaut. Ins Auge fallen hier die vielen nachgebildeten filigranen Streben des Gitterrohrrahmens, sowohl im Cockpit als auch beim Fahrwerk. Die Vorderräder werden mit Polycaps auf die lenkbare Vorderachse aufgesteckt. Für das Armaturenbrett gibt es Decals, der Fahrersitz ist ohne angegossene Gurte gestaltet. Da auch keine Decals dafür beiliegen, muss der Modellbauer hier für eine authentische Gestaltung Eigeninitiative ergreifen.
Eine Motornachbildung gibt es nicht. Nur ein Relief mit der Ölwanne und den Auspuffkrümmern, die im Unterboden eingebaut wird, sowie die Abdeckung der Ansaugstutzen mit einem beweglichen Lüfterrad, die durch die entsprechende Öffnung in der Motorhaube lugt, ist vorhanden. Jedoch sind die sichtbaren Partien samt Rahmengestänge ab dem Getriebegehäuse nachgebildet, und dies sehr schön, umfangreich und in hoher Detailqualität. Auffallend ist das Teil mit der Nummer W1, das offenbar ein Reserverad(!) darstellt. Für die Befestigung der Hinterräder kommen wieder Polycaps zum Einsatz.
Für die Karosserie gibt es zwei Hauptteile, an die zahlreiche Anbauteile anzubringen sind. Da es bei den Fahrzeugen offenbar Unterschiede zwischen den einzelnen Rennen/Rennserien gegeben hat und diese beim Modell berücksichtigt sind, gibt es einige Alternativteile und immer wieder Löcher in der Karosserie für die Passzapfen der entsprechenden Anbauteile aufzubohren. Markant im Außenbereich ist der freistehende Scheibenwischer, der aus drei Teilen aufzubauen ist. Etliche Anbauteile sind verchromt und auf einem extra Spritzrahmen zu finden. Der Chrombelag ist gleichmäßig dünn, hochglänzend und wirkt recht widerstandsfähig. Obwohl manche Teile sehr klein sind, hat man die Angüsse so gelegt, dass möglichst wenig von der Verchromung verloren geht. Andererseits ist es fraglich, ob solche auf Hochglanz polierten Teile bei einem Rennwagen, wo ja alles eher auf Funktion ausgelegt ist, zu sehen waren. Aber es besteht ja die Möglichkeit des Entchromens und einer Neulackierung in passenderen Tönen.
Die Klarsichtteile verdienen ihren Namen, sie sind klar, dünn und schlierenfrei gefertigt. Neben der Cockpitverglasung gibt es Gläser für die Scheinwerfer und Heckleuchten.
Die Reifen sind aus Vollgummi gefertigt und haben ein gut nachgebildetes Profil. Sie hängen noch am Gießast, negativ ins Auge fällt die markante Mittelnaht. Zusammen mit den Angüssen gibt es hier also einiges an Versäuberungsarbeit zu leisten. Die DecalsDer Decalbogen ist nicht allzu groß und auf dünnem, glänzenden Trägermaterial sauber, scharf und versatzfrei gedruckt. Außer drei Decals für das Armaturenbrett sind alle weiteren Bilder für den Außenbereich und zur Gestaltung des bereits beschriebenen Wagens vorgesehen. In wie weit die schwarze Umrandung der Frontscheinwerfer Verwendung finden darf, sollte ausführlich recherchiert werden, auf den meisten Vorbildfotos ist sie nicht zu sehen. Die Startnummer gibt es in zwei verschiedenen Ausführungen, die Aufschriften für die Reifen liegen in zwei Versionen als (seitenverkehrte) Transferbilder bei. Die Bauanleitung......ist in fujimi-typischer Manier gehalten: als (hier) achtseitiges, kleinformatiges Leporello, schwarz/weißer Druck, relativ kleine Zeichnungen in den Baustufen, insgesamt ziemlich überfrachtet, die Texte meist nur in japanisch verfasst – für den europäischen Modellbauer nicht gerade benutzerfreundlich. 25 Baustufen führen zum fertigen Modell. In Schritt 23 gibt es einen Hinweis bezüglich der aufgeprägten Kreislinien auf der Motorhaube – ebenfalls nur in japanisch. Hier wäre es vielleicht doch interessant, was der Hersteller dem Modellbauer mitteilen will. Die Zeichnungen sind zwar aussagekräftig, bisweilen muss man aber genau hinsehen, um sich zu erschließen, was gemeint ist.
Auch auf welche Farbpalette sich die Angaben beziehen, bleibt für uns ein Geheimnis. Immerhin gibt es eine Tabelle, in der die Farbnummern mit Farbbezeichnungen in deutscher(!) Sprache verknüpft sind. Auch hier soll die hellblaue Karosseriefarbe gemischt werden, in anbetracht dessen, dass man nicht mal weiß, aus welcher Palette die Farben kommen sollen, dürfte es eine von vornherein zum Scheitern verurteilte Aktion sein, die Farbe authentisch hinzukriegen. Somit sei wiederum auf das Gulf Farbset von Zero Paints hingewiesen, auch im Hinblick auf die orange zu lackierende Frontpartie, die farblich dann mit den Decals des Mittelstreifens zusammen passen müsste. Der MaskerungsbogenLast but not least liegt dem Bausatz ein Maskierungsbogen aus abziehbarem Selbstklebematerial bei. Hier sind die Konturen der Seitenfenster und der Frontscheibe aufgedruckt, aber nicht gestanzt. Dies mag durchaus von Vorteil sein, da nicht klar ist, wie flexibel das Material ist und ob es sich in einem Stück faltenfrei an die doppelt gewölbte Frontscheibe anschmiegt. Allerdings fehlen Masken für die Verglasung der Frontscheinwerfer, die hier eigentlich wesentlich wichtiger gewesen wären als die vorhandenen drei Teile. Die Cockpitscheiben kann man prinzipiell auch noch nach der Lackierung einsetzen. Weiterhin: wenn der Hersteller hier schon einen Maskierungsbogen beilegt, hätte man sich entsprechende Masken (und Decals) gewünscht, die eine komplette Lackieroption für die orangenen Flächen ermöglichen. In diesen Punkten muss man den Produktentwicklern vorwerfen, gerade mal von der Wand bis zur Tapete gedacht zu haben. Darstellbare Fahrzeuge:
Stärken:
Schwächen:
Fazit:Dass Fujimi den europäischen Kontinent nicht als seinen Hauptabsatzmarkt betrachtet, wird an diesem Kit in vielen Punkten deutlich, auch wenn es vielleicht Jammern auf hohem Niveau ist. Revell macht hier vieles anders und besser, aber eben nicht alles, siehe beim Ford GT40. Dennoch kommen Revell-Editionen dem Modellbauer hierzulande mehr entgegen, so ist es gut, dass die Bündener das Plastik zusammen mit revelltypischem Zubehör – wenn auch in limitierter Auflage und anderer Lackierung – dieses Jahr ins Programm aufgenommen haben. Trotz allem Gemeckere gibt es für diesen japanischen Bausatz ein „Empfehlenswert“, da es eine sehr schöne und gut detaillierte Nachbildung eines selten zu sehenden Rennsportwagenklassikers in legendärer Farbgebung aus den 1970ern ist. Diese Besprechung stammt von Roland Kunze - 29. Juli 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |