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Doctor Who - Welcome Aboard

von Frank Spahr (1:12 Airfix)

Doctor Who - Welcome Aboard

Eine blaue Kiste wird zur Ikone

Nach dem diamantenen Thronjubiläum der Königin steht nächstes Jahr auf der Insel ein weiteres Jubiläum an – die langlebigste SF–Fernsehserie der Welt wird 50. „Doctor Who“ wurde 1963 bei der BBC entwickelt und sollte ursprünglich in die Richtung gehen, die wir heute Edutainment nennen: Ein Zeitreisender (der namensgebende, wiewohl namenlose Doktor) sollte durch Raum und Zeit reisen und den Kindern vor den Röhrenempfängern dabei spielerisch Wissenswertes beibringen.

Irgendwie wurde dieser Pfad recht zügig verlassen, und die Sendung bekam eine Eigendynamik. Bald kämpfte der Doktor, unterstützt von menschlichen Begleitern (meist weiblichen und recht ansehnlichen) gegen alle möglichen Bösewichter aus Raum und Zeit, von denen die meisten die Menschheit vernichten wollten. Markenzeichen der Show wurden die cleveren Drehbücher, an denen viele bekannte Autoren gearbeitet haben. Die Qualität der Produktion fiel dagegen ab, das war zu jener Zeit aber noch nicht so wichtig. Generationen von jungen Briten sind mit der Sendung und ihren Bösewichten wie den Daleks, den Autons, den Cybermen, den Sontaranern und vielen anderen aufgewachsen. Und auch mit wechselnden Doktoren – denn von Anfang an wurde festgelegt, dass der Doktor sehr langlebig ist, aber nach schweren Verletzungen sich regenerieren muss, wodurch er eine andere Person wird. So haben bislang elf Schauspieler den Doktor gespielt, und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis es die erste Doktorin geben wird.

Eine weitere vermutlich dem Budget geschuldete Entscheidung war es, das Schiff des Doktors wie eine britische Polizei-Notrufzelle aus den Fünfzigern aussehen zu lassen. Diese TARDIS (für „Time And Relative Dimension In Space“) war halb-organisch, zum Glück für ihren Passagier innen erheblich größer als außen und konnte nahezu beliebig durch Raum und Zeit reisen. Das etwas wunderliche Erscheinungsbild erklärte man später damit, dass der das Äußere tarnende „Chamäleon – Schaltkreis“ sich bei einem Besuch in den Fünfzigern festgefressen hatte...

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Ein walisischer Neubeginn

In den achtziger Jahren verblasste der Stern der Sendung – es gab nun technisch deutlich besser gemachte SF–Sendungen und Filme, und was das schmale Budget hergab, wirkte nun eher altbacken. Von daher gab es eine lange Pause, bis 2003 der Entschluss zu einer Wiederbelebung der Serie gefasst wurde. Maßgeblich hierfür waren Chefautor Russell T. Davies und die Produzentin Julie Gardener; die Sendung wird produziert vom walisischen Ableger der BBC, BBC Cymru in Cardiff. Von daher ist ein Großteil der Schauplätze im Süden von Wales zu finden.

Der Neustart zielte darauf ab, hochklassige Drehbücher mit einem Respekt vor dem Geist der klassichen Serie sowie einer Produktionsqualität auf der Höhe der Zeit zusammen zu bringen. Als neuer Doktor wurde Christopher Eccleston, als seine Gefährtin der ehemalige Teeniestar Billie Piper besetzt. Der Neustart wurde ein großer Erfolg, und die Serie läuft bis heute, ohne derzeit absehbares Ende. Eccleston stieg schon nach der ersten Staffel aus und wurde durch den schottischen Schauspieler David Tennant ersetzt, Piper in der dritten Staffel durch Freema Agyeman. Derzeit spielt Matt Smith den Doktor, seine neue Gefährtin ab der nächsten Staffel wird Jenna-Louise Coleman sein.

Heute ist Doctor Who eine Serie für die ganze Familie, die auf verschiedenen Ebenen intelligente Unerhaltung und wohligen Samstagabend–Eskapismus bietet. Leider hat der löbliche Versuch von PRO 7, sie auch hier heimisch zu machen, seinerzeit nichts gefruchtet – so bleibt dem deutschen „Whovian“ nur der Griff zur DVD-Box.

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Marketing für Modellbauer

Doctor Who hat auf der Insel ähnlichen Ikonenstatus wie rote Busse, schwarze Taxis oder käseliebende Erfinder mit klugen Hunden. Von daher war es nur folgerichtig, dass die britische Modellbau-Ikone Airfix nach dem eigenen Neustart eine Partnerschaft mit der BBC einging, um Bausätze zu produzieren. Als erstes Geschenkset wurde 2007 das vorliegende „Welcome Aboard“ produziert, es folgte „Daleks in Manhattan“. Die geplanten „Gridlock“ und „Titanic Kylie“ wurden leider nicht verwirklicht, sonst hätten wir uns an einer Figur von Kylie Minogue im Kellnerinnenkostüm erfreuen dürfen.

Der Kit ist liebevoll gemacht und auf hohem Niveau produziert. Dargestellt wird eine Szene aus der ersten Episode der dritten Staffel, in der der Doktor die Ärztin Martha Jones, dargestellt von Freema Agyeman, in die TARDIS einlädt. Er enthält die zwei Figuren sowie eine im Masstab 1:12 ziemlich große TARDIS. Beim Öffnen der Tür wird durch eine bedruckte, gekrümmt einzusetzende Folie und nett perspektivisch eingebaute Teile ein gewisser Eindruck des größeren Innenraums gegeben. Mit Blick auf die jugendliche Zielgruppe wurden Licht- und Toneffekte eingebaut, die beim Öffnen der Tür aktiviert werden. Die Figuren kombinieren Köpfe und Hände aus Vinyl mit Körpern aus Polystyrol. Es liegen diverse Näpfchen mit Acrylfarben von Humbrol, zwei Pinsel und eine Tube recht flüssigen Klebstoffs bei. Ein absolutes Highlight ist die vollfarbige Bauanleitung, die auch eine gut gemachte Anleitung zum Bemalen, Charakterisieren und Akzentuieren der Figuren enthält.

Es war gar nicht so einfach, an den Kit zu kommen, glücklicherweise aber auch nicht so verlustreich, wie ich es neulich in der bekannten ärztlichen Fernseh-Fortbildung am Mittwoch gesehen habe. Dort endete ein Kampf um eine TARDIS auf einer Fan–Convention damit, dass einem der Kontrahenten ein Ohr abgerissen und er ins Seattle Grace /Mercy West Hospital eingeliefert werden musste. Das hochqualifizierte Team schaffte es zwar zwischen all seinen hochnotpeinlichen persönlichen Problemen, ihm aus diversen nicht weiter benötigten Körperteilen ein neues Ohr zu basteln – das wäre mir denn aber doch ein zu hoher Preis für die TARDIS gewesen.

Ich verbrachte nur einige unterm Strich recht angenehme Stunden auf der Scale Model World in Telford damit, alle möglichen Händler nach einem Kit zu fragen, bis ich schließlich einen fand, der mir noch einen verkaufen konnte und wollte.

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Kistenbauen kann Spaß machen!

Das fertige Modell war als Geburtstagsgeschenk für die Liebste gedacht, die sich zu einem Fan von David Tennant entwickelt hatte – also begann ich einigermaßen rechtzeitig mit dem Bau. Der verlief im großen Ganzen recht entspannt, da die Bauteile durchweg eher groß und unfiligran gestaltet sind, also ganz anders als das, womit ich es an meinen Schiffsmodellen so zu tun bekomme. Ich begann mit der TARDIS, die sich sehr schön und praktisch ohne Spachtel zusammenbauen ließ. Der Mechanismus für Licht und Ton im Dach wurde mit Batterien versehen und ausprobiert – er funktionierte sehr befriedigend. Das Licht auf dem Dach leuchtet und das typische Geräusch erklingt, wenn man die Türe betätigt. Die Lackierung der TARDIS machte richtig Spaß, ich arbeitete mit Vorschattierung und auch mit Trockenmalen, um den Eindruck einer alten bemalten Holzkiste hinzubekommen.

Für den Boden der TARDIS suchte ich mir im Internet passende Strukturen für Fliesen, die ich passend ausdruckte und aufklebte. Die rudimentäre Inneneinrichtung, von der später wenig zu sehen ist, wurde ebenfalls zusammengebaut und eingepasst. Hier machte eigentlich nur der gekrümmte bedruckte Prospekt leichte Probleme und musste etwas beschnitten werden. Die Fenster der TARDIS wurden von innen mit weißem Papier beklebt, als Kleber benutzte ich Revell Aqua Color glänzenden Klarlack.

In diesem Stadium legte ich auch die Präsentation fest. Um eine einigermaßen geschützte Aufstellung zu ermöglichen, bestellte ich bei www.sora.de eine passende Acrylvitrine, die praktisch umgehend eintraf und sofort zusammengebaut wurde. Auf dieser Basis wurde ein Stück Nasschleifpapier aufgeklebt, auf das ich eine gelbe Halteverbotslinie aufspühte und ein paar Pfützen mit Klarlack andeutete. Ein Wahlplakat aus der Sendung wurde passend ausgedruckt und zerknüllt auf den Boden geklebt.

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Es wird, äh, interessant - aber die Ziellinie lockt

Die Figuren machten mir mehr Schwierigkeiten als die blaue Kiste, das war auch nicht anders zu erwarten gewesen. Es ging schon einmal damit los, dass ich mit Vinyl als Material überhaupt nicht gut klarkam.

Wenn wohlerzogene Engländer nichts Gutes über etwas sagen können, dann bezeichnen sie es als "interessant" - das Vinyl war sehr interessant. Es ließ sich weder gut von den Nähten versäubern, noch haftete eine Grundierung wirklich gut daran. Knifflig war Marthas Dekolleté, das trotz aller Anpassungsversuche immer wieder aus ihrem Top herausflutschen wollte. Irgendwie kam ich dann aber trotzdem klar; nach der Grundierung wurden die Vinylteile vorsichtig bemalt, wobei ich die hautfarbenen Töne aus dem Bausatz benutzte. Ich hielt mich mit Aufhellungen und Schattierungen eher zurück, aber betonte Tennants Bartschatten, der ist nämlich durch zahlreiche Vorbildfotos bestens belegt. Die Augen waren knifflig zu bemalen, aber nach nicht allzu langer Zeit war ich auch hiermit soweit.

Die Plastikteile für die Körper wurden soweit möglich vormontiert, verspachtelt und verschliffen, bevor bemalt wurde. Hier wich ich auch von der Bauanleitung ab, weil mir diese nicht als realistisch machbar erschien. Ich versuche immer, mir die Arbeit eher leichter als schwerer zu machen, und da ist es sinnvoll, verschiedene Baugruppen vorzumontieren, zu bemalen und dann erst zusammenzusetzen. So wurden auch die Hände so modifiziert, dass sie nach Fertigstellung der Körper angesetzt werden konnten, anstelle sie zwischen die Hälften der Arme einzukleben.

Bei der Bemalung von Marthas Kleidung ging alles klar – die Jeans ließ sich per Airbrush sehr angenehm altern bzw. mit Trage- und Abnutzungsspuren versehen. Auch das Bemalen des Musters auf ihr Top ging, unterstützt durch die Anleitung und zahlreiche Standfotos aus der Serie, gut. Beim Doktor kapitulierte ich vor den Nadelstreifen seines Anzugs und verpasste ihm ein Gewand in „uni“. Der Mantel wurde mittels Ölfarben etwas von der Oberfläche strukturiert, um etwas mehr an Stoff zu erinnern.

Die Figuren wurden nach Fertigstellung mittels in ihre Füße eingelassener Stahlstifte in Bohrungen in der Grundplatte befestigt. Die TARDIS wurde mit der Grundplatte verschraubt.

Fazit

Im Ganzen war das Projekt eine schöne Abwechslung, ich hatte (von den Vinylteilen abgesehen) auch echten Modellbauspaß dabei – und habe Punkte bei der Liebsten gesammelt, denn das Geburtstagsgeschenk kam gut an!

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Weitere Bilder

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Frank Spahr

Publiziert am 18. Juni 2012

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