RMS MauretaniaThe Atlantic Greyhoundvon Jim Baumann (1:600 Airfix)Die Geschichte der MauretaniaAus dem Englischen von Frank Spahr, geschichtlicher Hintergrund von Eric Longo. Zu Lande und zur See strebte man zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach höchstmöglicher Geschwindigkeit. Das Dampfschiff stellte die einzige Verbindung zwischen Europa und den Vereinigten Staaten dar, und Reedereien, besonders britische und deutsche, wetteiferten um das begehrte Blaue Band. 1838 zuerst ausgelobt, erhielt dasjenige Schiff das Blaue Band, das „… den Atlantik mit der höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit überquert.“ Ende des 19. Jahrhunderts, nach der Indienststellung der Kaiser Wilhelm der Große des Norddeutschen Lloyds und der Deutschland der HAPAG, hielten die deutschen Reedereien das Blaue Band, und Großbritannien sah es als Sache des nationalen Prestiges an, diesen Zustand zu beenden. Von daher wurden an die Cunard–Reederei 1902 Subventionen zum Bau von zwei Schiffen vergeben, die mit Turbinenantrieb 25 Knoten laufen sollten und - wenn nötig - auch in Kriegszeiten Dienst tun sollten. Ursprünglich mit drei Schornsteinen konstruiert, begann der Bau 1904; beide wurden 1906 vom Stapel gelassen. Die großartige Lusitania und ihr Schwesterschiff Mauretania wurden im Herbst 1907 in Dienst gestellt. Die erste Überfahrt der Lusitania war im September 1907, die Mauretania folgte im November. Die zwei schönen Schiffe gewannen das Blaue Band praktisch sofort zurück; die Mauretania errang es für die Ostroute bereits auf der Rückreise ihrer Jungfernfahrt 1907 und hielt es bis zum Juli 1929, als sie es an die neue Bremen des Norddeutschen Lloyd abgeben musste – eine beispiellose Leistung. Tatsächlich war die Mauretania, wie es ein Passagier der 1. Klasse 1909 auf einer (in ihrem Friseursalon erworbenen) auf Seidenpapier gedruckten Stevengraph-Postkarte nach Hause schrieb, „ein schwimmender Palast“, bei dessen Bau und Ausstattung weder Kosten noch Mühen gescheut worden waren – die Bedingungen für die Subventionsvergabe besagten, dass alles den Standards der Admiralität zu genügen hatte. Ihre Inneneinrichtung stellte das Beste an Entwürfen, Materialien und Handwerkskunst der alten Welt dar, das es zu einer Zeit zu kaufen gab, in der Großbritannien danach strebte, die Vorherrschaft auf dem Nordatlantik wieder zu erlangen. Ungeheure Mengen an alten Baumbeständen, darunter afrikanisches Mahagoni, französische Walnuß und österreichische Eiche, wurden importiert und liebevoll zu Täfelungen und Verzierungen in den Gesellschaftsräumen der 1. und 2. Klasse verarbeitet. Diese Ausstattung war von einer solchen Schönheit, dass sie ihren eigenen Ruhm erwarb. Die Mauretania und ihr Schwesterschiff wechselten sich in jenen frühen Jahren als Trägerin des Blauen Bandes ab; beide erhielten neue vierblättrige, am Stück gegossenen Schrauben aus Manganbronze, die zu noch schnelleren Überfahrten führten. Binnen weniger Monate, nachdem sie ab 1909 mit den neuen Schrauben unterwegs war, hielt die Mauretania sowohl das Blaue Band für die Westroute wie für die Ostroute. Ab September 1909 sollte sie beide allein tragen. In diesen ersten Jahren hatte die Mauretania vergleichsweise wenig Probleme, doch während einer Überholung im Januar 1914 erlitt sie eine Explosion, die das Leben von vier Männern kostete und sechs verletzte. Obwohl sie als Hilfskreuzer mit verstärkten Geschützplattformen an Bug und Heck gebaut worden war, machte ihr enormer Brennstoffverbrauch (etwa 900 t Kohlen pro Tag) sie teuer im Betrieb und es war schwer, ausreichend Brennstoff für sie vorrätig zu halten. Bei Kriegsausbruch im August 1914 wurde die Mauretania nach Halifax umdirigiert; nach sehr kurzem Dienst für die Marine kehrte sie bis Oktober zu ihrem normalen Liniendienst zurück; dann wurde ihre Einrichtung ausgebaut und sie wurde außer Dienst gestellt. Im nächsten Jahr wurde die Lusitania am 7. Mai 1915 vor dem Old Head of Kinsale, Irland, durch einen Torpedo von U-20 versenkt; dabei verloren 1.195 Menschen ihr Leben, darunter 123 Amerikaner. Obwohl die Versenkung den Kriegseintritt der USA beschleunigt haben soll, dauerte es bis dahin noch zwei Jahre. Im Mai 1915 wurde die Mauretania zum Truppentransporter umgewandelt; in unauffälliger grauer Bemalung sollte sie Truppen für den Dardanellenfeldzug heranbringen. Sie machte in jenem Jahr drei Reisen und brachte dabei 10.000 Mann auf die Insel Limnos in der Bucht von Mudros, die alliierte Operationsbasis in jenem Gebiet. Auf einer jener Reisen, unter dem Kommando von Kapitän Dow, wurde die Mauretania von einem deutschen U-Boot angegriffen. Durch ihre hohe Geschwindigkeit konnte sie dem Torpedo um weniger als zwei Meter entgehen. Nach diesen drei Reisen wurde sie bis zum September wieder aufgelegt; nun wurde sie in ein unbewaffnetes Lazarettschiff unter dem Roten Kreuz umgewandelt. Auf drei weiteren Reisen nach Mudros beförderte sie mehr als 6.000 Verwundete des Dardanellenfeldzugs. Im Januar 1916 wurde die Mauretania als Lazarettschiff außer Dienst gestellt und anscheinend zeitweise ganz aus Regierungsdiensten entlassen. Während einer Sturmbö auf dem Weg zum Clyde verlor sie ihre Anker und wurde auf eine Sandbank getrieben. Sie wurde ins Gladstone Dock von Liverpool gebracht, bis ihre Anker geborgen waren und danach bis zum September 1917 in Greenock aufgelegt. Von September bis Oktober 1917 wurde die Mauretania wieder zum Truppentransporter umgewandelt; sie erhielt die Admiralitätsnummer G1620 und machte zwei Überfahrten von Liverpool nach Halifax, auf denen sie über 6.000 kanadische Soldaten beförderte, die für Frankreich bestimmt waren. Auf einer dieser Reisen bekam sie zwei Tage nach dem Auslaufen ernsthafte Schlagseite. Sie machte durch eine in Liverpool unzureichend dichtgesetzte Bekohlungsöffnung Wasser und wäre beinahe verloren gegangen. Nach ihrer Rückkehr von der zweiten Reise wurde sie bis zum März 1918 im Gare Loch am Clyde aufgelegt. Dann wurde sie wieder als bewaffneter Truppentransporter eingesetzt, nun unter dem Namen „HMS Tuberose“ und mit einem ausgeklügelten blauen Splittertarnanstrich bemalt, den Norman Wilkinson entworfen hatte – ein Künstler, der auch Gemälde für Gesellschaftsräume der Titanic geschaffen hatte. Mauretania machte sieben Reisen und brachte dabei 33.000 US-Truppen an die Westfront. Nach dem Waffenstillstand wurde die Mauretania zur Rückführung amerikanischer und kanadischer Truppen eingesetzt und brachte fast 20.000 Mann nach Hause. Ihr letzter Truppentransport war im Mai 1919, und im Juni desselben Jahres kehrte sie in den Liniendienst zurück. Während ihres Kriegsdienstes beförderte die Mauretania nahezu 78.000 Soldaten, und darüber hinaus medizinisches Personal. Während des Kriegsdienstes waren ihre verbliebenen Täfelungen und Einrichtungsstücke aus Edelholz mit Abdeckungen aus Holz und Stoff geschützt worden, und nach deren Entfernung war ihre frühere Pracht – wenn auch nicht ihre Geschwindigkeit – bald wieder hergestellt. Nach einem Großbrand an Bord wurde die Mauretania 1921 umfassend überholt und auf Ölfeuerung umgestellt. Als sie 1923 wieder in Dienst gestellt wurde, charterte American Express sie für eine Mittelmeerkreuzfahrt. Während eines Novembersturms im gleichen Jahr, während sie von sechs holländischen Schleppern nach Cherbourg zur Überholung eingebracht werden sollte, wäre sie erneut beinahe verloren gegangen. Nach ihrer Rückkehr in den Dienst brach am ersten Tag auf See eine Schraubenwelle. Nach den erforderlichen Reparaturen kehrte die Mauretania 1924 auf See zurück; sie nahm ihre Überfahrten wieder auf, ihre Geschwindigkeit wurde erhöht und sie wurde einer der beliebtesten Liner der Zwanziger Jahre. 1927 wurde sie erneut gründlich erneuert, wobei die Anzahl der Suiten erhöht wurde, und im November 1928 wurde ihre Maschinenanlage in Erwartung der Herausforderung durch die neue Bremen des Norddeutschen Lloyds umfassend optimiert. Die Überholung der Maschinenanlage brachte deren Leistung von 68.000 auf volle 90.000 PS – fast 32 Umdrehungen pro Minute mehr als im ursprünglichen Entwurf. Trotzdem verlor sie im Juli 1929 knappstmöglich das Blaue Band an die Bremen. Während eines letzten Versuchs, das Blaue Band im August 1929 wiederzugewinnen, zeigte sie sich trotz ihrer mittlerweile 22 Jahre der Gelegenheit mehr als gewachsen und brach alle ihre bisherigen Rekorde. Sie war mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 27,22 Knoten über den Atlantik gestürmt, und auf der letzten Etappe zwischen Eddystone und Cherbourg erreichte sie sogar 29,7 Knoten. Auf einer Reise im Juli 1933 kam sie mit Hilfe des Golfstroms zwischen dem Leuchtturm von Carysfort Reef und Juniper Inlet auf unglaubliche 32 Knoten. Als die Weltwirtschaftskrise 1929 zuschlug, sank das Passagieraufkommen auf dem Atlantik. Als Gegenmaßnahme begann die Mauretania ab 1930 regelmäßige Kreuzfahrten ins Programm aufzunehmen. Neben anderen Freizeitangeboten wurden Salzwasser-Schwimmbäder auf einem neu eingerichteten „Sportdeck“ eingebaut. Im Mai 1933 wurde die Mauretania in den neueröffneten „New Docks“ (den Western Docks) in Southampton weiß gestrichen und ab dann ganzjährig als Kreuzfahrtschiff eingesetzt. 1934 hatte die Depression ihren Tiefpunkt erreicht, es gab zu viele Schiffe und zu wenig für sie zu tun. Die Mauretania war groß, veraltet und sehr, sehr teuer in Unterhalt und Betrieb. Trotzdem sollte angemerkt werden, dass das Handelsministerium die Mauretania noch 1931 in bemerkenswertem Zustand vorfand. Das Unternehmen, das sie abwrackte, hielt fest, dass „… das Innere der Kesselröhren in außergewöhnlich gutem und sauberem Zustand (war)“. Am 26. September 1934, nach einer großen Parade und von tausenden wehmütig verabschiedet, verließ sie New York zu ihrer letzten Atlantiküberfahrt. Sie wurde schließlich am Liegeplatz 108 in den Western Docks aufgelegt, wo sechs Monate später auch die Olympic ihren letzten Ankerplatz fand. Die Mauretania wurde im April 1935 für 77.000 Pfund an Metal Industries Ltd. Zum Abbruch verkauft und lief am 1. Juli 1935 zur Marinewerft Rosyth aus. Auf ihrer letzten Reise wehte von ihren Masten, die für die Passage unter der Brücke am Firth of Forth gekürzt worden waren, ein sechs Meter langes blaues Band, auf dem nur stand „1907-1929“. Am Morgen des 3. Juli hielt die Mauretania kurz an der Mündung des Tyne an, wo sie fast 30 Jahre zuvor gebaut worden war. Tausende versammelten sich an der Küste, um sie ihren Geburtsort passieren zu sehen, Raketen wurden von ihrer Brücke abgefeuert und ein einfaches „Lebewohl“ für alle in Tyneside an den Bürgermeister und seine Frau gefunkt. Als sie weiterfuhr, konnte man an Bord „…hören, wie hunderte von Stimmen Auld Lang Syne sangen.“ Sie fuhr mit etwa 12,5 Knoten weiter und erreichte die Werft von Metal Industries gerade vor Sonnenaufgang am 4. Juli. Zwei Monate später war sie fast nicht mehr zu erkennen; nach neun Monaten würde sie ein gestrandeter Hulk sein und in etwas einem Jahr nur noch eine Erinnerung. In ihrem langen Leben legte die RMS Mauretania mehr als zwei Milllionen Seemeilen zurück , überquerte den Atlantik 318 Mal, machte 54 Kreuzfahrten und trug zu lebenswichtigem Kriegsdienst bei. Sie blieb dafür in Erinnerung; ihre Einrichtung wurde im Mai 1935 auf zwei öffentlichen Auktionen an Bord versteigert. Ein Großteil der Einrichtung hat überlebt und ist in Pubs und anderen Geschäften in England zu sehen. Der Bristoler Weinhändler Ronald Avery ersteigerte einen Großteil der Einbauten der Lounge und der Bibliothek und ließ sie im damaligen Avery Building einbauen (heute die Bar Three). Die Lounge und die Bibliothek der 1. Klasse war von der Firma Ch. Mellier & Co. Aus London im Louis – Seize – Stil entworfen und hergestellt worden. Die reichhaltig geschnitzten, vergoldeten und polierten Paneele, Säulen und Leisten aus Mahagoni und die verglasten Türen erwecken noch heute Erinnerungen an die eleganten Räume, die sie einst zierten. Viele kleine Souvenirs wurden aus ihrem Holz und Metall hergestellt, um an ihr Ende zu erinnern und sind heute gefragte Sammlerstücke. Als eines der ersten und schnellsten unter den großen Vierschornsteinern, wird die Mauretania immer für ihre Geschwindigkeit, ihre Leistungen und ihre Schönheit in Erinnerung bleiben. Es ist unglaublich, dass trotz ihres Alters und der Verbesserungen im Schiffsbau über 20 Jahre die Mauretania das Blaue Band an die Bremen um einen Unterschied von weniger als 0,61 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit verlor, der auf die Reisezeit weniger als eine Stunde ausmachte. RMS Mauretania (aus H. Jordan, 1936)
Technische Daten
Fassungsvermögen bei Indienststellung:
Wer von euch die beiden Teile vom Bau der RMS Mauretania verpasst haben sollte, wird hier fündig: Jim Baumann Publiziert am 08. Mai 2007 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |