Garford PutilovFreikorps Berlin 1919von Stefan Szymanski (1:72 Modelkrak)Zur Geschichte:Bei dem Garford Putilov handelt es sich um einen russischen Panzerwagen aus dem Ersten Weltkrieg. Dieser beruhte auf dem Chassis des Herstellers Garford Motor-Truck & Co, wobei dieser Unterbau aus den USA importiert wurde. Mit einem Gesamtgewicht von bis zu 11 Tonnen und einer Motorisierung von nur 30 PS erreichte das Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von gerade 19 km/h. Zudem verfügte der Putilov durch seine Kopflastigkeit über nahezu keine Geländegängigkeit. Trotzdem wurde das Gefährt durch seine Benutzer als robustes und zuverlässiges Panzerfahrzeug mit einer effektiven Kampffähigkeit und langen Lebensdauer angesehen. Die Bewaffnung setzte sich aus einer 76,2mm-Kanone, sowie zwei bis drei 7,62mm-MGs zusammen. Während 1915 bis 1916 wurden 48 dieser Panzerwagen in den Putilov-Werken gefertigt und kamen dabei während des Ersten Weltkriegs an der Ostfront, sowie im russischen Bürgerkrieg zum Einsatz. Doch auch die deutschen Streitkräfte konnten mindesten fünf dieser Putilovs habhaft werden. Diese wurden zumeist mit dem deutschen MG 08 ausgerüstet und kamen während der deutschen Revolution und der damit verbundenen Unruhen 1918 – 1921 zum Einsatz. Dabei sollten kommunistischen Aufstände in den Großstädten bekämpft werden. Gerade Einsätze in Berlin 1919 sind dabei belegt und zum Teil auch fotografisch archiviert. Nach den Unruhen spielte der Garford Putilov keine wesentliche Rolle mehr. So wurden die restlichen Fahrzeuge eingelagert und später entsorgt. Das Modell:Es wäre nahezu vermessen, den Garford Putilov mit Eleganz und einem gelungenen Design in Verbindung zu bringen. Man könnte dessen Aussehen eher als charakteristisch betrachten. Das Fahrzeug fällt also auf, sticht nahezu ins Auge und hinterlässt einen gewissen Eindruck. Alles Attribute, die eben solch einen Panzerwagen auch für den Modellbauer interessant macht. Leider wird aber der Putilov gerade im kleinen Maßstab mehr als stiefmütterlich behandelt. Dabei gibt es mit dem Ersten Weltkrieg, dem russischen Bürgerkrieg und auch in Verbindung mit den deutschen Freikorps genug Möglichkeiten, solch ein Modell in verschiedenen Variationen in Szene zu setzen. Man muss also schon lange suchen, um ein Ableger im kleinen Maßstab zu finden. Fündig wird man hier nur bei Modelkrak (mittlerweile ARMO), einem Kleinserienhersteller aus dem benachbarten Polen. Da es sich aber hier eben um einen Kleinserienhersteller handelt, sind die vorhandenen Bausätze stark limitiert und mittlerweile kaum noch erhältlich. Der Bausatz setzt sich aus einer überschaubaren Anzahl an Resinteilen zusammen, wobei die Bauteile mal mehr, mal weniger gut detailliert sind. Positiv auffällig ist hier die wiedergegebene Nietenstruktur am Aufbau und Geschützturm. Eher einfach sind das Chassis und die Räder gehalten, die definitiv einer Nachdetaillierung bedürfen. Auch schrecken auf den ersten Blick die massiven Angussblöcke ab, die aber teilweise immer noch typisch, gerade für ältere Resinbausätze sind und planmäßig verschliffen werden müssen. Ein simple Bauanleitung auf einem DIN A4-Blatt kann man nicht wirklich als Hilfe ansehen, ist aber bei den wenigen Bauteilen auch nicht unbedingt von Nöten. Auch Decals sucht man vergeblich, doch hat man hier die Möglichkeit auf Decals anderer Hersteller zurück zu greifen, die eben auch den Garford Putilov in vielen Varianten im Angebot haben (z.B. Black Lion Decals).
Der Bau:Wie bei fast jedem Resinbausatz stand hier zuerst das Säubern und Verputzen der Bauteile auf dem Plan. Gerade das planmäßige Verschleifen von Ober- und Unterteil nahm dabei die meiste Zeit in Anspruch, da diese Teile später auch zueinander passen mussten.
Da die Bauanleitung eben keine Hilfe war, suchte ich mir genug Ansichtsmaterial aus dem Internet zusammen. Dabei stellte ich dann auch fest, dass hier noch einiges an zusätzliche Detaillierungsarbeit von Nöten war, um aus den sehr einfach gestrickten Basismodell einen vorzeigbaren Garford Putilov zu zaubern. So wurden alle Luken und die Türe auf der Fahrerseite mit Griffen aus Kupferdraht versehen. Des weiteren wurden in gewissen Bereichen noch weitere Nieten gesetzt, so z.B. auch an der vorderen Stoßstange. Die hintere Achse verfügte damals über zwei separate Antriebsketten, die z.T. durch die seitlichen Kettenkästen abgedeckt waren. Hier kamen Ätzteile aus der Restekiste zum Einsatz. Dabei wurden auch noch zusätzliche Winkel aus Plastiksheet gesetzt. Des weiteren verfügten die Räder über keinerlei Strukturierung der Gummibandagen (dünne Kautschuk-Räder). Auch hier wurde mit Plastiksheet Abhilfe geschaffen. Das größte Problem bereitete mir aber das Schutzblech des 76,2mm-Geschützes am Turm. Als Resinguss war es viel zu üppig wiedergegeben. Proportional umgerechnet könnte man es schon als eine 8-10cm dicke Panzerung sehen. Tatsächlich handelte es sich aber nur um ein dünnes Blech. Also musste der ganze Bereich entfernt und durch Plastiksheet passgenau ersetzt werden. Zum Abschluss der eigentlichen Bauarbeiten wurden die vorderen Scheinwerfer wieder mit Hilfe von passenden Plastiksheet (0,5mm Rundprofil) in erhöhter Position angebracht.
Die Lackierung:Geplant war hier ein Putilov, wie dieser 1919 bei den Freikorps im Einsatz war. Die eigentliche Farbbestimmung war dabei gar nicht so einfach. So stößt man hier nicht wirklich auf aussagekräftige Quellen. Eine original russische Khaki-Farbgebung war genau so möglich, wie die eigentliche graue oder auch grün/ graue Farbgebung, wie man diese damals bei vielen Fahrzeugen der Freikorps vorfand. Auch die spärlich vorhandenen Originalbilder bringen durch ihre Schwarz/ Weiß-Ablichtung nicht unbedingt Licht ins Dunkle. Nach langen hin und her entschied ich mich dann für eine grün/ graue Farbgebung. Da ich diesen von mir gewünschten Farbton in keiner Farbpalette vorfand, mischte ich mir diesen aus den Farben „Forest Green“ (0077) und „French blue“ (0062) von Ammo MIG zusammen, den ich wiederum mit einem hellen Grau in bestimmten Bereichen des Modells (z.B. Blechstöße) weiter aufhellte. Ziel war es, den einfarbigen Farbton so weit wie möglich abwechslungsreich zu gestalten und so dem ganzen Modell mehr visuelle Tiefe zu verleihen. Weitere Kleinarbeiten folgten mit dem Pinsel.
Die Alterung:Den Anfang machte hier der Rost, den ich in Form von Ölfarbe an den typischen Verschleißstellen, wie Kanten, Luken etc. dezent aufbrachte. An den vertikalen Stellen arbeitete ich hier noch mit einem kleinen kurzen Pinsel nach, um die typischen Rostschlieren darzustellen. Ähnlich ging ich auch bei den allgemeinen Wetterschlieren vor, wobei hier vorwiegend grau und grün zum Einsatz kamen. Als nächstes setzte ich hier am ganzen Modell einen mittel-braunen Filter, wobei ich gerade im Fahrwerksbereich mit einem Rost-Filter nacharbeitete. Nach einem punktuellen Washing mit Dunkelbraun konnte nun das Modell matt versiegelt werden. Nach der Versiegelung wurde nun noch mit Pigmenten und passenden Pigment-Fixer im Bereich des Fahrwerks gearbeitet. Ziel war die Darstellung einer natürlichen Verschmutzung im alltäglichen Stadtverkehr. Also nicht zu viel und nicht zu wenig. Mit dem Zusammenbau der wenigen Bauteile (Rumpf, Räder, Turm) waren dann die eigentlichen Arbeiten am Modell abgeschlossen
Das Diorama:Natürlich hatte ich schon im Vorfeld eine typische Berliner Straßenszene im Kopf. Leider ist aber auch hier viel Improvisation gefragt, da man gerade für diese Zeit und Örtlichkeit nur wenig Zubehör auf dem Markt vorfindet. Findet man etwas über Berlin, dann sind es vorwiegend Ruinen aus dem Zweiten Weltkrieg. Seltsamerweise spielen intakte Gebäude des alten Berlins (oder anderen Städten) im Modellbau keinerlei Rolle. Also nahm ich zähneknirschend mit einer Mauer mit schmiedeeisernen Zaun vorlieb (Extratech EXB72002 „Castle Park Fence“). Ergänzt wurde die Szenerie mit einem typischen Zeitungskiosk aus dieser Zeit. Diesen Set von Micro Realisti (72-0186) hatte ich schon vor zig Jahren erworben, schlummerte seitdem in einer meiner vielen Schubladen und fand nun endlich seinen Bestimmungsplatz. Fehlte also nur noch das zeitgemäße Kopfsteinpflaster, bestenfalls mit Straßenbahnschienen. Auch hier wurde ich bei meinen Altbeständen fündig. So erwies sich eine Vacu-Platte von R2 (Nr. 13701) als nahezu perfekt geeignet (alle drei genannten Sets nenne ich schon mittlerweile seit über 10 Jahren mein eigen. So kann man davon ausgehen, dass die oben genannten Hersteller mittlerweile vom Markt verschwunden sind und dieses Dioramen-Zubehör von anderen Herstellern aufgekauft und vertrieben wird). Um die Straßenszene besser auszufüllen, verwendete ich noch eine alte Straßenlaterne, die ich im Modelleisenbahn-Bereich HO ausmachte. Auf den alt bekannten Blatt Papier begannen nun die Vorplanungen, um die genauen Ausmaße des Dioramas festzulegen. Anschließend folgten die Arbeiten mit Pressspanplatte und Zierleisten für den Dioramensockel. Meine übliche Abfolge änderte ich in der Form, in dem ich nun zuerst die passend zurecht geschnittene Vacu-Platte mit Kopfsteinpflaster auf dem Holzsockel aufbrachte. Dabei mussten die Ränder verspachtelt und anschließend verschliefen werden. Erst dann wurde der Sockelrand schwarz lackiert und nach Trocknung abgeklebt, um diesen vor Folgeverschmutzungen zu schützen. Nun konnte auch die Mauer mit Gitter montiert werden. Der Kiosk wurde dabei separat behandelt, um diesen erst bei Abschluss der Arbeiten auf den vorgesehenen Platz zu verkleben.
Bei der Farbgebung machte eine dünne, dunkle Erdfarbe den Anfang, mit der ich den ganzen Bodenbereich bestrich. Ziel war es dabei, den Fugen im Vorfeld schon den passenden Farbton zu verleihen. Ähnlich ging ich auch bei der Mauer vor, wobei ich hier aber einen helleren Braunton verwendete. Anschließend bearbeitete ich mit einem groben Drybrushing mit großem Pinsel und verschiedenen Grautönen das Kopfsteinpflaster und Gehwegplatten. Auch hier verwendete ich bei der Mauer wieder einen anderen, helleren Sandton. Das Ergebnis sah natürlich zu steril und damit unrealistisch aus, so dass die bisherige Farbgebung auch nur als Basis diente. Die eigentliche Arbeit folgte erst jetzt. Dabei kamen meine allseits beliebten Ölfarben zum Einsatz, mit denen ich jede einzelne Gehwegplatte und Kopfstein bearbeitete. Auch wenn es sich mühselig anhört, gestalte sich diese Arbeit sehr einfach und schnell. Auch setzte ich wieder im Bereich der Mauer die typischen Wetterschlieren und leichte Verschmutzungen. Nach dem Abtrocknen folgte nun noch ein leichter Filter in braun, der die gesamte Farbgebung weiter harmonisieren sollte. In der gleichen Reihenfolge ging ich auch beim Kiosk vor. Zu guter Letzt setze ich hinter der Mauer noch Buschwerk, bevor ich die ganze Szenerie ultra-matt versiegelte. Dabei wurde auch das aufgebrachte Buschwerk so weit verfestigt, dass man in Zukunft mit keinem Blätterverlust rechnen muss. Mit der Entfernung der Schutzabklebung am Sockelrand und der Anbringung eines passenden Typenschildes waren nun auch die Arbeiten am Diorama selbst abgeschlossen.
Die Figuren:Möchte man im kleinen Maßstab eine Szenerie zu Zeiten der politischen Unruhen in Deutschland 1919/ 20 gestalten, kommt man meiner Meinung nach an Germania-Figuren nicht vorbei. So bietet dieser Kleinserienhersteller gleich mehrere Sets zum Thema Freikorps 1919/ 20 an. Die Figuren zeichnen sich dabei durch eine hervorragende Detaillierung aus. Ich griff dabei auf den Set GF-WW1-200 (dt. Freikorps Nr.1) zurück, den ich mit Zivilisten aus den Sets GF-WW1-006 (Zuschauer Sarajevo) und GF-WW1-204 (dt. Revolution 1919) ergänzte. Lediglich beim Kiosk-Verkäufer griff ich auf einen Dock-Arbeiter von Artmaster zurück, der in Sachen Qualität zwar nicht mit den Germania-Figuren mithalten konnte, dafür aber schlank genug war, um im Kiosk Platz zu finden. Die Bemalung erfolgte hier ausschließlich mit Ölfarben. Nach Fertigstellung und anschließender Mattierung wurden die Figuren dann auf dem Diorama aufgebracht.
Fazit:Mir wird immer wieder bewusst, dass ich im Modellbau anscheinend eine gewisse Vorliebe und Geschmack entgegen des üblichen kommerziellen Mainstreams habe. So reizen mich immer wieder Modelle, die eher Nischen bedienen, ansonsten aber kaum Beachtung und Berücksichtigung finden. So finde ich es auch immer wieder schade, wenn man von der zigsten Neuveröffentlichung eines Panthers oder Tigers hört, viele andere historische Fahrzeuge oder auch Geschütze dabei aber kaum oder keine Beachtung finden. Der Garford Putilov ist so ein bedauernswerter Fall. So wäre ich eigentlich nicht abgeneigt, so ein Fahrzeug auch im Einsatz bei der roten oder weißen Armee während des russischen Bürgerkriegs zu bauen. Ich muss aber schon dankbar sein, überhaupt einen betagten und seltenen Basisbausatz erworben zu haben, der eben einer gewissen Nacharbeit bedarf und damit wären wir auch beim eigentlichen Fazit: der Bausatz zeigt zwar gerade beim Aufbau eine schöne Nieten-Struktur auf, doch handelt es sich eben nur um einen Basisbausatz, der in Sachen Detaillierung viel Luft nach oben hat. Eine gewisse Erfahrung ist schon von Nöten, um hier ein einigermaßen vorzeigbares Ergebnis zu erzielen. Doch handelt es sich eben auch hier mal wieder um eine Rarität, die man eben kaum im kleinen Maßstab zu sehen bekommt und sich durch seine charakteristische Hässlichkeit einer gewissen Aufmerksamkeit sicher sein kann.
Stefan Szymanski Publiziert am 11. Februar 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |