Sd.Kfz. 9 Famovon Roland Sachsenhofer (1:72 Revell)
Das Sd.Kfz.9, in Kurzform auch nur „Famo“ genannt, stellt in der erstaunlich typenbreiten Entwicklungsgeschichte deutscher Halbkettenfahrzeuge gewissermaßen einen Endpunkt dar: die offiziell unter der Bezeichnung „Schwerer Zugkraftwagen 18t“ firmierende Konstruktion war mit Abstand das stärkste und von den Abmessungen her eindrucksvollste Fahrzeug dieses Konstruktionstyps. Diese besondere Stellung des „Famo“ gibt Anlass, einen kurzen Blick auf die Entwicklung dieser bemerkenswerten militärischen Fahrzeugklasse zu werfen. Dafür ist gleich eine naheliegende Frage zu beantworten: was ist eigentlich eine „Halbkette“- und wozu der technische Aufwand?
Die Notwendigkeit, schwere Lasten über unbefestigtem Grund zu bewegen beziehungsweise zu ziehen, tauchte mit dem Elend des mechanisierten Stellungskrieges während des Ersten Weltkriegs auf. Bald nach Beginn des Grabenkriegs sah man sich vor die Herausforderung gestellt, schwere und schwerste Artillerie im Hinterland der Frontlinien zu bewegen. Bis dahin war die stärkste verfügbare Kraftquelle in der Zugkraft von Pferden zu finden; einstellige „PS“-Kräfte konnten nun aber bei den gewaltigen Artillerie-Kalibern und den damit verbundenen tonnenschweren Gewichten nicht mehr genügen.
Als Urahn der ersten Artillerie-Zugmaschinen darf der um 1900 in den USA von der Stockton Wheel Company entwickelte „Caterpillar“ gelten. In unzähligen Abwandlungen kam diese mit der charakteristischen Kombination von zwei Raupenketten mit einem zur Steuerung vorgesetzten Räderpaar ausgestattete Konstruktion in den kriegführenden Armeen zum Einsatz.
Die aus dem Zusammenspiel von Rad und Laufkette resultierende Kombination von Geländegängigkeit einerseits und Straßentauglichkeit andererseits verhalf dem Halbkettenfahrzeug zu großem Erfolg und Verbreitung. Noch im Ersten Weltkrieg fanden auf deutscher Seite Fahrzeuge wie der 1916 eingeführte A.L.Z.13 „Bremerwagen“ oder der bis Kriegsende gefertigte „Marienwagen“ als meist ungepanzerte Schlepper weite Verbreitung. Die maximale Zugkraft wird dabei mit rund 2,5 Tonnen angegeben.
Die Entwicklung und die Einsatzerprobung von Halbkettenfahrzeugen fand auch in der Reichswehr der Nachkriegszeit ihre Fortsetzung, so dass die ab 1933 zuerst verdeckt, dann offen wiederaufrüstende „Wehrmacht“ auf ein im internationalen Vergleich breites Typenspektrum zurückgreifen konnte. Die Entwicklung von Halbketten wurde auch durch die 1933 ausgegebene Vorgabe angefacht, dass Kettenfahrzeuge für den Einsatz auf dem europäischen Straßen- und Wegenetz hin auszulegen seien.
Im Bestreben, diese Vorgabe zu erfüllen, gelang es tatsächlich, die Kettenlaufwerke so zu optimieren, dass der Fahrwiderstand bei Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h auf Straßen gegenüber jenen von reinen Räderfahrzeugen nur mehr um tolerierbare 5 bis 10% erhöht war. Ebenso konnte die Verschleißfestigkeit und der Geräuschpegel auf die Vergleichswerte von Radfahrzeugen herabgesetzt werden. Das vorgesetzte - und übrigens nicht angetriebene - Räderpaar erhöhte zwar die Straßentauglichkeit, reichte aber für die Steuerung allein nicht aus. Beim Durchfahren enger Kurven mussten über die Beeinflussung des Lenkgetriebes der Raupenketten die Richtungskorrekturen unterstützt werden.
1935 wurde ein Bauprogramm festgelegt, dass die Entwicklung von Halbkettenfahrzeugen verschiedener Gewichtsklassen festlegte. Angefangen beim Zugkraftwagen für eine Tonne, dem Sd.Kfz 10 über das Sd. Kfz.11 für 3 t, dem Sd. Kfz.6 für 5 Tonnen und Sd. Kfz.7 mit 8 Tonnen sowie dem Sd. Kfz.8 für 12 Tonnen Zuggewicht, war man am oberen Ende beim Sd. Kfz.9 für 18 Tonnen Zuggewicht angelangt Diese 18 t Halbketten-Baureihe wurde bei der Firma „Fahrzeug- und Motorenbau GmbH“ in Breslau entwickelt, woraus sich auch der Kurzname „Famo“ erklärt. Die Hauptaufgabe des Fahrzeuges bestand anfänglich im Ziehen der neu entwickelten 24 cm Kanone 3 von Krupp, bald aber übernahm es alle Arten des Ziehens und des Transportes schwerster Lasten. Das mit einem 250 PS Maybach Motor ausgerüstete „Famo“ leistete ein beeindruckendes maximales Gesamtlastzuggewicht von 35,5 Tonnen. Besonders begehrt war diese Eigenschaft beim Ziehen der schweren Kampfpanzer „Panther“ und „Tiger“. Bekannt ist allerdings, dass dabei die Kraft von drei „Famo“ vereint werden musste, um einen „Tiger“ im Gelände zu bewegen.
Der bei der Truppe hochbegehrte Sd.Kfz.9 wurde ab 1936 in beträchtlicher Stückzahl produziert. Besaß das Heer gegen Ende 1942 schon 855 Stück, wurden im Jahr darauf 643 und 1944 noch einmal 834 „Famos“ ausgeliefert. Insgesamt wurden bis Kriegsende gut 2.500 Stück produziert. Das erfolgreiche Grundkonzept drückte sich auch in zahlreichen tatsächlich gebauten oder zumindest geplanten Varianten und Ausrüstungszuständen aus.
Mein Modell zeigt ein Exemplar mit dem für Panzerbergezwecke entwickelten „Pionier“-Aufbau. Die große Ladepritsche diente dabei der Aufnahme von Ersatzteilen und Abschleppgerät jeder Art. Die Farbgebung entspricht dem bis 1942 vorgeschrieben Grauton, der folgend durch ein in „Afrikabraun“ gehaltenes Äußeres abgelöst wurde.
Die Farbgebung passt gut zu meinen modellbauerischen Absichten, da mir der „Famo“ vor allem als Beigabe eines Me-321 Projekts dient. Die „Gigant“ entsteht in den Farben eines 1941/42 geflogenen Exemplars. Durch das Zueinander von Zugmaschine und des Laderaumes der „Gigant“ sollte die Größe des Lastenseglers ganz gut zu illustrieren sein! Zum Bauprozess
Die Auswahl des „Famo“-Modells von Revell erfolgte einmal nicht aufgrund einer schon bestehenden Faszination für das Vorbild, sondern, wie angesprochen, aus dessen Eignung, Größe und Ladekapazität eines Me-321 Großraum-Lastenseglers zu unterstreichen. Ich hatte Originalbilder einer solchen Beladeszene gesehen und mich deshalb auf die Suche nach einem für mich bewältigbaren Bausatz gemacht.
Wie glücklich die Wahl des Revell-Modells war, wurde mir erst nach und nach klar. Zuerst hat mir der äußerst günstige Preis gefallen, mit dem der Bausatz erworben werden kann. Nach Öffnen der Schachtel war ich schnell vom präzisen Guss und der beeindruckenden Detailfülle der Teile eingenommen. Bei beiden Einschätzungen lag ich nicht falsch: die Passgenauigkeit wie die Fülle der präzise gearbeiteten Teile machen einfach Freude und tragen schnell zum positiven Gesamtbild bei.
Ich habe mich entschieden, die meisten Bauteile noch am Gußast farbig zu fassen. Durch das komplizierte gestaffelte Laufwerk würde eine spätere Bemalung schwierig werden. Noch dazu hatte ich vor, über einer Grundierung zuerst „Alclad Steel“ aufzutragen und dieses dann mit Maskol abzutupfen, um später „Farbaplatzer“ freilegen zu können.
An den meisten Stellen ließ ich nach Abschluss der Lackierung das „Steel“ nicht völlig frei liegen, sondern überhauchte es mit einer durchscheinenden Schicht Gunze H 32; jenem Farbton, mit dem ich das „Panzergrau“ darstellte. Der Plan ging, soweit ich das beurteilen kann, auch ganz gut auf.
Zum Beleben der beabsichtigten Szene konnte ich noch einen mehrteiligen Resinsatz von Black Dog erwerben, der eine ganze Menge „Gerödel“ für die Pritsche und recht ansehnliche Abdeckplanen im aufgespannten wie im zusammengerollten Zustand bietet. Diese Teile wurden mit dem Trockenpinsel farbig gefasst.
Zum Abschluss möchte ich sagen: Revell bietet hier im kleinen Maßstab eine wirklich schöne Reproduktion dieses wichtigen Halbkettenfahrzeuges. Die Qualitäten des Ausgangsbausatzes zeigen sich auch darin, dass auch ich als „Ketten-Neuling“ ein Modell zuwege brachte, mit dem ich persönlich zufrieden bin und meine Freude habe.
Ich hoffe, bald ein Wiedersehen mit dem „Famo“ ankündigen zu können, denn als Ladegut wird er in einem zukünftigen Beitrag die Me-321 „Gigant“ groß aussehen lassen… wenn nicht sogar „gigantisch". Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at
Roland Sachsenhofer Publiziert am 09. Juli 2021 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |