Hawker Siddeley Buccaneer S.2Axx889, 16 Squadron, RAF Laarbruchvon Gabriel Basurco (1:144 144th)Nostalgie ist oft eine treibende Kraft beim Modellbau, das Bannen von Erinnerung in materieller Form als Widerstand gegen den Lauf der Zeit sozusagen. Mir persönlich hat es besonders angetan, was die Briten in den 1950er und 60er Jahren so alles hervorgebracht haben: Austin Mini, Hovercraft, Harrier und vieles mehr. Immer ein wenig verrückt, aber toll und very special. Die Buccaneer musste mir dann auch irgendwann auffallen mit ihren fast barocken Formen ohne eine einzige gerade Linie. Schnell habe ich festgestellt, dass es von der Buccaneer keinen Spritzgusskit in 1/144 gibt, aber eine kleine Firma in England füllt diese Lücke (und ein paar mehr) mit einem wirklich gutgemachten Resinbausatz: 144th.co.uk vertreibt über das Internet, ein Besuch lohnt sich! Zum VorbildDie Wikipediarecherche fasse ich gern knapp zusammen, sehr viel Info findet sich auf der englischen Wikipedia. Die Buccaneer wurde zu Beginn der 50erJahre als zweistrahliger Mitteldecker von Blackburn entwickelt, die Firma ging aber bald zusammen mit Hawker Siddeley. Das Muster sollte Seeziele, sprich Kreuzer der Sowjets, auf einem atlantischen Kriegschauplatz nicht nur bekämpfen sondern vernichten, denn es sollten in letzter Konsequenz taktische Atomwaffen von bis zu 25 kTonnen eingesetzt werden. Nach dem Einsatz wäre von einem feindlichen Schiff nicht mehr viel übriggeblieben. Als Basis sollten die Flugzeugträger der Royal Navy dienen, die mit ihren sparsamen Abmessungen besondere Aufgaben an die Konstruktion stellten. Nicht nur musste alles klappbar gebaut werden was ging, sondern es mussten vor allem die Langsamflugeigenschaften optimiert werden. Dazu wurde die neue Technik der angeblasenen Klappen angewendet, die Luft wurde den Triebwerken abgezapft und in die Klappen geleitet. Durch eine Vielzahl von Öffnungen strömte die Luft in die umgebende Grenzschicht und verhinderte den Strömungsabriss bei extremen Klappenstellungen, wie sie bei Start und Landung nötig waren. Die Buccaneer hatte ein Leergewicht von ca. 13 Tonnen und ein max. Startgewicht von ca 28 Tonnen, zum Vergleich die B-17 leer ca. 14 Tonnen und maximal 29 Tonnen! Mit anderen Worten: man ließ etwas so schweres wie einen viermotorigen WWII-Bomber auf einem nicht sehr üppig dimensionierten Flugzeugträger starten und landen- tolle Leistung! Die Indienststellung war 1962. Neben der Royal Navy hat sich auch die RAF zum Kauf einiger Buccaneer entschlossen, widerwillig wie man liest, aber es gab keine Alternative aus britischer Produktion. Mit dem Erscheinen des Tornado hat sich die RAF Anfang der 1990er Jahre von der Buccaneer verabschiedet. Der Einsatz auf See ging 1978 mit dem Einmotten der damaligen Flugzeugträger zu Ende. Einen spektakulären Einsatz hatten Navy-Buccaneers mit der Bombardierung der havarierten "Torrey Canyon". Der Supertanker lief im März 1967 mit 120.000 Tonnen Rohöl vor der Küste Cornwalls auf ein Riff und produzierte die erste Ölkatastrophe. Die Idee war, mithilfe der Bombardierung das Wrack zu zertrümmern und das Öl abzufackeln (mit Napalm). Da Rohöl nicht so toll brennt kippte man über 40.000 Tonnen Kerosin dazu. Hoffentlich hat es wenigstens Spaß gemacht! Zum Schluss ihrer Karriere setzte die Buccaneer nochmal ein Ausrufezeichen mit ihren Einsätzen im Golfkrieg von 1991, wo sie zusammen mit den Tornados sehr erfolgreich war. Die 16 Squadron war von 1958 bis 1990 in Laarbruch an der holländischen Grenze stationiert, die Maschinen sollten als Jadgbomber gegen den Warschauer Pakt eingesetzt werden. Das Geschwader wurde im ersten Weltkrieg in Saint-Omer in Nordfrankreich gegründet, daher rührt der Spitzname "Saints", dargestellt auf dem Maschinen als Strichmännchem mit Heiligenschein. Quelle: Wikipedia Mein ModellDie Buccaneer war mein erster Resinbausatz, das hebt die Spannung. Ich würde aber sagen, dass der Bausatz gut konzipiert ist und sich auch für Resinanfänger eignet. Das Abtrennen der Teile ging mit der diamantierten Trennscheibe gut. Es hat auch Spaß gemacht, manche Teile herauszupräparieren - wie bei Fossilien, könnte man sagen. An einigen Oberflächen sieht man die Spuren der CAD/CAM-herstellung des Urmodells. Ich habe keine Maße nachgeprüft, finde aber die Form des Flugzeugs sehr gut getroffen. Die Einzelteile passen nach ein wenig versäubern sehr gut, nur beim Anschluss der äußeren Tragflächen musste ich viel schleifen und anprobieren. Die Teilung des Rumpfes ist horizontal mit Einbeziehung der inneren Tragflächen. Die Verklebung ist nicht ganz einfach, langsamhärtender Cyanacrylatkleber ist meine Empfehlung. Die Blechstöße sind ausgesprochen tief und in der Tiefe unregelmäßig, man kann sich vorstellen, wie diese feinen dünnen Silkondetails beim Entformen des Resins strapaziert werden und unregelmäßig abreißen. Abhängig von der weiteren Lackierung kann es sich lohnen, die Rillen vorab aufzufüllen. Statt eines Cockpits sind vorn am Rumpf zwei rechteckige Gruben, die eher wie eine letzte Ruhestätte aussehen, dorthinein sollen zwei ziemlich rustikale Schleudersitze geklebt werden. Das lädt ein, sich ein wenig auszutoben, was sich aber nur dann lohnt, wenn man nicht die Cockpithaube aus dem Kit nimmt. Die ist 2 mm dick gegossen und sehr undurchsichtig, stattdessen lieber was tiefgezogenes! Die Kleinteile sind alles in allem gut detailliert und maßstäblich. Im Selbstbau habe ich die Turbofans und die Düsenauslässe gebaut, da sind die Kitexemplare sehr grob ausgeführt. Eine nette Zugabe ist das fein gedrehte Pitotrohr aus Messing. Richtig Pluspunkte sammelt der Kit mit dem Decalsatz: sehr ausführlich und toll gedruckt, die Decals ließen sich auch schön verarbeiten.
Gabriel Basurco Publiziert am 25. Juni 2021 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |