Lioré et Olivier LeO C-30von Roland Sachsenhofer (1:72 RS Models)
Das Prinzip des Tragschraubers oder “Autogyros” ist von bestechender Eleganz: Die das Fahrzeug tragenden Rotorblätter werden nicht angetrieben, sondern kommen durch den Fahrtwind in Bewegung. Mit ihrem Auftrieb erzeugenden Profil heben sie ab einer bestimmten Geschwindigkeit den Tragschrauber in die Höhe- und das nach erstaunlich kurzen Startstrecken von, wie bei diesem Entwurf, nur einigen wenigen Meter. Ein weiterer Vorteil stellt die Unmöglichkeit dar, einen Tragschrauber zu überziehen: aus den aerodynamischen Gegebenheiten heraus entwickeln die Rotorblätter immer eine der Fluggeschwindigkeit angepasste Rotationsgeschwindigkeit. Es ist durchaus Wert, sich etwa auf Youtube einmal Start- und Landeszenen einer Cierva C.30 anzusehen!
Der Namensgeber Juan de la Cierva darf sowohl als Gründer der Autogyro-Szene wie auch als Pionier des Hubschrauberfliegens gelten. Ab den 20er Jahren entwarf das von ihm gegründete Konstruktionsbüro Cierva Autogiro Company eine Reihe erfolgreiche Tragschrauber. Einer der meistverkauften und in großer Stückzahl als Lizenzbau gefertigten Autogyros war die Cierva C.30. Mehrere Nationen erwarben die Rechte für dieses wendige und kompakte Fluggerät, darunter Großbritannien, Frankreich und das damalige Deutsche Reich.
Der kleine aber feine Bausatz von Rs Models bietet in dieser Ausgabe die Möglichkeit, vier unterschiedliche Lizenzversionen von Ciervas großem Wurf darzustellen. Aus der Auswahl einer deutschen, einer polnischen und zweier französischer Maschinen habe ich mir eine LeO C.30 der französischen Marineflieger ausgesucht. Hinter der Abkürzung steht der Hersteller Lioré-et-Olivier, die Anfang der 30er Jahre die Lizenzrechte von der Cierva Autogiro Company erworben und rund 60 Maschinen des agilen Tragschraubers für Heer und Marineflieger produziert haben. Angetrieben wurde die französische Version übrigens durch einen 175 PS leistenden Salmson 9Ne Sternmotor.
Mein Modell zeigt eine im Tragschrauber-Stützpunkt Hyere, in der Nähe von Toulon, stationierte Maschine aus dem Jahr 1936.
Der Bau selbst verlief „very short run“. Keine Passstifte und recht dicke Angüsse, die beim Abtrennen der zum Teil recht feinen Strebenteile Vorsicht ratsam erscheinen lassen, dürfen einen da nicht abschrecken. Dafür aber fällt die Formgebung der Teile angemessen exakt aus, nur rund um die Kanzeleinfassungen wirkt diese etwas zu „verwaschen“. Alles in allem macht der Schachtelinhalt gleich zu Beginn einen recht guten Eindruck.
Der Bau selbst geht bei entsprechender Planung und etwas geduldiger Achtsamkeit dann recht zügig und ohne große Überraschungen von der Hand. Einzig die Darstellung des Salmson Sternmotors bekam ein paar Zündkabel spendiert und die Sitze wurden mit Gurten von Eduard ausgestattet, ansonsten ist dieser Tragschrauber „out oft he box“ gebaut.
Die Bauanleitung bleibt allerdings in manchen Bereichen ein wenig ungenau und erfordert eine angemessene Recherche des Vorbilds. Originalfotos zeigen auch, dass die Anleitung in einem irrt: Die in Alu gehaltenen Bereiche beschränken sich auf die Motorverkleidung am Bug und sollten nicht, wie vorgeschlagen, auf den vorderen, stoffbespannten Rumpfteil ausgedehnt werden. Die Decals darf ich in allem loben, nur erscheint mir das Blau der Kokarden als etwas zu matt.
Ich kann den Bausatz dieses interessanten Fluggeräts ohne Zögern jedem empfehlen, der Sinn für das Besondere hat! Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 05. August 2017 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |