Kayaba Ku-4 KatsuodoriJapanisches Ramjet-Projekt und Schulseglervon Thomas Brückelt (1:72 Meng Model)Von Meng gibt es von dem nur wenig bekannten Ramjet Projekt Kayaba Ku-4 Katsuodori einen Bausatz, der gleich zwei komplette Bausätze enthält. Über das Projekt findet man recht wenige Informationen, lediglich eine recht grobe Ansicht, welche hier zu finden ist (unten). Technisch gesehen ist der Bausatz von bester Qualität; die Teile sind sehr akkurat gegossen, Grat findet man fast nicht. Auch die Klarsichtteile sind so sauber gegossen, dass man den Eindruck am fertigen Modell hat, es würde sich um Tiefzieh-Hauben handeln. Erwähnenswert ist auch, dass das Spritzgusswerkzeug Schieber enthält: Die Starthilferaketen sind hinten offen, hier muss man sich nicht mit einem kleinen Bohrer verkünsteln! Schön ist auch, dass Meng Teile hinzugefügt hat, die unterschiedliche Präsentationen der beiden Modelle ermöglichen: Ein Transportwagen, ein starres Fahrwerk und eine Rohrkonstruktion, um die Ku-4 als Parasitenjäger an einen Bomber zu hängen, finden sich an den Gussrahmen. Nach genauerem Hinsehen stellte ich recht schnell fest, dass der Hersteller sich bei der Konstruktion des Bausatzes nicht wirklich im Klaren war, was ein Ramjet (Staustrahltriebwerk) ist, und die Auslegung des Modells dadurch ziemlich daneben geraten ist. Ein Ramjet ist im Grunde ein offenes Rohr, ohne bewegliche Teile, was es sehr einfach und günstig in der Herstellung macht und zudem sehr leicht ist. Im Inneren sitzt - je nach Auslegung - ein Konus, der dafür sorgt, dass die Luft stark verdichtet wird. Eine andere Möglichkeit die gewünschte Verdichtung zu erreichen ist es, die äußere Form entsprechend auszulegen, dann befindet sich im Inneren nur eine Einspritzpumpe und eine Vorrichtung zum Zünden. In die verdichtete Luft wird Treibstoff eingespritzt und das Gemisch gezündet, wodurch dann der Schub entsteht. Der Nachteil an der Sache ist, dass man das Flugzeug auf eine hohe Geschwindigkeit beschleunigen muss (in dem Fall mit den vier externen, abwerfbaren Starthilfe-Raketen), damit der Ramjet überhaupt zündet. Der Schub ist nur sehr bedingt regelbar und der Treibstoffverbrauch sehr hoch. Da es eine hohe Geschwindigkeit braucht, um zu arbeiten, kann man nicht mit laufendem Triebwerk landen; es muss also im Gleitflug gelandet werden. Hier findet man unter anderem eine anschauliche Erklärung der Funktionsweise. Es ist vorgesehen ein Verdichterrad in den Lufteinlauf zu setzen, hinten ein Kompressorrad - es wird also eine Gasturbine dargestellt. Das Verdichterrad sitzt unmittelbar vor dem Cockpit, das den ganzen Querschnitt des Rumpfs für sich beansprucht. Wo soll denn da die Luft noch strömen...? Der Pilot würde mit der unteren Hälfte seines Körpers im Verdichter sitzen, sicher keine angenehme Sache... Nachdem ich mir die Ansicht des Entwurfs im Internet ansah, kam ich zu dem Entschluss, dass der Pilot liegend untergebracht werden sollte, ähnlich dem deutschen Projekt Skoda Kauba SK P.14. Somit war klar, dass ein paar massive Umbauarbeiten nötig waren, um das Modell als funktionierenden Ramjet darzustellen. Erstmal entfernte ich alle Aufnahmen der Cockpit-Teile, damit später wenigstens halbwegs der Eindruck entsteht, ins Innere einer glatten Röhre zu schauen. Aus Polystyrol-Plättchen (PS) baute ich mir einen neuen Cockpitboden und eine Rückwand. Den Piloten baute ich mir aus Resinteilen von abgegossenen Figuren zusammen und passte ihn an. Ein paar Details landeten noch im vorderen Bereich: Steuerknüppel, Gashebel, Instrumentenbrett und ein Visier. Hinter der Rückwand klebte ich ein kurzes Stück eines Bowdenzugrohrs an, hier soll später der Draht des Displays einschoben werden. Geht man nach der Ansicht auf der oben verlinkten japanischen Seite, hätte die Ku-4 wohl eher die Version ohne Konus des Staustrahltriebwerks bekommen, was zu einem deutlich voluminöseren Rumpf geführt hätte. Somit wäre daraus jedoch ein kompletter Neubau des Modells geworden. Daher beschloss ich der Ku-4 einen Ramjet mit Konus einzubauen, der mit zylindrischer Außenkontur funktioniert. Um den Konus darzustellen griff ich auf einen übrigen Abwurftank zurück. Ich durchbohrte ihn und klebte einen CFK-Stab mit 1 mm Durchmesser ein. Diese „Baugruppe" klebte ich dann mit Sekundenkleber in eine Rumpfhälfte. Der restliche Zusammenbau gelang problemlos. Ich ergänzte noch die Antenne und das Staurohr. Als ich schon am Lackieren war stellte ich mir die Frage, wie das Ding denn wieder landen soll... Es liegt zwar ein starres Fahrwerk bei, aber das überzeugt nicht wirklich an einem Überschall-Jäger. Es ist auf dem Deckelbild des Kartons auch nicht dargestellt. So bog und schliff ich mir noch eine ausfahrbare Landekufe zurecht - wie bei der Me 163 Komet - die ich unten an den Rumpf klebte. Nun hatte ich noch den zweiten Bausatz samt der übrigen Cockpitteile des ersten Modells, was zu der Überlegung führte, aus der zweiten Ku-4 einen doppelsitzigen Schulsegler zu bauen (ohne Bezug zu einem realen Projekt). Sicherlich eine sinnvolle Maßnahme, denn das Landen im Gleitflug bei hoher Geschwindigkeit will gelernt sein. Ein Liegecockpit wäre hierbei nicht notwendig gewesen, so baute ich den Rumpf zum Zweisitzer aus und nutzte die Sitze und Steuerknüppel aus dem Kit. Dem vorderen Cockpitboden verpasste ich eine Verlängerung aus PS, auch die Rückwand wurde angepasst. Der vordere Sitz erhielt noch eine Kopfstütze. Ein Instrumentenbrett für den Fluglehrer sollte auch nicht fehlen. Mit der Trennscheibe und einer Schlüsselfeile arbeitete ich die Aussparung für die hintere Haube heraus, die ich mir über einer Form aus Balsaholz tiefzog. Den Lufteinlauf schloss ich mit einer tiefgezogenen Kappe. Um die Düse strömungsgünstig zu schließen fand sich ein passender Zusatztank in der Restekiste, der dafür geopfert wurde. Auch hier brachte ich Staurohr und eine Antenne an. Unten am Bug stellte ich noch eine Schleppkupplung dar. Lackiert habe ich beide Modelle mit dem Pinsel und Revellfarben. Die beiliegenden Decals erwiesen sich leider als äußerst steif. Jede Menge Weichmacher musste aufgetragen werden. Selbst Die Krümmung des Rumpfes nahmen die „aufgehenden Sonnen" nur widerwillig an. Ich habe sie daher so positioniert, dass keine Blechstöße darunter liegen. Ein paar Decals aus der Restekiste kamen hinzu. Zum Schluss versiegelte ich das „What-if-Päärchen" mit seidenmattem Klarlack. Der Bau der interessanten Ku-4 hat mir viel Spaß gemacht, gerade durch die Modifikationen war es auch kleine Herausforderung. Schade, dass man sich hier nicht von Haus aus die Mühe gemacht hat einen funktionierenden Ramjet darzustellen, Modellbauer, die diese Eigeninitiative nicht aufbringen können oder wollen, kommen aus der Schachtel heraus nicht zu einem realistischen und in sich schlüssigen Modell.
Thomas Brückelt, Publiziert am 04. Januar 2016 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |