Bristol Blenheim Mk Ivon Roland Sachsenhofer (1:72 Airfix)
Das Schicksal der Bristol Blenheim scheint für viele Hochleistungsflugzeuge, die in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts gebaut worden sind, symptomatisch: in einer erstaunlich kurzen Einsatzzeit findet sich am Beginn der Ruhm, zum Besten was Geschwindigkeit, Einsatzreichweite, Motorenleistung, etc. zu gehören, gefolgt von ernüchternden Einsatzerfahrungen vor dem Hintergrund einer sich unerwartet rasant vollziehenden technischen Entwicklung. Binnen weniger Jahre zählen diese Konstruktionen dann ganz eindeutig zum „alten Eisen“, die schnell von neuen, oftmals ebenso kurzlebigen Entwürfen abgelöst werden. Erstaunlich, vergleicht man dies mit der oft jahrzehntelangen Einsatzzeit heutiger Einsatzmuster!
Für die Blenheim startete die Zeit des Ruhms noch bevor sie ihren Namen bekam: die Forderung nach einem schnellen Reiseflugzeug, die der von der zeitgleichen deutschen Luftrüstung beunruhigte Lord Rothermere an die britische Luftfahrtindustrie gestellt hatte, beantwortete die Bristol Aeroplane Company mit der Adaption ihres gerade in Entwicklung befindlichen „Typ 142“. Die „Britain First“ getaufte Maschine flog erstmals im April 1935 und beeindruckte mit ihren Leistungen derart, dass das britische Air Ministry umgehend eine Bomberversion in Auftrag gab. Die Blenheim konnte damals für sich beanspruchen, eines der schnellsten Flugzeug im Inventar der RAF zu sein; vergleichbar mit der Geschwindigkeit der zeitgenössischen Doppeldecker-Jagdflugzeuge schien sie eine große Zukunft vor sich zu haben.
Der neuen Generation von Jagdeindeckern, mit denen sich die Blenheim über Frankreich ab 1939 messen musste, hatte die Blenheim allerdings wenig entgegenzustellen. Trotzdem wurde dieses Muster einige Jahre lang auf buchstäblich allen Kriegsschauplätzen des sich zum Weltkrieg ausbreitenden Konflikts eingesetzt. Die Mk.I war in Europa und Nordafrika schnell von der mit einem neuen Bug ausgestatteten Mk.IV abgelöst worden, in Fernostasien kämpften allerdings auch noch zu Beginn des Jahres 1942 Blenheim der ersten Versionenreihe. Mein Modell zeigt eine dieser Maschinen. Bekannt wurde die „L1134“ der 62. Squadron, als mit ihr am 9. Dezember 1941 von der RAF Basis Butterworth aus unter hoffnungslosen Umständen ein Angriff gegen die japanische Truppen geflogen wurden, die zwei Tage zuvor begonnen hatten, Malysia zu überrennen. Dem Piloten, Squadron Leader Arthur Stewart King Scarf, der seine Heldentat nicht überlebte, wurde posthum die höchste britische Tapeferkeitsauszeichnung, das Victoria Cross, verliehen. Wer sich für die näheren Umstände dieses Einsatzes, der übrigens auch auf dem dramatischen Schachteldeckelbild von Airfix abgebildet ist, interessiert, wird im WWW schnell fündig, etwa hier oder hier.
Das Modell gehört zur neuen Reihe exzellenter Bausätze, die bei Airfix dankenswerterweise wieder produziert werden. Die Bauteile sind von einer teils unerhörten Feinheit, die Klarsichtteile verdienen diesen Namen und sind angemessen dünn, die Decals, die von „Barracuda Decals“ zu stammen scheinen, erwiesen sich als wundervoll verwendbar und haben beim Aufbringen keinerlei Schwierigkeiten gemacht. Airfix hat sich hinsichtlich des Aufbaus der Klarsicht-Kanzel wie auch bei der Auslegung der Rumpf- und Tragflügelbauteile wirklich Gedanken gemacht. Herausgekommen ist eine kompakte und stabile Konstruktion, deren Einzelteile mit einer hervorragenden Passgenauigkeit punkten.
Einige Ätzteile von Eduard kamen im Cockpitinneren wie in den Fahrwerksschächten zur Anwendung. Ansonsten wurden nur die vier Lufteinsaugstutzen der Bristol Mercury Motoren ausgebohrt. Meine größte Sorge während des Baues war die Möglichkeit, dass durch die zentrale Klebenaht der beiden Bug-Klarsichtteile Farbnebel ins Cockpit eindringen könnte. Zum Glück war die Sorge unbegründet, der saubere Formenbau von Airfix hat auch hier für ein problemloses Modellbauvergnügen gesorgt.
Einen Baubericht sowie eine Übersicht über die Bausatzteile gibt es hier im JAM Forum. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at
Roland Sachsenhofer Publiziert am 08. Mai 2015 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |