Dornier Do 335 A-1avon Max Lorenz (1:72 Revell)Das Vorbild
Am 26.10.1943 erhob sich die Do 335 zum ersten Mal in den Himmel. Hervorstechende Besonderheit war die Ausrüstung mit einem Schub- und einem Druckpropeller am Bug und Heck des Flugzeugs. Angetrieben mit je einem DB 603 Motor waren so Geschwindigkeiten von 775 km/h und eine Steigleistung von 12 m/s (bzw. 11 Minuten auf 8.000 m) möglich, da der Luftwiderstand kaum größer war als bei einem einmotorigen Flugzeug. Weitere Vorteile waren ein geringes Trägheitsmoment, eine gute Wendigkeit um die Rollachse und ein giermomentfreier Flug bei Ausfall eines Triebwerkes. Die hintereinanderliegenden Propeller erhöhten den Leistungswirkungsgrad, die Motoren verbrauchten also weniger Kraftstoff als nebeneinanderliegend. Auch ein Schleudersitz war bei den späteren Maschinen vorhanden. Um den Piloten beim Ausstieg zu schützen, wurde beim Auslösen der hintere Propeller und das obere Seitenleitwerk abgesprengt.
Erfahrungsberichte des Erprobungskommandos 335 in Rechlin deckten aber auch Schwächen auf, wobei hier anzumerken ist, dass das Flugzeug bzw. seine Entwicklung unter Zeitdruck und dem Materialmangel der letzten Kriegsjahre litt: Bemängelt wurden unter anderem eine ungünstige Konstruktion des Bugfahrwerks, eine noch unzuverlässige Hydraulik für die Landeklappenbetätigung, eine noch schlechte Regulierung der Motorenkühlung, schlechte Sichtverhältnisse sowie das durch den neuen Schleudersitz aufwändige Schließen und Öffnen des Kabinendachs beim Einstieg und auch beim manuellen Notausstieg. Sie war damit nach Meinung der Erprober weit davon entfernt, als Kampfflugzeug geeignet zu sein. Im Vergleich zu einmotorigen Flugzeugen wurden aber auch ein höherer Fertigungsaufwand und Kraftstoffverbrauch sowie ein höherer Wartungsaufwand durch die beiden Motoren notiert. Der britische Testpilot Eric Brown, der die Do 335 kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs flog, meinte, die Briten hätten mit dieser Maschine technisch gesehen „die meisten Schwierigkeiten von allen erbeuteten deutschen Flugzeugen“ gehabt. Dennoch war er der Meinung, dass die Do 335 „ein erfolgreiches Nachtjagdflugzeug gewesen wäre, und zwar auf Grund ihrer ausgesprochen guten stabilen Fluglage, ihrer langen Einsatzdauer und der hohen Grundgeschwindigkeit.“
Produziert wurden ab 1944 nur wenige Serienmaschinen in verschiedenen Versionen, darunter Jäger, Jagdbomber und Aufklärer. Nach der langen Entwicklungszeit war wegen der schlechten Wirtschaftslage aber keine Massenproduktion möglich. Bei Kriegsende waren 28 Flugzeuge der Vorserie und 11 der Serie fertiggestellt, für ca. 50 weitere waren Teile vorhanden oder sie befanden sich in zum Teil fortgeschrittenem Bauzustand. In Kampfhandlungen waren die Do 335 allerdings nicht mehr verwickelt. Die lange Nase und die hochbeinige Konstruktion brachten dem Flugzeug den offiziellen Namen „Pfeil“ für die einsitzige Version und „Ameisenbär“ für den Doppelsitzer ein, wobei auch der Einsitzer durch die langgezogene Nase und die markante Leitwerksform am Heck in gewisser Weise an einen Ameisenbären mit aufgestellten Schwanz erinnert.
Von mir gebaut wurde die (erste?) Do 335 A-1a mit der Werknummer 240113, welche bei einer Bruchlandung mit dem berühmten Nachtflugpiloten Major Wolfgang Schnaufer nähe Bayreuth am Bindlacher Berg einen größeren Schaden erlitt und später von US-Truppen in einen Hangar gebracht wurde. Bemerkenswert ist hier, dass die Maschine eine schwarz lackierte Unterseite hatte. Es gibt zudem auch Hinweise darauf, dass es sich bei dem abgestürzten Flugzeug um einen zuvor zum Doppelsitzer umgebaute Do 335 handelt. Die US-Truppen hatten dieses Flugzeug wohl auch als Doppelsitzer in ihren Unterlagen geführt. Die Nummer 113 am Leitwerk ist auf Bildern dabei gut zu erkennen. Andere Quellen sprechen von einem Absturz in Gütersloh. Die Wahrheit ist wohl irgendwo in der Geschichte verloren gegangen. Quellen: Wikipedia, Luftwaffe in profile, Airwar.ru, Xplanes.free, Worldwarphotos sowie der Infotext der Bauanleitung Der Bausatz
Möchte man einen Spritzgussbausatz der Do 335 im Maßstab 1:72 bauen, hat der Modellbauer nur wenige, noch dazu zum Teil ziemlich betagte Bausätze zur Auswahl. Lindberg brachte 1966 den ersten Kit heraus, gefolgt von FROG, welche sich acht Jahre später dem Doppelsitzer widmeten. Dann geschah sehr lange Zeit nichts, bis 1992 Dragon den „Pfeil“ veröffentlichte. Bei Revell erschien als erstes 1977 der FROG-Doppelsitzer mit mehreren späteren Auflagen, u.a. auch unter dem Label von Matchbox. Im Jahr 2000 bediente man sich bei Dragon für die A-1 Version. Genau diesen Ursprung hat auch das hier vorgestellte Modell. An Bekanntheit und Einzigartigkeit mangelt es dem Original eigentlich nicht, trotzdem wird es von den Herstellern und insbesondere von Revell eher stiefmütterlich behandelt. Mittlerweile ist nun auch schon wieder ein Vierteljahrhundert ohne Wiederauflage bzw. „New Tool“ bei Revell vergangen, so dass bei diversen Onlineplattformen der Bausatz für um die 30€ gehandelt wird. Nicht vergessen möchte ich den aus gerade mal 40 Bauteilen bestehenden Kit von Hobby Boss, welcher 2014 erschienen ist. Diese Do 335 ist aufgrund der großteiligen und wenigen Bauteile aber für Anfänger ausgelegt.
Der vorliegende Revell/Dragon Bausatz besteht aus 121 Teilen (sechs davon nicht benötigt), welche auf acht(!), teilweise auffällig kleinen Gussrahmen zu finden sind. Rahmen D ist dabei doppelt ausgelegt. Auf den Teilen sind ausreichend feine versenkte Gravuren zu finden und auch die Gussqualität ist wirklich gut, da kaum Formtrennnähte und Gussgrat zu finden sind. Die Detaillierung kann mit heutigen Maßstäben aber nicht ganz mithalten, insbesondere bei den Fahrwerksschächten wird dies bemerkbar. Das heißt aber nicht, dass das Gebotene schlecht ist, denn insgesamt braucht sich der Bausatz nach über 30 Jahren nicht zu verstecken. Gerade die beiden gut dargestellten DB 603 Motoren, welche am Modell auch sichtbar gezeigt werden können, sind ein kleiner Hingucker, bieten für den ambitionierten Modellbauer aber auch noch Luft für Eigeninitiative. Der Abziehbilderbogen ist sauber gedruckt, sieht noch brauchbar aus und bietet Markierungen für zwei Do 335 A-1a. Der Bau
Dieser beginnt zur Abwechslung mal mit den beiden Motoren, gefolgt vom Cockpit und dem Bugfahrwerk. Sind die Motoren fertig, sollten diese keinesfalls sofort in den Rumpf verbaut werden, sondern trocken angepasst werden. Bedingt durch die vielen Bauteile können hier schnell Ungenauigkeiten entstehen, welche sich aber recht einfach beheben lassen. Sind die Rumpfhälften montiert, fällt auf, dass die Auspuffleisten zu tief liegen und etwas weiter herausstehen könnten. Zum Teil habe ich diese wieder vom Motor entfernt und noch etwas unterfüttert. Laut Bauanleitung sollen jetzt auch 20 Gramm Gewicht im Bereich hinter dem vorderen Motor und in den Vorflügeln untergebracht werden. Für mich bis jetzt eher ein symbolischer Wert, da in diesen Bereichen sicherlich keine 20 Gramm Platz finden werden. Ich habe hinter dem Motor bzw. vor dem Cockpit 3 Gramm, in den Vorflügeln jeweils 2,5 Gramm und im Mittelstück des unteren Flügels 1 Gramm verbauen können - inklusive Holzleim also ca. 11 Gramm. Lässt man die Motoren weg, hat man im Bug genügend Platz für Gewicht, ansonsten wird es etwas eng.
Weiter geht es mit den Flügeln, Leitwerken und diversen Anbauteilen. Hier müssen beim hinteren Lufteinlass links und rechts an der vorderen Kante zwei störende Auswerfermarken entfernt werden. Bei der aus vorderem und hinterem Teil bestehende Cowling entstand bei mir ein kleiner Versatz, welcher sich aber einfach beheben ließ. Wesentlich schwieriger war es da schon, die nun montierte Cowling an den vorderen Rumpf anzubauen. Die kreisförmige Passhilfe um die Cowling erwies sich bei der Montage am Rumpf als eher störend, da diese sehr schmal ist und dadurch wenig Halt bietet. Zudem war der Motor etwas im Weg und die linke Rumpfhälfte war in diesem Bereich etwas verzogen und musste unbedingt gerichtet werden, da sonst ein sehr deutlicher Versatz entstehen würde. Zumindest dachte ich, dass sie verzogen war, denn als ich nach dem Richten die obere Abdeckung auflegte, war diese ca. 1 mm zu schmal! Also musste die Öffnung gekonnt mit Spachtelmasse verkleinert werden, was sehr viel Zeit in Anspruch nahm, am Ende aber geglückt ist.
Die deutlichen Spalten zwischen Flügel und Rumpf waren da schon das kleinere Übel und schnell zugespachtelt. Hier fiel allerdings auf, dass es von den Hauptfahrwerksschächten zum Rumpf keinerlei Wände gab und man durch je ein großes Loch in diesen hinein schauen konnte. Mit Resten von Gussrahmen konnte ich diese selber anfertigen, anpassen und einbauen. Bei der Montage des Höhenleitwerks machte nun der doppelt vorhandene Rahmen D Probleme: Linke und rechte Leitwerkshälfte sind identisch. Die kleinen Knubbel vom Trimmmechanismus (?) sind nun einmal auf der Oberseite und einmal auf der Unterseite vorhanden, was korrigiert werden muss. Als letzter Schritt bei der Montage steht das Fahrwerk an. Dies habe ich erst nach dem Lackieren angebaut, jetzt aber schon mal alles soweit vorbereitet. Auffällig ist hier, dass an allen größeren Fahrwerksteilen deutliche Formtrennnähte vorhanden sind. Lackierung und Decals
Lackiert wurde mit Revellfarben, wobei ich mich nur bedingt an die von Revell angegebenen Mischvorschläge gehalten habe. Beim Bau meiner Me 163 von Academy musste ich mich schon mal mit diesen Farben auseinandersetzten, habe vieles ausprobiert und für mich wie folgt die besten Ergebnisse erzielt:
Anschließend wurde alles mit glänzenden Klarlack versiegelt und die Unterseite dezent mit in Wasser gelöster Pastellkreide verschmutzt. Das wurde bewusst nach dem Versiegeln gemacht, da ansonsten der Verschmutzungseffekt auf der rauen Oberfläche der matten Farbe zu stark zur Geltung kommt.
Vor den Decals soll jetzt noch das Fahrwerk angebaut werden. Nach dem Trocknen wurde dann das fast fertige Modell hingestellt und was passiert? Es kippt nach hinten und das sogar ziemlich deutlich! Aber wo jetzt noch Gewicht unterbringen? Hier muss man ja auch beachten, das Gewicht möglichst weit vorne anzubringen, um die beste Hebelwirkung zu erzielen. Durch Austesten ergab sich, dass gute 3 Gramm fehlten. Im Spinner fanden 0,25 Gramm platz, die runde Fläche am Bug, wo jener montiert werden soll, wurde kurzerhand aufgebohrt, so fanden immerhin 1 Gramm an Metallkügelchen in einem kleinen Raum direkt vor dem Motor platz. 1,8 Gramm fehlten nun aber noch und alle nicht einsehbaren Hohlräume waren belegt und unnötiges Gewicht an der überdimensionierten „Welle“ der hinteren Luftschraube wurde bereits entfernt. Nun hätte ich entweder den vorderen Motor entfernen können, dass kam für mich aber nicht in Frage, oder man klebt eine 1,8 Gramm schwere Kugel in den vorderen Fahrwerksschacht… Diese ist zwar im Nachhinein auch angemalt sichtbar, aber für mich der beste Kompromiss und nicht zu auffällig. Jetzt passt alles und man kann sich den Decals widmen, auch wenn 0,25 Gramm sofort wieder alles aus dem Gleichgewicht bringen würden. Den Abziehbildern merkte man ihr Alter schon an: Diese waren sehr steif, silverten sehr stark und reagierten kaum auf starken Weichmacher, was man am fertigen Modell leider auch recht deutlich sieht. Die damals üblichen Kreuze für das Seitenleitwerk sind nicht mit vorhanden, wurden von mir aber ergänzt. Fazit
Nach 25,5 Stunden war der Bau abgeschlossen und hat damit deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, wie ich zunächst vermutet habe. Aber der Spachtelaufwand am Bug sowie die Ballanceproblematik haben eben Zeit gekostet. Wer diese Do 335 bauen will und zu einem guten Ergebnis kommen möchte, sollte aus den genannten Gründen schon etwas Modellbauerfahrung mitbringen, wenn auch die Passgenauigkeit ansonsten durchaus ganz gut ist. Max Lorenz Publiziert am 26. April 2025 © 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |