Commonwealth CA-9 Wirrawayvon Roland Sachsenhofer (1:48 Special Hobby)
In der Sprache der Wurundjeri, eines Stammes der australischen Ureinwohner, bedeutet das Wort Wirraway „herausfordern“ beziehungsweise „der Herausforderer“. Auf der Suche nach einem passenden Namen als Bezeichnung für die erste eigenständig in Australien produzierte Flugzeugkonstruktion wählte man diese kämpferisch anmutende Bezeichnung.
Dabei muss eingeschränkt werden: original (und originell) australisch war zwar ganz sicher der Name, die CA-9 Wirraway selbst entstand allerdings als eine Lizenzfertigung der NA-16 von North American Aviation, die im Folgenden auf die Bedürfnisse der australischen Nutzer hin modifiziert wurde.
Diese Modifikationen umfassten vor allem die Umgestaltung vom Fortgeschrittenentrainer zu einem für den Kriegseinsatz tauglichen Kampfflugzeug: zwei durch den Propellerkreis feuernde 7,7mm Maschinengewehre, die durch eine ähnliche Bewaffnung des Heckschützen auf dem rückwärtigen Sitz ergänzt wurde, sollten die Wirraway im Szenario eines seit der zweiten Hälfte der Dreißigerjahre drohenden Konflikt mit Japan zum Jäger und –man baute auch eine Vorrichtung zum Mitführen von Abwurfwaffen unter den Flächen ein- leichten Bomber machen.
Für den Antrieb wurde ebenfalls die Lizenzfertigung gewählt: der Nachbau eines Pratt& Withney R-1340 „Wasp“ Sternmotors stattete die CA-9 mit 600 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von gut 350 Km/h aus.
Im Juli 1939 konnte die „Commonwealth Aircraft Corporation“ (CAC) die ersten Wirraways ausliefern. Die Produktion fand in einem neu errichteten Werk bei Fishermen´s Bend in Melbourne statt. Etwa zeitgleich mit dem Ausbruch des Krieges in Europa im September 1939 meldeten die ersten mit dem neuen Muster ausgerüsteten Einheiten Einsatzbereitschaft.
Tatsächlich wurden Wirraway -Staffeln der RAAF von den ersten Tagen nach dem 7. Dezember 1941 an in Kampfhandlungen verwickelt. Als Jagdmaschine trat die CA-9 allerdings nicht in Erscheinung: ein weitgehend fehlendes Frühwarnsystem und die unterlegene Höchstgeschwindigkeit der als Jagdflugzeug untermotorisierten Wirraway ersparten den Besatzungen aussichtslose Abfangmissionen gegen die gefürchteten A6M „Zero“.
Wirraways waren aktiv in den frühen Kämpfen über Rabaul in Neubritannien, über Neuguinea sowie bei der Abwehr der Luftangriffe auf Darwin involviert. Wahrscheinlich ür alle Beteiligte überraschend gelang im Februar 1942 einer Wirrwaway über Gona-Buna/ Neuguinea der Abschuss einer „Zero“. Dies sollte jedoch ein einmaliger Vorgang bleiben.
Nachdem bei CAC mit der Boomerang aus dem Grundentwurf der CA-9 ein einsatztaugliches Jagdflugzeug abgeleitet hatte, wurde die Wirraway in Rollen eingesetzt, die sie mit ihrem Layout und technischen Vermögen besser erfüllen konnte: bis Kriegsende trug sie als leichter Bomber, bei der Seeraumüberwachung sowie als U-Bootjäger, vor allem aber als Trainer zu den Kriegsanstrengungen Australiens bei.
Über das Kriegsende hinaus wurden von der CA-9 Wirraway 755 Exemplare gebaut und ausgeliefert, noch Jahre danach wurde sie in der fliegerischen Ausbildung sowie als kommunikationsflugzeug verwendet, erst 1959 wurden die letzten Exemplare ausgemustert. Gemeinsam mit der Boomerang blieb die Wirraway aber bis heute ein bekanntes Symbol für die Widerstandskraft Australiens im zweiten Weltkrieg.
Mein Modell zeigt eine bei der No. 7 Service Flying Training School eingesetzte CA-9 Wirraway. Diese in Deniliquin, New South Wales stationierte Ausbildungseinheit machte angehenden Piloten mit den fortgeschrittenen Fertigkeiten militärischen Fliegens vertraut. Diese über ganz Australien verteilten Ausbildungseinheiten waren Teil des buchstäblich global organisierten „Empire Training Schemes“ Großbritanniens, eines der Grundlagen des alliierten Sieges.
Der Bau dieses von Special Hobby gewohnt gut ausgestatten Multi-media Bausatzes bringt wenig Überraschungen, wenn man sich auf die manchmal etwas fordernden Gegebenheiten eines „short run“ Bausatzes einstellt: Passstifte sucht man vergeblich, die Anguss der Teile an die Spritzgussrahmen haben beeindruckende Dicke, die Teile sind nicht nummeriert und machen durchwegs durch eine gewisse Klobigkeit Eindruck, die manchmal mit Schleifpapier etwas gemildert werden sollte.
Andererseits ist alles da, was man braucht. Das liegt auch an den vielen sehr fein gegossenen Resinteilen, die vor allem für das Cockpit und zur Gänze für den Motor zu verwenden sind. Auf der Ätzteilplatine findet man auch passende Sitzgurte, die nur ehr farbig gefasst werden müssen.
Ein selbstfabriziertes Malheur habe ich allerdings mit der einteiligen Cockpithaube erlebt: hier empfiehlt die Anleitung das Absägen des letzten Segmentes, da die Wirraway meist ohne dieses geflogen worden ist. Mein Versuch, dies mit einer Modellbausäge zu tun, endete leider in der vollständigen Auflösung des Klarsichtteiles- und zwar nicht in die vorbildgemäßen fünf Kabinenteile! Ohne weitere Säge-Experimente habe ich ein Ersatzteil eingebaut, dass dem Gesamteindruck auch nicht allzu abträglich ist.
Ein erfolgreicher verlaufendes Experiment stellt die erstmalige Verwendung von Montex- Masken als Schablonen für mit dem Airbrush aufgebrachte Markierungen dar. Das hat soweit ganz gut funktioniert. Bis auf die sechs Kokarden- diese sind Decals aus dem Bausatz- sind alle Beschriftungen auf diese Weise entstanden.
Lange bin ich schon ein Freund der Bausätze von Special Hobby, deren Vorbildwahl ich dabei als als abwechslungsreich und erfrischend empfinde. Immer wieder beweist man einen Sinn für das Besondere. Die CA-9 Wirraway ist für mich ein gutes Beispiel dafür! Ich empfehle diesen Bausatz jedem, der sich mit nur ein wenig Mehraufwand ein ganz besonderes Stück Flugzeuggeschichte in die Vitrine stellen will!
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“ Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 07. Juli 2020 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |