Dornier Do 335 A-? PfeilWhat ifvon Thomas Hannecke (1:48 Revell)Als sich im 19. Jahrhundert die Alpen mehr und mehr zu einem Tourismusziel zu entwickeln begannen kamen findige Tierpräparatoren auf die Idee, nicht nur ausgestopfte Tiere an die Reisenden zu verkaufen, sondern auch eigene Spezies zu „kreieren", die durch mehr oder weniger geschickte Montage der Körperteile unterschiedlicher Tierarten entstanden (z.B. Hasen mit Rehgeweih und Flügeln). Wollte man damit leichtgläubige Touristen auf die Schippe nehmen oder sich einfach von der Konkurrenz absetzen? Ich weiß es nicht. Diese neue „Spezies" jedenfalls lief unter dem Namen Wolpertinger. „Nette Geschichte", werden Sie sagen, „aber was hat das mit der hier vorgestellten Dornier zu tun?". Nun, sie ist ein moderner Wolpertinger, die es in dieser Form nie gegeben hat. Dennoch taucht sie hartnäckig immer wieder im Internet und in der Literatur auf. Grund genug, der Sache nachzugehen. Das Original...Ja, es gab tatsächlich zweisitzige Do 335, und zwar: Die zweisitzige Trainings-Version A-10. Diese Maschinen entstanden bei Dornier selbst durch Umbau von Einsitzern der A-0 Serie und erhielten durch Einbau eines zweiten Cockpits für den Fluglehrer das typisch „buckelige" Aussehen. Elf Maschinen dieser Version sind belegt, darunter die Werknummer 240114, die mit dem Revell-Bausatz gebaut werden kann. Eine Version A-12, wie in der Bauanleitung postuliert, gab es jedoch nicht, und keine der A-10 Maschinen hatte eine Radar Ausrüstung. Die zweisitzige Nachtjagd-Version A-6, ausgerüstet mit FuG 220 Lichtenstein SN-2 und FuG 350 Zc Naxos Radar. Der Prototyp dieser Variante, Werknummer 230010, entstand als Umbau bei Heinkel in Wien-Schwechat. Allerdings saß der Radar Operator wenig komfortabel direkt im Rumpf, über sich lediglich ein kleines Plexiglas Panel, das eben mit dem Rumpfrücken abschloss. Drei dieser Maschinen sind bekannt: die Werknummern 230015, 230016 und 230017. Letztere wurde erst nach dem Krieg fertig gestellt und dann in Frankreich testgeflogen. ...und das ModellDer Bausatz von Revell, Maßstab 1:48, stammt aus dem Jahr 1976 (siehe Copyright-Prägung im Inneren einer Flügelschale), und dies sollte man sich vor Augen halten, wenn man ihn kauft. Bausätze waren damals Kinderspielzeug, und darauf ist er auch optimiert: bewegliche Klappen, Paneelen zum Öffnen und Abnehmen usw. Dagegen ist auch nichts zu sagen, zumal Detaillierungsgrad und Passgenauigkeit durchaus zufrieden stellen. Allerdings scheint sich damals ein Fehler eingeschlichen zu haben, der sich bis heute im Internet und in der Literatur durchzieht. Die alternativ zu bauende Zweisitzervariante ist nämlich eindeutig ein Nachtjäger, was an der Ausstattung des zweiten Cockpits zu sehen ist. Kein zweiter Steuerknüppel, dafür typische Radar-Bedienungselemente. Die Antennen für die Unterflügel scheinen stimmig zu sein. Dennoch muss ich zugeben, dass ich der Versuchung, das knuffige Aussehen der „Schulversion" mit der attraktiven Nachtjäger-Lackierung zu kombinieren, nicht widerstehen konnte. So entstand mein „Wolpertinger", eine fiktive Nachtjägerversion einer fiktiven Nachtjagdeinheit. Wer sagt, dass Modellbau immer historisch 100%ig stimmig sein muss, solange er Spaß macht? Und Spaß hat der Bau des Modells definitiv gemacht. Für alle, die sich für diese ungewöhnliche Maschine interessieren und Spaß an „What if" Flugzeugen haben möchte ich ausdrücklich auf das Buch „Dornier Do 335 Arrow" von J.Richard Smith und Eddie J-Creek (Ian Allan Publishing) verweisen. Kapitel 3 „What might have been" ist eine Quelle zahlreicher Projekte auf Basis der Do 335, für deren Bau der Revell Bausatz sicher eine gute Grundlage darstellt. Thomas Hannecke Publiziert am 01. Juni 2015 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |