MiG-21PFM Fishbed-FLuftstreitkräfte der NVA, Erlebnisbericht zur MiG-21SPS-Kvon Bernhard Pethe (1:72 Fujimi)Die politische Wende im Herbst 1989 war nicht nur für die deutsche Geschichte ein überragendes Ereignis, es war für jeden Einzelnen in der damaligen DDR ein persönlicher Einschnitt, ein Wendepunkt im Leben. Es war der Zeitpunkt gekommen, zu überdenken was war gewesen, was wird kommen, wo will ich hin? Nach zwanzig Jahren Tätigkeit in der Fliegerei kommen dann zwangsläufig die Erinnerungen an die Zeit, wie alles anfing. Als ich zur Schuleinführung mein erstes Plastikflugzeugmodell in der Zuckertüte fand, schien der Weg schon vorprogrammiert zu sein. Als ich mit 18 Jahren vor der Musterungskommission stand und man mich fragte, wie sieht es aus, Jugendfreund, Soldat auf Zeit (3 Jahre), freie Wahl der Waffengattung, welchen Beruf lernen sie, kein Problem, LSK/LV Fachgebiet: Triebwerk/Zelle, war alles klar. Im Herbst 1971 ging es auf die Unteroffiziersschule nach Kamenz. Hier standen sie nun, die silbernen Vögel, die man nur von Zeitschriftenfotos kannte oder deren Kondensstreifen man bei schönem Wetter am Himmel sehen konnte. Die Faszination der Mach 2 schnellen MiG´s, die technische Beherrschbarkeit waren Dinge, mit denen man junge Menschen begeistern konnte. Die Generation meiner Eltern hat da sicher die gleichen Erfahrungen in einer anderen Zeit gemacht. Aber mit Achtzehn macht man sich über ideologische Zusammenhänge noch keine tiefgründigen Gedanken. Nach einer halbjährigen Ausbildung ging es von Kamenz ins Jagdfliegergeschwader 1 „Fritz Schmenkel“ nach Cottbus. Als Flugzeugwart, heute würde man Techniker sagen, wurde mir am 23.03.1973 auf Befehl Nr. 19/73, das Flugzeug „481“ übergeben. Dies war eine MiG-21SPS-K, im soldatischen Sprachgebrauch, Produkt 94A. Diese Variante zählt zur 2. Generation der MiG-21, war eine PFM und mit dem System SPS ausgestattet. Dabei wurde Luft vom der 6. Verdichterstufe entnommen und über die Oberseite der Landeklappe geblasen. Durch diese Strömungsbeeinflussung konnte die Aufsetzgeschwindigkeit um 40km/h gesenkt werden. Das „K“ steht für Kanone. Diese Flugzeuge hatten eine entsprechende Verkabelung und einen zusätzlichen Anschlagpunkt unter dem Rumpf zur Aufnahme des Kanonenbehälters GP 9, mit der doppelläufigen GSch-23. Am 31.10.1974 war meine Dienstzeit bei der militärischen Luftfahrt beendet. Um ein paar Lebenserfahrungen reicher, begann nun mein neuer Lebensabschnitt bei der zivilen Luftfahrt. Bis zur Auflösung des Flugzeugbestandes der NVA 1990, hatte ich kein Interesse am Schicksal der „481“. Erst als bekannt wurde, dass der Bestand der MiG-21 nicht von der Bundeswehr übernommen wird und ein Grossteil davon dem Schneidbrenner zum Opfer fallen wird, kam der Gedanke auf, was ist aus meinem damaligen Flugzeug geworden, war es überhaupt noch im Bestand, wenn ja, wo? Mittlerweile waren ja 17 Jahre ins Land gegangen und bei der durchschnittlichen Absturzrate der NVA konnte man davon ausgehen, dass es die „481“ nicht mehr gab. Ein weiterer Umstand, den ich bis heute bedauere ist der, es gibt kein Foto aus dieser Zeit mit oder von meiner Maschine. Dies zu ändern, kamen mir jetzt zwei Dinge zugute, die mir bei meinen Nachforschungen sehr hilfreich waren. Zum einen waren dies mein Hobby Modellbau und zum anderen, Fujimi kam 1991 mit der, auch heute in einigen Teilen immer noch, phantastischen MiG-21 Reihe (1/72) auf den Markt. Der Bausatz MiG-21PF (Later) „Indian Tiger“ war der ideale Ausgangskit für mein Vorhaben. Das Modell macht auch Neueinsteigern keine Probleme, das bekommt jeder hin. Ich wollte aber eine MiG-21PFM/SPS-K, meine MiG. Dazu musste im Bausatz nur die Cockpithaube geändert werden. Bei der PF bzw. FL war die Cockpithaube einteilig und wurde nach vorn geöffnet. Bei der SPS-K war sie zweiteilig und die Haube wurde nach rechts geöffnet. Als hilfreiche Bauunterlage hatte ich die 4+Publikation der MiG-21 aus der Tschechischen Republik, die auch heute noch allen Vergleichen standhält. Als einfachste Möglichkeit bot sich das Zertrennen der originalen Cockpithaube an, ein Neuziehen war mir zu aufwendig. Zum weiteren Baugeschehen nur noch ein paar wichtige Punkte: Womit ich nun gar nicht gerechnet hatte, ich bekam Post von der Bundeswehr und von privaten Personen. Die Botschaft aller Schreiber lautete, die „481“ lebt! Standort, JG-2 in Trollenhagen. Also machte ich mich eines schönen Tages in die Spur und konnte hier mit der Unterstützung hilfreicher „Geister“ die wohl letzten Aufnahmen meiner alten „Liebe“ machen und einige andere, für mich interessante Dinge in Erfahrung bringen. Hier ein paar Auszüge aus der Borddokumentation: Es war wie eine Zeitreise, als ich nach über zwanzig Jahren meinen Namen in den erhalten gebliebenen Dokumenten lesen konnte. Vergessene Gesichter bekamen wieder einen Namen, Erlebtes wurde wieder wach. Nach damaligen Aussagen eines Hauptmanns der Bundeswehr vom Abwicklungsring Süd, waren alle hier abgestellten Maschinen für eine Museumsoption vorgesehen. Trotzdem hatte dieses Szenario etwas von einem Friedhof, ich ahnte es schon, es war ein Abschied für immer. Am 28. 09. 1994 wurde die „481“ von der Firma Steil in Neubrandenburg in ihre Bestandteile zerlegt und verschrottet. Nun hat sich der Kreis geschlossen. Von der Zuckertüte bis jetzt sind über 40 Jahre vergangen, der Formenbau hat in diesen Jahren einen unerwarteten Innovationsschub erhalten, Modelle von denen vor Jahren geträumt wurde, liegen heute ungebaut in meinem Regal. Wie heißt's so schön, es gibt viel zu tun... Bernhard Pethe Publiziert am 17. Januar 2005 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |