Soko NJ-22 Orao241. Jagdbomberfliegerstaffel "Die Tiger", serbische Luftwaffe. Belgrad 2012von Andy Hartung (1:72 Litaki)Außergewöhnliche und seltene Vorbilder haben für mich immer einen besonderen Reiz. Sicher kann auch die hundertste Messerschmitt ihre Faszination entfalten – doch das ist nichts im Vergleich zu selten gebauten Flugzeugtypen, am besten noch unter einer eher exotischen Flagge. Besonders interessant wird es, wenn der Hersteller in den meisten Rezensionen hoch gelobt wird und selbst noch nicht lange auf dem Markt ist. Es dürfte also kaum überraschen, dass die Soko NJ-22 Orao des ukrainischen Herstellers Litaki genau in mein Beuteschema passt: ein außergewöhnliches Flugzeug mit spannender Geschichte, Einsätzen im Jugoslawienkrieg der 1990er-Jahre und unter exotischen Betreibern wie Jugoslawien, der Republik Srpska oder Serbien. Hinzu kommt die reizvolle Möglichkeit, diese Maschinen in einem deutlich beanspruchten und heruntergewirtschafteten Zustand darzustellen – ganz wie es dem Vorbild entspricht. Zum Bau:Wie zu erwarten, bietet der Aftermarket bislang keine nennenswerten Ergänzungen – zumindest war das vor vier Monaten noch so. Inzwischen hat Litaki selbst einige 3D-Druckteile ins Programm aufgenommen. Notwendig sind diese jedoch nicht, denn der Bausatz ist bereits ein echtes Rundum-sorglos-Paket, wie ich auch in meiner Review feststellen durfte. Neben sauber gefertigten Spritzgussteilen liegen bereits Fotoätzteile sowie passgenaue Masken bei. Der Bau selbst erwies sich als vergleichsweise langwieriger Prozess, denn schon der erste Blick auf die Spritzlinge verrät: Viele Bauteile sind extrem klein und filigran ausgeführt. Da die Zweisitzer-Variante auf dem Einsitzer basiert, ist es zudem unvermeidlich, dass einige Teile am Ende unverbaut in der Ersatzteilkiste landen. Konkret begann der Bau mit den beiden Pilotensitzen. Pro Sitz mussten bereits fünf Plastikteile und fünf Fotoätzteile verbaut werden – macht also insgesamt zehn Teile pro Sitz, und das Ganze natürlich zweimal. Zusätzlich kamen je zwei Decals an den Kopfstützen zum Einsatz. Ein Problem, das mir während des gesamten Baus immer wieder begegnete, war die korrekte Detailbemalung. Die kleinen PE-Teile zur Darstellung der Gurte waren zudem nicht sonderlich überzeugend: relativ dick, ohne erkennbare Struktur und damit weit entfernt von dem, was man beispielsweise von Eduard gewohnt ist. Weiter ging es mit der Cockpitschale. Anders als bei vielen anderen Herstellern liegt diese nicht als einteiliges Bauteil vor, sondern muss aus den einzelnen Seitenteilen aufgebaut werden. Separate Steuerkonsolen sind ebenfalls enthalten, wobei man darauf achten muss, nicht versehentlich die Teile des Piloten mit denen des Waffensystemoffiziers zu vertauschen. Wichtig war zudem, die exakte Position der Bauteile zu finden – diese wird lediglich durch eine sehr schwache Kontur auf der Bodenplatte angedeutet. Passhilfen gibt es am gesamten Modell so gut wie keine; meist arbeitet man mit eben diesen schwachen Umrissen, die lediglich die Klebefläche markieren sollen. Zwar finden sich in der Anleitung einige Farbangaben, dennoch musste ich mich bereits an dieser Stelle entscheiden, ob ich eine frühe oder späte NJ-22 bauen wollte: Die späte Version verfügt über einen türkisfarbenen Innenraum, während die frühe Variante in Grün gehalten ist. Genauere Hinweise oder Detailangaben bietet die Anleitung leider nicht. Für die Instrumente sind unbedruckte PE-Teile vorgesehen, die lediglich die Struktur darstellen. Die Anzeigen selbst werden anschließend mit beiliegenden Decals dargestellt – ein gängiges Verfahren, das optisch solide wirkt, aber keine wirkliche Tiefe bietet.
Beim Triebwerk zeigte sich ein ähnliches Bild: Auch hier musste zwischen einer frühen und einer späten Variante unterschieden werden, da sich die Nachbrenner in ihrer Länge unterscheiden. Besonders knifflig waren die winzigen Nachbrenneringe, die sauber eingeklebt werden mussten. Die Fahrwerksschächte lagen ebenfalls als Einzelbauteile vor und mussten aus mehreren kleinen Komponenten zusammengesetzt werden. Immerhin sind hier einige Kabelstrukturen angedeutet, die für zusätzliche Detailtiefe sorgen. Zum Schluss wurden alle diese einzelnen Baugruppen – Cockpit, Triebwerke und Fahrwerksschächte – in den Rumpf eingesetzt. An dieser Stelle musste entschieden werden, welche Außenlasten später montiert werden sollten, da dafür entsprechende Löcher in Rumpf und Unterflügel gebohrt werden mussten. Leider habe ich diesen Schritt am Rumpf übersehen und musste die Bohrungen später selbst ausmessen. Der Rumpf weist zudem nicht alle erforderlichen Gravuren auf, sodass hier noch manuell nachgearbeitet werden muss. Er ist horizontal geteilt, was ich persönlich beim Versäubern als etwas einfacher empfinde. Die Passgenauigkeit war allerdings nicht optimal, da ein deutlicher Versatz vorhanden war, der vor dem Verkleben korrigiert werden musste. Das Höhenleitwerk wird separat eingeklebt, ebenso das Höhenruder und die Stabilisierungsflossen, die ebenfalls einzeln angebracht werden. Die Flügel sind klassisch in Ober- und Unterseite geteilt, allerdings müssen auch hier einige Spalten verspachtelt und verschliffen werden. Nach dem Anbau an den Rumpf ist zudem der Übergang sorgfältig zu bearbeiten, um eine saubere Linie zu erzielen. Hauptproblem bleibt die ausgeprägte Kleinteiligkeit: Sie sorgt zwar für sehr schöne Details, verlangsamt aber den Bauprozess spürbar. Besonders deutlich wird dies beim Fahrwerk. Vor allem das Hauptfahrwerk mit seinen markanten Doppelreifen besteht aus insgesamt neun Einzelteilen. Da es keine echten Passhilfen gibt, müssen die Winkel der einzelnen Zylinder und Streben selbst ermittelt und angepasst werden. Positiv überrascht hat mich hingegen die Passung der Klarsichtteile – hier lief alles sprichwörtlich „wie Butter“. Abschließend wurden noch diverse Kleinteile wie Antennen und die beiden Geschütze angebracht, wobei erneut stellenweise nachgearbeitet und versäubert werden musste. Dann kam Farbe ins Spiel. Zunächst erhielt die Maschine eine schwarze Grundierung, auf die ich ein dezentes Preshading aufgetragen habe. Positiv überrascht war ich, dass nach den folgenden Lackierschritten die Übergänge nicht mehr sichtbar waren. Für den Grundton verwendete ich FS36314 (BS 626) aus der älteren Ammo-of-MIG-Serie, da dieser Farbton nicht in die neue ATOM-Reihe übernommen wurde. Anschließend unterlief mir ein kleiner Fehler: Die Tarnflecken lackierte ich zunächst mit dem Grünton, der eigentlich für die Fahrwerksschächte vorgesehen war. Im Nachhinein erwies sich das jedoch als Vorteil – so konnte ich die Banderole der jugoslawischen Flagge am Leitwerk bereits anbringen und anschließend mit dem Grundton leicht übersprühen, um einen realistisch ausgeblichenen Effekt zu erzielen. Für die eigentliche Tarnung kam schließlich RLM 81 zum Einsatz, während die Unterseite mit Oceangrey lackiert wurde.
Bei den Abziehbildern hatte ich zunächst einige Bedenken, da die beiden Flaggenbänder sehr brüchig wirkten. Glücklicherweise bestätigte sich dies bei den kleineren Decals nicht. Der Bogen bietet vor allem eine große Anzahl an Wartungshinweisen, deren Anbringung jedoch durch die Verteilung auf dem Bogen etwas erschwert wurde. So waren beispielsweise einige Nummern nicht vergeben, andere Decals nur einmal vorhanden, obwohl sie laut Anleitung doppelt benötigt wurden. Teilweise war auch nicht eindeutig erkennbar, welches Decal zu welcher Nummer gehörte. Die Übersichtsgrafiken in der Bemalanleitung erwiesen sich dagegen als sehr hilfreich und ermöglichten letztlich eine problemlose Umsetzung der Markierungen. zum Vorbild:Die 251. Staffel mit Sitz auf dem Luftwaffenstützpunkt Batajnica zählt zu den traditionsreichsten Einheiten der serbischen Luftwaffe. Seit den 1980er-Jahren ist sie eng mit der in Jugoslawien entwickelten SOKO J-22 „Orao“ verbunden. Besonders die zweisitzige Version NJ-22 wurde hier intensiv für Schulung, Aufklärung und Luftunterstützung eingesetzt. Mit zwei Viper-Triebwerken, einer 23-mm-Kanone und bis zu 2.000?kg Außenlast eignet sich die NJ-22 ideal für Tiefflug- und Präzisionseinsätze. Auch nach dem Zerfall Jugoslawiens blieb die 251. Staffel das Rückgrat der serbischen Angriffsfliegerkräfte. Heute sind nur noch wenige Maschinen im Einsatz, doch die Orao gilt bis heute als robustes und vielseitiges Flugzeug in der serbischen Luftwaffe.
Fazit:Der Bausatz kann – und sollte – durchaus als anspruchsvoll betrachtet werden. Trotz der kleinen Hürden im Bauverlauf ist am Ende ein sehr gelungenes Modell entstanden, das mir richtig gut gefällt. Gerne mehr davon! Andy Hartung Publiziert am 25. August 2025 © 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |