Boeing WB-47B Stratojetvon Roland Sachsenhofer (1:72 Hasegawa)
Die Bezeichnung „WB-47B Stratojet“ wird vielleicht manchen Leser interessieren; denn woher stammt der Buchstabe „W“ vor der bekannten und gewohnten Typbezeichnung des Stratojet?
Seit 1943 betreibt die damalige USAAF eigene Wettererkundungstaffeln, die das Wettergeschehen im jeweiligen Operationsraum der Air Force aufklären sollten, aber auch Daten für die meteorologische Grundlagenforschung sammeln konnten. Mein Modell zeigt eine B-47, die für diese Spezialaufgabe adaptiert und ab 1956 bei der 55th WRS (Weather Research Squadron) von der McClelland AFB aus eingesetzt wurde. Ich möchte weiter unten noch etwas näher auf die Aufgaben der WB-47 eingehen, vorher ist aber vielleicht ein kurzer Blick auf das epochemachende Flugzeugmuster und den doch schon deutlich bejahrten Bausatz interessant.
Auch heute noch darf die B-47 als wirklich formschöner und hocheleganter Entwurf gelten, was umso erstaunlicher erscheint, wenn man bedenkt, dass das revolutionäre Layout schon Mitte der 40er Jahre festgelegt wurde. Die langen Tragflächen sind mit 35 Grad stark gepfeilt - übrigens um einiges extremer als bei den deutschen Entwicklungen dieser Zeit - und sie tragen abgestrakte Triebwerksgondeln. Dies alles bedeutet eine große technische Herausforderung, die auch die Verlegung des Hauptfahrwerks in Tandem-Anordnung im Rumpf notwendig machte.
Im Dezember 1947 erfolgte der Erstflug, die ersten Serienmaschinen wurden der neu formierten USAF 1951 übergeben. Die Ausbildung der Besatzungen an diesem mit zahlreichen Neuerungen aufwartenden Flugzeug erforderte indes weitere Zeit, sodass der StratoJet über Korea nicht zum Einsatz kam. Erst ab 1953 löste die B-47 ihren Interims-Vorgänger, die B-45 Tornado“, in großer Zahl bei den Einsatzverbänden ab. Die B-47 galt zwar als zuverlässig und wartungsfreundlich, erforderte fliegerisches Können aber vor allem bei Start und Landung. Beide doppelbereiften Hauptfahrwerksanlagen mussten dabei gleichzeitig den Boden verlassen beziehungsweise berühren. Dies führte zu hohen Landegeschwindigkeiten, welche die Flugzeugzelle aber auch die Nerven der Besatzungen stark belasteten. Mit den sechs J-47 Turbinen erwies sich die B-47 als notorisch untermotorisiert - wohl ein Problem aller Jets der ersten Generation.
Bis 1965 blieb der Stratojet beim Strategic Air Command im Dienst, bevor er von der B-52 abgelöst wurde. Über Vietnam leisteten noch einige B-47 wertvolle Dienste in der elektronischen Aufklärung, Ende der 60er waren aber auch diese dem Tactical Air Command unterstellten Maschinen ausgemustert.
Eine Reihe von Weather Reconaissance Squadrons nutzten die „WB-47“, um Daten aus der Atmosphäre zu ziehen. Dazu gehörte unter anderem, in Gewitter oder Tornados zu fliegen, aber etwa auch, mit einem „nuclear debris sampler“ die Wirkungen sowjetischer Atombombentests zu analysieren.
Hasegawa bietet mit diesem ehrwürdigen Bausatz die einzige Möglichkeit, eine B-47 bauen zu können, soweit mir das bekannt ist. Allerdings: als die Bausatz-Formen entstanden, war meine Wenigkeit gerade ein Jahr alt und die WB-47B flog noch… Langsam wird es also Zeit für einen schön zeitgemäßen Bausatz dieses wichtigen Meilensteins! Hasegawa hat aber durchaus brauchbare Ware in die Schachtel gepackt. Die Formen scheinen stimmig und die Teile glänzen mit recht guter Passgenauigkeit. Details sucht man im Cockpit oder in den Radschächten allerdings vergebens. So ist es eine gute Idee, sich im breiten Aftermarket-Angebot umzusehen. Ich habe für dieses Modell ein voluminöses Cockpitset, einen Satz Resin-Reifen und neue Turbinen erworben - alles von Pavla. Wirklich empfehlen kann ich nur die erneuerte Bereifung sowie die Turbinen, wenn auch hier der Arbeitsaufwand zur Anpassung kein geringer ist! Das Cockpit verschwindet zu 95 Prozent im Rumpf. Hier sollte nur der zuschlagen, der Lust an fein gemachten Details hat und sich mit ein paar Erinnerungsfotos der in der Unsichtbarkeit versenkten Pracht zufrieden gibt. Die beiliegende tiefgezogene Kanzel war mir viel zu schlierig, um den Mehraufwand zu inverstieren. Am Modell ist also die Originalkanzel zu sehen. Dieser muss allerdings eine längslaufende Mittelstrebe eingezogen werden.
Die Markierungen stammen übrigens von „Warbird Decals“, diese ließen sich hervorragend verarbeiten. Zu meiner Freude haben sich auch die wohl Mitte der 80er Jahre produzierten Hasegawa Decals gut verarbeiten lassen. Diese sind notwendig, um die Walkways und die Markierungen der Flächenoberseiten zu bewerkstelligen.
Die Alu-Oberflächen wurden wieder mit Alclad II Produkten gestaltet. Mich hat bei diesem NMF-Projekt besonders interessiert, die durch unterschiedliche Belastungen entstehende „Stressfalten“ im Metall dazustellen. Dazu wurde der Airbrush immer wieder vertikal auf und ab geführt - und dies bei allen Farben bis hin zur abschließenden Klarlack-Versiegelung. Das Ergebnis - auf den Fotos leider nicht optimal sichtbar - gefällt mir recht gut, ich werde das zukünftig noch weiter ausbauen.
Die B-47 StratoJet war für mich ein ganz außergewöhnliches Bauvergnügen, das ich eigentlich jedem empfehlen kann. Die Passgenauigkeit und auch die kleine Teilezahl macht den Bausatz sogar für den moderaten Anfänger empfehlenswert; wer sich dagegen mit Detailierung austoben will, findet hier eine prächtige Spielwiese.
Wenn ihr euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt ihr hier zu einem Baubericht auf Scalemates. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at
Roland Sachsenhofer Publiziert am 30. Dezember 2017 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |