Junkers J.Ivon Olaf Krabbenhöft (1:32 Wingnut Wings)Die Junkers J.I war Wingnut Wings Debutbausatz auf dem Modellbaumarkt und sorgte aus dem Stand für einiges an Aufsehen. Ein neuer Hersteller von Flugzeug-Bausätzen des Ersten Weltkriegs und das auch noch im Großmaßstab 1:32 ist ja alleine schon was besonderes gewesen, aber die Wahl der Junkers J.I als "Erstling" überraschte besonders. Für mich stand damals fest: „Den muss ich haben!“ Und das, obwohl ich bis dahin kein ausgesprochener WW I Modellbauer war. Gesagt, getan. Ich bestellte den Bausatz umgehend, und kaum war er aus dem fernen Neuseeland eingetroffen, begann ich mit dem Bau. Dass es von diesem Zeitpunkt an noch fast 10 Jahre dauern würde, bis ich das Modell fertigstellen konnte, ahnte ich damals natürlich nicht. Ich hatte mich relativ schnell für eine Version entschieden, die ich bauen wollte. Es sollte die 134/17, "weißes A", der Flieger-Abteilung (A) 221 werden (im Bauplan wird sie der FA (A) 263 zugeordnet). Mir gefiel die Bemalung, vor allem der einfarbig lackierte, gepanzerte Vorderrumpf, als auch die Tatsache, dass diese Maschine die "fetten" Übergangsbalkenkreuze und einen großen Kennbuchstaben am Rumpf trug. Wingnut Wings lieferte bei ihrem Erstling im Bauplan noch keine Vita zu jeder einzelnen Maschine, so dass ich nichts über die Besatzung wusste, als ich mich für diese Maschine entschied. Das änderte sich jedoch später. Daher folgt nun erstmal was zum Vorbild und seiner Besatzung. Die 134/17 gehörte zur allerersten Serie von 50 Maschinen, die von der IdFlieg bestellt wurde und die ab August 1917 in den Einsatz gingen. Die Besatzung bestand aus Leutnant Wilhelm Paul Schreiber (Beobachter) und Feldwebel Ernst Schäfer (Pilot). Die beiden bildeten bereits seit März 1917 ein sehr erfolgreiches Team. Leutnant Schreiber war sogar schon für die Verleihung des Ordens "Pour le Mérite" eingereicht. Leider fielen beide bei einem Einsatz nahe Ypern am 30. Mai 1918, so dass es zu keiner ordentlichen Verleihung mehr kam. Gepanzerter Vorderrumpf hin oder her, angesichts der sehr geringen Geschwindigkeit und der, auch bedingt durch den Einsatzzweck, üblicherweise niedrigen Flughöhe, war der Kopf des Piloten immer ungeschützt. So war es dann auch ein Kopfschuss durch MG-Beschuss, der Ernst Schäfer tötete. Die führerlose Maschine stürzte ins Niemandsland, wobei auch Wilhelm Schäfer unweigerlich den Tod fand. Der "Pour le Mérite" wurde ihm posthum zuerkannt - ein einmaliger Vorgang. Ernst Schäfer erhielt ebenfalls posthum das Goldene Militär-Verdienst-Kreuz, den sogenannten "Pour le Mérite des Unteroffiziers". Der Leichnam Schreibers konnte in der Nacht von eigenen Truppen geborgen werden. Er ruht seit den 1950er Jahren auf dem Soldatenfriedhof in Menen, Belgien. Ernst Schäfers sterbliche Überreste waren zu stark eingeklemmt, um geborgen werden zu können. Die Maschine selber hatte bis zum Tage des Absturzes sagenhafte 420 Treffer erhalten, ohne dass ein einziger ausgereicht hätte, um sie zum Absturz zu bringen. Ich ging voller Elan an den Bau. Tragflächen und Höhenleitwerk war schnell gebaut und lackiert. Ebenso die Quer-, Seiten- und Höhenruder. Das gesamte Strebewerk, Fahrgestell und Schleifsporn gingen auch schnell von der Hand. Die Abziehbilder kamen auch schon auf die Flächen. Als nächstes folgte das Cockpit, oder besser die Cockpits. Dass der Pilot in einem "Sessel" saß, der gleichzeitig einer der Kraftstofftanks war, erstaunte mich doch sehr, aber na ja, der Vorderrumpf war ja komplett gepanzert. Ich baute alles, was sich sinnvollerweise schon einbauen ließ, in die rechte Rumpfhälfte ein und ging an den Motor. Da ich den Motor gerne sichtbar machen wollte, zumindest auf einer Seite, mussten Zündkabel inklusive des Verteilerschachtes ergänzt werden. Die Zündkerzen selber hatte WnW erfreulicherweise an den Zylindern bereits anmodelliert. Was mir gar nicht gefiel, waren die Kipphebelfedern auf den Zylindern. Das, was WnW da entwickelt hatte, war vollkommen glatt. Keinerlei Federstrukturen waren dargestellt. Also entfernte ich alles, was im Weg war und fertige neue Federn an, indem ich feinen Kupferdraht um einen Bohrerschaft wickelte und entsprechende Stücke ablängte. Die Kraftstoffzuleitungen an der linken Motorseite habe ich nach Fotos mit feinem Nähzwirn umwickelt und weißgrau bemalt, um die Astbestumwicklung darzustellen. Lief eigentlich ganz gut, bis hierhin. Was hielt mich nun aber immer wieder auf? Letztlich war wohl mein durch jahrelanges Betrachten und Auswerten historischer Fotos "geschultes Auge" schuld. Was WW I-Flugzeuge anging, war ich allerdings noch nicht so erfahren, aber das änderte sich im Laufe der Folgejahre, nicht zuletzt durch den Erwerb immer weiterer Wingnut Wings Bausätze. Immer wieder entdeckte ich neue Probleme, nein, regelrechte Fehler an der Junkers, die mich den Bau immer wieder frustriert unterbrechen ließen. Teilweise war ich jahrelang nicht in der Stimmung, den Bausatz wieder in Angriff zu nehmen. Es begann damit, dass jemand im "Netz" postete, dass es eine Lücke zwischen den Querrudern und dem innen anschliessenden Teil der Tragfläche gab. OK, das war schnell geklärt. Ich formte die Enden der Querruder mit Silikonkautschuk ab, goss für einen Freund und mich je zwei Verlängerungsstücke und setzte sie an die Bausatzquerruder an. Fertig. Wenn es nur dabei geblieben wäre... Als nächstes fiel mir auf, daß die Abdeckbänder der Tragflächenanschlüsse, also da wo die äußeren Tragflächensegmente an die Mittelstücke montiert waren, vollkommen glatt waren, obwohl man selbst auf Fotos im WnW-Bauplan sehen konnte, dass die Abdeckbänder eher wie eine umgedrehte, flache Regenrinne aussahen. Hugo Junkers behielt dies übrigens auch bei seinen künftigen Wellblechflugzeugen bei. Zur Behebung dieses Problems kamen dann Halbrundprofile von Evergreen und Spachtelmasse zum Einsatz. War kein Hexenwerk, aber ärgerlich, da WnW das Bildmaterial ja vorliegen gehabt hatte. Das war übrigens auch noch bei anderen "Problemzonen" der Fall. Als nächstes fiel mir auf, dass eventuell etwas mit den Abziehbildern nicht stimmen könnte. Der weiße Kennbuchstabe A hat in der Bauplangrafik eine dünne schwarze Umrandung - das Abziehbild jedoch nicht. Inzwischen hatte sich herumgesprochen, dass man sich mit Fragen an Wingnut Wings wenden kann und das tat ich dann auch. Richard Alexander antwortete prompt, gestand den Fehler ein und schickte mir freundlicherweise ein Foto der Maschine, das damals noch nicht in das Fotoarchiv der Junkers J.I Bausatzseite von WnW eingepflegt war. Dieses Foto war eine Offenbarung, da es mir mehr zeigte, als ich vermutet hatte - nämlich einige weitere "Problemzonen"! Diese zu beheben war letztlich kein echtes Problem, aber ich war schwer genervt, passte all dies doch so gar nicht zu dem geradezu legendären Ruf, den Wingnut Wings schon nach den ersten zwei, drei Bausätzen genoß und "beerdigte" das Projekt für lange Zeit. Irgendwann nahm ich die Mühle wieder in Angriff. Die korrekten A‘s bestellte ich bei Ernst Peddinghaus, aber eine der neuentdeckten Problemzonen betraf die Balkenkreuz-Abziehbilder auf und unter den Tragflächen. Die Abziehbild-Kreuze sahen aus wie Balkenkreuze des Zweiten Weltkrieges. Darüber war ich so lange nicht gestolpert, weil ich das besagte Foto nicht kannte. Auf diesem waren deutlich die Übergangsbalkenkreuze, ein Begriff, den ich bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht kannte, zu sehen. Diese waren vollständig und breit weiß umrandete schwarze Kreuze, wie die am Rumpf. Da die Abziehbilder schon auf den Flächen klebten, musste ich die Umrahmung mit dem Pinsel und Farbe vervollständigen. Das Foto zeigte aber noch mehr. Anders als der Bauplan für die 134/17 verlangte, hatte die Maschine eine Windschutzscheibe. Kein Problem, der Bausatz hat ja eine! Über die gepanzerte Frontverkleidung des Motors ragte ein kleiner, halbkugelförmiger Lufteinlauf hinweg und hinter dem Propeller, der so gar keine Ähnlichkeit mit dem Bausatzpropeller hatte, erkannte ich eine Lochplatte. Letzteres bedeutete, dass die Maschine eigentlich mit Propellerhaube flog, die hier nur abgenommen war, denn alle Fotos von Maschinen ganz ohne Propellerhaube zeigten auch diese Lochplatte nicht! Den Lufteinlauf scratchte ich aus Bauteil A5, einem verkleideten Rückspiegel, den man für die "weisse A" jedoch nicht benötigte. Ich fräste ihn aus und fertig war der Lufteinlauf. Die Lochscheibe wurde lediglich als Scheibe ohne Löcher aus Plastiksheet hinter dem Propeller ausgeführt. Da der Propeller und die Haube keinen Einblick ermöglichen, reichte das vollkommen, aber das kam erst ganz am Schluss. Der Propeller machte mir echt Kopfzerbrechen und ich schob ihn so lange auf, bis es nicht mehr ging. Der Bauplan enthüllte weitere Mängel. Rechts vor dem Cockpit sah ich auf einem Foto des J.I-Rumpfes im Berliner Technikmuseum zwei unterschiedlich große Einfüllöffnungen. Keine davon war am Bausatz zu entdecken. Ausgestanzte Plastikscheibchen, ein abgeformter und zweimal gegossener Tankverschluss eines Fokker D.VII Bausatzes erledigten den Job. Die unterschiedlichen Größen der Verschlüsse ignorierte ich. Auf Seite 19 des Bauplans kann man ein abgewinkeltes Rohr mit dem eiförmigen Gewicht der Schleppantenne am Ende erkennen. Es kommt aus einem sehr viel größeren Durchführungsrohr aus dem Rumpf unterhalb des Beobachterstandes heraus. Beides gibt es nicht, so musste ich wieder selber ran. Man kann das Durchführungsrohr übrigens auf dem oberen Foto auf Bauplanseite 17 gerade so erkennen. Dem Beobachter-Cockpit gönnte ich noch Ersatzmagazine für das MG. Ich hatte zuvor solche Magazine aus dem Gotha G.IV Bausatz abgeformt. Im Windsock Datafile zur J.I, das ich in Kopie von einem Freund bekam, gibt es ein Foto der 134/17. Es zeigt noch weitere Details, die ich gerne berücksichtigen wollte. Das von hinten, an der linken Rumpfseite entlang nach vorne gemachte Foto zeigt deutlich ein Schalenkreuzanemometer an einer der vorderen Tragflächenstreben, sowie einen Langwimpel an der Hinterkante der unteren Tragfläche. Die Farbgrafik des Bauplans zeigt ebenfalls einen wehenden Langwimpel, wie er oftmals von Staffelführern geführt wurde. Nur ist er in den imperialen Farben "schwarz-weiß-rot" dargestellt. Das Foto zeigt aber eindeutig eine weiße Endzunge. Der Wimpel war also tatsächlich nur in den preußischen Farben "schwarz-weiß" gehalten, was natürlich zu einer preussischen Staffel passt. Ich erstellte zwei Wimpel aus Zinnfolie und hängte sie so in Montagebügel aus Messingdraht ein, wie es das Foto für die linke Seite zeigte und wie man es offenbar bei abgestellten Maschinen machte. Das Anemometer kam von Gaspatch Models, denn damals gab es den erst später designten generischen "Zweisitzer-Spritzling" noch nicht, der ja auch ein Anemometer beinhaltet. Von Gaspatch kam auch das Parabellum LMG 14/17 mit Zielfernrohr. Das Bausatz-LMG ist ok, aber das von Gaspatch ist noch besser. Ein paar Verfeinerungen nahm ich noch an der MG-Halterung vor. Ich trennte den Arretierungshebel ab und montierte ihn in einen anderen Postion wieder neu. Eine kleine Flügelmutter auf der gegenüberliegenden Seite vervollständigte für mich das Bild. Auf Fotos entdeckte ich auch, dass die Öffnungen für die Steuerseile am Rumpf nicht einfach offen lagen, sondern in Flugrichtung abgedeckt waren. Die "Abdeckungen" erstellte ganz einfach mit Weißleim. Im Grunde war das Modell nun endlich fertig, aber da war ja noch das "Propellerproblem".Der Bausatzpropeller ging, wie schon gesagt, gar nicht. Er hatte keinerlei Ähnlichkeit mit einem Axial-Propeller, wie ihn das Foto zeigt. Inzwischen (Jahre später) hatte ich aber gelernt, Echtholzpropeller herzustellen, und ich machte mich daran, einen Klotz zu laminieren, dessen Schichtabfolge sowohl farblich, als auch von der unterschiedlichen Stärke der Schichten her zum Propeller auf dem Foto passte. Es bedurfte dreier Anläufe, bis ich zufrieden war. Die falschen, weil schwarz-weiß, anstatt schwarz-goldenen Axial-Logos brauchte ich zum Glück nicht. Der Propeller auf dem Foto hat gar keine Logos. Die Blattausschnitte in der Propellerhaube mussten deutlich vergrößert werden, ist der neue Propeller doch deutlich dicker und breiter als der unmögliche Bausatzprop. Hier nun eine Liste der allgemeinen Ergänzungen bzw. Verbesserungen von vorne nach hinten:
Alles in allem war ich froh, im März 2019 einen Haken hinter dieses Projekt setzen zu können, und ich würde dem Bausatz sehr gerne jederzeit wieder "entgegentreten", nur bin ich nicht bereit, die Phantasiepreise zu zahlen, die heute dafür aufgerufen werden! Bestimmt taucht er mal wieder zu einem "normalen" Preis auf. Olaf Krabbenhöft Publiziert am 16. April 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |