Tiran 4Eine Kombination aus Trumpeter, BlackDog und ModelMiniaturevon Stefan Szymanski (1:72 verschiedene Hersteller)
Im Sechstage-Krieg (1967) sowie während des Yom Kippur-Krieges (1973) erbeuteten die Israelis einige hundert T-54, T-55 und T-62 Panzer, die nach einem Modernisierungs-Programm mit dem Namen Tiran in die eigenen Truppenbestände aufgenommen wurden. Die Modernisierung umfasste unter anderem den Einbau des L7 105mm Royal Ordnance Geschützes (bei Tiran 4 und 5), Verbesserung der Zielsuch- und Funkgeräte sowie andere Kettenblenden und diverse Staufächer am Rumpf und Turm. Ebenso erfolgte der Austausch sämtlicher russischer MGs durch die in Lizenz gefertigten US-MGs im Kaliber 30 und 50. In den frühen 80er Jahren erfolgte dann die Außerdienststellung als Kampfpanzer bei der IDF. Während ein großer Teil als Basis für den Schützen- und Transportpanzer Achzarit diente, wurde der andere Teil entweder ins Ausland verkauft oder an die israelischen Verbündeten im Libanon geliefert. Gerade hier war die Südlibanesische Armee (SLA) einer der größten Nutznießer und Abnehmer und erhielt während des libanesischen Bürgerkriegs bis zum Mai/Juni 2000 kontinuierlich finanzielle und logistische Unterstützung von Seiten Israels. Zu einer großen Anzahl Tiran 5-Panzer (T-55) erhielt die SLA auch eine geringere Anzahl von Tiran 4-Panzern (T-54). Bei beiden Typen wurde aber die Hauptbewaffnung in Form des L7-Geschützes wieder durch die herkömmlichen 100mm-Geschütze aus russischer Produktion ersetzt. Während des libanesischen Bürgerkriegs wechselten viele Tiran-Panzer des Öfteren die Seiten der jeweiligen Besitzer. Dabei fiel zum Ende des Krieges eine geringere Anzahl sogar in die Hand der Hisbollah. Diese Umstände und die zunehmende Auflösungserscheinung bei der SLA führten dazu, dass viele Tiran-Panzer im Laufe der Zeit einen äußerlich ziemlich verwahrlosten Eindruck machten…
Während man beim Thema IDF im großen Maßstab (1:35) schon fast von einem Überangebot reden kann, gibt der Markt im kleinen Maßstab hier außer einigen Merkavas nicht viel her. Möchte man sich mit diesem Thema auseinander setzen, bieten nur einige Kleinserien-Hersteller Alternativen. Umso größer war die Freude, als BlackDog mit dem Tiran 4 einen Umbausatz veröffentlichte, der mit dem Trumpeter-Bausatz des T-54 kombinierbar ist. So war der Umbausatz schnell geordert, die Motivation groß und man befasste sich nun zu Anfang eines jeden Projekts auch hier mit der nötigen Recherche. Statt Klarheit brachte diese bei mir aber eher Verwirrung. Relativ schnell war klar, dass der von BlackDog angebotene Tiran 4 so nie bei der IDF im Einsatz war. Die typischen Äußerlichkeiten wie Staufächer etc. bezogen sich auf eine sehr späte Tiran 4-Variante, die zu Anfang der 80er Jahre bei der IDF kurz vor der Außerdienststellung im Einsatz war. Soweit so gut, nur hätte BlackDog dann auch das L7-Hauptgeschütz berücksichtigen müssen, welches aus dem Tiran 4 einen Tiran 4Sh gemacht hätte („Sh“ steht hier für „Scharir“-105mm-Geschütz). Fakt ist, dass der BlackDog-Set so einen typischen SLA-Tiran zeigt, also einen früheren Tiran 4Sh der IDf, nach dem Austausch der Geschütze (von 105 auf 100mm) und Übergabe an die SLA. Alles verstanden? Gut, dann konnte man mit dem Bau auch endlich beginnen…
Zu Anfang favorisierte ich hier eindeutig die israelische Variante in Form der Sh-Version. Immerhin wäre es nur eine Leichtigkeit gewesen, die Geschützrohre dementsprechend auszutauschen. Auch hier bietet der Kleinserienmarkt genug Möglichkeiten in Messing oder Resin. Das Problem lag aber darin, dass es hier quasi keinerlei Bildinformationen gibt. Man bekommt mehr als genug Informations-Material über den Tiran 5 und auch Tiran 4 (in der frühen Version), aber anscheinend war der Tiran 4Sh so begrenzt im Einsatz, dass hier passendes Bildmaterial einfach Mangelware ist. Da ich mich hier im sehr bekannten Vergleich „Modell zum Original“ nicht aufs Glatteis bewegen wollte, entschied ich mich zum Bau der südlibanesischen Variante. Hier bietet u.a. das Internet mehr als genug Anschauungsbeispiele. Wem das noch nicht reicht, dem kann man nur das Buch „Tiran in lebanese Wars“ von Samir Kassis wärmstens ans Herz legen. Mit über 300 Farbbildern kann man sich hier einen sehr guten Einblick in das libanesische Tiran-Thema verschaffen. Viele Bilder zeigen dabei die Tirans im Einsatz, im Detail, als Wrack oder auch Kriegsdenkmal…
Den Anfang machten die Arbeiten am Rumpf. Als Basis diente hier, wie schon gesagt, das Trumpeter-Modell, wobei hier die jeweiligen Bauteile ergänzt oder ausgetauscht wurden. Durch die gute Passgenauigkeit gab es hier bei der Kombination Umbau-Set/ Modell keinerlei Probleme. Bei den Laufrädern griff ich auf Model-Miniatures zurück. So bietet dieser Kleinserien-Hersteller ein Set stark abgenutzter Laufräder an. Gerade bei diesen Panzervarianten kann man immer wieder stark abgenutzte Laufräder erkennen. Eine Ursache ist hier natürlich mangelnde Wartung, aber auch die Konstruktion und Fahrweise, die sich in Form von stark abgenutzter Gummierung, bzw. sogar in Ausbrüchen der Gummierung bemerkbar macht. Für eine geplante, verwahrloste SLA-Variante wie geschaffen…
Während der Zusammenbau des Rumpfes ziemlich schnell und zügig voranschritt, war beim Turm wieder mehr Sorgfalt und Aufmerksamkeit gefragt. Im direkten Vergleich kam mir der BlackDog-Turm sehr flach vor, so dass ich diesen mit dem Bauteil des Trumpeter-Kits (Bauteil D1) unterbaute und anpasste. Auch wenn die koaxial angebrachten Kaliber 50-MGs ein typisches Merkmal von IDF-Panzern sind, so stören diese in meinen Augen immer das Gesamtbild. Da diese auch nicht immer Verwendung fanden, beließ ich es hier nur bei der quadratischen Montagevorrichtung und montierte das dementsprechende MG weiter hinten. Den passenden IR-Suchscheinwerfer fand ich in einem T-55-Bausatz, ebenfalls von Trumpeter. Mit Plastikresten gestaltete ich das Gestengel, welches die Verbindung vom IR-Schweinwerfer zum Geschützrohr darstellt und für eine koaxiale Bewegung verantwortlich ist. Die Luke des Ladeschützen gestaltete ich neu, in dem ich diese flacher feilte und durch die Luke des Trumpeter-Bausatzes ersetzte. Zum Abschluss folgten noch die Vorrichtungen für die beiden Antennen. Hier sei noch erwähnt, dass der BlackDog-Turm mit seinen liebevoll gestalteten Schweißnähten einen guten Eindruck machte. Das einzige, was mich hier störte, waren die doch sehr schwammig ausgeführten „Einrandungen“ der beiden Turmluken…
Wenn man sich mit der Geschichte des Tiran im libanesischen Bürgerkrieg beschäftigt, wird sehr schnell klar, dass es hier zig Farbvariationen gab. Die SLA nutzte hier vorwiegend ein Blau/ Grau, welches zum Teil sogar etwas ins Grünliche überging. Bei der Recherche im Internet stieß ich immer wieder auf den Farbvorschlag Humbrol 96 oder Humbrol 65. Während mir der Farbton 96 gerade im kleinen Maßstab eindeutig zu dunkel erschien, wirkte der himmelblaue Farbton 65 einfach nur unrealistisch und deckte sich mit keinerlei Originalbildern. So entschied ich mich dann auch für Humbrol 128, welches ich mit Humbrol 127 durch ein dezentes Drybrushing noch leicht aufhellte. Anschließend erfolgte die Bemalung diverser Kleinteile durch den Pinsel…
Bei den Decals griff ich wieder auf ModelMiniatures zurück. So ist es einer der wenigen Kleinserienhersteller, der auch libanesische Decals im Angebotssortiment führt. Der einzige Wermutstropfen ist der, dass man hier keinerlei Informationen zu den jeweiligen Decals findet und hier mal wieder Eigenrecherche angesagt ist. Zwar orientierte ich mich hier an diversen Originalbildern, doch kann ich nicht belegen, dass die von mir dargestellte Version auch so wirklich im Einsatz war. Hier darf man dann von der allseits bekannten „künstlerischen Freiheit“ reden…
Nach der „Grundfarbgebung“ und Aufbringung der Decals erfolgte nun eine Vollversiegelung mit Klarlack. Anschließend beschäftige ich mich mit der Alterung. Mit Ölfarbe gestaltete ich die diversen Roststellen, wobei ich hier die typischen Rostschlieren mit einem kurzen und eher harten Pinsel erzeugte. Anschließend erfolgte ein Washing mit „Umbra gebrannt“ (ebenfalls Ölfarbe). Nach Setzen eines Filters für blau/ graue Farbtöne kamen noch unterschiedliche Staubpigmente vorwiegend im Fahrwerksbereich zum Einsatz. Zu guter Letzt folgte noch eine Vollversiegelung, diesmal mit mattem Klarlack…
Nun konnten auch die letzten Teile wie z.B. das Fahrwerk mit Laufrollen und Ketten montiert werden. Als Antennen nutzte ich hier Federstahl. Als kleinen „Eye-Catcher“ platzierte ich noch eine libanesische Fahne an einer der Antennen. Mit einer dezenten Einnebelung mit Tamiya „Buff“ (auch hier wieder vorwiegend im unteren Bereich des Modells) waren die eigentlichen Arbeiten am Tiran abgeschlossen…
Bei der Gestaltung des Dioramas spielte auch wieder BlackDog keine unwesentliche Rolle. So bietet dieser Hersteller eine Menge an Vignetten an, mit denen sich schnell ein passendes Umfeld für ein Modell schaffen lässt. In diesem Fall sagte mir das Produkt „Iraq street base“ sehr zu. Zwar soll es sich hier um eine Szenerie im Irak handeln (wie der Name auch schon sagt), doch fand ich diese Vignette allgemein für den Nahen und Mittleren Osten passend, so dass man sich diese Szenerie auch gut im Libanon der 80er Jahre vorstellen konnte. Trotzdem nahm ich hier noch einige individuelle Änderungen vor. Zum einen ließ ich die wuchtigen Betonsperren weg, die den eh schon knappen Platz noch weiter eingeengt hätten und passte dementsprechend den Straßenasphalt an. Zum anderen befestigte ich die Eingänge der Fassade mit Sandsäcken. Die Sandsäcke gestaltete ich dabei aus Zweikomponenten-Knetmasse. Das abschließende Mauerstück ersetzte ich durch ein anderes aus der bekannten „Restekiste“. Die Vignette passte ich in einen kleinen Holzrahmen aus passend zurecht gesägten Holzleisten ein, wobei ich die oberen Ränder der Holzleisten mit Hilfe von Spachtel und Vogelsand ins Diorama einarbeitete. Dies bedeutet zwar immer Mehrarbeit, doch steht dies auch immer gut im Verhältnis zum Ergebnis. So ergibt dies immer ein viel harmonischeres Gesamtbild ohne störende Eingrenzung…
Bei der Farbgebung des Dioramas griff ich auch wieder auf verschiedene Humbrol-/ Revell-, sowie Ölfarben zurück. Gerade mit den Ölfarben versuchte ich dabei bestimmte Farbtöne zu brechen, bzw. ein wenig mehr aufzulockern. Mit kleineren Utensilien verpasste ich der geplanten Szenerie mehr Authentizität. Auch hier rundete eine „Einstaubung“ mit Tamiya „Buff“ die Arbeit endgültig ab…
Bei der Figurenplanung entschied ich mich dazu, nur eine Figur zu verwenden. Alles andere hätte die eh schon stark begrenzte Szenerie einfach zu sehr überladen. Das eigentliche Problem war hier eher, die passende Figur zu finden. So hatte ich hier im Vorfeld bestimmte Uniformen und Ausrüstungsgegenstände im Kopf, die sich kaum mit den erhältlichen Figurensets deckten. Bei genauer Recherche stellte sich aber heraus, dass gerade die SLA nahezu die identischen Uniformen trugen, wie die IDF. Es gab eher kleinere individuelle Unterschiede, die auf etwaige Beschaffungsengpässe zurück zu führen waren. Da ich mehr als genug IDF-Figuren-Sets mein eigen nenne, war die passende Figur schnell gefunden, die sich aus meiner Sicht mit Abstand am besten für die Szenerie eignete. Die Bemalung erfolgte hier ausschließlich mit Ölfarben, wobei natürlich der typische „Schnautzer“ nicht fehlen durfte… Zusammenfassend kann ich das ganze Projekt einfach nur als sehr ungewöhnlich harmonisch betrachten. Zu keinem Zeitpunkt war man hier vor irgendwelche Probleme oder Komplikationen gestellt. Alles lief quasi wie am Schnürchen, wobei sich das vorher im Kopf geplante Gesamtbild ziemlich gut mit dem Endresultat deckt. Sorgfalt ist hier nur immer wieder bei der Recherche geboten, da gerade vieles im Zusammenhang mit dem Nahen Osten und der IDF unregelmäßig und zum Teil auch verwirrend ist (siehe auch Historie zu Anfang des Berichts). Bezogen auf den Umbau-Set von BlackDog kann ich mir nur vorstellen, dass man sich hier am „falschen Original“ orientiert hat. So kann man im IDF-Panzermuseum Latrun/ Israel genau diesen Tiran 4 besichtigen, wie ihn auch BlackDog anbietet. Leider handelt es sich aber hier um einen ehemaligen SLA-Tiran mit dem 100mm-Geschütz, welcher sogar in der originalen Farbgebung (Blau/Grau) nach Latrun transportiert wurde, dann aber „nur“ eine eher aufwandslose Umlackierung in den passenden IDF-Farbtönen erhielt. Ein Indiz dafür, dass man selbst beim besten Willen zur Recherche zum Original auch in einem Museum auf dem Holzweg sein kann. Zwar wächst man an seinen Herausforderungen, doch tut es einfach auch mal gut, ein Modellbau-Projekt ohne Komplikationen zum Ende zu bringen. Hier konnte ich mal wieder erkennen, was dieses Hobby so liebenswert macht, anstatt durch Probleme in Passgenauigkeit und/ oder Qualität Nerven zu kosten… Stefan Szymanski Publiziert am 07. Januar 2017 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |