Henschel Räumer R 300von Holdi Langendorf (1:25 Eigenbau)Im Jahr 1967 sah ich als 16-jähriger einmal ein uriges Baufahrzeug, das weder Planierraupe noch Radlader war. Es stellte sich heraus, dass es ein Henschel Räumer R 300 war, ein sogenannter Raddozer. Ich war so fasziniert, dass ich davon nach Ausmessen eine Zeichnung anfertigte. Und dann verschwand diese erst einmal in meinem Archiv. Ich hatte zwar schon immer Interesse an Baumaschinen, dachte aber lange nicht mehr an meine damalige Entdeckung.
Erst, als ich 2021 begann, Großmodelle scratch zu bauen, siehe meinen Demag-Kran V70, erinnerte ich mich wieder an den Räumer. Also begann die Suche nach Vorbildinformationen. Diese gestaltete sich aber sehr schwierig, denn im Internet gibt es leider nur ein Foto, dass dem auf dem Originalprospekt gleicht. In der Fachliteratur gibt es auch nur eine Handvoll Abbildungen, die den Räumer aber nur als Gleisrücker mit Kran zeigten. Da kam mir letztendlich das in Kassel beheimatete Henschel-Museum zu Hilfe. Mir wurden weitere Fotos, Prospekte und einige Zeichnungen zur Verfügung gestellt. Übrigens gibt es von dem Fahrzeug bisher keinerlei Modelle zu erwerben. Der Räumer wurde ab 1956 produziert und diente drei Zwecken: als Planiergerät, als Schubhilfe für Scraper oder mit Seitenkran zum Gleisrücken. Er hatte einen hydrostatischen Antrieb wie der Tournadozer von LeTourneau. Die Räder auf einer Seite wurden immer gleichzeitig angetrieben. Er konnte auf der Stelle wenden, indem ein Radpaar vorwärts, das andere rückwärts lief. Er hatte nur zwei Gänge und ließ sich über zwei Hebel sehr leicht steuern. Er ist 19 t schwer, 3,6 m breit, 5,34 m lang und 3,2 m hoch. Nun konnte der Scratchbau beginnen. Der versierte Scratchbauer weiß, dass die größte Hürde die passenden Reifen sind. Woher aber die großen profilierten Reifen aber nehmen? Ich verwendete also zwei Reifen des Payhauler 350 von Ertl in 1:25 und nahm pro Rad aber nur je zwei Drittel, um die Breite zu erreichen. Dann schliff ich das Profil komplett ab. Nun nahm ich einen Fahrradschlauch und schnitt Streifen daraus, die ich dem Profil gemäß auf die glatten Reifen klebte. Von diesem Radmuster erstellte ich eine Silikonform und goß anschließend alle vier Reifen mit Resin ab. Vom Innenraum der Kabine gibt es leider keine Bilder, da habe ich improvisiert. Auch von dem Bereich zwischen Kabine und Motorraum existieren keine Fotos, nur von Fahrzeugen mit Kranaufbau. Also mußte ich auch hier improvisieren und Teile aus der Restekiste zu einem "technischen Gesamteindruck" zusammenfügen.
Für den Bau verwendete ich Evergreenprofile, Plastiksheet, matte Farben, Cutter, Feilen und Stahllinieal - keine weiteren Hilfsmittel. Natürlich besitze ich zusätzlich eine große Anzahl von Werkzeugen, die in Zahnarztpraxen verwendet werden. Das einzige Teil aus einem fremden Bausatz ist der Motor der Caterpillar D8H von AMT in 1:25, den ich aber leicht variieren mußte, damit er in den Motorraum passte.
Mir gefiel das Titelbild des Prospektes so gut, dass ich beschloß, dazu ein kleines Diorama zu bauen, dass den Räumer in ähnlicher Position zeigen sollte. Die Landschaft besteht aus Kapalineplatten, darauf Gips und darauf richtige Erde, in Weißleim eingebettet. Die Fahrspur wurde auch leicht schräg aufwärts gebaut, wie auf dem Prospekt. Das Henschel-Museum in Kassel zeigte sich begeistert von dem Nachbau eines so seltenen Fahrzeugs.
Holdi Langendorf, Publiziert am 27. Februar 2023 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |