Du bist hier: Home > Galerie > Ausstellungen > 70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

Die Frage im weiten Vorfeld

„Wie stellt man 70 Jahre Modellbau auf 2 x 1,4 m dar?“ Das Lösungswort: „Querschnitt“.

Im November letzten Jahres 2024 war dies Thema beim Stand der SIM (Stuttgarter Interessengemeinschaft Modellbau).

70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

Meine Zeitreise - dieser Beitrag

Es kommt mir nicht darauf an, möglichst die bestgebauten Modelle auszustellen, sondern die Entwicklung vom Spielen als Kind bis zur sinnspendenden, gesunderhaltenden Freizeit-Beschäftigung als Erwachsener aufzuzeigen.

Und so sammelten sich quasi überall in der Wohnung alle Maßstäbe, alle Materialien, die verschiedensten Modelle, im Keller, auf dem Dachboden in über zehn großen Umzugskartons an. Aus Platzgründen habe ich deshalb die Kartondeckel der Bausatzverpackungen fotografiert und dann die Bausatzkartons entsorgt. Ab da war alles nur noch in Beuteln dicht an dicht komprimiert. Der Vorteil dieser chaotischen „Lagerung“? Beim späteren Suchen findet man Dinge, die man noch gar nicht sucht. Eine Überraschung, und noch eine - was man da schon alles hat! Doppelt und dreifach!

Drehen wir die Zeit zurück zum Anfang der 1950er Jahre. Der Beginn war das Sammeln von Zugaben (heute: give away) aller Art von händchengroßen Plastik-Flugzeugen beim Margarine-Einkauf mit Oma in Hildesheim bei Lebensmittel Schlote.

Flotte aus Kartonmodellen, 1958
Flotte aus Kartonmodellen, 1958

Vor dem Plastik kam Karton

Noch vor dem Bau der ersten Plastikmodelle war unter uns Schülern Kartonmodellbau angesagt: „Wilhelmshavener Modellbaubögen“ im Maßstab 1:250. Zu zweit haben wir sogar eine kleine Ausstellung in einem Zeitschriftenladen durchgeführt - leider mit "null Dankeschön".

Meine „Flotte“ im Sommer 1958 auf dem Balkon noch in Hildesheim. Der Höhepunkt vorher zu Weihnachten war die Bismarck. Und nun lesen alle Modellbauer ganz schnell drüber weg. Alle Kartonmodelle wurden zum Staubschutz eingestrichen mit Caparol und (dick) mit Sitzmöbellack, so dass sie mir vor dem Umzug nach Düsseldorf herrlich warmes Badewasser spendeten - ich verfeuerte sie im damals gebräuchlichen Badeofen. Hätte ich doch nur auch nur ein U-Boot….

Meine Zeitenwende in Sachen Modellbau geschah im Sommer 1954, parallel zum Kartonbau das Geschenk meines ersten Plastik-Flugzeugmodells von Revell, die B-52 – noch ohne die X-15 (der rote Punkt in der Mitte des Ausstellungstisches).

Von meinem Original-Modell in Alusilber ist noch ein Turbinensatz vorhanden. Das farbige Modell (im Original B-52 + X15) schenkte mir ein SIM-ler im ausgehenden letzten Jahrtausend. Danke, Gerd. Für die Ausstellung wurde der Bausatz „zurückgebaut“.

Die farbige YF-102, Maßstab 1:100, handbemalt (wie fast alle meine Modelle in lautloser Nass-/Trockentechnik) ab den 1960er Jahren in Düsseldorf. Die Farben hatte ich mit der Lehrlings -„Erziehungsbeihilfe“ von DM 75,- im 3. Lehrjahr angespart - abzüglich der Rheinbahn-Monatskarte.

Im Mittelpunkt der Ausstellung die B-52 mit dem roten Punkt - und die Convair YF-102 aus dem Jahr 1961
Im Mittelpunkt der Ausstellung die B-52 mit dem roten Punkt - und die Convair YF-102 aus dem Jahr 1961

Zurück zur B-52, in einer Sonderausstellung der SIM auf der Modellbau Süd 2011 in Stuttgart: eine Modellsammlung in (fast) allen verfügbaren Modellgrößen und zu bauenden B-52-Modellen angefangen 1:700 (60 x 70 mm/ Pit Road) bis zum größten Kartonmodell 1:33 mit 1,6 x 1,7 m Spannweite (Polnischer Hersteller). Das gewaltige Kartonmodell ist einen eigenen Beitrag wert, sprengt hier also den Rahmen. Ich habe es in drei Teile zerlegbar gebaut,  denn nur so passt es in ein normales Auto.

XB-70, ein echtes Relikt der 1960er Jahre
XB-70, ein echtes Relikt der 1960er Jahre

Einige Modelle stehen in den 1960er Jahren auf dem Schrank. Diese XB-70 hat als Spielzeug ein bewegliches Fahrgestell - kennt man heute nicht mehr. Folgend dann im Wechsel der Victor- und Vulcan-Bomber, Maßstab ist wahrscheinlich etwa 1:100, der Hersteller unbekannt. Beeindruckende Originale standen und stehen in den Museen in England.

Maßstab, Farben, Nationalität in den frühen Modellbau-Jahren? Alles uninteressant. Dieses Thema ist meinem MV-Beitrag über die Convair R3Y2 Tradewind vom 25.10.2006 ausführlicher besprochen.

Die Convair Tradewind
Die Convair Tradewind

Und nun den „Querschnitt“ der Reihe nach anlässlich der Spiele-Messe im Rahmen „Messe Herbst“ Stuttgart auf dem Stand der SIM (Stuttgarter Interessengemeinschaft Modellbau), November 2024.

70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

Die Themen sind auf je einer Grundplatte dargestellt. Mit diesem Bild stellen sich vier Themen vor.

Oben links: DLRG - Neubau (Kartonmodell von 2022 in 1:87, H0) der durch Hochwasser zerstörten Rettungsstation in Stuttgart-Hofen am Neckar (ist im Bau). Das Modell dient zur Visualisierung der Angebotszeichnungen in allen Gremien. Davor passende Wiking-Verkehrsmodelle aus den 1950/60er Jahren- zum damaligen Spielen im Sand – heute Raritäten.

70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

Mitte und Vordergrund: Meine ersten 144er Modelle der Saab Viggen von Revell (die Bemalungsvorlage der Viggen in 1:72 hat eine eigene Geschichte). Der „Bonsai“-Maßstab findet anfangs nur im zivilen Flugzeugbau Anhänger. 1986: Start der Modellbau Süd, Stuttgart-Killesberg. Noch mit langen Zähnen (keiner will sie in der SIM bauen) erbarme ich mich diesen von Revell gesponserten Messemodellen. Es wird eine Leidenschaft, die mich bis heute fesselt.

Anfang 2000, bei einem DPMV-Konvent, machte mir ein Mitglied der MV-Redaktion das Angebot, den 144er Maßstab häufiger im Modellversium darzustellen. Viele Besprechungen folgten. Hier ein Beispiel für die gemeinschaftliche MV-Besprechung der B 707- 436 (Airfix) im September 2013 durch drei Modellbaukameraden (SIM und PMC Bodensee). Heute ist dieser Maßstab in hervorragender, beispielhafter Weise dargestellt und ist ein fester Bestandteil der redaktionellen Arbeiten im MV.

Im Vordergrund sieht man das selbstgebaute Diorama „Pionierbrücke“: Brückenlege-Panzer IV und Personen (1:144), die anderen Modelle 1:160 (N). Flußsteilufer aus echten kleinen Schieferplatten „gefummelt“, dazwischen tobt der Wildbach.

70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

Direkt daneben „50 Jahre Tornado“: das erste Modell auf dem Markt von Airfix. Im Jahre 1978 kaufte ich das Modell bei Spielwaren Kurtz in Stuttgart am Marktplatz - den Laden gibt es heute nicht mehr. Und so kommen Erinnerungen auf an die Modell-Abteilungen bei Spielwaren Lütgenau, erster Stock, und Ziem, Untergeschoss, in Düsseldorf (ab Sommer 1958). Auch diese beiden Geschäfte gibt es schon lange nicht mehr.

Das kleine Tornado-Explosionsmodell (1:144) davor auf 0,2 mm Federdraht. Danach habe ich auf weitere Schutzimpfungen verzichtet.

Ein „Link“ zwischendurch: Ende der 1970er Jahre ist das Internet-Zeitalter gute 25 Jahre(!) entfernt. Wir Modellbauer mussten uns in dieser damaligen Zeit noch echt bewegen, wenn wir auch nur Kleinigkeiten für unser Hobby haben möchten. Nix Homepage, ebay und so fort… Das resultierte dann zum Beispiel in gemeinschaftlichen Autofahrten zum Frank nach Albstadt.

70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

Thema Weltraum

Der Startkomplex der Jupiter-Rakete (1:144); davor ist der unmittelbare Vorläufer (1945/46) mit dem Aggregat A4 dargestellt. Es ist tatsächlich wohl keine V2 - laut Besuch in Peenemünde 2022 wird erst mit der Sprengladung daraus eine V2.

Auf der gleichen Grundplatte (heute: Base) ein Mars-Mobil „Spirit“ aus Spiegelglanz-Federstahlblech (besprochen in der SIM-Homepage). Die großen, russischen 1:33er-Weltraummodelle der damaligen UdSSR wären auf dem Tisch zu mächtig gewesen.

Rechts außen – von Heller in 1:144 der frei hängende Orbiter-Ballon. Komplett mit hauchdünner Alufolie (Anlegemilch) beklebt. Die Kabine verfeinert, die Eigenbau-Solarstation pendelt an drei Fäden frei. Die Kabine ist abnehmbar, eine Lösung der speziellen Art. Alle Teile gehören zu den RBB (Ruhig-Blut-Bautechniken).

70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

Ganz rechts aufgestellt das Thema „Modellbau und Fotografie“. Immer erstaunlich, wieviel undatierte Bilder ohne Ortsangabe über die Jahre auftauchen. Leider fehlen überall auch die Namen der abgebildeten Personen - schade.

70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

Darunter das U-Boot „Wilhelm Bauer“, Maßstab 1:144. Alle Flutschlitze von Hand aufgebohrt und ausgefeilt, echte Nachtarbeit).

Davor zwei Modelle der AIDA als Vertreter der 1:1200er Schiffsbauklasse. Gerne denke ich an das Revell-Flugzeugträgermodell der Roosevelt zu Weihnachten Mitte der 1950er Jahre zurück. Da ich noch zu unerfahren war, hat ein Verwandter die großen gelben Nassschiebebilder aufgebracht. Das Kurzwort Decals war uns noch unbekannt. Nur ein kleiner Geschützturm liegt noch irgendwo in den Ersatzteilkisten.

Ein abschließender Blick auf die Mitte des Tisches
Ein abschließender Blick auf die Mitte des Tisches

Zum Abschluss...

...noch die Worte über mein „Hochfahren der Modellbau-Leidenschaft“. 1974: In Erwartung unseres ersten Kindes entzündete meine Frau eine Modellbau-Stichflamme mit den Worten: „Du hast doch früher Modelle gebaut…“. Schauen wir nochmal auf den Ausstellungstisch mittig, ganz vorn. Die dort zu sehende Messerschmitt Me 262 in 1:72 Revell war der Wiedereinstieg vor genau 51 Jahren(!) in den ab da nicht mehr endenden Modellbau in allen Maßstäben, Sparten und Materialien. 

Die Jahre davor, in den Zeiten der Ausbildung (1960er Jahre), war der Modellbau auf Sparflamme gelaufen.

Heute? Da warten unbewegt im dunklen Keller zehn übervolle, große Umzugskartons nicht gebauter, halb- und ganz fertiger Modelle (…alles Erbmasse).

Damit endet der Querschnitt, mein kleiner Spaziergang durch 70 Jahre Modellbau. Meine Modellbau-Geschichte geht aber weiter - mit diesen echten 80-plus-Jahre-Oldies - Flugzeugmodelle aus dem ersten Plastik in unserer Modellbauwelt. Vor mehr als 30 Jahren bekam ich diese raren Stücke geschenkt: 

1940er Jahre - Flugzeug-Erkennungsmodelle von Wiking
1940er Jahre - Flugzeug-Erkennungsmodelle von Wiking

Die schon gezeigten Wiking Verkehrsmodelle kennen wir alle - diese Flugzeugmodelle hier auch?

Meine Frage: Wer kann mir bitte sagen, wie alt diese Winzlinge aus Bakelit (erster Kunststoff, siehe Wikipedia) tatsächlich sind, und welchen Maßstab sie haben? Eure Antwort bitte unter E-m@il norbertruhland "ätt" gmx "Punkt" de mit Dank vorab.

Norbert Ruhland

Publiziert am 22. März 2025

Du bist hier: Home > Galerie > Ausstellungen > 70 Jahre Modellbau - eine persönliche Dokumentation

© 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links