Tuna Clipper...mal andersvon Frank Spahr (1:60 Lindberg)
Es hat sich über die Jahre herumgesprochen, dass ich vor alten Kits nicht nur nicht zurückschrecke, sondern richtig Spaß daran habe, sie zu bauen. So kommt es tatsächlich hin und wieder vor, dass Modellbaukollegen mir Bausätze überantworten, deren Formen geschnitten wurden, als die Beatles noch zur Schule gingen. So geschehen vor einer ganzen Reihe an Jahren beim 700er Treffen in Laupheim, als ein Modellbaukollege mir den jüngst wieder aufgelegten Bausatz des Tuna Clipper von Lindberg in die widerstrebenden Arme schob, mit dem Verweis auf ein Video bei Youtube und dass ich bestimmt was ganz Tolles draus machen würde. So gelangte der Karton in meinen Bausatzstapel und sammelte erst einmal einige Jahre Staub, bis er immerhin irgendwann impulsiv in den eigentlichen Bastelkeller verlegt und damit die Chance des "Wirklich - gebaut - Werdens" stieg. Ebenso impulsiv griff ich mir Anfang Januar 2014, geschätzte fünf Jahre nach dem Laupheimer Treffen, den Karton und begann zu bauen.
Der Bausatz stellt ein Thunfischboot dar, wie es in der Nachkriegszeit unter anderem im Golf von Mexiko im Einsatz war. Ich schaute mir auch das Video auf Youtube an, das sehr anschaulich zeigt, in welcher blutigen Knochenarbeit damals Thunfische angelockt und aus ihrem Fressrausch heraus von einem halben Dutzend Crewmitgliedern im Akkord geangelt und flugs in den Kühlraum des Schiffes verfrachtet wurden. Der Bausatz ist ungefähr im Maßstab 1:60, und als Kind seiner Zeit unterm Strich besser als erwartet, jedoch zumindest teilweise eher klobig gestaltet. Der Kunststoff ist eher weich und elastisch, was besonders beim Dreibeinmast unangenehm auffällt, der stark verzogen und instabil ist. Schön gelöst sind z.B. die erhabenen Tiefgangsmarkierungen am Rumpf. Ich hatte zwischenzeitlich schon beschlossen mein Boot als gestrandet und verlassen zu bauen. Ich wollte eben auch einmal so richtig verwitterungsmäßig die Wutz hinauslassen, dazu würde mir der Maßstab und die Situation Gelegenheit geben. In diesem Maßstab sind die Niedergänge sehr schön detailliert.
Parallel zum Rohbau überlegte ich mir, welche Teile wie zu ersetzen und zu verfeinern sein würden, und suchte mir aus dem Programm der Firma Saemann passende Teile aus. Das betraf primär Relingsstützen, aber auch Niedergänge, Leitern und Handräder, die mir an der Ankerwinsch und am Ladebaum noch gute Dienste leisten sollten. Die Basis wurde durch Ausschleifen eines Stücks Styrodur für die Aufnahme des Rumpfes vorbereitet. Sie wurde mit Weißleim beschichtet und dann mit diversen Streugütern beschickt, um eine angemessene Struktur zu erreichen. Thai Curry - Pulver passte farblich sehr schön und wirkte auch von der Körnung her gut, bewirkte aber einen auch durch Farben nicht zu überdeckenden Geruch des Dioramas nach Imbissbude, der sich jedoch mittlerweile verzogen hat. Auch ein paar Stücke Islandmoos fanden ihren Weg auf die Basis. Zur farblichen Behandlung nutzte ich meinen reichhaltigen Fundus an Acrylfarben.
Das Schiff wurde grundiert und dann rostrot gespritzt. Darauf trug ich ein Salz-Wasser-Gemisch auf und ließ es trocknen. Ich weiß, dass Salz mittlerweile völlig veraltet ist, aber was soll's, ich bin ja auch nicht bei Facebook und lebe trotzdem. Nun folgten für den Rumpf ein kräftigeres Rot für das Unterwasserschiff und diverse Blautöne für das Überwasserschiff, für die Aufbauten ein sehr helles Kriegsmarinegrau aus meinen Beständen an JPS-Acrylfarben. Ein garstig borstiger Borstenpinsel eignete sich sehr gut zum Vergammeln, Herunterarbeiten und zum Freilegen des Salzes bzw. des darunter liegenden Rostrots. Natürlich wendete ich auch fröhlich Ölfarben in diversen Konsistenzen und Verdünnungen an, um das Bild weiter zu verschönern. Die Bullaugen und Speigatten hatte ich im Vorfeld aufgebohrt, um mehr Kontrast und Realismus zu erzielen. Die Holzdecks stellte ich mir als sonnen- und salzgebleicht im Endstadium und von daher grau vor. So wurden sie auch gespritzt und mit diversen Ölfarben akzentuiert. Die Ätzteile von Saemann ließen sich schön verarbeiten. Die Niedergänge mussten etwas gekürzt werden, und auch die Relingsstützen mussten etwas angepasst werden, aber es ließ sich alles gut hinbekommen. Die Relingszüge habe ich aus 0,2 mm Messingdraht erstellt, die Handläufe oben auf dem Aufbau aus Evergreenprofilen. Der Mast wurde nach den Maßen des gummiartigen Kunststoffteils aus Messingrohren, Draht, Ätzteilen und Kunststoff zusammengeklebt und ist deutlich stabiler. Die Ankerwinde habe ich ebenso nach den Maßen des Bausatzteils aus Kunststoff und Ätzteilen neu erstellt.
Etwas knifflig war die Frage der Beschriftung. Die Bausatzdecals („Carole Ann“ in Schwarz) wollte ich nicht nehmen, sie hätten auf dem blauen Rumpf auch nicht gut ausgesehen. Statt dessen kam ich auf Abreibebuchstaben des US-Herstellers Woodland Scenics, die es in zahlreichen Größen, Schrifttypen und auch Farben gibt, eigentlich für US-Lokomotiven und Waggons, aber wen schert's? Problematisch war nur, einen Onlinehändler zu finden, der die benötigten Bögen führte, was mir aber glücklicherweise nach einiger Sucherei gelang. Die Abreibebuchstaben waren nicht ganz unkompliziert zu verarbeiten, aber es gelang mir, den gewünschten Namen „Lady Luck“ als Anspielung auf das Pech der Strandung und den Heimathafen „Hope, FL(orida)“ aufzubringen. Sie wurden ebenfalls etwas verwittert und mit mattem Klarlack versiegelt. Die Rumpfnummer 42 bezieht sich auf „Per Anhalter durch die Galaxis“. Der Ladebaum wurde mit Draht verstärkt und durch einige Ätzteile etwas aufgewertet. Er wurde nach Steuerbord ausgeschwenkt eingebaut. Meine Idee des Verlusts des Schiffes war, dass die Schraube bei schlechtem Wetter vor einer Leeküste durch ein Tau unklar wurde und die Crew vor dem Auflaufen des Schiffes in die Boote gegangen war, von daher fehlen die Boote und der Ladebaum ist ausgeschwenkt. Zur Takelung habe ich diverse Garne aus meiner Grabbelkiste benutzt. Ein Stück dickeres Takelgarn wurde um die Schraube gewickelt und seine Enden zerfasert. Die Schraube habe ich übrigens mit Alclad Messing lackiert und dann abgetönt, um alte Bronze zu simulieren. Ein Anker wurde an einem Stück Ankerkette befestigt und diese durch die Klüse, um das Spill und durch eine neu gebohrte Öffnung im Deck geführt. Nachdem ich alle Teile zusammengeklebt hatte, verglaste ich die zahlreichen Fenster und Bullaugen mit Weißleim. Nach dem Durchtrocknen wurden sie mit mattem Klarlack blind gemacht. Einige Ecken und Winkel des Schiffes wurden zusätzlich durch Auftragen von Kleber und Einstreuen von Geländestreu verschmutzt. Schließlich und endlich konnte ich das Boot auf der Basis verkleben und sowohl das Tau als auch die Ankerkette passend auf der Basis drapieren.
Fazit
Dieses Modell hat nichts mit irgendeinem konkreten Vorbild zu tun, es hat mir einfach nur Spaß gemacht. Und der ist mit wenig aufzuwiegen. Hier noch der Link zu dem Video über den Thunfischfang der Nachkriegszeit. Frank Spahr Publiziert am 06. März 2014 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |