Hurricane AircatMekong-Delta, Vietnam 1965von Stefan Szymanski (1:72 Germania-Figuren)Zum Vorbild
Bei der Hurricane Aircat handelt es sich um ein Propeller-Gleitboot, welches während des Vietnam-Krieges ab 1964 von der US-Armee und der südvietnamesischen Armee vorwiegend im Mekong-Delta eingesetzt wurde. Vor Einführung dieser Boote stützte sich die US-Armee auf herkömmliche Schraubenpropeller-Boote, die aber nur in tieferen Gewässern eingesetzt werden konnten und immer wieder Probleme mit Wasserpflanzen bekamen, die sich in den Schrauben der Boote verfingen. Da dies die Patrouillen-Tätigkeit der „Brown Water Navy“ stark eingrenzte, bildeten sich gerade im Mekong-Delta viele Hochburgen und Stützpunkte des Vietcongs. Mit Luftkissenbooten und den besagten Gleitbooten versuchte man diesen entgegen zu wirken. Auf Grund der großen Lärmentwicklung dieser Boote stufte die US-Armee diese für Aufstandsbekämpfung als wenig brauchbar ein. Dem widersprachen die Special Forces, die LRRP-Einheiten, sowie auch andere Teile der US- und südvietnamesischen Armee und setzten diese Boote in Folge sehr effektiv und erfolgreich gegen den Vietcong ein. Der Bausatz
Schaut man sich zum Vietnam-Krieg im kleinen Maßstab um, stellt man sehr schnell fest, dass das vorhandene Angebot an Bausätzen und Figuren mehr als überschaubar ist. Umso erfreulicher ist es, dass sich nun der Kleinserien-Hersteller Germania dieser Problematik angenommen hat. So findet man jetzt schon einiges an Inventar im Sortiment und die gute Nachricht dabei ist, dass hier auch noch das eine oder andere in Form von Kits und Figuren folgen wird.
Bei einer der ersten Neuigkeiten des Herstellers zum Thema Vietnam handelte sich hier um die Hurricane Aircat. Der Resin-Bausatz kommt dabei mit wenigen Bauteilen aus, wobei die Detaillierung mehr als akzeptabel ist. Das Herzstück bildet hier der Rotorkäfig, der komplett aus einem Teil besteht und dem 3D-Drucker entsprungen ist. Nur so war es möglich, dieses Bauteil als ein Stück und stabil zu fertigen. Und wenn ich dabei „stabil“ schreibe, dann meine ich das im wahrsten Sinne des Wortes. So braucht man sich im Gegensatz zum Resin keinerlei Sorgen vor möglichen Brüchen oder Beschädigungen machen.
Der Bau des Bootes
Da der Bausatz sich nur aus wenigen Bauteilen zusammen setzt, gestaltete sich der eigentliche Bau sehr unkompliziert. Das Herzstück, dem man dabei das meiste Augenmerk schenken sollte, ist der Rotorkäfig. Wie schon vorher erwähnt, entspringt dieser komplett dem 3D-Drucker und ist dadurch sehr stabil ausgeführt. Das Material (Kunststoff) ist dabei sehr widerstandsfähig, so dass sich die Bearbeitung mit Feile, Messer und Rundschleifer sehr schwierig gestaltete. Bei Originalbildern kann man sehr gut erkennen, dass diese Käfige mit eine Art Schutznetz ausgestattet waren, um die Besatzung vor Verletzungen durch den Propeller, sowie den Propeller vor Beschädigungen durch diverses Astwerk zu schützen. Die Problematik bestand nun darin, dieses feine Netz im kleinen Maßstab zu gestalten. Alles, was ich dafür im Fundus hatte, stellte sich als zu dick und überproportional da. Ich fand die Lösung in Pinselhaaren. Mit einer Stärke von ca. 0,05 mm schienen diese noch am besten für diesen Maßstab geeignet zu sein. Die Montage wurde dabei mit Sekundenkleber, Nadel, Pinzette und starken Nerven durchgeführt. Weiteres Kopfzerbrechen bereitete mir die komplette Montage von Motorgondel, -käfig und Bootsrumpf. Hier mussten alle drei Teile genau aufeinander abgestimmt sein. Hierbei bestand die Lösung darin, dass ich die Motorgondel (ohne Gondelbeine) zuerst am Rotorkäfig befestigte, diesen lose auf die vorgesehenen Stellen des Rumpfes positionierte und anschließend die nötigen Streben / Beine der Gondel selbst auslotete und durch Plastik-Sheet ersetzte. Diese Arbeit gestaltete sich einfacher, als es sich anhört.
Als weitere Detaillierung positionierte ich noch ein Gestänge im Heckbereich, setzte vier angedeutete Anschlag-Punkte an den Bootswänden, setzte einen Schalthebel neben den Fahrersitz und stattete die Munitionskiste für das später folgende MG mit einen Patronengurt (Ätzteil) aus. Mit dünnen Kupferdraht fertigte ich einige Leitungen im hinteren Motorgondelbereich.
Bei der Farbgebung orientierte ich mich an diversen Originalbildern. Meistens kann man hier einen unregelmäßigen leicht nebeligen Zwei- oder auch Dreifarbton erkennen. So arbeitete ich hier mit zwei verschiedenen Olive Drab-Tönen, wobei ich den Tarnton nur sehr dezent per Airbrush aufbrachte.
Bei der Kennzeichnung dieser Boote konnte ich auf Originalbildern auch keine Regelmäßigkeit feststellen. So verfügten manche Boote nur über kleinere Kennnummern, während diese bei anderen Booten wieder größer und zum Teil mit diversen Karikaturen oder Cartoons ausgeführt waren. Ich griff jedenfalls auf meine Decal-Reste-Kiste zurück und gestaltete diese Kennzeichnung frei nach Gefühl.
Auch die Alterung fiel bei der Aircat eher dezent aus. Ich brachte mit einem abgedunkelten Aluminium-Farbton diverse Abnutzungsspuren an den typischen Stellen an (ohne Rost) und simulierte mit grün-brauner Ölfarbe und Klarlack diverse Wasserpfützen am Bootsboden.
Mit der Hochzeit von Rumpf mit Rotorkäfig, Motorgondel und Propeller und der Montage des MGs im Bugbereich waren die eigentlichen Arbeiten an der Aircat dann abgeschlossen. Die Figuren
Germania bietet passend zur der Hurricane Aircat separat eine komplette Boots-Crew an, die sich aus einem Bootslenker und fünf Figuren zusammensetzt, die man durch die Buschhüte und Ausstattung durchaus den Special Forces zuordnen kann, die damals in Vietnam in kleinen Gruppen im Hinterland unterwegs waren. Die Qualität und Detaillierung der Figuren muss man hier gerade im kleinen Maßstab als überdurchschnittlich gut bezeichnen. Komplettiert wird dieses Set durch die separaten Rücksäcke. Lange überlegte ich hin und her, ob ich die Figur für das MG verwenden sollte oder nicht, entschied mich dann aber dagegen, um noch genug Platz für die Munitionskisten und Rücksäcke im Boot zu haben.
Die eigentliche Herausforderung bei den Figuren war die Bemalung. So trugen die meisten Spezial-Einheiten in Vietnam eine Tigerstrip-Camo, eine Tarnkleidung, die sich deutlich vom Einsatzdrillich der herkömmlichen Einheiten abgrenzte. Lediglich die Navy-Seals kombinierten diese Tiger-Tarnung noch mit herkömmlichen Blue-Jeans. Jedem, der sich schon mal genauer mit dieser Tarnung beschäftigt hat, wird klar sein, wie schwierig es ist, diese per Bemalung auf einer Figur aufzubringen. Gerade auch im kleinen Maßstab ist dies eine reine Geduldssache. So arbeitete ich hier mit drei verschiedenen Farbtönen und arbeitete nur beim Bootslenker beim Gurtzeug, sowie bei der Hautfarbe mit Schattierungen und Aufhellungen. Den Rest erledigte ich mit einem Washing und Drybrushing, was für diesen Maßstab vollkommen ausreichend ist. Nach der Bemalung wurden die Figuren noch mattiert und passend auf dem Boot platziert. Das Diorama
Nun ging es an eines der wichtigsten Teile, dem Diorama. Gerade hier fällt oder steigt immer der Gesamteindruck eines Modells. Das hier die Königsdisziplinen des Dioramenbaus wie Wassergestaltung und Vegetation aufeinander trafen, machte die Sache nicht einfacher. Im Gegenteil, es macht den Bau sogar anspruchsvoller, wobei gerade bei der Wassergestaltung Fehler nur selten verziehen werden. Auf Grund der Haltung der Figuren bot sich hier eine ruhigere, passive Szenerie an. So hatte ich den Gedanken, dass Boot in einem dichten Schilf-Wald zu platzieren, ohne Fahrt, immer wachsam und beobachtend, jederzeit bereit für einen Angriff aus dem Hinterhalt. Ich habe schon mit mehreren Möglichkeiten der Wassergestaltung gearbeitet, bin hier aber auch immer wieder offen für neues, wenn es sich nicht gerade um Gießharze handelt. So stieß ich auf das Produkt „Natur Wasser 171661“ aus dem Hause Faller, dass auf mich einen vielversprechenden Eindruck - gerade bei der Darstellung von stillen Gewässern - machte. Da dieses Wasser sehr transparent austrocknet, machte hier also der Bodengrund den Anfang, den ich in verschiedenen Braun- und Grüntönen bearbeitete. Dazu platzierte ich noch Reste eines Bootwracks, welches ich einem alten Artitec-Set (1/87) entnommen, zersägt und bearbeitet hatte. Nun folgte die erste Schicht Faller-Wasser. Diese Schicht sollte nie dicker als 2-3mm sein, um auch wirklich in ca. 12-24 Stunden transparent auszutrocknen. Das Medium ist dabei sehr dünnflüssig und lässt sich dementsprechend gut verteilen. Risse oder Trübungen konnte ich dabei nicht entdecken. Natürlich schrumpft so ein Medium beim Abtrocken, doch es hielt sich in Grenzen und war so gut kontrollierbar. Nach der ersten Schicht erfolgte nun die Einarbeitung der Vegetation. Mit einem kleinen Locheisen (1-1,5 mm) und ein wenig Druck gestaltete ich die Löcher (ein Bohrer reißt hier das Wassermaterial zu sehr aus), in denen ich jeweils das Schilf oder andere Pflanzen mit Sekundenkleber platzierte. Dabei kamen hauptsächlich Produkte von FredericusRex zum Einsatz. Nun kam Schicht auf Schicht, mit Berücksichtigung der Abtrockungszeiten. Zwischenzeitlich brachte ich auf einer Zwischenschicht eine stark verdünnte Ölfarbe auf, um aufgewirbelten Schlamm zu erzeugen und damit die künstliche Tiefe des Wassers zu verbessern. Mit vier Schichten war dann die Decklage erreicht, so dass ich nun auch das Boot in das noch nasse Wasser einfügen konnte. Das Diorama
Um noch den einen oder anderen „Eye-Catcher“ zu erzeugen, setzte ich hier noch einige Seerosenblätter, sowie eine Wasserschlange (vor dem Boot) in das noch nicht abgetrocknete Wasser. Mit kleineren Korrekturarbeiten und Anbringung des Sockelschildes waren dann die Arbeiten am Modell und Diorama komplett abgeschlossen.
Wie auch schon vorher erwähnt, bin ich gerade bei dem Thema „Vietnam-Krieg“ ziemlich auf den Geschmack gekommen. Dies ist auch Michael Cremerius vom Kleinserien-Hersteller Germania zu verdanken, der nun ein Produkt nach dem anderen zu diesem Thema auf den Markt bringt und damit gerade eine stark benachteiligte Nische im kleinen Maßstab langsam schließt. Diese Aircat bot trotz der überschaubaren Bauteile viel Abwechslung und Bastelspaß und förderte zudem die Eigenschaft der Improvisation. Im Zusammenhang mit einem passenden Diorama handelt es sich hier um ein Modell, an dem man modellbau-technisch wachsen kann, bzw. seinen Modellbau-Horizont ungemein erweitert. Zudem nennt man später ein Modell/ Diorama sein eigen, welches ohne Frage über ein gewissen Seltenheitswert verfügt. Stefan Szymanski Publiziert am 20. Januar 2020 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |