1930 Ford Rat RodEin Aftermarket-Projektvon Michael Winkler (1:24 verschiedene Hersteller)Was ist ein Rat Rod?
Wie bei einem Hot Rod ist bei Rat Rods typischerweise ein Coupe oder Roadster aus den 1930er bis 1950er Jahren die Basis, wobei Ausnahmen die Regel bestätigen. Üblicherweise ist das Fahrzeug von allem nutzlosem wie Kotflügel, Trittbrettern, Stoßstangen oder Motorhauben befreit. Die Karosserie wird oft über den Rahmen hinausgezogen (Channeled). Die Seitenteile werden aufgeschnitten, ein Stück entfernt und wieder zusammengeschweißt (Sectioned). Die Höhe der Dachsäulen werden so weit reduziert, dass nur noch Sehschlitze vorhanden sind (Chopped). Aller Türgriffe oder Embleme beraubt (Shaved), werden Rückleuchten, Scheinwerfer oder Kühlergrills von anderen Fahrzeugen angebaut. Wegen ihrer einfachen und robusten Bauweise werden gerne Chassis und Achsen von alten Ford-Pkw und -Pickups verwendet, so sind vorne meist Starrachsen, hinten Banjoachsen zu sehen, kombiniert mit Blattfedern, auch querliegend.
Das Besondere am Rat Rod ist ein absichtlich abgenutztes, unfertiges Aussehen, das typischerweise keine saubere Lackierung aufweist, dafür aber Rost. Ein Rat Rod sieht aus, als wäre es aus billigen oder ausrangierten Teilen hergestellt worden, was mitunter tatsächlich so ist. Teilweise werden Teile unterschiedlichster Fahrzeuge wie Pickup, Trecker oder Lkws verwendet. Die Motoren unterschiedlichster Art wie Ford Flatheads, Oldsmobil Rocket, Chrysler Hemi oder moderne 350er Chevys werden verwendet, aber auch Exoten wie Buick Reihenachtzylinder. Getriebe von Ford, Lincoln GM oder wem auch immer werden verbaut. Im Inneren geht es sehr spartanisch zu, häufig werden Sitze aus alten Flugzeugen, welche gar nicht bis rudimentär gepolstert sind, installiert, eben funktional statt komfortabel. Die Lackierung beschränkt sich teilweise auf eine Grundierung oder es wird die natürliche Patina (alter Lack mit Rost) konserviert. Oft werden Rat Rods mit Pinstripping oder Lettering versehen. Mein Modell
Geplant war ursprünglich einen Rat Rod auf Basis eines ´37 Ford Pickup unter Verwendung einer Resinkarosserie und einiger weitere Zubehörteile zu bauen. Doch dann entwickelte sich dieses Projekt mehr und mehr zu einem reinen Aftermarket-Project. Aus normalen Bausätzen wurden nur einige wenige Teile verwendet. Der Materialeinsatz für solch ein Vorhaben kann je nach Wechselkurs schnell im Bereich von €120 - €150 und mehr liegen. Dazu kommen noch die notwendigen Teileträger wie in diesem Fall ein ´37 Ford Pickup, ein ´56 Chevrolet Delray und ein ´50 Ford F1.
Das sprengt für viele Modellbauer den persönlichen finanziellen Rahmen. Man muss keine Resin- und Ätzteilorgien veranstalten, aber Bequemlichkeit hat nun mal seinen Preis. Mit wenigen Mitteln kann auf Basis von gängigen Bausätzen wie den ´29 Ford Pickup von Revell (siehe MF Juni 2008) oder den diversen ´32 Fords von Revell ein Rat Rod zusammengebaut werden. Nachfolgend eine Zusammenfassung der in diesem Modell verbauten Zubehörteile:
Inspiriert durch den Skoty Chops Customs Rod, den ich auf den Street Nationals 2009 in Grefrath erstmalig gesehen habe, entstand dieses Modell. Das Chassis...
...ist getreu dem "Keep It Simple´n´Stupid"-Prinzip (KISS) aufgebaut. Dies sollte es dem Modellbauer eigentlich ermöglichen, so ein Chassis aus Sheet selber herzustellen. Aber es geht für den bequemen Modellbauer auch einfacher, mit dem Chassis Set von The Modelfactory. Das Set enthält aus Plastiksheet gefräste Teile und Vierkantprofile. Die Bauanleitung ist recht simpel, eigentlich braucht man sie nicht. Wie man die Achsen befestigt, ist einem selbst überlassen, wie auch die Wahl der Achsen. Die Qualität und Passgenauigkeit sind befriedigend. Die Hinterachse stammt aus einem ´37 Ford Pickup, während die vordere vom australischen Hersteller The Partsbox kommt. Als Bremsen wurden Finned Buick Trommelbremsen von The Partsbox (vorne) und RMoM (hinten) verwendet. Die Achsaufnahmen sind aus 0,5 x 3 mm Sheet und 0,5 mm MS Draht angefertigt. Die vorderen Spurstangen sind aus Profilen und Draht gefertigt. Felgen und Reifen stammen aus einem ´56 Chevrolet Delray von Revell.
Die Motor- und Getriebehalterung ist entsprechend dem verwendeten Ford Flathead und dem Getriebe angepasst. Im Programm der Firma ABER finden sich Schweißnähte, die auch für 1:25 zu gebrauchen sind. Einige Schwierigkeiten machte die Anlenkung der Vorderräder. Für die Lenkung wurden Teile aus dem Linkage Set von MAS und Rundmaterial verwendet. Ein Hilfsrahmen aus Rundmaterial dient zur Aufnahme der Lenksäule. Das Lenkgestänge wurde durch die Seite der Karosserie und von dort aus zur Vorderachse geführt. Die mitgelieferte Bodenplatte wurde gegen Wellblechreste aus einem anderen Projekt ersetzt. Der Tank ist aus Alublech und Sheet scratch gebaut. Der gekürzte Kühler stammt wiederum aus dem ´37 Ford Pickup. Als Kühlergrill wurde der Traktorgrill von The Partsbox, allerdings gekürzt, verwendet. Für die Bremsanlage wurde ein ´50 Ford F1 seines Hauptbremszylinders beraubt und 0,4 mm Draht für die Bremsleitungen verwendet. Als Karosserie...
...wurde die eines ´29/30er Ford Coupe von R&R Vacuum verwendet. Über die Qualität von R&R Vacuum kann man geteilter Meinung sein, aber in diesem Fall ist sie ok. Die Karosserie musste lediglich im Bereich der Trennwand und der Hinterachse an das Chassis angepasst werden. Der Kofferraumdeckel wie auch der Dacheinsatz wurde herausgetrennt. Letzteres kann entfallen, wenn man direkt die Rat Rod-Variante dieser Karosserie nimmt. Die alte Heckklappe dient als Rahmen für eine neue aus 0,2 mm Alublech. In die Heckklappe wurden mit einem flachen Schraubendreher Louvers (Lamellen) gedrückt. Diese sind zwar nicht durchbrochen, aber geben zumindest den Effekt wieder. Das Scharnier wurde ganz simpel aus Draht und Kunststoffrohr hergestellt. Die Türen wurden aus Stabilitätsgründen nicht geöffnet. Die Türinnenverkleidung besteht aus 0,5 mm Sheet, in das einige Löcher gestanzt wurden. Als Basis für das Armaturenbrett diente das eines 37er Ford Pickup. Dieses wurde mit einem neuen Zentralinstrument versehen. Das Lenkrad stammt aus einem 40er Ford. Die angedeuteten Bohrungen der Bomberseats von The Partbox wurden aufgebohrt. Zumindest für den Fahrer ist der Sitz mit dünnem Schaumstoff gepolstert.
Im Gegensatz zum Chassis wurde für die Karosserie zur Darstellung von Schweißnähten eine andere Methode angewandt. Hierzu habe ich mittels einer Säge eine Kerbe an der gewünschten Stelle angebracht, dann 1 mm Rundmaterial eingeklebt und mit etwas Zap-A-Gap Kleber fixiert. Anschließend wurde das Ganze mit normalem Kunststoffkleber, in diesem Falle der weiße von Faller, bestreichen und mit einem schmalen flachen Schraubendreher die Schweißraupe nachgebildet. Wer möchte, kann darüber Bare-Metal-Folie kleben und überlackieren. Für den nächsten Schritt wird ein Stück 2000er Schmirgel auf einen Rundstab geklebt und mit dem Dremel oder Proxxon die typischen Schleifmarkierungen aufgebracht - sieht nachher fast wie im Original aus. Um das Nummernschild realistischer aussehen zu lassen, wurde schwarze Metallfolie eines Weinflaschenverschlusses verwendet. Den alten Rods von Revell wie dem 29er Ford Pickup oder Mothers Cherry Pie liegt ein mit geprägten Ziffern und Buchstaben versehenes Nummerschild bei. Mit einem Holzstab wird die Folie auf dem Bausatznummerschild angedrückt. Damit erhält man ein dreidimensionales Abbild, welches nur noch bemalt und verbogen am Modell angebracht werden muss. Dies sieht wesentlich realistischer aus als ein Decal. Für die Beleuchtung wurden vorne tropfenförmige Lampen von The Partsbox und hinten Lampen eines 50er Ford Convertible von AMT verwendet.
Motor/Getriebe
The Partbox hat neben einigen anderen Motoren wie einem getunten Lincoln V12 auch einen Flathead mit einem Zentrifugalkompressor im Programm. Es handelt sich dabei um einen McCulloch Centrifugal Blower. Dieser wurde in den 50 Jahren neben den klassischen Roots Kompressoren zur Leistungssteigerung, unter anderem bei Ford Flatheads, eingesetzt. Das Set umfasst neben dem Motorblock mit Getriebe und den Blower noch Zylinderköpfe, Ansaugbrücke sowie die üblichen Anbauteile wie Generator und Keilriemen. Der Motorblock wurde gegen den eines ´37er Ford Pickup ausgetauscht, dieser ist besser detailliert. Das Ford-Getriebe wurde abgetrennt und durch ein LaSalle-Getriebe von RMoM ersetzt. Dieses wurde mit einem konischen Zapfen für den Schaltknüppel versehen. Diese beiden Änderungen sind nicht unbedingt nötig, die Qualität der bei diesem Modell verwendeten Teile von The Partsbox kann sich sehen lassen.
Da der Motor völlig frei liegt, ist eine Verkabelung unumgänglich. Dazu wurden Zündkabel von MCG und 0,4 mm Draht verwendet. Die beiden Stromberg-Vergaser sind ebenfalls von MCG und wurden entsprechend detailliert. Der Ölmessstab aus einem 0,8 mm Röhrchen darf natürlich nicht fehlen. Für die Kühlwasserleitungen wurde 2 mm Lötdraht verwendet. Die beiden unteren Leitungen wurden mattschwarz lackiert und mit Schauchschellen aus Draht versehen. Die oberen Leitungen stellen, wie bei Flatheads üblich, Rohre dar und wurden nur mit Klebeband (als Schlauch) und Schlauchschellen aus Draht versehen. Den ursprünglich vorgesehenen Auspuff aus dem Flathead-Set habe ich nicht verwendet, da sonst die Türen nicht mehr geöffnet werden könnten. Stattdessen wurden aus 2 mm Alurohr sechs Auspuffrohre angebracht. Im Original würde das Ganze gehörig laut sein, aber "Loud pipes saves lives". Gealtert wurden die Auspuffrohre zunächst mit Strukturspray von Scale Motorsports. Darüber folgte einen Schicht Testors Rost, das mit etwas Gunmetal von Revell vermischt wurde. Testor Exhaust White bildete den Abschluss. Damit der Antriebstrang auch ein etwas gammeliges Aussehen bekommt, habe ich ein Washing mit verdünnter Ölfarbe aufgebracht. An einigen Stellen wurden Pigmente aufgetragen, um den ölverkrusteten Eindruck zu vertiefen. Alterung
Eine Ratte sieht rostig aus, also weg mit dem Glanzlack und ran an den Mattlack. Basis ist Testors Rost mit etwas Gunmetal von Revell gemischt. Damit wurde alles außer Motor und Getriebe lackiert. Bei einigen Teilen wie Felgen, Bodenblech und Auspuffrohre wurde Strukturspray von Scale Motorsports als Untergrund aufgetragen. Das gibt dem Rost einen pickeligen Eindruck. Der abgeplatzte Lack wurde mittels Salztechnik hergestellt, sowohl am Chassis wie auch an der Karosserie. Zum Altern kamen die allgemein bekannten Techniken wie Washing mit verdünnter Ölfarbe und Rustall zur Anwendung. Fazit
Es gehört nur etwas Fantasie und Geschicklichkeit dazu, das Thema "Rat Rod" im Modell umzusetzen. Vorbilder gibt es in Deutschland mittlerweile genug, man muss nur die einschlägigen Veranstaltungen wie die Street Nationals in Grefrath oder Hannover und/oder die GSRA Nationals in Weilburg besuchen.
Michael Winkler Publiziert am 25. April 2025 © 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |