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Scud und Spider

Operativ-taktische Raketenkomplexe der NVA

 - Scud und Spider

Zusammenfassung:

Autor:Fred Koch
Verlag:Unitec-Medienvertrieb
ISBN:ohne
Erscheinungsjahr:2014
Sprache:Deutsch
Inhalt:
  • 48 Seiten mit ca. 144 Abbildungen, gut ein Viertel davon in Farbe
  • 5 grafische Darstellungen
Preis:11,80 Euro

Besprechung:

Unter den operativ-taktischen Raketenkomplexen der NVA (und natürlich auch des ehemaligen Warschauer Paktes) versteht man im Wesentlichen die Waffensysteme SCUD und Spider, wobei ersteres weitaus bekannter ist. Die Entwicklung dieser Systeme begann bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auf Grundlage der erbeuteten deutschen Raketentechnologie. Die ersten Nachbauten, zum Teil einfache Kopien bzw. Weiterentwicklungen der deutschen A4/V2, hoben 1947 zum ersten mal ab. Die als R-1 (Nato-Code SS-1a Scunner) und R-2 (SS-2 Sibling) bezeichneten Systeme hatten zunächst eine Reichweite von 300 bzw. 600km und konnten ab Ende 1952 bei den russischen Streitkräften eingeführt werden. Für den Start von mobilen Rampen wurde ab 1952 mit der Entwicklung der R-11 begonnen. Auch diese Rakete hatte eine Reichweite von 300km und konnte sowohl mit konventionellen als auch nuklearen Sprengköpfen bestückt werden. Da die Steuerung noch immer auf der deutschen Technologie basierte, war die Zielgenauigkeit eher bescheiden.

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Ab 1955 erfolgte die Einführung der R-11M auf einer mobilen, kettengetriebenen Startrampe. Das gesamte System trug die Bezeichnung 9K62, bestehend aus der Startrampe 8U218, basierend auf dem schweren Panzer KW bzw. IS, sowie der Rakete 8K11. Die R-11M hatte eine Reichweite von 300km, welche jedoch bei Verwendung eines nuklearen Sprengkopfes auf 170km sank. Im Westen war das 9K62 unter der Bezeichnung SS-1b SCUD bekannt, später dann SCUD-A. Etwa 100 dieser Systeme wurden gebaut und auch an die Warschauer-Pakt-Staaten geliefert. In Moskau wurden 1957 die ersten Rampen während der alljährlichen Paraden der Öffentlichkeit präsentiert, die NVA tat dies 1964 in Berlin am 7. Oktober anlässlich des 15. Jahrestages der DDR. Damals waren sechs Startrampen im Inventar der NVA verzeichnet, allesamt bei der Stallberger Selbstständigen Artilleriebrigade 2.  

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Zu diesem Zeitpunkt wurde bereits das Nachfolgesystem bei der Truppe eingeführt. Die R-11/R-11M wurde durch die neu entwickelte R-17 "Elbrus" ersetzt. Die neue Rakete hatte bei gleicher Reichweite eine erheblich verbesserte Zielgenauigkeit. Statt 2000m betrug der Radius nur noch 500m, bei einer Zielentfernung von 200km waren es sogar nur noch 350m. Die erste Rakete hob 1957 zu ihrem Testflug ab, das erste Serienmuster konnte 1959 abgefeuert werden. Die R-17 konnte mit allen Arten von Sprengköpfen bestückt werden, entweder mit einer 989kg schweren konventionellen Splitterladung, einer 5-80kt Kernladung oder aber auch mit einem mit 555kg eigedicktem VX-Gas gefüllten chemischen Gefechtskopf. Die Startrampe musste modifiziert werden, insbesondere bezüglich der Bedienelemente für den Raketenstart. Die neue Rampe erhielt die Bezeichnung 2P19, die R-17 wurde als 8K14 und das Gesamtsystem als 9K62M bezeichnet.

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Der nächste Entwicklungsschritt betraf im Wesentlichen die Startrampe. Bereits 1960 hatte man sich dafür entschieden zukünftig auf den Einsatz von kettengetriebenen Rampen zu verzichten und stattdessen auf Radfahrzeuge umzusteigen. Die Firma MAZ aus Minsk entwickelte ein entsprechendes Fahrzeug auf Basis des Modells MAZ-543 der gerade bei der Truppe eingeführt wurde. Die neue Startrampe trug die Bezeichnung 9P117, das Gesamtsystem 9K72 "Elbrus" (wie die Rakete). Im Westen vergab man den Nato-Code SS-1c/SCUD-B. Die 9P117 Rampen verfügten über eine eigene Beladevorrichtung für die Raketen, alle übrigen Systeme, darunter auch die weiterentwickelte 9P117M, mussten "fremdbeladen" werden. Ab der Einführung der MAZ-7310 Fahrgestelle änderte man die Bezeichnung zu 9P117M1, diese wurden ab 1976 an die Streitkräfte ausgeliefert. Die NVA erhielt die ersten 9P117M im Frühjahr 1969, die verbesserten 9P117M1 kamen ab 1978 zum Einsatz. Zum damaligen Zeitpunkt verfügten die Raketenbrigaden über etwa 14 Systeme. 

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Das letzte Kapitel in Sachen operativ-taktische-Raketenkomplexe wurde 1985 mit der Übernahme der ersten Systeme 9K714 "Oka" aufgeschlagen. Das System bestand aus der mobilen Startrampe 9P71, welche vom Brijansker Automobilwerk entwickelt wurde und auf dem Fahrgestell des BAZ-6944 basierte, sowie aus der Rakete 9M714. Die 9M714 konnte mit zwei Gefechtsköpfen ausgerüstet werden. Die Reichweite lag je nach Ausrüstung zwischen 300 und 400km. Die Zielgenauigkeit konnte weiter verbessert werden und lag zuletzt - dank Satellitenradar - unter 50m (zu Zeiten der DDR waren es noch 350-400m). Die NVA hatte bis zu ihrem Ende im Jahre 1990 vier Systeme im Bestand. Im Westen war 9K714 unter dem Namen SS-23 Spider bekannt.   

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Das Heft in der typischen Aufmachung dieser Reihe gibt auf seinen 48 Seiten einen groben Überblick über die SCUD und Spider Systeme. Neben einem einführenden Kapitel über die Entstehungsgeschichte der ersten Modelle nach dem Krieg folgt eine kurze Beschreibung der verschiedenen SS-1 Systeme. Der Textfluss ist stellenweise durch allerlei Zusatzinformationen unterbrochen, die nicht unbedingt etwas mit dem eigentlichen Thema zu tun haben (Ursprünge von Bezeichnungen, Lebensdaten diverser Personen etc.).

Neben der chronologischen Entwicklung der Raketenkomplexe erfährt der Leser auch einiges über den Einsatz bei den jeweiligen Nutzerstaaten. Der Buchtitel ist dabei etwas irreführend, da das Kapitel "Einsatz bei der NVA" meines Erachtens hier etwas zu kurz kommt. Es gibt keinerlei Karten oder Tabellen über Stützpunkte, Einheiten oder Materialstärke. Ein paar Grafiken wie in der Reihe zur US Army in Deutschland hätten hier gut hineingepasst. Was mir auch fehlt ist eine grafische Darstellung der einzelnen Systeme (Dreiseitenansichten, Farbprofile, spezifische Unterschiede etc.). Auf den letzten vier Seiten des Heftes hätte man Platz genug dafür gehabt, statt dessen werden wenig aussagekräftige Bilder zum Verbleib der 9P71 im Militärhistorischen Museum in Dresden gezeigt. Die Seite über die SS-26 Stone passt nun wirklich nicht in dieses Heft. Am Bildmaterial gibt es ansonsten nicht viel auszusetzen. Zahlreiche zeitgenössische Fotos, nicht wenige davon "im Feld" aufgenommen, werden gezeigt. Natürlich finden sich auch viele Paradefotos auf den Seiten wieder, oft waren diese ja die einzig verfügbaren Aufnahmen.  

St�rken:

  • Gute Bild- und Druckqualität
  • Viele zeitgenössische Abbildungen, auch in "natürlicher" Umgebung und im "Einsatz"

Schw�chen:

  • Text liest sich stellenweise nicht ganz so gut
  • Keine Ansichten der Fahrzeuge in Form von Zeichnungen
  • Das Kapitel NVA und OTR wird nicht ausreichend behandelt

Fazit:

Im Heft bekommt man einen ersten Überblick über die berühmt berüchtigten SCUD-Raketensysteme. Der Titel verspricht Informationen über den Einsatz bei der NVA, diese kommen aber definitiv zu kurz. Ich hätte mir zudem ein paar farbige Zeichnungen zu den Fahrzeugen gewünscht. Der Text lässt sich teilweise wegen der vielen Zusatzangaben in Klammern nicht so gut lesen. Die letzten vier Seiten des Heftes hätte man sinnvoller nutzen können.

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Diese Besprechung stammt von Frank Richter - 26. Mai 2014

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