Kriegsfischkutter(Special Navy - Nr. SN 72007)Produktinfo:
Besprechung:Die ersten Entwürfe und die ursprüngliche Planung zu diesen Fahrzeugen geht bis in die 1920er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Ziel war eine Vereinheitlichung der deutschen Fischereiflotte - bereits damals schon mit dem Gedanken an eine mögliche Armierung der Boote im Kriegsfall und damit auch verbundenem Einzug der Bootskru zum Kriegsdienst. Diese „Reichsfischkutter" waren in der Regel in Holz ausgeführt und konnten von privaten Fischern mit günstigen Reichsdarlehen bestellt werden. Im Gegenzug musste das Fahrzeug im Kriegsfall aber der Marine überlassen werden. Ab 1942 wurden insgesamt 1.072 Kriegsfischkutter durch die DKM in Auftrag gegeben. 612 Kutter wurden fertiggestellt und in Dienst gestellt. Der Bau der Boote fand auf Werften im gesamten von den Deutschen eroberten Europa statt. Die in der Regel mit bis zu 18 Seeleuten bemannten Fahrzeuge fanden vielfältige Verwendung als Vorpostenboote, Hilfsminensucher, Hafenwachboote, Küstenwachboote, als kleine Hilfsschiffe oder auch Mehrzweckboote verfügten sie über eine verhältnismäßig starke Armierung mit unterschiedlicher Fla-Bewaffnung aus 3,7 und/oder 2 cm Maschinenkanonen und Fla-MG. Zur U-Boot Bekämpfung konnten die KFK Wasserbomben mitführen, zur Beräumung von Minenfeldern waren die KFK mit Räumottern ausgerüstet. Die mit 9 kn (Seemeilen pro Stunde) nicht besonders schnellen Fahrzeuge waren 24 m lang, hatten Dieselmaschinen mit rund 200 PS auf einer Schraube. Fast interessanter ist die Verwendung der Boote in der Nachkriegszeit. Viele Kutter gingen an die Siegermächte, die die Boote weiterhin zum Minenräumdienst und im Küstenschutz einsetzten. Aber auch als Fischkutter wurden sie gemäß ihrer Bezeichnung eingesetzt, einige Boote fanden als private Yachten Verwendung, nur mit Motor als Antrieb, aber ebenso gut mit meist zweimastiger Segeltakelage. Es bietet sich also an, in der „Liste der Kriegsfischkutter" ein wenig zu schnüstern und sich dort ein ungewöhnliches Vorbild zum Umbau des vorliegenden Modells zu suchen. Aber selbst „aus dem Kasten" gebaut ist dieser Schiffstyp besonders in diesem Maßstab ein schönes Modell, das als Eyecatcher in einem Diorama seines Gleichen sucht. Mein persönlicher Favorit bleibt die „Tres Hombres" - allerdings ein Projekt, bei dem fast nur die Rumpfteile dieses schönen Bausatzes Verwendung fänden - eigentlich zu schade dafür. Ein wichtiger Punkt ist die mitunter verwirrende Nummernvergabe bei den Kriegsfischkuttern. Baulosnummer und taktische Nummern sind nicht gleich. Ein Kfk kann in seinem Dasein auch mehrere unterschiedliche Nummern (und Namen!) gehabt haben, in der Nachkriegsverwendung wird dies besonders wild... Für den Modellbauer ist weiterhin wichtig, dass die Baulose bis Kfk 157 mit Spitzgatt gebaut wurden und alle folgenden Boote ein Spiegelheck besaßen! Für sehr viele weitere Informationen ist der Wikipedia-Eintrag „Kriegsfischkutter" und „Liste der Kriegsfischkutter" wärmstens zu empfehlen. Letztere gibt Auskunft zu Verwendung und Verbleib vieler Kfk. Man wundert sich bisweilen, was die Leute alles mit diesem Baumuster angestellt haben...
Der Bausatz SN 72007Bereits in 2023 hat ICM, gefolgt von Revell, einen Kriegsfischkutter im Maßstab 1:144 herausgebracht. Das vorliegende Modell hat durch die doppelte Größe nun einen besonderen Reiz. Der Kit kommt in einem 25 x 45 x 9 cm großem Stülpdeckelkarton mit einem wenig spektakulären Deckelbild daher. Die Beschriftung „Kfk WWII German Patrol and Minesweeper Ship" umreißt den tatsächlichen Aufgabenbereich dieser Kutter nur marginal. Der Karton ist zu gut der Hälfte mit rund 470 Bauteilen (darunter 32 Klarsichtteile) auf acht Rahmen und den beiden Rumpfhälften an einem Gießast und dem Bauplan gefüllt. Alles ist ordentlich verpackt, so dass keine Teile verkratzen oder gar einzeln herum fliegen. Die Bauteile sind in einem blaugrauen Kunststoff gespritzt. Allein schon die hohe Anzahl Bauteile deutet auf einen sehr detaillierten Bausatz hin. Schaut man dann genauer hin, wird dieser erste Eindruck durchaus bestätigt und vertieft. Die größten Teile des Kuttermodells sind die Rumpfhälften und das einteilige Deck. Hier sind die Plankenstrukturen an Rumpf und Deck akkurat dargestellt, auch die Fischungen der Decksplanken an Bug und Heck sind schön wiedergegeben. Auf eine Wiedergabe der Holzmaserung hat man wohl bewusst verzichtet - durch den deckenden Anstrich wären diese Strukturen ohnehin nicht mehr sichtbar. An Deck werden mehrere Niedergänge mit Kappen, Luken und Deckshäuser aufgestellt - diese bieten bei aufmerksamer Lektüre des Bauplans jedoch keine Schwierigkeiten. Aufwändiger scheinen mir die etwas komplexeren Winschen auf der Back und unter dem achteren Flakstand. Beim Zusammenbau dieser Decksausrüstung ist sicherlich etwas mehr Aufmerksamkeit und Geschick gefordert. Eine etwas ungewohnte Arbeit ist dann auch das korrekte Einbiegen der Reling für die beiden Flakstände, diese soll so mit einem Durchmesser von 47 und 49 mm gebogen werden, dass sie in die vorgesehenen Löcher in der Flak-Plattform passen. Ich denke, der Kunststoff wird dies ohne thermische Behandlung zulassen. Die filigransten Teile sind dann wohl auch die kleinen und dünnen Plastikstäbe für die Reling auf dem Schanzkleid des Kutters. Diese sollen bereits in Baustufe 53 montiert werden - noch vor etlichen anderen Teilen der Decksausrüstung. Der Hersteller wird sich etwas dabei gedacht haben, ich würde diese bruchempfindlichen Teile erst ganz zum Schluss anbauen und mit der gewünschten „Angelschnur" verbinden. Dünner Draht oder grauer Zwirn in passender Stärke ginge sicherlich auch. Die 42 Löcher mit einem Durchmesser von einem halben Millimeter müssen vom Modellbauer in das entsprechend markierte Schanzkleid gebohrt werden. Alle Teile sind mäßig sauber gespritzt, vereinzelt ist etwas Fischhaut anzutreffen - Grate sind dagegen, wohl durch Formversatz, häufiger, bewegen sich jedoch im Bereich von einem zehntel Millimeter. Eine sehr gute Idee ist die Markierung der Wasserlinie binnenbords - so tief ausgeführt das man hier, ähnlich einer Sollbruchstelle, mit wenigen Schnitten den Unterwasserrumpf abtrennen könnte, um ein Wasserlinienmodell zu bauen. Sinnvoll ist es allerdings, die Wasserlinie in diesem Fall etwas tiefer als die vorgegebene anzusetzen, da durch Wellengang auch tiefer im Wasser liegende Teile des Rumpfes sichtbar werden. Die Wasserlinie wäre zum Zwecke der Lackierung einfach mit starkem Gegenlicht auf die Außenseite des Rumpfes zu übertragen. Die Ausführung der Bauteile lässt es durchaus zu, die Türen zum Steuerhaus oder den Niedergängen und Luken geöffnet darzustellen. Die einzelnen Bauteile sind schon sehr gut detailliert, in diesem Maßstab ist mit entsprechenden Zurüstteilen (PE oder Resin) aber bestimmt noch einiges mehr drin. So bietet den Special Navy mit den Sätzen N 72046 (6 Wabos) und M 72059 (Maskierschablonen) schon zwei Zurüstsätze an. Der ambitionierte Modellbauer wird zum Beispiel die Rohre der Flak austauschen oder gar ganz andere Flak installieren, je nachdem welchen Kutter der Kriegsmarine oder nachfolgender Eigner er bauen möchte. Dem Bausatz liegt ein kleiner Bogen mit Nassschiebebildern der DKM-Flagge und der (taktischen?) Nummer 55 bei. In der „Liste der Kfk" konnte ich zu dieser Nummer nichts finden. Die auf dem Deckelbild gemalte Persenning um die Flak-Stände ist nicht als Bauteil vorgesehen, es sollte aber keinerlei Schwierigkeiten bereiten, diese aus Papier herzustellen.
Der BauplanDie 20-seitige Anleitung ist gut und übersichtlich gestaltet. Das Titelblatt zeigt die Backbordansicht des Schiffes und gibt einen kurzen, aber aussagefähigen Abriss der Geschichte und besonders der vielfältigen Bewaffnung der Kfk wieder. Es folgt die Auflistung der Spritzrahmen und eine Erklärung der verwendeten Symbole sowie die Angabe der oben erwähnten Zurüstsets. Die mindestens zu verwendenden acht Farben (Gunze) werden aufgeführt, nebst einem Hinweis, dass einige Teile unter Umständen nicht verwendet werden sollen. Ab Seite 5 geht es dann mit dem Zusammenbau des Modellständers und des Rumpfes los. Die meisten Zeichnungen sind als Isometrie ausgeführt, alle sind einfache Linienzeichnungen, manche sind auch farbig angelegt. Es sollte kein Problem sein, mit dieser Anleitung das Modell zusammenzubauen.
Optionales Set N72046 German DM II Depth Charges for KFK and other ships (6 pcs.)
Hier ist das o.g. Zurüstset der sechs Stück Wasserbomben, die nicht nur auf dem KFK verwendet werden können. Es sind zwar sechs Wabos bereits als Spirtzgussteile vorhanden, die eine vergleichbare Detaillierung haben. Bei den 3D-gedruckten Teilen erspart man sich die Montage. Der UVP liegt bei 9 EUR und eine Bezugsquelle dafür gibt es hier. Optionales Maskierungsset M72059 Kriegsfischkutter MASK
Hier ist der Maskierungsbogen M72059. Dieser besteht im Prinzip nur aus Rechtecken und ein paar Kreisen. Der UVP liegt bei 4,70 EUR und er kann hier bezogen werden. Darstellbare Einheiten:
Stärken:
Schwächen:
Anwendung: Nicht für Modellbaueinsteiger geeignet Fazit:Special Navy hat mit dem deutschen Kriegsfischkutter in 1:72 einen neuen, gut detaillierten Bausatz auf den Markt gebracht, den es in diesem Maßstab bisher nicht gab. Der Bausatz setzt eine neue Messlatte für die Konkurrenz. Mit etwas mehr Detaillierung, einer Besatzung und dezenten Alterungsspuren wird das Modell noch besser zur Geltung kommen. Aber auch ohne dieses Zubehör verspricht der Bausatz viel Bastelspaß, zu dem hier leider auch etwas feilen und schleifen gehört - der nicht bei einem Bau „ooB" bleiben muss... Gerade dieser Bausatz bietet so viele Möglichkeiten des Um- und Ausbaues, dass man sicherlich viel Zeit mit diesem tollen Kit verbringen kann. Der Spaß muss nach dem Bau des Modells aber nicht unbedingt vorbei sein: Aufgrund seiner Größe bietet der Rumpf die Möglichkeit, das Modell ferngesteuert auf dem Gartenteich fahren zu lassen. Neben den normalen Fahrfunktionen wären weitere Gimmicks wie Beleuchtung, drehbare Fla-Bewaffnung und werfbare Wabos bestimmt ein Spaß... Der Kaufpeis ab etwa 61 € aufwärts ist durchaus vertretbar, der Bausatz ist es wert. Anfänger jedoch sollten sich gut überlegen, ob sie sich wirklich schon an diesen Bausatz heranwagen ... Weitere Infos:Referenzen: Diese Besprechung stammt von Frank Brüninghaus - 28. Juni 2025 © 2001-2025 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |