Siebel Si 204 D/E(R.V. Aircraft - Nr. 72003)Produktinfo:
Besprechung:Fundsache auf der FestplatteÜber den Jahreswechsel 2020/21 hatte ich begonnen, die Festplatte meines PC aufzuräumen. Dabei fand ich diese alte, halb fertige, Bausatzvorstellung zusammen mit den vergleichenden Fotos. Damit die Arbeit nicht umsonst gewesen war, stellte ich jetzt noch den Text fertig. Leider gibt es die Firma R.V. Aircraft nicht mehr, aber in Zeiten der Online-Shops sollte der Bausatz noch irgendwoher zu bekommen sein. Das OriginalAls Nachfolgemodell der Siebel Fh 104 wurde die Si 204 1938 von der Firma Siebel in enger Zusammenarbeit mit der Lufthansa als Passagierflugzeug konstruiert. Nach Kriegsbeginn wurde die Entwicklung auf die militärische Nutzung verlegt. Die beiden ersten Prototypen wurden mit Stufenkanzel als Reiseflugzeuge gebaut und hatten 1941 bzw. 1942 ihren Erstflug. Für alle weiteren Maschinen wurde eine Vollsichtkanzel verwendet. Da die Firma Siebel mit anderen Aufträgen ausgelastet war, wurden dort nur 15 Prototypen hergestellt. Die Serienfertigung der A- und D-Serie wurden nach Frankreich und Tschechien ausgelagert. Die meisten Maschinen wurden zur Schulung, z.B. Navigation, Funk oder Blindflug, eingesetzt. Einige Si 204 wurden auch als Verbindungsflugzeuge verwendet. Nachweislich bei zwei (andere Quellen sprechen von bis zu fünf) Maschinen wurden begonnen, sie als leichtes Kampfflugzeug mit Abwurfwaffen und MG-Bewaffnung umzubauen. Daraus sollte die E-Serie entstehen. Ob solche Maschinen noch im Krieg eingesetzt wurden, ist unklar. Mindestens eine Si 204 D wurde auch zur Ausbildung von Nachtjagdbesatzungen mit Radarmeßtechnik ausgerüstet (Kennung BU+PP, später englische Registrierung „Air Min 4"). Bei den deutschen Besatzungen waren die Si 204 wegen ihrer gutmütigen Flugeigenschaften, auch im Einmotorflug, sehr beliebt. Nach Kriegsende wurde die Fertigung in Frankreich als NC. 701/702 Martinet (ca. 350 Maschinen) und in Tschechien als C-103/C-3/D-44 (ca. 180 Maschinen) bis 1949 fortgesetzt. Insgesamt sind von der Si 204 in allen Versionen etwa 1.216 Maschinen hergestellt worden. Heute sind vier Maschinen aus französischer Produktion in Museen in Deutschland, Frankreich, Schweden und der Tschechischen Republik erhalten geblieben. Hinzu kommen weitere Rumpf- und Wrackteile.
Die Siebel Si 204 als ModellDie ersten Spritzgussmodelle wurden 1976 von KP auf den Markt gebracht. In den folgenden Jahrzehnten übernahmen andere Firmen diesen Bausatz und wandelten ihn durch zusätzliche Teile oder Decals ab (z.B. Smer, Techmod, Flugzeug, MasterCraft, KoPro). 1996 überarbeite KP darauf die Bausätze zur A- und D/E-Version. Auch diese Versionen wurden wieder von anderen Firmen übernommen. Ab 2010 veröffentliche R.V. Aircraft den komplett neuen Bausatz der Si 204 in tschechischer, französischer und deutscher Version. Nach dem Ende von RVA wurden die Spritzlinge von KP ab 2015 übernommen. Zusätzlich bietet der Zurüstmarkt so einiges an Ätz- und Resinteilen sowie Markierungsoptionen. So hat der Modellbauer heute gute Auswahlmöglichkeiten für die Si 204-Version seiner Wahl in 1:72. Der Bausatz der Si 204 von R.V. AircraftDer stabile Stülpkarton enthält zwei Spritzlinge mit 95 Kunststoffteilen, einen Spritzling mit Klarteilen, zwei Markierungsbögen und eine Bauanleitung. Die Spritzlinge zeigen auf den ersten Blick versenkte Gravuren und zahlreiche Nietenreihen. Das ist um Welten besser als beim Bausatz von KP. Auch die Klarteile machen einen brauchbaren Eindruck. Die Ruderflächen an den Tragflächen können variabel montiert werden. Doch der zweite Blick offenbart auch schnell die Nachteile des Bausatzes einer Kleinserienherstellung: Formversatz und sog. „Fischhaut" an einigen Teilen. Diese müssen zunächst entfernt werden. Die Kleinteile sind nur wenig detailliert. Das betrifft auch die Reifen und Felgen. Das Cockpit etwas spartanisch ausgestattet. Durch die großflächige Verglasung ist dieser Bereich später gut einsehbar. Abgesehen vom Fußboden ist der restliche Rumpf vollkommen leer. Es sind keine Sitze oder andere Einbauten vorgesehen. Die angedeuteten Fensterrahmen sind deutlich zu breit und die stoffbespannten Ruderflächen sind etwas zu stark betont. Der größte Nachteil ist, wenn man die Versionen mit den Glas-Kuppeln auf dem Rumpfrücken bauen möchte, man die nötigen Löcher selbst bohren muß. Die Klarteile entsprechen ebenfalls Kleinserienqualität und sind (leider) ohne Alternativen. Bauberichte von anderen Modellbauer zeigen das der Abstand der Fenster und die Platzierung der Tür beim RVA-Bausatz nicht richtig sind. Auch gibt es offenbar erhebliche Abweichungen bei der Passgenauigkeit der Klarteile für die Bugsektion bzw. der beiden Rumpfhälften. Wer hier akkurat arbeiten möchte wird wohl um erhebliche Mehrarbeiten nicht herumkommen. Hilfreich dürften die maßstäblichen Zeichnungen sein die es auf dem Markt gibt.
Die Bauanleitung besteht aus zwei s/w bedruckten A4-Blättern, die zum A5 Format gefaltet sind. Die Zeichnungen sind ein Stück zu klein geraten. Ein erfahrener Modellbauer wird damit klar kommen, aber für einen Neuling könnte es schwierig werden. Leider ist nicht eindeutig angegeben, welches Bauteil für welche Version der Si 204 verwendet werden soll. Für alle Versionen sind die Spritzlinge gleich. So sind die in den Zeichnungen erwähnten ETC und Abwurfwaffen nicht als Teile vorhanden. Der Markierungsbogen ist dünn und augenscheinlich versatzfrei gedruckt. Der zweite, kleinere, Bogen enthält alternativ Buchstaben in einer anderen Farbe (auf s/w-Fotos sind schwarze und rote Farbe manchmal nur schwer zu unterscheiden). Für die Farbgebung sind die Farben nach RLM-Nummern angegeben. So kann sich jeder nach seiner „Hausmarke" richten.
Darstellbare Maschinen:
Stärken:
Schwächen:
Anwendung: Für Modellbaueinsteiger nur bedingt empfehlenswert Fazit:Auch wenn bei dem Bausatz der Si 204 von R.V. Aircraft etwas mehr Schatten als Licht gibt, so stellt er die Ablösung des alten KP-Bausatzes dar. Mit der Artikelnummer 72003/E gibt es diesen Bausatz in einer erweiterten Version mit Ätzteilen und Decals für die o.g. Maschine mit Radartechnik. Diese Besprechung stammt von Bernd Heller - 11. Januar 2021 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |
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