Messerschmitt Me262 B-1/U1 Nightfighter(Revell - Nr. 04995)Produktinfo:
Besprechung:Das Original:Die Messerschmitt Me 262 B war urspünglich als Trainer für die seinerzeit neuartigen Jetstrahltriebwerke geplant. Die verzweifelte Situation des Deutschen Reiches in den letzten Kriegswochen führte allerdings dazu, dass einige dieser Doppelsitzer in die Rolle von Nachtjagdflugzeugen überführt und 15 Zellen zur Messerschmitt Me 262 B-1a/U1 zum "Behelfsnachtjäger" umgebaut wurden. Einige wurden im Abwehrkampf um Berlin eingesetzt und errangen dabei Luftsiege. Dort waren sie der 10./NJG 11 "Kommando Welter" zugeordnet. (nach einem Text bei Hyperscale.com)
Doppesitzer-Me 262 im 32er MaßstabRevell brachte bereits in den 1970er Jahren eine doppelsitzige (B-1-)Variante der Me 262 heraus. Dabei handelt es sich, wie seinerzeit im Modellbau üblich, um eine recht krude Darstellung des Originals mit zum Teil grobschlächtigen oder fehlenden Details, die dem Bastler recht viel Eigeninitiative abverlangt, um zu einem realistischen Ergebnis zu gelangen. Der Kit ist mittlerweile weitgehend vom Markt verschwunden und wird manchmal noch in Internet-Auktionen angeboten. Aktuell ist die B-1 von Trumpeter aus China Revells schärfster Konkurrent. Bei dieser gibt es insgesamt wenig zu meckern. Dabei zählt nach Meinung einiger Bastler als Nachteil, dass dort die Panellines der Flügel nicht exakt mit denen des Rumpfes harmonierten, die Nietstruktur des Rumpfes etwas zu prominent graviert und das Design des hinteren Cockpits falsch wiedergegeben sei. Ansonsten werden die 262-Bausätze von Trumpeter in ihren Details und der Vielfältigkeit der Darstellungsmöglichkeiten in 1:32 durchweg als Referenz betrachtet und zählen zu den maßhaltigsten und originalgetreuesten Produkten der chinesischen Herstellers in diesem Maßstab. Nun beschert uns also Revell eine zweisitzige Me 262 aus neuen Gussformen und entsendet sie in den Nachthimmel. Wir greifen nach den Sternen und folgen ihr mal unauffällig...
Neues aus Bünde - das vorliegende ModellRevell beschreibt die Bausatzneuheit im Dezember 2016 wie folgt: Modellbausatz der Me 262, dem ersten strahlgetriebenen Flugzeug im 2. Weltkrieg. Zur Luftverteidigung gegen anfliegende Bomber wurde die Me 262 umgebaut als zweisitzige Nachtjägerversion.
Anzahl Einzelteile: 222, Länge: 336 mm, Spannweite: 391 mm. Die Bauteile im Überblick
Zunächst einmal hält man die gefällige Kartonverpackung in der Hand, einen Schüttkarton im neuen, schwarz-silbernen Revelldesign, der dieselben großzügigen Ausmaße hat wie die anno 2015 erschienene Fw 190 im selben Maßstab. Der Me 262-Karton ist fast lückenlos gefüllt und beschert uns nach dem Öffnen sauber in Plastiktüten verpackte hellgraue Spritzlinge und Klarsichtteile sowie eine farbige Bauanleitung und Abziehbilder. Der erste Eindruck der Bauteile ist durchweg positiv. Es springen sofort die zahlreichen Einzelteile für die separaten Steuerflächen und die detaillierten Jet-Triebwerke ins Auge. Die Modelloberflächen kommen, vergleichbar mit Revells Heinkel He 219 und Fw 190 in 1:32, mit glatten Paneelen und versenkten Blechstößen daher. Wie auch bei den vorbenannten Modellen vermisse ich hier die Knackigkeit der Panellines, die wir seinerzeit bei der Hawker Hunter in 1:32 zu Gesicht bekamen. Somit wirken die Blechstöße zwar recht dünn, aber irgendwie sind die Gravuren der Oberflächen etwas seicht, manchmal wirken sie ein wenig verwaschen. Senkniete sind dort aufgesetzt, wo sie auch beim Original sichtbar sind. Die Niete schauen ganz gut aus, insbesondere auf der Unterseite zwischen den Radschächten, wo gar Schraubenköpfe zu erkennen sind. Da die Me 262 generell verspachtelte Nietreihen an Rumpf und auf den Flügeln hatte, ist die von Revell gewählte "glatte" Darstellung der Oberflächen angemessen. Das wirkt stimmiger als bei der B-1 Variante von Trumpeter, bei der der "Mad Riveter" recht tiefe und prominent Senkniete in den Rumpf gehämmert hat. Wer möchte, kann das Nieträdchen am Revell-Modell immer noch ansetzen, um die ein oder andere Nietreihe zu ergänzen oder um eine "unruhige" Metalloberfläche entsprechend dem Original zu gravieren. Die Gussqualität der Bauteile ist revelltypisch gut, ich habe nur zwei Sinkstellen bei Kleinteilen (Hebelmechanismus) gefunden, ansonsten sind sämtliche Teile sauber abgeformt. Nach Aussagen von zwei Modellbauern, die Testshots des Modells zusammengesetzt haben, gebe es bei der Passgenauigkeit des Bausatzes nichts auszusetzen. Nun, davon überzeuge ich mich gerne lieber selbst einmal irgendwann... Die Formgebung des Rumpfes und der Flügel sowie Blechstöße und sonstige Gravuren erscheinen vom Gesamteindruck her aber auch verglichen mit Seitenrissen von Marek Rys (Monografie Lotnicze-Reihe) sehr gut gelungen.
Im hübsch gestalteten Cockpit sollte der Bastler, anders als von Revell vorgegeben, die beiliegenden einteiligen Instrumentendecals nicht als ein Teil, sondern einzeln zurechtgeschnitten in die glatt modellierten, erhaben eingefassten Rundinstrumente kleben. Diese notwendige Schnibbelei ist sicherlich mühselig, aber angesichts des gelungenen Drucks der Abziehbilder wird sich die Mühe lohnen und man darf auf das Ergebnis gespannt sein. Als Sitzgurte werden ebenfalls Decals gereicht, die optisch ganz gut rüberkommen. Auf braun-beige eingefärbtes Papier geklebt, dürfte das eine gute Alternative zu den Ätz- oder Synthetikteilen von Eduard und Co. sein - und das "out of the box". Die Metallteile wie Schnallen, Halte- und Schließbügel sollte man allerdings mit Ätzteilen und Draht austauschen, da bringen die Decals einfach nichts. Die Klarsichtteile für das Canopy geben die asymmetrisch gebogene Form des zweiteiligen Plexiglases der vorderen und hinteren Haube gut wieder. Dort sollten nur noch ein Zug- und ein Haltegriff sowie das Rückhalteseil samt Zugfeder ergänzt werden. Die Hauben können in geöffnetem oder, nach dem Entfernen jeweils zweier angegossener Haltelaschen, in geschlossenem Zustand aufgesetzt werden. Das Klarsichtteil für die Windschutzscheibe ist über den eigentlichen transparenten Bereich der Scheibe hinaus als Rumpfbauteil ausgelegt, wie wir es auch von Trumpeters Me 262 kennen. Es wird bündig auf den Rumpf aufgeklebt, wobei die Klebenaht dem Verlauf eines Blechstoßes entspricht. Dies bedeutet einen angenehmen Zusammenbau, weil das Teil verklebt werden kann, ohne den Klarsichtbereich der Scheibe mit Kleber benetzen zu müssen. Die Frage nach der realistischen Gestaltung des hinteren Cockpits darf auch bei diesem Bausatz gestellt werden. Trumpeter soll hier ja falsch gelegen haben und ein fiktives "Backseater"-Cockpit geschaffen haben. Und Revell? Nun, Konsolen und Anordnung der Schaltkästen sehen gar nicht so sehr anders aus als beim Modell der chinesischen Modellschmiede. Was aber nicht schlecht sein muss: nach mir vorliegenden Fotos der "Roten 8", die kurz nach dem Krieg in Farnborough fotografiert wurde, sind die Revellteile ganz gut geworden. Beispielsweise ist Teil 178 exakt dem Funkgerät auf dem mir vorliegenden Foto nachempfunden, ebenso das untere Instrumentenbrett (Teil 179). Auch die Schalterkästen und die Seitenkonsolen sehen gut aus. Insgesamt gibt es beim Cockpit aus meiner Sicht nichts zu meckern!
Bug- und Hauptfahrwerk (HFW) sind jeweils in einem Stück gegossen. Am HFW werden nur noch die Fahrwerkscheren befestigt. Ansonsten sollte man noch die Bremsleitungen der Fahrwerksbeine anhand von Vorbildfotos oder Zeichnungen mit Draht nachbilden, da sie beim Bausatz fehlen. Sehr gut sind die Fahrwerkschächte detailliert. So ist auch die Unterseite der Cockpitwanne (HFW-Schacht) mit zahlreichen Details versehen, die sich auch auf der Innenseite der beiden Rumpfhälften fortführen. Hier und dort sollten allerdings noch einige Drahtstücke ergänzt werden, um die markant-gelben Kabelbäume darzustellen, die im Unterrumpf des Originals förmlich aus den Schaltkästen "quellen" und beim vorliegenden Bausatz (wie auch bei Trumpeter) weggelassen wurden. Besonders gut gefallen mir die Räder, die sauber modelliert sind und mit ordentlich konturiertem Profil aufwarten. Beim Bugfahrgestell kann man zwischen der längsprofilierten oder breiteren, glatten Reifenvariante wählen. Die Bauanleitung schlägt beide Varianten vor. Leider sind die Räder des Bausatzes nicht abgeflacht/ im belasteten Zustand dargestellt. Hier ist mal wieder ein wenig Schleifarbeit angesagt. Sehr gut sind auch einige konstruktionstechnische Besonderheiten des Bausatzes gelöst. So dient eine Verlängerung der inneren Fahrwerkschachtverkleidung des HFW gleichzeitig als Stabilisierungsholm für die Flügel, an dem die Flügelinnenseiten festgeklebt werden sollen, die somit neben zusätzlicher Stabilität auch den korrekten Neigungswinkel erhalten. Die Dipolantennen sind filigran dargestellt und sehen bereits aus der Schachtel heraus gut aus. Der geneigte Bastler wird sie mit dünnen Spritzenkanülen oder durch Messingteile des Aftermarkets ersetzen, was aber nicht unbedingt notwendig scheint. Sehr schön ist die Tatsache, dass Revell nicht einem oftmals erkennbaren Fehler bei der Darstellung der nach vorne gebogenen Antennenhalterung erlegen ist: diese ist nämlich freitragend und ragt beim Original ohne zusätzliche Haltestreben aus dem Rumpf heraus, was Revell hier korrekt wiedergegeben hat.
Insgesamt kommt der Bausatz mit überschaubarer, logischer Aufteilung daher. Revells Bauanleitung führt auf 28 Seiten in 95 (!) Schritten zum Bastelziel. Aufgefallen sind mir die präzisen, im CAD-Design erstellten Grafiken der Bauanleitung, deren Bauschritte diesmal, anders als bei vielen vorhergehenden Revell-Instructions, sehr übersichtlich und nicht überladen wirken. Und die Farbigkeit der Anleitung wirkt frisch und modern. Wenn jetzt auch noch farblich markiert wäre, wo genau das jeweilige Bauteil in seiner Endposition zu verorten ist, könnte man an den kniffligen Stellen, wie beispielsweise der Montage der Steuerklappen, Hebelmechanik im Fahrwerkschacht, etc. ohne ständiges Probieren und Studieren mit dem Bau fortfahren. Also, hier ist noch etwas Luft nach oben vorhanden. Als Empfehlung mögen die präzisen farbigen Instruktionen aus Osteuropa/Tschechien dienen. Vielleicht lässt man sich bei Revell von diesem Verbesserungsvorschlag inspirieren? Die Bauanleitung
Bemalung und DecalvariantenDie farbige Bemalungsanleitung ist gelungen. Hier bleiben bezüglich Farbgebung und -verlauf sowie bei der Positionierung der Abziehbilder keine Fragen offen, alles ist glasklar dargestellt. Während des Baufortschritts werden dem Bastler die jeweiligen Bemalungshinweise durch ein Farbkürzel und das entsprechend grafisch kolorierte (!) Bauteil angezeigt. So macht's Spaß! Revell gibt dabei die Farbtöne als RLM-Farben an - chapeau, das hilft weiter. Die Angaben zu den Mischverhältnissen der eigenen Farbpalette scheinen ganz gut zu passen und die Mischorgie ist nicht schwer durchzuführen, weil sie sich in Grenzen hält. Folgende RLM-Farbtöne und Revell-Mischungen werden demnach empfohlen: RLM 02 "Grüngrau"- Revell 45 RLM 22 "Schwarz"- Revell 8 RLM 66 "Staubgrau"- Revell 77 RLM 74 "Mausgrau"- Revell 47 RLM 76 "Himmelblau"- 4x Revell Hellblau 49 + 1x Revell Weiß 5 RLM 81 "Braunviolett" - Revell 46 RLM 82 "Lichtgrün" - 4x Revell Dunkelgrün 39 + 1x Revell Gelb 15. Die Abziehbilder wurden gemäß Decalbogen-Aufdruck von AirDoc aus Erlangen kreiiert. Das ist schon mal kein schlechtes Zeichen, denn die süddeutsche Firma mischt im Bereich der Flugzeug-Fachliteratur, im Zubehörmarkt und als Modellhersteller eifrig mit. Die Decalvarianten stellen zwei Einsatzmaschinen des NJG 11 dar, die jeweils mit grüner (Splinter-)Tarnung auf den Tragflächen, hellgrauem Rumpf mit Mottling und schwarzen Unterseiten aufwarten. Ob deren Kennungen "Rote 8" und "Rote 12" und die Farbgebung tatsächlich wie vorliegend im Original aussahen, kann ich wegen verschiedener abweichender Informationen (Franks/Airframe Miniatures No.1 - Fleischer/Rys, Lotnicze Nr. 31 Cz.2 etc.) nicht abschließend bewerten. Im Falle der "Roten 8" entspricht der nachweisbare Farbverlauf zumindest an den Rumpfseiten etwa demjenigen auf mir vorliegenden Fotos nach der Entdeckung des Fliegers durch die Engländer im Mai 1945. Ich will hier keine Spekulations- und Diskussionsdose öffnen. Denn ob die Tragflächen-Oberseiten nun grüne Splintertarnung, einheitlich Lichtgrün RLM 82 oder "klassische" Nachtjägertarnung in RLM 76 mit diversem Mottling trugen, ist bis heute strittig. Ich vertraue daher hier einfach mal den Recherchen der Fachleute von AirDoc, die vorliegend mit einer möglichen von vielen Tarnvarianten arbeiten. Die Decals wurden von Cartograf in Italien gedruckt. Die Abziehbilder wirken insgesamt farbkräftig, akkurat und sauber gefertigt, ohne erkennbaren Versatz. Der Groschen ist gefallenRevell gibt als UVP für diesen Bausatz 44,99 EUR an. Das schlägt, verglichen mit den zuvor erschienenen Bf 109 und Fw 190er Jagdflugzeug-Neuheiten, mit einem über zehn Euro höheren Kaufpreis zu Buche. Damit liegt der Flieger wiederum um mehr als zehn Euro unter dem Modell von Trumpeter. Allerdings ist das vorliegende Modell durchaus kein echter "Schnapper" mehr, wie wir das ansonsten von Revell gewohnt sind. Angesichts der guten Bausatzqualität aber meines Erachtens immer noch vertretbar!
SchlussbewertungSkala zwischen 0/"schlecht"/"schwer" bis 5/"Spitze"/"einfach":
Weitere Details:
Darstellbare Maschinen:
Stärken:
Schwächen:
Anwendung: Gemäß Revell "Level"/Schwierigkeitsstufe "5" - komplexer Bausatz für erfahrene Modellbauer, setzt fundierte Kenntisse und Fähigkeiten voraus. Fazit:Eine gute Alternative zum Angebot aus Fernost. Für Fans der Me 262 ein "Muss"! Weitere Infos:Anmerkungen: Den Bausatz und die Bauanleitung erreicht ihr über die Website des Herstellers: 1:32 Revell Messerschmitt Me 262 B1/U1 Nightfighter Die Bauanleitung als pdf zum Download - 1:32 Revell 04945 Me 262 B1/U1 Nightfighter Diese Besprechung stammt von Alexander Jost - 06. Januar 2017 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |
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