Horten Ho 229(Zoukei-Mura - Nr. SWS 48-03)Produktinfo:
Besprechung:Das OriginalAls Autodidakten verschrieben sich die Brüder Reimar und Walter Horten bereits in jungen Jahren der Entwicklung und Konstruktion von Nurflüglern. Nach ersten Versuchen mit Modellen folgten ab 1933 Segelflugzeuge, später Maschinen mit Propellerantrieb. Der Höhepunkt war schließlich ab 1943 Entwicklung und Bau der strahlgetriebenen H IX / Ho 229. Fertiggestellt wurden eine unmotorisierte und eine motorisierte Versuchsmaschine, drei weitere waren im Bau begonnen worden. Der Rumpf dieses futuristisch anmutenden Düsenflugzeugs bestand im Wesentlichen aus einem mit Sperrholz beplankten Rohrgerüst; die Tragflächen wurden ausschließlich aus Holz gefertigt. Nahe den Flügelenden waren ausfahrbare Klappen installiert, die als Seitenruder wirkten. Angetrieben wurde das Flugzeug von zwei Jumo-004B2 Strahltriebwerken, die ihm eine Höchstgeschwindigkeit von 977 km/h verliehen. Über die Art der Bewaffnung des Flugzeuges gab (und gibt) es offensichtlich Kontroversen. Während einerseits in Beschreibungen meist von MK 108 zu lesen ist, waren anderen Quellen zu Folge MK 103 vorgesehen. Ein kurzer, ungeplanter, inoffizieller Erstflug der Ho 229 fand vermutlich am 18. Dezember 1944 mit Erwin Ziller als Pilot statt, der offizielle dann schließlich am 2. Februar 1945. Dabei wurden dem Flugzeug gute Flugeigenschaften bescheinigt. Wahrscheinlich ist, dass ein Vergleichsfliegen mit einer Me 262 stattfand. Hierbei soll die Ho 229 aufgrund der geringeren Flächenbelastung ein besseres Kurven- und Steigflugverhalten gezeigt haben. Sollte dieser Vergleich je dokumentiert worden sein, sind die Unterlagen in den Wirren der letzten Kriegsmonate verloren gegangen. Schließlich stürzte die V-2 bei einem Testflug am 18.2.1945 aufgrund eines Triebwerkversagens ab, Pilot Erwin Ziller kam dabei ums Leben. Kurz danach wurde das Testprogramm eingestellt. Die fast fertig gestellte V-3 wurde von den Amerikanern erbeutet, in den USA vervollständigt und auf Beuteschauen gezeigt. Seit 2014 wird sie im Restoration Hangar des Steven F. Udvar-Hazy Center restauriert und kann von der Besuchergalerie aus besichtigt werden. Der Verbleib der beiden anderen unfertigen Versuchsmaschinen ist ungeklärt. Nach wie vor kursiert der Mythos, bei der Ho 229 wären gezielt Maßnahmen zur Verringerung der Radarsignatur unternommen worden, wozu beispielsweise Kohlenstaub dem Leim beigemischt wurde. Um diese Behauptungen zu belegen, wurde 2009 bei Northrop ein flugunfähiges 1:1-Modell nach der noch existierenden V-3 gebaut. Bei Tests bezüglich der Radar-Reflexion stellte man dann fest, dass sich im Vergleich zu den konventionellen Bombern, die in der Luftschlacht um England in den 1940er Jahren eingesetzt waren, eine um etwa 20% reduzierte Radarsignatur für die Anlagen der Chain Home ergab. Wie auch immer die Eigenschaften und Fähigkeiten der Ho 229 beurteilt werden mögen, war sie zweifellos die fortschrittlichste Entwicklung nicht nur des deutschen Flugzeugbaues im Zweiten Weltkrieg. Eine äußere Ähnlichkeit zum Northrop B-2 Bomber ist nicht abzusprechen, daher kann durchaus angenommen werden, dass die Ho 229 die Konstrukteure inspiriert hat und somit gewissermaßen als Urvater dafür Pate stand. Der HerstellerZoukei Mura ist ein recht junger japanischer Hersteller von Plastikmodellbausätzen. Nach der eigenen Philosophie möchte der Hersteller den Modellbauer in eine Modellwelt mitnehmen, wie sie bisher noch nicht existiert hat. In der Tat weisen die Bausätze von Zoukei Mura einen Detaillierungsgrad auf, der auch in neuester Zeit nur sehr selten zu sehen war. Dazu bietet der Hersteller noch verschiedene Ergänzungssätze an, die speziell auf den jeweiligen Bausatz zugeschnitten sind.
Der BausatzUm es gleich vorwegzunehmen: das Besondere an diesem Modell ist die komplette Nachbildung des inneren Aufbaues des Originales. Das gesamte Rohrgerüst mit Cockpit, Leitungen, Bewaffnung und Fahrwerksmechanismus wird dargestellt (wofür auch die meisten Teile zu verbauen sind), ebenso wie die inneren Strukturen der Tragflächen mit Holm, Rippen, Tanks und Steuerelementen. Auch die beiden Jumo 004-Triebwerke sind hochdetailliert wiedergegeben.
Der stabile, ausreichend dimensionierte Stülpkarton ist mit dreizehn einzeln in Plastiktüten verpackten Spritzrahmen prall gefüllt. Sämtliche Rahmen weisen eine sehr hohe Fertigungsqualität auf. Details sind scharf wiedergegeben, Sinkstellen und Auswerfermarken in sichtbaren Bereichen sucht man vergebens. Formtrennnähte sind gerade bei den zahlreichen Rohrgerüstteilen kaum zu erkennen, allerdings dürfte es zur Herausforderung werden, die vielen filigranen Teile unversehrt aus den Rahmen zu lösen. Vielfach werden die feinen Streben im Rahmen durch Stabilisierungsstege gestützt, darüber hinaus sind eine Menge angegossener Auswerfer zu entfernen. Die Bauteile für das Innenleben des Flugzeuges sind aus grauem Kunststoff hergestellt, die für die Außenhaut sieht man matt-transparent mit feinen versenkten und erhabenen Gravuren ausgeführt. Inwieweit die Innenstruktur des Flugzeuges durch die unlackierte Außenhaut dann zu sehen ist, muss ausprobiert werden. Die beiden Teile für die Cockpithaube sind dünn, gleichmäßig klar, ohne Schlieren und Naht gefertigt.
Die Cockpithaube kann geöffnet oder geschlossen gezeigt werden, auch der innere Rahmen für die Haube ist nachgebildet. Der Schleudersitz ist herausnehmbar, das Armaturenbrett als transparentes Teil ist mit einem scharf gravierten erhabenen Relief versehen. Die Instrumente können bemalt oder mit Abziehbildern dekoriert werden. Klappen und Ruder an den Tragflächen sind einzeln anzubauen, die Steuerelemente können ausgefahren gezeigt werden. Wie beim Vorbild sind die Tragflächen mit jeweils vier Pins am Mittelteil zu befestigen, so dass die drei Teile auch getrennt voneinander dargestellt werden können. Die Abdeckungen für die Triebwerke sind separat vorhanden, so ist eine Präsentation der schön detaillierten Jumo 004-Aggregate möglich. Zusätzlich liegen Teile für den Bau eines Lager- bzw. Ausstellungsgestelles für eines der Triebwerke bei. Die DecalsDer Decalbogen ist sauber, scharf und versatzfrei auf dünnem, glänzendem Trägermaterial gedruckt. Er enthält Markierungen für mehrere fiktive Einsatzmaschinen sowie eine Anzahl an Stencils. Für das Armaturenbrett liegen sowohl ein Komplett-Decal als auch die Bilder für jedes einzelne Instrument bei. Während sämtliche anderen Decals vom Druck her einwandfrei und scharf erscheinen, wirken die Instrumentenbilder zugelaufen und zeigen wenig Details. Die Verarbeitbarkeit der Bilder muss sich in der Praxis zeigen. Die BauanleitungAls Bauanleitung liegt ein 20-seitiges Heft bei, das in 35 Baustufen zum fertigen Modell führt. Am Ende findet man Anleitungen für Bemalung und Decals. Die einfarbigen Zeichnungen sind grundsätzlich aussagekräftig, müssen aber besonders beim Bau des Rohrrahmengerüstes und beim Einbau des Fahrwerkes eingehend und genau betrachtet werden. Bisweilen verwirren die vielen Pfeile etwas, oftmals aber werden die Zeichnungen durch Ansichten verdeutlicht. Weiterhin können von der Herstellerwebsite noch Ergänzungsblätter, die dem Bausatz nicht beiliegen, herunter geladen werden. Diese Blätter korrigieren Fehler oder Unklarheiten in der Bauanleitung und sollten unbedingt beachtet werden. Ergänzende Texte sind in japanischer und englischer Sprache verfasst. Die Farbangaben beziehen sich auf die Vallejo- und Mr. Color-Paletten.
Darstellbare Maschinen: Ho 229 als fiktive Einsatzmaschine(n) unbenannter Einheit(en)Fazit:Boah! Ein Modell von einer Ho 229, wie man es im Quarterscale noch nicht gesehen hat! Dazu ein Novum, meines Wissens nach hat es noch nie ein Großserienmodell gegeben, bei dem die inneren Strukturen derart umfangreich nachgebildet wurden. In vielen Bereichen vom 1:32er Pendant herunterskaliert, findet man bei den Triebwerken und beim Fahrwerk Vereinfachungen, die dem kleineren Maßstab geschuldet sind. Das soll aber nichts Negatives bedeuten, auch so wird der Modellbauer vor eine ordentliche Herausforderung gestellt. Er sollte dabei tunlichst (gerade im Bereich des Rohrrahmengerüstes und des Fahrwerkes) die Bauanleitung samt Ergänzungsblättern Schritt für Schritt befolgen und beim Bau sehr sorgfältig vorgehen. Wenn dann noch die Teile an Passgenauigkeit das halten, was sie auf den ersten Eindruck hin versprechen, ist der hohe Preis durchaus gerechtfertigt. Der Lohn wird ein einzigartiges, außergewöhnliches Modell sein, bei dem die Qual der Wahl bleibt, diese Fülle an Details in angemessener Weise zu präsentieren. Für den erfahrenen Modellbauer absolut empfehlenswert! Weitere Infos:Anmerkungen: Auf der Herstellerwebsite finden sich neben dem Link zur Downloadseite auch die verfügbaren Zurüstteile für dieses Modell, wobei ich noch keinen Händler ausfindig machen konnte, der sie in Deutschland anbietet. Diese Besprechung stammt von Roland Kunze - 03. Mai 2016 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |
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