Grumman J4F-1 Widgeonvon Bernhard Schrock (1:48 Classic Airframes)Der BausatzSeit vielen Jahren erfreut Classic Airframes die Modellbauwelt mit guter Typenauswahl und hat sich stets hinsichtlich der Qualität gesteigert. Auch der Inhalt dieses Kartons ist sehr erfreulich und beinhaltet eine sehr gute Basis für eine Replik des kleinsten Mitglieds der Flugbootfamilie von Grumman. Fein gravierte Plastikteile mit einer für einen guten Shortrun typischen Qualität werden ergänzt um Resinteile für Motoren, Fahrwerksschächte und Cockpit. Sehr lobenswert sind die Klarsichtteile aus Spritzguss sowie die sehr sauber und satt gedruckten dünnen Abziehbilder. Es geht los mit dem Rumpf.Im Prinzip ist hier alles in Ordnung. Nur die Aufteilung der Teile ist meines Erachtens nicht sehr glücklich gewählt: der Boden im Bugbereich ist als ein separates Bauteil ausgeführt und bedurfte im meinem Fall einer Menge „Aufmerksamkeit“. Beim Einpassen und Verschleifen ließen sich die Verstärkungsbleche an den Kanten kaum retten und wurden durch Pendants aus dünnem Plastik ersetzt. Auch das Leitwerk ist aus einem Stück, passt nicht ganz und erschwert das Heraustrennen des Ruders. Das Cockpit ist ausreichend detailliert, zumal man durch die Lage der Motoren ohnehin nur von vorne hineinschauen kann und hauptsächlich die schön gestalteten Resinsitze sieht.
Gut gegen Kentern: StützschwimmerDas was vom Hörensagen für viele Modellbauer ein Graus ist, macht mir kurioserweise sehr viel Freude: das Verstreben und Verspannen. Bei den Stützschwimmern konnte ich mich richtig austoben und mal wieder auf die selbst mitgestalteten, fotogeätzten Verspannungsprofile zurückgreifen. Eine Herausforderung stellte erneut die Anfertigung der Spannschlösser dar, die aus meiner Sicht im Maßstab 1:48 ein Muss sind. Hierfür wurde ein Plastikrohr über einem Teelicht vorsichtig über einem 0,25 mm starken Gitarrendraht langgezogen. Nach mehreren Versuchen hatte ich zwei ca. 5 cm lange Stücke eines dünnwandigen Röhrchens mit einem Außendurchmesser von ca. 0,4 mm, welches vorsichtig über die Flachprofile geschoben und nach dem Platzieren mit Sekundenkleber fixiert wurde. Das Schneiden in gleichlange Stückchen klappt am besten durch Abrollen eines scharfen Skalpells und zwar vor dem Abziehen des Röhrchens vom Gitarrendraht. Auch die Streben selbst wurden ein wenig aufbereitet. Um dem Original näher zu kommen, wurden die Streben an beiden Enden um 0,4 mm starke und ca. 2 mm lange Drahtstückchen ergänzt, auf welche ein ca. 0,5 mm langes Stück der dazugehörigen Isolation aufgeschoben wurde. Beim Original sind nämlich die eigentlichen Streben rund. Was der Bausatz an Strebe anbietet, stellt nur die strömungsgünstige Verkleidung der Streben dar. Auf Originalfotos waren ferner an der Unterseite der Tragflächen im Bereich der Anschlussstellen Zusatzbleche als eine Art Verstärkung erkennbar, welche im Modell aus dünnem Plastik entstanden. Dem Flugboot Beine machenDie Fahrwerksteile sind brauchbar und wurden mit Ausnahme der runden Fahrwerksbeine verwendet. Lediglich die gut sichtbaren Bremsschläuche sowie einige Kleinteile wie Rundstab-Scheiben für die Drehachsen wurden ergänzt. Auch die kleinen Schachtklappen auf der Unterseite wurden aus dünnem Plastik ersetzt, da der Bausatz hierfür „Panzerblech“ anbietet. Besondere Aufmerksamkeit ist bei der Montage und Ausrichtung der recht filigranen Fahrwerks-Gebilde geboten. Bedingt durch die geringe Spurweite bzw. Konstruktion potenzieren sich an dieser Stelle eventuelle Fehler: Aus einer scheinbar unbedeutenden Ungenauigkeit (Höhendifferenz) von z. B. 0,5 mm beim Fahrwerk ergibt sich schnell eine Höhendifferenz von 5 mm und mehr an den Tragflächenenden. Das Problem kann in gewissen Grenzen durch ein stärkeres Abflachen eines Rades gelöst werden. Zwecks Justagemöglichkeit vor dem Verkleben ist es jedoch sehr ratsam, die einzelnen Fahrwerksteile mit Drahtstiften zu verbinden. Malen und ZahlenDer Decalbogen ist wie üblich bei diesem Hersteller sehr gut gedruckt und beinhaltet Elemente für die Markierung von zwei Flugzeugen im Dienst der USCG sowie je einer Maschine der amerikanischen Navy und der Royal Navy. Erstaunlicherweise finden sich im Internet eine ganze Menge Originalfotos, insbesondere die Maschinen der USCG betreffend. Meine Vorliebe für Yellowwings machte die Entscheidung leicht, ein Modell mit gelben Tragflächen zu bauen. Es war von Anfang an klar, dass der Großteil der Markierungen in Eigenregie entstehen wird. Immerhin haben sich die Wappen der USCG im Laufe des Dienstes nicht verändert und konnten dem Bausatz entnommen werden. Wie oft schon wurde die Inventarnummer für die Unterseite (V201) sowie die Schriftzüge für die Rumpfseite im PC erstellt und mit einem Laserdrucker auf transparentes Dacalmaterial ausgedruckt. Hierbei brachte ich die letzteren so großflächig an wie es ging, um die störenden Ränder zu vermeiden.
Originalfotos lieferten wertvolle Hinweise auf Details der Lackierung wie z. B. Verlauf der Grenze auf der Unterseite zwischen Gelb und Aluminium. Zum Thema Aluminium folgendes: Entsprechend dem Standard der späten 30er waren die Flugzeuge der USN, USMC sowie USCG mit einem Schutzanstrich aus Aluminiumpulver und Klarlack gestrichen. Dementsprechend griff ich auf die altbewährte Mischung aus Testors Matalizer und Sealer zurück, welcher ein wenig Mr.Metal Alminute von Gunze Sangyo beigemischt wurde.
Das Wappen der USCG blieb nach dem Eintritt der USA in den WWII unverändert. Somit konnten die Decalelemente nebst den Schriftzügen „Danger Propeller“ übernommen werden. Auf Originalfotos von verschiedenen Maschinen der USCG waren mehrere Varianten der Antennenanlage zu erkennen. Die Entscheidung fiel auf die V201 und somit auf drei Antennendrähte, welche zu den Masten und zum Isolator auf dem Dach geführt wurden.Im Original bestanden die Streben aus einem Rundrohr und hatten profilierte Verkleidungen. Beide Enden des Rundrohrs hatten einen Schlitz und wurden mittels Schrauben an den Manschetten geschraubt. Links waren in den Motorgondeln runde Öffnungen für die Anlasserkurbel. Die Propeller des Originals waren aus Holz, hatten einen Spinner aus Aluminium sowie Kantenschutz aus Metall (wohl aus Messing). Das dickere Teil des Auspuffrohrs ist in Wirklichkeit ein Blechteil und gehört zur Motorgondel. Das habe ich nach Murphy erst nach dem Lackieren festgestellt und musste deswegen improvisieren. Verglasung oder Küstennebel?Glücklicherweise sind auch bei Kleinserienherstellern die Zeiten vorbei, in welchen die Glasteile minimalistisch ausgeführt waren und den Modellbauer beim Einkleben oft vor eine sehr schwer bis gar nicht zu lösbare Aufgabe stellten. CA bietet bei diesem Bausatz lobenswerterweise zwei Klarsichtteile an, welche nach dem Zusammenkleben ein komplettes „Rumpfsegment mit Dach“ bis zur Tragfläche bilden. Die Passgenauigkeit ist OK. Lediglich im Bereich der Unterkante ist Vorsicht geboten: geduldiges Trockenanpassen lohnt sich, um den Spalt möglichst gering zu halten.
Ungeachtet der Mühe blieben in meinem Fall an einigen Stellen recht sichtbare Spalte, welche nach Plan mit Plastikstreifen und Sekundenkleber verfüllt werden sollten. Leider war ich an dieser Stelle zu selbstsicher und glaubte mich auf der sicheren Seite. Die Innenseiten der Glasteile wurden im Vorwege mit Future behandelt und ich hatte ja meinen Superkleber von Marston Domsel, welcher sich bis dato hinsichtlich des Beschlagens als sehr gutmütig herausstellte. Manchmal wird der Modellbauer im richtigen Moment mit dem 7. Sinn beschenkt, und so zog ich die Maskierung aus Tamiya-Tape von den Scheiben vor dem Lackieren zur Kontrolle ab: Die Innenseite der Verglasung sah aus wie Küstennebel! Alle vier Scheiben wurden mehr oder weniger durch den gefürchteten weißen Nebel in Mitleidenschaft gezogen. Future musste noch mal ran, aber wie? Der Rumpf war überall geschlossen und keine Zugangsöffnung weit und breit. So wurde kurzerhand ein ca. 5 mm großes Loch ins Dach gefräst, durch welches mit einem abenteuerlich gebogenen Mikrobrush Future in alle Ecken aufgebracht werden konnte. Durch nebenbei ungewollt eingebrachte viele Staubkörnchen kam auch noch Frust dazu: hätte ich doch die Scheiben mit Maskol von Innen gesichert und das Loch im Dach gleich gebohrt! So hätte ich mir zumindest dabei viel Ärger und die Staubeinschlüsse gespart. Gut zu sehen ist die Öffnung im Dach für die „Rettung“ der beschlagenen Verglasung sowie diverse, ergänzte Kleinteile im Bugbereich. Auf dem Rücken habe ich mir leider einen Lapsus geleistet und die zweiflügelige Zugangstür nicht mittig sondern asymmetrisch aufgeklebt: auf irgendeinem Originalfoto schien die Tür asymmetrisch zu sein. Die Erkenntnis, dass es wegen der Aufteilung der Sitze im Innern gar nicht funktionieren kann, kam erst später. Immerhin bin ich nicht der Einzige mit einem Lapsus: wäre beim Original die Oberseite des Rückens genauso gekrümmt wie im Modell, ließen sich die Türen erst gar nicht öffnen!! Wie bin ich froh, dass ich heute vieles nicht mehr so genau nehme: Vor zehn Jahren hätte ich an dieser Stelle bestimmt 10 Gramm Spachtel und Plastik beim Korrekturversuch verbraucht.
Bernhard Schrock Publiziert am 27. August 2012 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |