Chance Vought AU-1 CorsairCorsair unter falscher Flagge - Luftwaffe Corsair Mk.IIvon Jörg Teller (1:72 HobbyBoss)Zum Original:Berühmtheit erlangte die F4U Corsair ab 1943 in den zahlreichen Schlachten des Pazifiks. Als trägergestützter Jäger der U.S. Navy und der U.S. Marines ist sie uns allen wohlbekannt.Doch was ist das? Eine Corsair in englischem Tarnkleid und deutschen Markierungen? Hier die Erklärung: Die frühen trägergestützten Jäger der Royal Navy waren relativ groß und schwerfällig. Ihre historisch zugedachte Hauptaufgabe war das Abfangen feindlicher Langstreckenbomber und Flugboote. Zunehmende Attacken durch schnelle Torpedobomber, Stukas und Jagdbomber erforderten jedoch den Einsatz schneller und wendiger Jäger. Die Lösung des Problems schien die Supermarine Seafire, doch diese erwies sich im harten Trägereinsatz als zu wenig robust und als zu instabil. Also entschied man sich im Jahre 1942 beim Fleet Air Arm (FAA) für die Beschaffung der noch unbekannten amerikanischen Chance Vough F4U Corsair. Diese Entscheidung war höchst riskant, da der Trägereinsatz der Corsairs wegen deren eingeschränkter Sicht nach vorne beim Landeanflug von der US Navy bereits verworfen wurde. Erst nach einer Erhöhung des Pilotensitzes um 16cm und der Entwicklung eines speziellen Landeverfahrens (Anflug in Kurvenlage), traten ab Herbst 1943 die ersten Corsairs ihren Dienst auf den Trägern der Royal Navy an. Doch noch immer war es nicht ungefährlich, die F4U auf einem Flugzeugträger zu starten und zu landen. Unerfahrenen Piloten wurde besonders das hohe Drehmoment des Motors zum Verhängnis, denn das Flugzeug zog beim Beschleunigen schnell nach links. Bei der Landung neigte die Maschine wegen ihres hohen Gewichts und ihrer hohen Landegeschwindigkeit zu schwer kontrollierbarem Springen und zu plötzlichen Richtungsänderungen auf dem Deck. Die F4U bekam schnell Spitznamen wie „Ensign killer", „Ensign eliminator" oder auch „Ensign burner". Erfahrene Piloten lobten jedoch ausdrücklich die guten Flugeigenschaften der Corsairs und merkten an, dass die Maschine nicht schwieriger zu fliegen sei als andere vergleichbare Flugzeuge. Ab 1944 kam die F4U Corsair schließlich auch auf den Trägern der U.S. Navy und den U.S. Marines zum Einsatz - eine Entscheidung, die sicherlich auch den vielen positiven Erfahrungen und konstruktiven Veränderungen im Einsatz bei der Royal Navy zu verdanken war. Das FAA erhielt 95 Corsair Mk.I (F4U-1) und 510 Mk.II (F4U-1A). Außerdem erhielt sie 1407 Corsair Mk.III und Mk.IV aus den Produktionslinien von Brewster (F3A-1) und Goodyear (FG-1D). Insgesamt wurden also 2012 Maschinen an Großbritannien geliefert, welche in 19 Squadrons eingesetzt wurden. Die königlichen Corsairs sind übrigens leicht identifizierbar an deren gekappten Flügelenden - der Stauraum auf den kleinen britischen Eskortträgern war sehr begrenzt. Anfangs flogen die britischen Corsairs im klassischen grün-grauen Tarnkleid der Royal Navy. Später wurden sie, ähnlich wie ihre amerikanischen Pendants, komplett dunkelblau lackiert. Die im Pazifik operierenden Corsairs trugen anstatt der typischen britischen blau-roten Kokarden einfache blau-weiße Kokarden, da der rote Mittelkreis leicht mit einem japanischen Hinomaru-Hoheitsabzeichens verwechselt werden konnte. Die Corsairs der Royal Navy wurden sowohl in Europa als auch im Pazifik eingesetzt. Ihre ersten großen Einsätze erlebte die britische Corsair bei den Unternehmen Tungsten, Mascot und Goodwood im April, Juli und August 1944, als sie von Bord der Träger HMS Formidable und HMS Victorious Begleitschutz für die Luftangriffe gegen das in Norwegen ankernde deutsche Schlachtschiff Tirpitz flog. Bei diesen Einsätzen kam es zu keinerlei Luftkämpfen mit deutschen Jagdflugzeugen. Mit einem Luftangriff auf Sabang und Palembang griffen britische Corsairs ab April 1944 auch in das pazifische Kriegsgeschehen ein. Im Juli und August 1945 flogen britische Corsairs von Bord der Flugzeugträger HMS Formidable und HMS Victorious Angriffe gegen das japanische Festland nahe Tokyo. Bei einem der letzten dieser Einsätze, am 9. August 1945, versenkte der Royal Canadian Navy Pilot Lt. Robert Hampton Gray mit seiner schwer getroffenen Corsair einen japanischen Zerstörer, bevor er mit ihr ins Meer stürzte. Er wurde dafür posthum mit dem Victoria Cross geehrt. Insgesamt errangen Corsairpiloten des FAA 47,5 bestätigte Luftsiege. Mindestens eine Corsair wurde von den Deutschen erbeutet. Es war die Corsair Mk.II mit der Kennung JT404 der 1841 Squadron. Diese Squadron flog im Juli 1944 im Rahmen des Unternehmens „Mascot" Begleitschutz für Luftangriffe gegen das deutsche Schlachtschiff Tirpitz, welches gut geschützt in einem Fjord im Norden Norwegens ankerte. Zu den genauen Umständen der Erbeutung gibt es nur wenige unzuverlässige Quellen. Angeblich befand sich der britischen Trägerverband bereits wieder auf der Rückfahrt nach Scapa Flow. Am 18. Juli 1944 patrouillierte die besagte Corsair unter Wing Leader Lt. Cdr. R.S. Baker-Falkner mit einer Barracuda im Küstenbereich Norwegens. Vermutlich aufgrund von Motorproblemen musste der Pilot die Maschine auf dem Festland notlanden. Er brachte sie auf einem Feld bei Sorvag, nahe Bodö (Norwegen), unbeschädigt runter. Der Pilot geriet in Kriegsgefangenschaft. Über den Verbleib der Corsair ist wenig bekannt. Angeblich wurde sie mit einem Schiff abtransportiert, entweder zum Luftwaffenstützpunkt nach Bodö oder nach Narvik. Üblicherweise wurden erbeutete Flugzeuge neuen Typs zur 2./Versuchsverband OKL nach Rechlin (Deutschland) überführt und dort gründlich untersucht. Es erscheint nicht abwegig, dass auch diese, den Deutschen noch unbekannte Maschine, zur Begutachtung nach Rechlin transportiert wurde; angeblich war sie in den Akten des Versuchsverbandes als „in Reparatur" verzeichnet. Leider existieren keine Fotos und keine Berichte. Eine andere Quelle berichtet, dass eine von den Japanern erbeutete F4U-1 Corsair per U-Boot nach Deutschland transportiert wurde. Über diese Version der Geschichte lässt sich streiten, ich persönlich halte sie für höchst unwahrscheinlich. Zum Modell:Bereits vor Jahren baute ich eine Corsair Mk.II aus einem 1:48er Bausatz von Academy (Fotos auf MV), jedoch war ich mit der Farbwahl alles andere als zufrieden. Also entschied ich mich für eine Neuauflage im kleineren 1:72er Maßstab. Meine Wahl fiel auf den neu erschienen Bausatz einer Corsair Mk.II FAA von Airfix, doch dessen Qualität erschien mir so schlecht, dass er nach einigen Tagen in der Mülltonne landete. Als Alternative wählte ich den Easy Assembly Authentic Kit einer F4U-1 von HobbyBoss. Davon war ich restlos begeistert - 45 authentische und passgenaue Teile, zusammengesteckt, bemalt, fertig. Einzige Fleißarbeiten waren die Öffnungen an den Rumpf- und Flügelstationen, die ich zuspachteln musste, sowie die Flügelenden, die ich kürzen musste. Da vom Original keine Fotos und keine Berichte existieren, musste ich bei der Bemalung mein spärliches Hintergrundwissen und meine Phantasie bemühen. Das von mir gewählte Farbschema ist also reine Fiktion! Ich ging von folgendem historischen Werdegang der notgelandeten Corsair aus: Die Maschine wurde zum Luftwaffenstützpunkt nach Narvik verschifft. Dort wartete bereits ein erfahrenes Mechanikerteam der 2./Versuchsverband OKL mit den nötigen Ersatzteilen. Man behob schleunigst den Motorschaden und brachte die Corsair wieder in einen flugfähigen Zustand. Eilig wurden die englischen Kokarden übermalt und deutsche Balkenkreuze aufgemalt. Zur besseren Identifikation der erbeuteten Maschine wurden die faltbaren Seiten der Flügel und das Heck gelb übermalt. In diesem neuen „Tarnkleid" und in Begleitung einer Ju 352 (zwecks Navigation, Funk und Identifikation), wurde die Maschine von einem deutschen Testpiloten nach Rechlin überführt. Die Grundlage der Bemalung bildet also das ursprüngliche Tarnschema der Maschinen der 1841 Squadron in Schiefergrau, Seegrau und Hellgrau (Mischungen auf Basis von Hobby Color H74, H319, H333). Für die Flügelunterseiten und das Heck wählte ich RLM Gelb 04 (Model Master 2072). Die Decals entstammen der Restekiste. Danke an Jörg Fischer für seine detailreiche Webseite ig-corsair.de. Jörg Teller Publiziert am 02. Juli 2011 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |