Convair F-102A Delta Daggervon Bernd Korte (1:72 Hasegawa)Der Cadillac unter den Jets...Ok, das letzte Flugzeug, das ihr von mir präsentiert bekommen habt war ja ganz süß. Aber nach der Fiat G.91 war es mal wieder Zeit für etwas Größeres. Und die F-102, das erste vom Reißbrett weg als Waffensystem entwickelte Flugzeug überhaupt, ist nunmal groß - jedenfalls für einen einsitzigen Jet. Um bei den Superlativen zu bleiben: Beim Bau der Delta Dagger wurde auch zum ersten Mal die Flächenregel angewandt; allerdings erst, als man nach dem Erstflug des Prototypen YF-102 Ende Oktober 1953 gemerkt hatte, dass die angestrebte Überschallgeschwindigkeit im Geradeausflug nicht nur durch ein genügend leistungsfähiges Triebwerk erreicht werden konnte. Die so entstandene Colaflaschen-Form war dann auch später ein Charakteristikum der F-106 Delta Dart. Als reiner Abfangjäger ausgelegt trug de F-102 ihre Raketenbewaffnung in einem internen Waffenschacht. Eine Kanonenbewaffnung sah man als nicht mehr zeitgemäß an, da im Ernstfall Feindflugzeuge am besten noch vor dem Eindringen in den eigenen Luftraum bekämpft werden sollten, um jeglichen eigenen Schaden - auch durch unkontrolliert abgehende Wrack- und Waffenteile - zu vermeiden. Dies machte jedoch eine hohe Waffenreichweite gekoppelt mit einer maximalen Effektivität nötig. Die Entwicklung von nuklearen Luft-Luft Raketen in Form der Hughes AIM-26A Super Falcon ließ daher auch nicht lange auf sich warten... Case X oder doch lieber Case XX ?...Während ihrer Einsatzzeit wurde die Produktion der F-102 ab der Serien-Nummer 56-1317 von den ursprünglichen Case X Flügeln mit nach oben orientierten Flügelspitzen (lies "Case Ten") auf die für bessere Flugeigenschaften sorgenden Case XX ( lies "Case Twenty") Flügel mit nach unten abgelenkten Spitzen umgestellt. Bevor man sich also blindlings irgendeine Markierungsvariante aussucht, sollte man sich erst einmal darüber Gedanken machen, ob man die im Bausatz enthaltenen Case X Flügel verwenden, oder unter unmenschlichen Strapazen neue Case XX Flügel kreieren will. Da ich die Case X Flügel beibehalten wollte musste ich mich ersteinmal nach passenden Decals umschauen. Die von mir zuerst favorisierten Microscale Abziehbilder für eine F-102 der Pansylvania Air National Guard mit schwarzem Rumpfrücken passten dann auch prompt nur für ein Flugzeug mit Case XX Flügeln, und selbst die im Bausatz enthaltenen Decals stellten sich als Case XX Variante heraus. Zum Glück hatte schließlich ein netter Modellbauer aus den USA (danke Murph!) ein Einsehen mit mir und schickte mir Decals für den Bau einer Delta Dagger der USAF Europe der 32nd Fighter Interceptor Squadron die in Soesterberg, Holland stationiert war. Endlich ein Case X Flieger für mich! Der Bausatz:Die F-102 ist einer der älteren Hasegawa Bausätze. Alle Rumpfstrukturen sind fein erhaben dargestellt und vom Modellbauer wird nicht erwartet, sich allzulange mit solch langweiligen Bereichen wie dem Cockpit (Pilotenfigur, Sitz, Instrumentenbrett und Bodenplatte) oder den Fahrwerksschächten aufzuhalten. Daher besorgte ich mir den passenden Airwaves Ätzteilbogen um hier und da doch noch ein paar sinnvolle Details zu ergänzen. Der Zusammenbau:Bevor es überhaupt richtig losgehen konnte, mussten erst einmal alle erhabenen Linien abgeschliffen und nachgraviert werden. Hierbei verwendete ich zum ersten Mal eine Graviernadel von Bare Metal mit der man leicht sehr saubere Gravuren erhält. Durch ihre besonders geformte Spitze zieht sie das Material gleich in einem dünnen Span aus der Modelloberfläche heraus und drückt es nicht nur nach links und rechts auseinander, wie es bei einer normalen Nadel der Fall ist. Da die zahlreichen Gravuren von der Form her teilweise ziemlich aufwendig sind (Panels mit runden "Ecken"), muss man für diese Arbeit schon eine ganze Weile einplanen. Und auch nicht zuletzt das Nachstechen einiger verlorengegangener Nietenreihen trug zu diesem Zeitaufwand bei. Nachdem alle Gravurarbeiten abgeschlossen waren konnte ich mit dem richtigen Zusammenbau am Cockpit beginnen. Hier wurden einige der Ätzteile verbaut um ein neues Instrumentenbrett, neue Seitenkonsolen und vor allem einen verbesserten Schleudersitz zu erhalten. Die Cockpitgrundfarbe ist Dark Gull Gray FS 36231 für die ich Humbrol 140 benutzte. Konsolen erscheinen in Schwarz und wurden später mit Grau gewasht. Der Schleudersitz bringt noch etwas mehr Farbe ins Spiel: Kopfstütze und Armlehnen in Rot, Sitzfläche in einem Olivton und gelbe Auslösegriffe. Während man das Cockpit zusammenbaut sollte man es immer wieder trocken in den Rumpf einpassen um später keine Platzprobleme zu bekommen. Sobald der Schleudersitz und ein selbstangefertigter Steuerknüppel ins Cockpit geklebt waren, wurde dieses in eine der Rumpfhälften eingeklebt. Jetzt fehlte nur noch das Instrumentenbrett und der Rumpf konnte geschlossen werden nachdem die IR-Sensorkugel und die Rumpfantennen entfernt worden waren. Meine frühe Delta Dagger besaß nämlich keines dieser Merkmale. Einige Bereiche der Klebenähte mussten etwas verspachtelt werden; ansonsten war die Passgenauigkeit aber in Ordnung, so dass ein einfaches Verschleifen der Übergänge genügte. Als nächstes wurden die Lufteinläufe angeklebt. Der interne Waffenschacht, den ich mir als nächstes vornahm, machte dagegen wieder ein paar mehr Probleme. Da die Raketenbewaffnung nur sehr grob dargestellt ist und auch nicht der frühen Variante entspricht, die ich für meine Case X Maschine benötigte, entschloss ich mich, den Schacht geschlossen darzustellen. In der Bauanleitung wird wohl aus gutem Grund in keinster Weise auf diese Möglichkeit eigegangen, denn die insgesamt 6 Lamellen bedecken den Waffenschacht nur sehr lückenhaft. So kam auch hier etwas Spachtelmasse zum Einsatz, um die gröbsten Spalte zu kaschieren. Die nächste Herausforderung war das Zerschneiden der einteiligen Cockpithaube. Dazu klebte ich die Haube links und rechts neben der Schnittlinie ab um ungewollte Kratzer und daraus resultierende Wutausbrüche zu vermeiden. Stück für Stück arbeitete ich mich mit einem Cutter vor, so dass ich nach ca. einer Dreiviertelstunde zwei mehr oder weniger sauber getrennte Haubenteile in der Hand halten konnte. Kleinste Kratzer und Verunreinigungen entfernte ich mit den unterschiedlich feinen Seiten einer Fingernagel-Manikürefeile. Danach legte ich beide Haubenteile auf einen saugfähigen Untergrund (Tempo-Tuch) und träufelte großzügig Erdal-Glänzer (das dt. "Future") über die Teile. Nach dem Trocknen an einem staubfreien Ort sahen die Kanzelteile dann fast besser als im Ursprungszustand aus. Wäre ich schlau gewesen, hätte ich die Cockpithaube gleich in einem Stück gelassen... Die Lackierung:Den Anfang der Lackierarbeiten machte der schwarze Blendschutz. Dann lackierte ich die Fahrwerksschächte und Klappen Interior Green FS 34151 (ModelMaster 1715). Ursprünglich waren die Decals so konzipiert, dass man mit ihnen alle drei Farben des Leitwerkes darstellen konnte - rot, weiß und blau. Ich schnitt jedoch den roten Bereich der Decals ab und lackierte ihn stattdessen. Dann wollte ich noch die gelb-goldenen Dichtungsbereiche der Kanzel lackieren, musste aber erst einmal tief durchatmen. Ich hatte die einteilige Kanzel zuvor so gewissenhaft getrennt, dass mir erst jetzt die heimtückische Falle auffiel, in die Hasegawa einen laufen lässt, will man die Haube offen darstellen. Das Kanzelklarsichtteil stellt nämlich gar nicht die ganze Kanzel da! Verwendet man das Teil in geschlossener Position fällt das nicht weiter auf, aber eine offene Darstellung ist fast unmöglich. Der rotumrandete Bereich in der Skizze ist die ungefähre Größe des Hasegawa-Klarsichtteiles. Der schraffierte Bereich müsste aus den Rumpfhälften ausgeschnitten und an die Haube geklebt werden. Dazu war es nun aber zu spät, denn ich hatte den Rumpf ja schon zusammengeklebt. Nach einer kurzen Schockstarre beschloss ich also, das Cockpit wohl oder übel unter der geschlossenen Haube verschwinden zu lassen. Nachdem der gelbe Bereich der Kanzel lackiert und abgeklebt war airbrushte ich die Hauptaußenfarbe Aircraft Gray FS 16473 (ModelMaster 1731). Die Zusatztanks, der Strahlaustrittsbereich, das Fahrwerk sowie einige Positionsleuchten wurden in Silber bemalt. Als nächstes erhielten alle Teile einen Überzug "Erdal Glänzer" um den Decals einen optimalen Untergrund zu schaffen. Die Flugzeugnase wurde bis zum Ende der gesamten Lackierung nicht an den Rumpf geklebt, da ihr Schwarz etwas glänzender als das des Sichtschutzes ist und sie nicht das Schlussfinish mit seidenmattem Klarlack erhalten sollte. Die Decals:Das Aufbringen der Abziehbilder machte keinerlei nennenswerte Probleme, ein paar Markierungen wie z.B. die Hoheitsabzeichen wurden aus der Grabbel-Kiste ergänzt. Größere Decals wurden mit Mr Mark Softer behandelt, so dass sich z.B. auch die Leitwerksmarkierungen anstandslos an die Modelloberfläche legten. Nachdem alle Decals an ihrer richtigen Position lagen folgte eine weitere Schicht Erdal Glänzer zur Versiegelung und als Vorbereitung für ein Washing mit verdünnter schwarzer Ölfarbe. Einige unter den Decals liegende Gravuren wurden mit dem Skalpell nachgefahren, so dass auch hier das Washing seinen Zweck erfüllte. Bevor ich nun noch die finale Schicht Klarlack aufbrachte, wurden erst einmal die bisher liegengebliebenen Kleinteile und das Fahrwerk montiert. Ganz zum Schluss wurde die Radarnase mitsamt dem zerbrechlichen Pitotrohr angebracht. Literatur und Referenzen:
Danke an Deun Yu für die fototechnische Unterstützung! Bernd Korte Publiziert am 19. August 2003 Die Bilder stammen von Deun Yu. © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |