Vosper Motor Torpedo Bootvon Frank Spahr (1:72 Airfix)Nostalgie oder Modellbau purIch gehöre zu denen, die sich sehr über die „Wiedergeburt“ von Airfix gefreut haben, einer Marke, die mich mein ganzes Modellbauerleben begleitet hat, und deren Produkte bei all ihren Schwächen mir immer noch viel Spaß machen – und auf den kommt es mir beim Basteln sehr an. Die „Rettung“ von Airfix hat einige Bausätze wieder erhältlich gemacht und ermöglicht es, einige meiner Favoriten aus Jugendzeiten mit meinen heutigen Möglichkeiten wieder zu bauen. Einige davon habe ich bereits hinter mir. Letzten November auf der Modellbauausstellung in Hamburg zuckte es wieder in den Fingern und Portemonnaie und ich schlug beim Vosper-Schnellboot zu. Das hatte ich mit etwa 13 schon einmal gebaut – schwimmfähig und badewannentauglich, sogar in mehreren Farben angemalt war es eins meiner Lieblingsmodelle gewesen. Und wie fast alle anderen irgendwann entsorgt worden. Der Bausatz stammt aus dem Jahr 1972 und gibt das sogenannte 73 – Fuß – Boot vom Typ I wieder, wie es im 2. Weltkrieg weit verbreitet eingesetzt wurde. Das von Revell als Vosper Torpedoboot vertriebene Modell hingegen geht übrigens auf die US-Fernsehserie „McHale´s Navy“ zurück; es ist ein Boot, das nach britischen Plänen in den USA gebaut wurde und von dem viele in die UdSSR exportiert wurden – kein Boot der Royal Navy. Ich guckte mir den Bausatz an, fand relativ wenig „Flash“, einige Sinkstellen und zahlreiche Auswerfermarken, schön viele Einzelteile mit mäßiger, aber ganz netter Detaillierung. Und so wanderte der Karton in den großen Stapel und könnte heute noch dort geruhsam verstauben, wenn ich nicht etwa zu der Zeit im Airfix Tribute Forum aktiv geworden wäre; das ist eine sehr nette Website für hoffnungslose Airfix-Enthusiasten, die ich nur empfehlen kann. Und irgendwann entschloß ich mich, an einem der dortigen „Group Builds“ teilzunehmen. Zufällig ging gerade am nächsten Tag einer in Sachen Vosper MTB los, und so ergab es sich, daß ich mein derzeitiges Projekt (dem das auch gut tat) kurzfristig unterbrach und umgehend gewaltig loslegte. Ich beschloß, so weit wie möglich aus dem Kasten zu bauen und habe diesen Entschluß auch größtenteils eingehalten. VorbereitungenIch begann damit, im Netz nach Unterlagen zu suchen. Dave, der Betreiber des Airfix Tribute Forum, ist in mühsamer Arbeit dabei, alle Folgen des Airfix Magazines auf seiner Seite in PDF-Form zum Download anzubieten, und neben Wikipedia und einer Google-Bildersuche war das mein Ausgangspunkt. Zudem schaute ich wegen der zu benutzenden Farben in dem sehr instruktiven Artikel von Alan Raven über britische Tarnschemata nach, der auf John Snyders Seite zu finden ist. Meine Schlussfolgerungen aus diesen Quellen waren die folgenden:
ZusammenbauRecherchen zur FarbgebungDas Boot sollte später einmal in ein Diorama kommen, also würde ich vorerst keine Besatzungsfiguren und Flaggen anbringen. Die Bemalungsvorschriften aus Alan Ravens Artikel und die Zeichnung aus seinem Buch „Warship Perspectives Camouflage Vol. 3: Royal Navy 1943-44“ gaben mir einen guten Eindruck von den zu verwendenden Farben und ihrer Anordnung, jedoch keinen kompletten. Das Prinzip hinter der Tarnung war es, das Boot von oben möglichst einheitlich dunkelgrau und von der Seite möglichst einheitlich hellgrau wirken zu lassen. Dazu wurden die aufgrund ihrer Form im Schatten liegenden von der Seite sichtbaren Bereiche weiß gestrichen, um einen ähnlichen Helligkeitswert wie die grauen Bereiche abzugeben. Das nannte man Countershading (= Gegenschattieren). So wurden die oberen Drittel der Torpedorohre dunkelgrau, das mittlere Drittel hellgrau und das untere Drittel weiß gestrichen. Die verwendeten Farben waren B15, G45 und Weiß. Allerdings war der größte Teil der Decks mit einer Gummimischung beschichtet, die eine andere Farbe als das B15 hatte. Die korrekten Farbtöne führt White Ensign Models in seiner Colourcoats–Farblinie, allerdings als Emailfarben. Die besten Resultate erzielt man hier übrigens mit dem Verdünner von Xtracolor; mit anderen Verdünnern lassen sich die Colourcoats deutlich schlechter verarbeiten. Ich habe übrigens mangels B15 G10 verwendet und AP507C für die Stahldecks – mit verschiedenen Airbrush-Schattierungen kam das für mein Auge gut hin. Das Weiß für den Rumpf wurde mit Bedacht nicht komplett deckend aufgetragen, um realistischer zu wirken. Lackierung und DetailbemalungDer Bereich der Rumpfnummer wurde hochglanzlackiert. Nach dem Trocknen wurden die Decals aufgebracht; diese erwiesen sich airfixtypisch als empfindlich, brüchig und sehr matt. Ein weiterer Überzug mit Hochglanzlack beseitigte die Mattigkeit, und nach einem Mattlacküberzug wirkte die Rumpfnummer fast wie aufgemalt. Das Boot wurde größtenteils aus dem Kasten gebaut, und es ging ziemlich schnell. Die Auspuffrohre wurden durch Aluminiumröhrchen angedeutet, die Stützen der Geschützplattform mit einer Feinsäge sowie einer Minischleifmaschine mit Hartmetallfräse abgetragen. Das Ruderhaus wurde als Unterbaugruppe erstellt und erst später am Deck befestigt, um die Bemalung zu erleichtern, ebenso wie die Torpedorohre. Nach Befestigen der Auspuffrohre wurde der Rumpf im Ganzen zusammengebaut. Einiges Spachteln ließ sich dabei nicht vermeiden, ich verwendete Mr Surfacer 500 von Gunze. Die Bemalung erfolgte soweit möglich mit der Airbrush, abgeklebt wurde mit Tamiya Tape. Die Decksfittings wurden mit dem Pinsel bemalt. Die Klarsichtteile für die Bullaugen und Brückenfenster wurden weggelassen, diese Öffnungen wurden ganz zum Schluß mit Kristal Kleer (anderer Weißleim geht auch) gefüllt.
Die Torpedorohre mussten verspachtelt und verschliffen werden, die Öffnungen mußten mit der Fräse erweitert werden, da sie für die Torpedoköpfe zu eng sind – hier kann man sonst leicht die Mittelnaht beim Versuch des Einbaus sprengen. Die Tarnlackierung wurde wie folgt erstellt: Zuerst wurde die gesamte Baugruppe weiß gespritzt. Nach dem Trocknen wurde der untere Teil leicht abgeklebt und G 45 gespritzt. Dieses wurde wiederum leicht abgeklebt und das obere Drittel vorsichtig dunkelgrau gespritzt. Daraufhin konnte der Sockel von Hand G 45 bemalt werden. Die Gefechtsköpfe der Torpedos wurden mit Vallejo–Acrylfarbe dunkel sandfarben bemalt, der Aufschlagzünder silbern. Die diversen Waffen wurden versäubert, dunkelgrau bemalt und mit Model Master Titan Metalizer trockengemalt. Visiere entstanden aus einem sehr nützlichen 1:250er Ätzteilbogen von Scheuer & Strüver, sie sollten eigentlich mal Kabeltrommeln werden. Man könnte sehr gut die Oerlikon und die Lewis Guns durch Resinteile z.B. von Great Little Ships ersetzen, aber ich habe sie aus dem Kasten angebaut. Wie immer ist nach oben in Sachen Einsatz und Detaillierung die Grenze für jeden individuell angesiedelt. Die vorderen „MGs“ sind im Original Leuchtgranatenwerfer vom Typ Holman und sollten eigentlich mit dickeren Rohren umgebaut werden, aber das habe ich (vorerst) unterlassen. Sie sind aber nur aufgesteckt und lassen sich leicht ersetzen. Die zahlreichen Lüfter wurden zusammengebaut, verspachtelt, verschliffen und vorsichtig innen ausgefräst. Dann konnten sie in G45 grundiert und im Tarnmuster bemalt werden. Der Mast wurde bis auf den obersten Teil, der ziemlich dick, krumm und nicht rund im Querschnitt war, und bis auf die Radar-Dipole, aus dem Kasten verwendet. Die Dipole wurden mit den Bausatzteilen als Muster aus Kunststoffprofilen und Messingdraht von Lion Roar nachgebaut, das Oberteil des Masts ist ein Stück Stahldraht. Die Signalrah ist ein Stück Draht aus einer Stahlbürste. Eine solche Bürste reicht vermutlich für ein Modellbauerleben in Sachen Masten und Rahen; der Stahldraht ist schön stabil und eignet sich sehr gut. Ansonsten empfehle ich gedrehte Masten, z.B. von BMK. Die Bemalung wurde komplettiert mit dem Anbringen des weißen Countershadings an allen im Schatten liegenden Bereichen, also unter der Geschützplattform, den Bereitschaftsmunitionskästen, unter dem Windabweiser an der Brücke, an den Unterseiten der Lüfter usw. usf. Ich benutzte hier kein strahlendes Weiß, sondern RAF – White von JPS Modell, das ein gebrochenes Weiß ist und mir stimmiger erschien. Reinweiß wurden nur die Relingsstützen, die Geschützreling, die Rumpfseiten sowie der Mast bemalt, aber in allen Fällen wurde dieses Weiß durch nicht deckendes Aufbringen oder Trockenmalen auch abgeschwächt. Die einzigen Farbtupfen an dem Boot sind die Positionslichter und der Flaggenschrank, den ich mit zahlreichen Tupfen von Weiß, Rot und Blau versah, um die verschiedenen gefalteten Signalflaggen darin zu simulieren. Endmontage
Nun kam der Punkt, an dem die einzelnen Baugruppen zusammenkommen. Nach dem Anbringen z.B. des Ruderhauses verbleibende Spalten wurden mit Weißleim gefüllt. In diesem Stadium wurden auch die Wellen, Schrauben und Ruder angebracht. Die Schrauben erforderten einiges an Nacharbeit. Bemalt wurden sie mit abgedunkelter Goldfarbe, um dem Bronzefarbton näher zu kommen. Die Schrauben für kleinere britische Einheiten wurden im Krieg übrigens von Glockengießer–Werkstätten hergestellt. Der Anker wurde ähnlich wie die Geschütze dunkelgrau und mit Titan-Metalizer bemalt, hier wurde aber in die frische graue Farbe noch Backpulver eingestäubt, um Verkrustungen zu simulieren. Eine Öse aus Draht und ein aufgeschossenes Ankerseil komplettierten den Anker. Nach Anbringen aller Relingsstützen, des Masts, der diversen Klampen und Augbolzen (nebst einiger selbst aus verdrilltem Draht angefertigten) wurde die Bemalung überprüft und wo sinnvoll korrigiert. Dann erhielt das gesamte Modell einen Überzug aus mattem Klarlack. Nach dem Trocknen wurde es durch Trockenmalen mit Ölfarbe, durch Betonen von Kanten mit Bleistift und durch Aufbringen von Pastellkreiden gealtert. Wie immer stellt sich diese Alterung auf den Fotos als stärker dar als in der Realität, sie wurde deshalb teils abgeschwächt. Die Takelung erfolgte mit elastischem Garn aus dem häuslichen Nähkästchen, das mit Sekundenkleber verklebt und mit mittelgrauer Acrylfarbe bemalt wurde. Zu guter Letzt wurden die Bullaugen und Fenster mit Kristal Kleer ausgefüllt. Nach knapp zwei Wochen konnte ich dieses Projekt (vorerst) abschließen und bin neugierig, wann ich mich an das geplante Diorama in voller Fahrt herantrauen werde! Weitere Details
Frank Spahr Publiziert am 11. November 2009 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |