Dornier Do 335 B-2von Roland Sachsenhofer (1:48 Tamiya)Zwei Modelle, ein Flugzeug!
Die Idee, ein und dasselbe Flugzeug in zwei unterschiedlichen Lackierungen darzustellen, welche die Maschine zu unterschiedlichen Zeitpunkten getragen hat, kann modellbauerisch an sich schon ein reizvolles Vorhaben sein. So richtig interessant wird die Sache allerdings, wenn die Geschichten hinter den beiden Lackierungen jeweils Spannendes zu erzählen haben - und genau das ist, das darf ich hier schon einmal versprechen, bei der hier vorliegenden Do 335 B-2 M-14 mit der W/Nr. 230014 der Fall!
Im folgenden Artikel möchte ich die Geschicke der M14 von ihrer Fertigstellung im November 1944 bis zur Übernahme durch die französischen Streitkräfte im April 1945 beleuchten. Ein bald folgender Bericht wird sich dann mit dem „zweiten Leben“ der M14 in französischen Farben beschäftigen. Der Hintergrund dazu: Tamiya hat in der Ausgabe der Do 335 B die Decals für die Markierungen der beiden Lackierungszustände beigelegt und so dieses Vorhaben ermöglicht.
Eines noch vorneweg: für Verwirrung können die vielen möglichen Bezeichnungen einer Do 335 sorgen. Neben der Typbezeichnung, der Werknummer sowie dem Stammkennzeichen – in diesem Fall RP+UQ - wird dieses Flugzeug Euch mit dem Kürzel „M14“ benannt. Diese Bezeichnung geht auf eine Mitte Dezember 1944 erlassene Direktive zurück. Bis dahin waren Versuchsflugzeuge mit einem vorangestellten V bezeichnet worden, nun wurde zum Buchstaben M als Präfix gewechselt. Der Grund lag in einer drohenden Verwechslung: V stand zwar für „Versuch“, konnte aber leicht mit dem V im Namen der damals von der Propaganda hochgehaltenen „Vergeltungswaffen“ verwechselt werden. Der Schwenk zum M für „Muster“ sollte für Klarheit sorgen. Die beiden Mustermaschinen M13 und M14 der B-Serie waren die ersten Exemplare, die nach dem neuen System benannt wurden. Zur Do-335 B-2, W/Nr. 230014, M14
Gefertigt wurde die Maschine im November 1944 im bayerischen Oberpfaffenhofen. Wie schon angesprochen, war die M14 von Beginn an als Musterflugzeug der neuen B-Version, also für die „Zerstörer“- beziehungsweise schwere Tagjäger-Variante der Do 335, ausgelegt. Gleich wie bei der zur selben Zeit gefertigten M13 wies die Maschine alle Merkmale des geplanten „Zerstörers“ auf: zwei 30 mm MK 103 mit Magazinen für je 70 Schuss wurden mittels großzügiger aerodynamischer Verkleidungen in die Tragflächen eingebaut, eine dritte MK 103 konnte als Motorkanone zwischen die Zylinderbänke des vorderen Motors montiert werden.
Ergänzt wurde diese eindrucksvolle Bewaffnung noch mit den schon von der A-Version bekannten zwei 20 mm MG 151 im Bug. Zum Einsatz dieser Waffen stand in der B-2 das neuartige EZ 42 Kreiselvisier zur Verfügung. Dieser analoge Rechner berücksichtigte unter anderem automatisch die Eigengeschwindigkeit, um so einen effektiven Vorhaltewinkel anzeigen zu können.
Die Veränderungen waren aber nicht nur äußerlich: anstelle der beiden inneren, je 310 Liter fassenden Flügeltanks, die den beiden MK 103 hatten weichen müssen, wurden kleinere 220 Liter fassende Tanks in den äußeren Flügelsektionen eingebaut. Die Reichweite konnte mit zwei 310 Liter Abwurftanks unter den Flächen noch weiter erhöht werden. Wie schon bei der A war intern in einem Bombenschacht Platz, um entweder eine Bombenlast von 500 Kilogramm oder die Entsprechung als zusätzlicher Treibstoff mitzuführen.
Das durch die schwere Bewaffnung gestiegene Gesamtgewicht machte den Einbau eines größeren Bugrads notwendig; dieses wurde nun auch beim Einfahren um 45 Grad gedreht, um im begrenzten Raum unter dem vorderen DB 603 E-1 Motor untergebracht werden zu können. Verstärkt wurden bei der B-Version auch die Stoßdämpfer des Hauptfahrwerks.
Ein weiteres Erkennungsmerkmal der B-Version findet sich in einer neuen, überarbeiteten Form der Kabinenhaube. Diese zeigt nun eine charakteristische Mittelkante, welche das dynamische und schnittige Auftreten der Do-335 zweifelsohne noch verstärkt hat. Die neue Formgebung hatte aber wohl nicht nur ästhetische Gründe: im Unterschied zur A-Version waren die Frontscheiben des „Zerstörers“ nun gepanzert.
Die beiden B-Serien-Prototypen M13 und M14 unterschieden sich nur in wenigen Details. So waren bei der M14 weder eine Schießkamera in der rechten Flächenvorderkante noch der Ring eines Peilgeräts am Rumpfrücken zu finden. An der M14 dürfte auch nie die durch die Propellernarbe feuernde dritte Maschinenkanone MK 103 montiert gewesen sein.
Die B-Version ist neben der ursprünglichen Do 335 A die einzige tatsächlich gebaute Variante von Dorniers überragend schnellem Jäger - zumindest in Form zweier Musterflugzeuge. Die geplante Serienfertigung der „Zerstörer“-Version konnte wegen des Kriegsendes nicht mehr verwirklicht werden. Im April 1945 erbeuteten die Amerikaner beide Maschinen in Oberpfaffenhofen, wenig später wurde die M14 gemeinsam mit der M17, dem Prototypen eines zweisitzigen, mit einem Neptun-Radar ausgestatten Allwetterjägers, an die Franzosen übergeben.
Zwei Modelle, ein und dasselbe Flugzeug: Tamiya hat diese modellbauerische Abwechslung mit diesem Bausatz ermöglicht: in der Schachtel finden sich die Markierungen der M14 von 1944/45 sowie von 1945 bis 1949. Besitzt man zwei Bausätze, kann man also diesen interessanten Vergleich ohne weiteren Aufwand verwirklichen! Zum Bausatz/ zum Bauprozess
Tamiyas Ausgabe der Do 335 hat auch mich mit all jenen Qualitäten erfreut, die diesen Bausatz nun schon seit Jahren beliebt und bekannt gemacht haben: bestechend ist schon einmal der perfekte Sitz und Passung der Teile. An einer Stelle der Bauanleitung wird verdeutlicht, dass Tragflügel und Rumpf soweit ineinander geschoben werden müssen, bis ein „Klick“ zu hören sei: dies ist kein leeres Versprechen und trifft – bildhaft - auf alle Teile zu; Spalten und Gräben sucht man hier vergeblich.
Qualitativ hochwertig ist auch der Grad der Detaillierung: die auf das Jahr 2000 zurückgehenden Teile zeigen an allen entscheidenden Bereichen fein ausgeführte und präzise gegossene Strukturen. Ein besonderer Höhepunkt ist diesbezüglich das Cockpit! Eduard bietet meines Wissens nach kein Ätzteilset zur weiteren Detailierung an, auch das ist für mich ein Hinweis auf die Güte von Tamiyas Darstellung. Ich habe bei der Gestaltung der Innenbereiche daher auch nur die Gurte ergänzt, alles andere, inklusive des Decals für das Instrumentenbrett, stammt aus der Schachtel.
Die dem Bausatz beiliegenden Decals für die beiden Varianten der M14 sind wunderbar zu verarbeiten und machen auch bei den heiklen Stellen keinerlei Probleme. Ein solche findet sich etwa an der Unterseite der Lufthutze für den hinteren DB 603. Hier muss sozusagen „kopfüber“ auf engem Raum ein Schiebebild auf stark gebogenem Untergrund angebracht werden - dank der Stabilität und Feinheit des Trägerfilms war aber ein schönes Ergebnis leicht zu bewerkstelligen.
Ein wenig Raum zum Nachdetailieren habe ich trotzdem noch gefunden: die Hydraulikleitungen an den Fahrwerksbeinen wurden ebenso ergänzt, wie Ätzteil-Gurtzeug ins Cockpit gewandert ist. Gänzlich neu fabriziert habe ich dagegen das Pitotrohr. Hierzu wurden Spritzenkanülen unterschiedlichen Durchmessers ineinander geschoben.
Abschließend darf ich sagen, dass ich mich nach diesen Bauerfahrungen gern der großen Gemeinde der Freunde von Tamiyas Do 335 anschließe; wenn top-Bausatzformen und eine interessante Vorbildauswahl zusammentreffen, ist Baufreude und Zufriedenheit garantiert!
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 09. Juli 2022 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |