Postkutsche "Wells Fargo"von Frank Barkhofen (1:10 Amati)Es ist fast zehn Jahre her, dass ich für meine Frau eine "Wells Fargo" Concorde-Postkutsche gebaut habe. Das war mehr oder weniger mein Einstieg in den statischen Modellbau, nach vielen Jahren in der RC-Ecke. Basis war ein schöner Multimedia-Bausatz von Amati in 1:10, an dem ich aber noch weitere Details ergänzt habe. Multimedia ist hier wörtlich zu nehmen, der Bausatzinhalt umfasst tolles gelasertes Walnussholz, Sperrholz verschiedener Stärken, Mahagoni, MDF, viele Holzleisten, Ätzteile verschiedener Stärken aus Messing und anderem Metall, Fensterfolie, Leder und Schaumstoff für die Sitze, Tapete, goldene Decals, Kupferrohre und, und, und... sogar gedrechselte Holzfässchen aus dem Schiffsmodellbau als Whiskyfässer! Dazu kommt ein großer Stapel Papier in Form von zehn Plänen A2 in hochwertigem Druck und einem Handbuch in englischer Sprache. Der deutsche Importeur Krick war so nett, noch eine Übersetzung beizulegen. Die Kabine und das Fahrgestell habe ich nach Anleitung gebaut. Dabei ergibt sich durch die gelaserten Sperrholzteile eine sehr realistische Form. Nur die Scharniere der Türen waren mir zu einfach und wurden ersetzt. Für die Innenausstattung der Kabine liegen zwei verschiedene Kunstdrucke als Tapeten bei. Für die Polsterung sind Schaumstoff und Kunstleder mit einem Vlies im Rücken vorgesehen. Da mehr als genug Material vorhanden war, habe ich auch die seitlichen Stoßschutzpaneele, z. B. in den Türen, damit beschichtet. Anstatt die Mahagoni-Sperrholzteile in der Lederfarbe zu streichen, wie im Bausatz vorgesehen, habe ich den Vlies stark um die Kanten gezogen und mit Sekundenkleber getränkt. Nach Aushärtung half mir ein scharfes Skalpell, die Kante zu beschneiden.
Das Fahrgestell aus Walnussholz und vielen Ätzteilen ist sehr schön konstruiert und ermöglicht eine funktionsfähige Lenkung und Bremse. Dabei stellen sehr kräftige Ätzteile die Metallbeschläge des Originals sehr gut da. Eigentlich ist es viel zu schade, die Holzteile zu lackieren (das erste mal mit einer Airbrush), aber es sollte am Ende schon wie das Vorbild aussehen, denn die Postkutsche ist regelmäßig im Vorspann einer amerikanischen Fernsehserie zu sehen. So bin ich auch die schwarzen Trennstellen des Lasers losgeworden. Wenn man diese verschleift, könnte es zu Passungsproblemen mit den Ätzteilen etc. kommen. Nach der Lackierung habe ich die goldenen Decals aufgebracht, ein echtes Highlight des Kits, gerade auch bei den schönen Türgemälden.
Der Unterschied zwischen einem Pferdewagen und einer Kutsche ist die Federung. Da bereits einige Teile der Kutsche funktionsfähig gestaltet sind, wollte ich auch eine Besonderheit der Concorde-Kutschen (Concorde war der Hersteller, Wells Fargo ein Betreiber) zeigen: die Federung der Kabine durch mehrere Lagen Stierhäute (Leder), das den Pferden und Insassen das Quietschen ersparte. Ich habe schmale Lederstreifen geschnitten und zu zwei Paketen verklebt (6 laufende Meter Klebenaht!), in den inneren Lagen mit einem Faden gegen Recken gesichert. Mit Ätzteilen verstärkt und in das Gestell aus Ätzteilen eingehängt, kann darauf nun vorbildgetreu die Kabine schaukeln. Amati hatte für das Lederpaket zwei Teile aus gelasertem MDF vorgesehen. Die Räder sind aus Holzleisten in gelaserten mehrschichtigen Rahmen, allerdings ist es recht mühsam, alle Speichen im Mittelteil gleichmäßig in eine achteckige Form zu schleifen. Auch die Radnaben habe ich verändert und Metallreifen aus verlöteten Messingstreifen ergänzt. Der Bausatz enthält auch mehrere Gepäckstücke. Für Gurte und Teile des Gepäck ist ein Lederimitat auf Papier gedruckt. Die Schnallen und Beschläge sind als Ätzteile enthalten. Ich konnte allerdings nicht an mich halten und habe die bereits erwähnten gedrechselten Fässchen heftig modifiziert. Die Ringe habe ich abgeschliffen, mit einem dünnen geätzten Sägeblatt Bretter simuliert, gebeizt und neue Reifen aus Metall aufgezogen. Die sehen nun deutlich besser aus, gerade bei dem großen Maßstab. Auch das "Wells Fargo" Schatzkästchen ist samt Beschlägen und Schloss aus dem Bausatz, ich habe nur die Beschriftung ergänzt.
Ein weiteres Highlight sind zwei Winchester 1886 und 1873. Die sind mit vielen Ätzteilen, Holz und Kupferrohren als Läufe (die habe ich brüniert) schon Bausätze für sich, auch hier habe ich leichte Modifikationen vorgenommen. Eine ausführliche Vorstellung des Bausatzes gibt es hier, und damals hatte ich auch meinen allerersten Baubericht verfasst. Die Grundplatte besteht aus einem Bilderrahmen, den ich mit einem Dielenboden aus Roteiche-Furnierleisten, mit einem Faden als Naht (Danke an die Schiffsmodellbauer für diese Idee), belegt habe. So könnte die Postkutsche restauriert in einem Foyer einer Wells Fargo Filiale stehen. Die platzsparende Anordnung der Deichsel unter der Kutsche habe ich mir im "Mecklenburger Kutschenmuseum" abgeschaut, was übrigens unbedingt einen Besuch wert ist! FazitDas war ein wunderbares Projekt, seit dem ich gern mit Holz arbeite. Amati hat einen schönen Bausatz zusammengestellt, dem man ihre Erfahrung im Schiffsmodellbau anmerkt. Die Kutsche ziert nun unser Wohnzimmer.
Frank Barkhofen Publiziert am 22. November 2021 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |