Grumman J2F-5 Duckvon Roland Sachsenhofer (1:48 Merit)Zur Grumman J2F-5 Duck
Die endenden Zwanziger- und beginnenden Dreißigerjahre haben eine ganze Reihe interessanter Flugzeugkonstruktionen hervorgebracht, deren Reiz aus heutiger Sicht in ihrem Charakter als technische Hybride besteht. In jenen Tagen kamen die bewährten konstruktiven Konzepte der ersten beiden Jahrzehnte der Fliegerei an ihre Grenzen: die Aerodynamik des Doppel- oder Mehrdeckers war ausgereizt, offene Cockpits und starre Fahrwerke wurden vom alternativlosen Standard mehr und mehr zu einem Hemmschuh, wenn es darum ging, die Leistungen noch weiter voran zu treiben zu können.
Fortschritte in der Motorentwicklung wie der Metallverarbeitung forderten neue Konzepte, um ihre Potentiale voll entfalten zu können. Die 1933 erstmals geflogene Grumman Duck gibt ein gutes Beispiel für diese Übergangszeit ab. Ausgestattet mit einem 1.050 PS leistenden P&W R 1820-54 Sternmotor war die Konstruktion zwar noch als Doppeldecker ausgelegt, wies aber ein einziehbares Fahrwerk sowie einen mit Aluminium-beplankten Rumpf auf. Die dreiköpfige Besatzung saß in einem vollständig geschlossenen Cockpit beziehungsweise im geschlossenen Rumpf. Die Tragflächen sowie alle Ruder waren dagegen noch stoffbespannt.
Der kraftvolle Antrieb machte die Duck trotz ihres klobigen Erscheinungsbildes zum schnellsten Doppeldecker im Arsenal der US-Streitkräfte. Ihre eigentliche Reputation wurde aber durch ihre Vielseitigkeit begründet: als amphibisches Flugzeug war sie uneingeschränkt ebenso für den Betrieb von Land aus geeignet wie für Starts und Landungen im Wasser. Der im Heck montierte Fanghaken weist darauf hin, dass die Duck auch als Trägerflugzeug eingesetzt werden konnte; eine übrigens oft genutzte Praxis. Auch in dieser Hinsicht zeigte sich die Konstruktion als ein wahrer Hybride.
Der in den Rumpf integrierte zentrale Schwimmer platziert die Konstruktion in eine interessante und nicht oft bespielte Nische zwischen Wasserflugzeug und Flugboot, wobei die Formgebung die Konturen des auf den Schwimmkörper aufgesetzten Landflugzeuges gut nachvollziehbar macht. Diese formale Hybridisierung lässt die Grumman Duck recht einmalig werden, ein vergleichbares Flugzeug wird sich so schnell nicht finden lassen.
Dieses einmalige Aussehen geht vor allem auf den Erfindergeist von Grover Loening zurück, eines seit den 1910er Jahren recht erfolgreichen Flugzeugkonstrukteurs, der in enger geschäftlicher Verbindung zu Leroy Grumman stand.
Loening hatte schon zu Beginn der 20er Jahre mit der „Loening OL“ ein Flugboot entwickelt, dass alle Merkmale der späteren Grumman Duck zeigen sollte. Es ist einen Blick in die Bildarchive wirklich wert, um zu sehen, wie konsequent Loening die Ideen des in den Rumpf integrierten Schwimmers in Kombination mit einem Einziehfahrwerk verfolgt hat, um sie schließlich bei der Grumman Duck zu einem krönenden Abschluss bringen zu bringen.
In der von Loening 1928 gegründeten Grover Loening Aircraft Company arbeiteten mit Leroy Grumman, William T. Schwendler und Jake Swirbul jene Persönlichkeiten, die wenig später die Grumman Aircraft Corporation gründen sollten. Loening selbst hatte sich zu diesem Zeitpunkt aus der Flugzeugproduktion zurückgezogen und verkaufte anstelle dessen die Patente seiner Entwürfe an interessierte Hersteller. Mit Grumman stellte sich in Folge eine rege Zusammenarbeit ein.
So sehr die J2F Duck von Loenings Entwurf geprägt war, so zeigte sich an einer Stelle eine Besonderheit, die auf Leroy Grumman zurückgeht. Der Mechanismus des charakteristischen Einziehfahrwerks der Duck geht direkt auf jenes der Grumman F2F/ F3F zurück, eines in größerer Stückzahl gebauten Jagd-Doppeldeckers mit einziehbarem Fahrwerk.
Das neue Muster wurde ab 1933 unter der Bezeichnung Grumman JF Duck gebaut und bei US-Navy, Marines und der Coast Guard als Aufklärer, zur Seeraumüberwachung, zur U-Bootjagd und natürlich für die nobelsten Aufgabe, die Seenotrettung, eingesetzt. 1935 erfolgte eine Überarbeitung des Entwurfes, deren Resultat ihre Vorgängerversion ablöste und als J2F-2 Duck in Serie ging.
Auch wenn das bullige Äußere eine größere Dimension vermuten lässt, so beansprucht die J2F doch keine „Übergröße“: 10,40 m Länge stehen einer Spannweite von 11.90 m gegenüber. Interessant ist bei dieser Konstruktion auch die Höhe: 4,40 m lassen die J2F in beeindruckende Dimensionen wachsen. Die maximale Startmasse des Dreisitzers beträgt 3.043 kg, die Reichweite wird mit 2.408 Kilometern angegeben.
In insgesamt fünf Hauptvarianten gefertigt war dem vielseitigen Entwurf ein langer Produktionszeitraum beschieden: bis 1945 wurden insgesamt rund 550 Exemplare der J2F Duck ausgeliefert. In Verwendung bei den US-Streitkräften blieb das Muster gar bis 1955.
Mit Abstand waren die J2F-5 sowie die J2F-6 mit je 144 beziehungsweise 330 gebauten Maschinen die meistgebauten Versionen. Mein Modell zeigt eine 1941 geflogene J2F-5 der „Fleet Airphotographic, Unit Atlantic 3“. Die Abzeichen dafür stammen aus dem Bausatz. Zum Bausatz
Die Marke „I love Kit” hat die Formen der Grumman Duck von Merit neu aufgelegt - und zwar buchstäblich eins zu eins. So sind auch die beiliegenden Markierungsversionen beziehungsweise die Decalbögen mit jenen bei Merit ident.
Die Teile selbst machen schon auf den ersten Blick einen guten Eindruck: sauber und so gut wie ohne Grat gegossen und mit angemessenen, ja sogar hervorragenden Details geformt, versprechen sie ein problemarmes Bauvergnügen.
Dieser positive Eindruck hat sich während des Baufortschrittes auch weitestgehend bestätigt, wobei ich allerdings für die weitere Detailierung innen wie außen auf die entsprechenden Ätzteilsätze von Eduard zurückgegriffen habe. Dies möchte ich rückblickend auch durchaus empfehlen, das Erscheinungsbild dieses im Original recht komplexen und detailreichen Flugzeuges gewinnt dadurch doch ganz enorm.
Zusätzlich zu den Ätzteilen kam für die Nachdetaillierung auch das „rigging wire“ Set von SBS Model zum Einsatz. Genauer gesagt: die „aerodynamischen Drähte“ für die Verspannung des zentralen Baldachins sowie für jene der beiden Schwimmer wurden dem Set entnommen, die zwölf Spanndrähte zwischen unterer und oberer Fläche habe ich nach bewährter Methode jedoch in Eigenregie gefertigt.
Dazu wurden je zwei Bohrungen, entsprechend jedem Drahtende, gesetzt, wobei eine der beiden Öffnungen durch das Material gebohrt wurde. Dies dient dem Vorhaben, an dem einen Ende den Spanndraht mit einem Tropfen CA-Kleber zu ankern, um dann das andere Ende, durch die durchgehende Bohrung geführt, ebenfalls mit CA-Kleber fixieren zu können. Während der wenigen Sekunden, die der Cyanacrylat-Kleber zum Aushärten benötigt, wird entsprechend Zug auf den Draht ausgeübt.
Diese Technik wende ich überall dort an, wo durch die Länge des Drahtes ein Durchhängen desselben wahrscheinlich scheint. Bei den kurzen inneren Streben des Baldachins und der Schwimmer genügt es dagegen, die zugerichteten Flachdrähte bloß in die Ankerlöcher zu stellen.
Eine weitere Besonderheit dieses Baues besteht im Ersatz der Bausatz-Kanzel durch eine Vacu-Kanzel von Squadron. Tiefzieh- Kanzeln versprechen immer ein wenig Abenteuer, aber bei diesem Projekt ging alles ohne Probleme über die Bühne. Der Grund für diesen Aufwand findet sich nicht in einer etwaigen mangelnden Qualität des Bausatz-Klarteiles - dieses ist exzellent gegossen - sondern in zwei betrüblichen Eigenheiten: zum einen liegt die Kanzel einteilig vor und kann daher nur geschlossen gezeigt werden, zum anderen ist die vorderste Partie falsch geformt. Anstelle einer zentralen mittleren Strebe und einer kantigen Dachform wird die Windschutzscheibe rund und ungeteilt dargestellt.
Besonderes Augenmerk legte ich bei der Lackierung auf eine dezente, aber doch fühlbare Abwitterung der Oberflächen, Dies erscheint mir gerade bei vermeintlich einfarbigen Flugzeugen besonders interessant. Um dies zu erreichen, habe ich in mehreren Lagen leichte Abwandlungen der Oberflächenfarbe aufgetragen, dazwischen wurden Teile davon mit aufgetupftem Abdecklack vor dem nächsten Farbton geschützt. Zum Schluss konnten die geschützten Partien abgerubbelt werden, um dann eine lebendige Oberfläche sichtbar werden zu lassen.
Wer dem Zauber des Anblicks einer Grumman J2F Duck erlegen ist, wird sich auch von dieser 48-fach verkleinerten Wiedergabe begeistern lassen, die Bausatzteile von Merit bieten dafür eine wirklich gute Ausgangsbasis. Ein wenig Mehraufwand ist dabei eine gute Investition, die Rendite in Form eines wirklich außergewöhnlichen und eindrucksvollen Flugzeugmodells ist einem sicher!
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“ Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 02. Oktober 2021 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |