DFS 230von Roland Sachsenhofer (1:72 RS Models)
Die Segelfliegerei hatte in Deutschland von den Pioniertagen der Fliegerei an stets eine besondere Rolle gespielt. in Verbindung mit der militärischen Aufrüstung des NS-Regimes sollte die Schönheit des lautlosen Flugsports jedoch rasch von der militärischen Instrumentalisierung der Segelfliegerei überschattet werden Zur DFS 230
Nachdem nach Kriegsende 1918 von den alliierten Siegermächten die motorisierte Fliegerei in Deutschland ausnahmslos verboten worden war, bot sich mit der Segelfliegerei nicht nur ein rechtliches Schlupfloch, sondern auch eine Möglichkeit, Widerstand gegen diese rigiden Bestimmungen der Siegermächte zum Ausdruck zu bringen. Dermaßen popularisiert erfreute sich der Segelflugsport im Deutschland der 1920er Jahre großer Aufmerksamkeit. Zahlreiche Bestleistungen und Rekorde zeugten alsbald vom technischen wie fliegerischen Können der beteiligten Ingenieure und Piloten.
Die 1927 aus der „Rhön-Rossitten Gesellschaft“, einer Vereinigung führender Flugpioniere und Ingenieuren, hervorgegangene DFS (Deutsche Forschungsanstalt für Segelflug) muss ebenfalls vor dem Hintergrund dieser aufgeladenen Begeisterung für den Segelflug gesehen werden.
Die Forschungsarbeit der DFS war in mehrere Institute gegliedert; prominent waren etwa die Abteilungen für die Entwicklung rumpfloser Flugzeuge, dem langjährig Alexander Lippisch vorstand, oder die Abteilung zur Entwicklung des Segelflugs, die mit Hans Jacobs jene Persönlichkeit leitete, die den Entwurf der DFS 230 auf den Weg bringen sollte.
Interessant sind auch die Arbeitsgebiete anderer Institute: so wurde in eigenen Abteilungen die Entwicklung von Fluginstrumenten, der Erprobung des Flugzeugschlepps oder der Möglichkeiten der Luftbetankung thematisiert. Ab 1933 in der Nähe von Darmstadt ansässig, war mit der DFS zu Beginn der dreißiger Jahre ein international anerkanntes Zentrum der Flugforschung entstanden.
Das Verbot der Entwicklung von Militärflugzeugen bereitete den Boden für unkonventionelle Ideen - und das Militär war sich des Potentials des lautlosen Segelflugs schnell bewusst geworden. Aus der gemeinsamen Interessenslage entwickelte sich eine rege Zusammenarbeit der an Innovationen interessierten Luftwaffe mit dem umtriebigen Forschungszentrum DFS.
Im Oktober 1936 war eine hölzerne Attrappe eines Lastenseglers zum Transport von neun Luftlandesoldaten fertiggestellt, schon 1937 erfolgte der Erstflug des nun DFS 230 genannten Seglers. Im Frühjahr 1940 erfolgte die Auslieferung der ersten Serie der DFS 230, gerade rechtzeitig zum Beginn des „Westfeldzugs“.
Die DFS 230 bestand im Wesentlichen aus einem mit Stoff bespannten Stahlrohrrahmen, an dem einholmige Tragflügel großer Streckung ansetzten. Deren Profilvorderkanten waren mit Sperrholz beplankt. Eine Besonderheit fand sich im abwerfbaren Fahrwerk, das nur für den Start genutzt wurde. Die Landung erfolgte dagegen in jedem Fall auf einer großen gefederten Kufe, die zentral unter dem Rumpf montiert war.
Die neun Luftlandesoldaten saßen auf einer gepolsterten Bank in Flugrichtung dicht an dicht hintereinander. Nach der Landung erfolgte der Ausstieg über zwei großen Öffnungen im Rumpf - die Bezeichnung „Türen“ würde hier irreführen - sowie über die nach rechts öffnende Kabinenhaube des Piloten.
Spätere DFS 230 besaßen zur Unterstützung der Luftlandung sowie zum Eigenschutz zwei Maschinengewehre. Eines war dabei in Flugrichtung fix montiert, das zweite wurde von einem Schützen in dramatischer Pose - er stand mit dem Oberkörper hinter und über dem Piloten offen im Fahrtwind - bedient.
Für die Verkürzung der Landestrecke wurden auch am Bug montierte Bremsraketen sowie ein am Heck montierter und noch in der Luft geöffneter Bremsschirm eingesetzt. Die Wirkung dieser brachialen Bremsmethoden kann man sich wohl kaum dramatisch genug vorstellen!
Die DFS 230 konnte, abseits von Bremsraketen und Bremsschirm, mit recht ansehnlichen Flugleistungen aufwarten. Bei 11,24 m Länge und einer Spannweite von 21,98 m ging der Segler mit einem maximalen Startgewicht von 2.100 kg in die Luft. Die maximale Schleppgeschwindigkeit wird mit 210 km/h angegeben, auch die Gleitzahl 12 (vollbeladen) lässt die DFS 230 im Vergleich mit anderen militärischen Lastenseglern gut abschneiden.
Das hohe Pokern mit dem Überraschungspotential neuartiger Methoden der Luftkriegsführung sollte sich lohnen. Der erste große Einsatz der DFS 230 wurde zugleich auch einer der bekanntesten: die Landung auf und Einnahme des belgischen Sperrforts Eben Emael am 10. und 11. Mai begründete den Ruhm deutscher Luftlandetruppen ebenso wie den der DFS 230. Eingebettet in die Operationen der für die deutsche Seite so erfolgreichen „Blitzkriege“ bewährte sich die DFS 230 als Arbeitspferd luftmobiler Einheiten. Erst die desaströsen Verluste der Landung auf Kreta im Mai 41 zeigten deutlich, dass die Zeit erfolgreicher Luftlandeunternehmen in bisheriger Form abzulaufen begann.
Mit dem Entstehen der „Ostfront“ ergaben sich bald darauf Operationsräume, die neue Herausforderungen an Luftlandeeinheiten stellten. Die relativ kleinformatigen Operationen vergangener Tage traten in den Hintergrund, während Logistik und Aufrechterhaltung der Versorgung in den Vordergrund traten. An der Seite der DFS 230 waren nun auch weitere Lastensegler getreten, die mit einem wesentlich größeren Ladevolumen, das neben dem Transport von Truppen auch zur Verlegung von sperrigen Gütern ausgelegt war, dienen konnten.
Die DFS 230 blieb aber weiter ein fixer Bestandteil im Arsenal der Luftlandeeinheiten, wenn sie auch vermehrt für Transportaufgaben zusätzlich zu Angriffsoperationen genutzt wurde. Eine Ausnahme von dieser Regel war die Befreiung des auf dem Gran Sasso inhaftierten „Duce“. Noch einmal sollte die DFS 230 in einer Rolle brillieren, die ihr auf dem Leib geschrieben war.
Mein Modell zeigt eine DFS des Luftlandegeschwaders 1, wie sie im Jahr 1943 an der „Ostfront“ eingesetzt worden ist. Die Markierungen dafür entstammen dem Bausatz von RS Models. Zum Bausatz
Der Inhalt des Bausatzes bietet eine recht gute Basis, um zu einer ansehnlichen DFS 230 zu kommen. Die Angüsse der Kunststoffteile fallen etwas stämmig aus, was den zahlreichen kleinen und feinen Teilen zu Schwierigkeiten beim Abtrennen führen kann.
Die Passgenauigkeit möchte ich als recht gut beurteilen. Allerdings sind einzelne Teile recht verwaschen gegossen; das betrifft etwa die Darstellung der Schleppkupplung, aber auch größere Bauteile wie die Höhenflosse. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass so gut wie jedes Teil ein gewisses Maß an Nachbearbeitung benötigte, bevor es verbaut werden konnte.
Dies führte dazu, dass ich einzelne Bauteile komplett ausgetauscht habe. So wurde besagte Schleppkupplung mit Ätzteilen aus der Restekiste dargestellt, die Pitotrohre konnten aus Draht nachgeformt werden, weiters wurden die beiden Bügel an den Flächenspitzen gegen selbstgemachte Exemplare ausgetauscht. Nachdem mir die Verbindung der Flächen an den Rumpf als zu schwach erschienen ist, habe ich Metallstifte und enstprechende Bohrungen gesetzt, um eine haltbarere Verbindung zu erzielen. In ähnlicher Weise wurde auch die Seitenflosse behandelt. Hier dienen die Messingstifte aber nicht der Erhöhung der Stabilität, sondern sollen den Realitätsgrad erhöhen: die Seitenflosse wird am Original mit zwei Streben vom Rumpf auf Abstand gehalten. Dies wird im Bausatz leider nicht berücksichtigt.
Die DFS 230 von RS Models stellt zwar eine gewisse Herausforderung dar, belohnt aber die investierte Ausdauer und das Improvisiergeschick des Modellbauers mit hohem Schauwert und einem ungewöhnlichen Stück Flugzeuggeschichte in der Vitrine!
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“ Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 17. Juni 2021 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |