Dassault Mirage IVAvon Roland Sachsenhofer (1:72 A&A Models)
Das nach dem Zweiten Weltkrieg wiedererstandene Frankreich strebte vor dem Hintergrund des kalten Kriegs noch in den zu Ende gehenden Vierzigerjahren danach, zu einer Atommacht aufzusteigen. Als Teil der westlichen Welt verfolgte Frankreich den Ausbau der Streitkräfte in Hinsicht einer möglichen Bedrohung durch den Ostblock und Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes. Allerdings sollte dabei auch die Dominanz der USA zurück gedrängt und der Ausbau der „Force de frappe“ möglichst mit Produkten der eigenen Rüstungsindustrie bewältigt werden.
Diese ehrgeizigen Pläne führten Ende der Fünfzigerjahre zur Ausschreibung eines überschallschnellen Atomwaffenträgers, der eine gut fünf Meter lange und drei Tonnen schwere nukleare Freifallbombe zweitausend Kilometer weit tragen können sollte.
Dassault gewann schlussendlich das Rennen um den Zuschlag: der Siegerentwurf war eng an die erfolgreiche Dassault Mirage III angelehnt. So war schon die prinzipielle aerodynamische Auslegung als Deltaflügel gleich, freilich erforderten die andersartigen Einsatzaufgaben ein geändertes Innenleben.
Statt wie bei der Mirage III eines Triebwerks beschleunigten zwei SNECMA Atar 9K-50 Turbinen die mit Maximalbeladung 33,5 Tonnen wiegende Mirage IV auf 2.340 km/h, auch die Länge und die Spannweite waren gegenüber der Mirage III kräftig gewachsen: auf eindrucksvolle 23,49 m beziehungsweise 11,85 m.
1959 erfolgte der Erstflug des neuen Atombombers, der sich mit seinen Leistungen im Spitzenfeld vergleichbarer zeitgenössischer Entwicklungen positionieren konnte. Die Mirage IV startete mit ihrer Übernahme in den aktiven Dienst der nun „Force de dissuasion nucléaire“ benannten atomaren Streitmacht Frankreichs eine lange Karriere, die erst 1996 mit ihrem Ausscheiden aus der Rolle des Atomwaffenträgers enden sollte. Einige zum Aufklärer modifizierte Mirage IV setzten die aktive Einsatzgeschichte dieses bemerkenswerten Flugzeugs sogar noch bis 2005 fort.
Auffallend ist am Äußeren der ebenso eleganten wie eindrucksvollen Maschine die an der Rumpfunterseite angebrachte Radom-Verkleidung in Form einer leicht gebauchten Kunststoffscheibe. Dahinter sind die Radaranlagen untergebracht, die ab den ersten Vorserienmaschinen von ihrer ursprünglichen Lage in der Bugnase zur Rumpfmitte hin verlegt werden mussten. Grund dafür ist der Einbau einer Luftbetankungssonde am Bugkonus.
Die Fähigkeit zur Luftbetankung war ein fester Bestandteil im Einsatzprofil der Mirage IV als Nuklearbomber. Geplant war, eine Mirage IV als Kernwaffenträger auszurüsten, die von einer weiteren, mit zusätzlichen Tanks ausgestatteten Mirage sowie einem KC-135 Tanker begleitet wird. Versorgt vom Tanker sollten die beiden Mirage das Zielgebiet erreichen, beim Rückflug versorgt die zweite Mirage den Bombenträger dann mit ihrem Tankvorrat.
Die hervorragenden Leistungen der Mirage IV spiegelten sich auch im regen Interesse einiger anderer westlicher Staaten an Kauf und/oder Lizenzproduktion. In Großbritannien führten die Verhandlungen und die erwartete Übernahme der Mirage zum Ende des vielversprechenden und schon weit gediehenen TSR-2 Projekts, aber auch Australien und Indonesien waren an der Einführung der Mirage IV interessiert.
Am Ende führten all diese Überlegungen zu keiner erfolgreichen Übernahme. Australien, das mit der Einführung der Mirage III gute Erfahrungen machen sollte, entschied sich schlussendlich doch für die F-111. Frankreich blieb so der einzige, wenn auch langjähriger Nutzer der Mirage IV.
Mein Modell zeigt eine Mirage IVA mit der Baunummer 21 aus dem Jahr 1966. Diese Markierung stammt aus dem schönen A&A Bausatz der Mirage IV. Die Bezeichnung „schön“ bezieht sich dabei vor allem auf die Ausstattung, die eine kleine, aber sehr brauchbare Ätzteilplatine beinhaltet.
Loben darf ich auch den Decalbogen, mit dem wirklich sehr komfortabel zu arbeiten ist. Dessen Qualität hat sich mir auch beim Aufbringen durchaus heikler Teile wie etwa bei den Markierungen an der Heckfinne gezeigt. Hier müssen sie sich um scharfe Kurvenradien biegen oder über hervorstehende Bauteile schmiegen; das alles machen sie problemlos mit -und machen dabei eine wirklich gute Figur.
Weniger schön ist allerdings, was A&A hier an Kunststoffteilen liefert. Massive Passungenauigkeiten, vor allem im Heckbereich, machen forciertes Spachteln und Schleifen, Schleifen und Spachteln… notwendig. Einige Momente lang habe ich ernsthaft die Möglichkeit eines erfolgreichen Abschlusses in Frage stellen müssen. Auf der anderen Seite: Modellbauerlebnisse sind auf diese Weise garantiert, noch dazu ein besonders schönes, wenn das Ganze dann doch auch noch etwas wird!
Die Metalloberfläche dieser Mirage IV stellt eine feine Spielwiese für das sich Austoben mit Metallfarben dar. Ich habe dabei versucht, mit der reichen Palette von Alclad nicht zu übertreiben und trotzdem an den Eindruck der recht lebhaften NMF- Oberfläche von Dassaults Mirage IV heranzukommen.
Schlussendlich bin ich wirklich sehr froh, gleichsam durchgehalten zu haben und dieses große Flugzeug im kleinen Maßstab auf die Beine gestellt zu haben. Diesen Bausatz kann ich nur dem erfahrenen oder ambitionierten Modellbauer empfehlen; im Erfolgsfall ist aber ein auffallender und hocheleganter neuer Vitrinenbewohner garantiert!
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“ Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 06. Februar 2021 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |