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R.M.S. Queen Mary 2

Modellbau gegen die Uhr

von Martin Kohring (1:600 Heller)

R.M.S. Queen Mary 2

Das Original

Im Mai 1998 bitten die Leiter von Carnival Cruises, der weltweit größten Kreuzfahrtgesellschaft, den Schiffsarchitekten Stephen Payne über den Entwurf eines riesigen, mit völlig neuartigen Ausstattungen versehenen Überseeschiffes nachzudenken, um innerhalb der Flotte ihrer Filiale Cunard die berühmte Queen Elizabeth 2 zu ersetzen. Stephen Payne, leidenschaftlicher Anhänger der großen Liner aus den 1930-iger Jahren definiert daraufhin in kurzer Zeit die allgemeine Linie dieses außergewöhnlichen Schiffes, das mit einer Länge von 345 m, einer Breite von 41 m und einer Höhe von 72 Metern (was 23 Etagen entspricht) ganz einfach im Augenblick das größte Passagierschiff der Welt sein wird.

 

R.M.S. Queen Mary 2

Die Ausgangssituation

Für meinen lieben Freund Michael Klinger, der damals als Chefredakteur der Zeitschrift HobbyModellbau fungierte (leider wird diese Zeitschrift nicht fortgeführt), baute ich dieses Modell. Unglücklicher Weise war der Zeitrahmen sehr eng geknüpft, so dass ich zum Bau dieses Liners nur ca. 2 Wochen Zeit hatte, um den Redaktionsschluß nicht zu versäumen. Ich kann Euch auf alle Fälle versichern: Um das Modell zu bauen, damit es meinen Anforderungen entsprochen hätte, hätte ich mindestens doppelt so viel Zeit in Ansatz bringen müssen.

R.M.S. Queen Mary 2

Das Modell

Bereits kurze Zeit nach der Jungfernfahrt der QM 2, stürzten sich verschiedene Hersteller auf die Umsetzung des Originals als Modell. Dies waren die Firmen Heller in 1: 600, Revell in 1:400 sowie die Sammlergemeinde Carlo Marquardt in 1: 1250.

Bereits im vergangenen Sommer brachte Heller seinen Bausatz in die Regale der einschlägigen Modellbaufachgeschäfte. Fraglich ist nur, ob dieser gewonnene Wettlauf mit den anderen Herstellern sich nicht in der Qualität wiederspiegelt. Als der große, rote aufklappbare Pappkarton mit dem Kit bei mir ankam, war die Neugier groß doch stellte sich die Größe der Box für diesen Maßstab recht imposant dar. Das Innenleben der Box stellte sich wie folgt dar: ein fast ganzteiliger Rumpf aus schwarzem Plastik, mehrere Spritzlinge aus weißem Polystyrol sowie diversen Gussechten aus Klarsichtmaterial. Nicht zu übersehen war der extrem bunte Nassschiebebilderbogen, der größer als das DIN A3-Format ist und auf dem nahezu 100 Decals Platz finden.

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Eine Besonderheit des Herstellers ist, dass sämtliche Farben in mittleren und kleineren Döschen und zwei Pinsel in unterschiedlichen Stärken den Bausatz beiliegen. Es handelt sich bei den Farben um wasserlösliche Acrylfarben des bekannten Modellbaufarbenherstellers Humbrol.

Eine 44-seitige Bauanleitung im DIN A4-Format komplettieren den Bausatz. Wenn man die Spritzlinge einmal betrachtet, so ist hier beim Auspacken äußerste Vorsicht geboten. Sind doch die teilweise sehr filigranen Teilchen mit nur sehr dünnen Angüßen versehen, so dass sich diese Teile schon von alleine von den Gußästen lösen. So ist es mir natürlich auch passiert, dass einige Teile durch das „Teppichmonster“ gefressen wurden.

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Da maßstabsbedingt einige Öffnungen in Rumpf und Aufbauten sehr klein ausfallen, so dass von Seiten der Produktion hier keine Klarsichtteile möglich sind, wurde eine transparente Spachtelmasse sowie ein mit Daumen und Zeigefinger zu bedienender Rundspachtel aus transparentem Material zum Schließen dieser Öffnungen beigelegt.

Wenn man sich das Rumpfstück einmal anschaut, könnte man meinen, dass man auch ohne Bemalen auskommt. Jedoch ist der Wulstbug mit den drei Bugstrahlrudern ein separates Teil leider aus weißem Material. In dieses Teil können die Schrauben der Bugstrahlruder optional offen oder geschlossen dargestellt werden. Führt man die erste Passprobe dieser beiden Teile durch, stellt man Passungenauigkeiten in Form von nicht homogener Übergänge, die nur durch extremes Aufspachteln zu korrigieren sind, fest. Hierfür wurde die Spachtelmasse von Tamiya verwendet, die den Vorteil hat, dass sie relativ schnell aushärtet, um so zügig weiterzuarbeiten. Einen ähnlichen Schwachpunkt stellen die nach oben weitergeführten und aus zwei weiteren Teilen bestehenden Bordwände dar, die auch aus weißem Material bestehen. Diese werden direkt an der Trennkante, dort wo im Original die schwarze und weiße Trennlinie verläuft aufgeklebt und bilden so eine hässliche Naht. Auch hier ist wieder eine Spachtel- und Schleifsession nötig.

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Im Rumpfsegment gibt es eine Vielzahl von Fenstern und Bullaugen, die durch mitgelieferte Klarsichtteile gefüllt werden. Hier beginnt der erste Schritt einer sorgfältigen Planung um zum Erfolg zu kommen: die Klarsichtteile sollten nämlich erst eingebaut werden, wenn der Rumpf entsprechend mit den Farben weiß, rot, schwarz lackiert wurde sowie die Nassschiebebilder für Wasserpass, Wasserstandsmarker und Schiffsnamen aufgebracht und mit Klarlack versiegelt wurden. Als Versiegelungslack kam ein Gemisch aus Brennspiritus und Future (Future ist ein Fußbodenversiegler, der auch durch Erdalglänzer ersetzt werden kann) zum Einsatz. Damit der Rumpf schon eine Grundstabilität bekommt, wurden die ersten Decksteile sowie die beiden Querschotten mitmontiert. Damit das Modell lichtecht wird, habe ich sämtliche Innenflächen mit der schwarzen Acrylfarbe angepinselt.

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Eine wahre Herausforderung stellen die beiden seitlichen Wände der Suitenbereiche mit Balkonen dar. Nach Lackierung dieser Teile mit Glanzweiß, mussten aufgrund der fehlenden Öffnungen für diese Decals zum Einsatz kommen. Aufgrund der doch sehr langen und dünnen Abmessung der Abziehbilder ist auch hier wieder äußerste Vorsicht geboten, damit diese nicht kaputtgehen. Unglücklicherweise sieht man hier, dass Konstrukteur und Abziehbildhersteller unterschiedliche Ansichten hatten, da die Teilung der Abziehbilder häufig nicht mit den Stegen der Seitenwände übereinstimmt, was aber global nicht sonderlich ins Gewicht fällt.

R.M.S. Queen Mary 2

Für mich das größte Ärgernis sind jedoch die Klarsichtteile für den Bereich der Fenster am Pooldeck (Heck) sowie die Windschutzwände am obersten Deck. Die Klarsichtteile haben unglücklicherweise nur eine einseitige Struktur, so dass man hier die überbleibenden Fensterscheiben nur einseitig maskieren kann. Bei den größeren Scheiben ging das hervorragend mit den in Form geschnittenen Maskiertape von Tamiya. Für die Windschotts wurde ein flüssiger Abdeckfilm von der Firma Schmincke verwendet, der mit einem feinen Pinsel aufgetragen wurde, klar aushärtet und nach dem Lackieren mit einem Zahnstocher wieder abgerubbelt werden konnte. Schade, dass die Entwickler der QM 2 von Heller gerade den Bereich dieser Windschutzwände nicht genau recherchiert hatten, da die Sprossengliederung dieser Teile im Original komplett anders aussieht.

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Korrigieren kann dieses nur mit extremen Auswand und wurde bei dem Bau dieses Modells nicht berücksichtigt. Trotz meiner Planung sind einige Bereiche beim Bau an diesem Modell nicht besonders glücklich gelöst worden. So bleibt zwischen den Seitenwänden des hinteren Aufbaus und den Klarsichtteilen mit der Fensterdarstellung der Pooldecks eine weitere Fuge die es zu kaschieren gilt. Beim nächsten Modell sollte ich vielleicht das Maskiertape erst nach Korrektur dieser Fuge abziehen. Alle Holzdecks wurden mit sandbrauner Farbe Revell 89 pinsellackiert. Der Bereich des unteren Pooldecks und der Bereich der Schraubenskulpturen vor den runden Bereich unterhalb der Brücke wurden mit Ocker Revell 88 lackiert. Das Deck am Bug hat im Original eine hellbeige Antirutschbeschichtung. Diese Bereiche klebte ich ab und airbrushte sie mit einem Gemisch aus 50% braun 89 und 50% weiß 05.

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Für alle Pools gibt es auch Nassschiebebilder sowie für das Tennis- und das Basketballfeld und den Hubschschrauberlandeplatz. Der Bereich der Brücke wurde vom Hersteller etwas ungewöhnlich gelöst: auf ein Klarsichtteil wird ein dreiteiliges Decal aufgebracht, was super viel Geduld voraussetzt. Dummerweise, da ich es erst trocken lassen wollte bevor ich es versiegeln wollte, fasste ich das gerade frisch beklebte Klarsichtteil an und .......... zerrissen war es und klebe geschrottet an meinen Fingern, so dass ich, und glücklicher Weise hatte ich zwei Bausätze, aus dem anderen Bausatz das Decalblatt anbrechen musste.

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Fazit::

Der Bausatz von Heller ist günstger als der von Revell und hat weniger Teile, was gerade ungeduldigen Modellbauer, für die auch die Authentizität eines Modells nebensächlich ist zugute kommt. Einiges ist echter Puzzelkram, siehe Fenster als Decals und Bordwände aus Klarsichtmaterial. Dennoch würde ich diesen Bausatz eher bevorzugen, als das Fertigmodell von Heller, dass in Kürze auf den Markt kommt.

Martin Kohring,
IG Waterline

Publiziert am 08. März 2005

Die Bilder stammen von Michael Klinger.

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