GAL.48 Hotspur Mk.IIvon Thomas Hannecke (1:72 Ark Models)Das OriginalFort Eben Emael, die nördlichste Anlage des Festungsrings Lüttich, ist mit seinen Drehtürmen, Geschützkasematten und Nahverteidigungsanlagen 1940 der Inbegriff modernen Festungsbaus. Gerade mal ein Jahr zuvor war es fertig geworden und schützt die strategisch wichtigen Brücken über den Albert Kanal. Kein Angreifer kann es mit seiner mehr als 1000 Mann starken Besatzung aufnehmen. Glaubt man. Und dann, in den frühen Morgenstunden des 10. Mai, steht der Feind in Form von nur 85 Fallschirmjägern plötzlich direkt vor der Tür (oder genau genommen auf dem Dach). Transportiert hat sie eine der neuen Wunderwaffen des noch jungen Krieges, der Lastensegler. Etwas mehr als 24 Stunden später kapituliert das Bollwerk. Militärs in aller Welt sind entsetzt und begeistert zugleich. Dieses neue „Spielzeug" müssen sie auch haben. Gut, keiner weiß, wie er exakt aussehen und eingesetzt werden soll, aber her muss er, schnell, möglichst schnell. Bereits im Juni 1940 vergibt das Ministry for Aircraft Production den Entwicklungsauftrag für den ersten englischen Lastensegler an die Firma General Aircraft Ltd, die bis dahin hauptsächlich Sport- und kleine Transportflugzeuge gebaut hatte. Er soll ganz aus Holz bestehen und zwei Piloten in der Kanzel sowie sechs Fallschirmjäger im Rumpf befördern. Mit einer Gleitzahl von etwa 1:20 (ein damals selbst für einen Hochleistungssegler veritabler Wert) soll er gleichermaßen für die Schulung wie auch für den Kampfeinsatz geeignet sein. Die erste Hotspur Mk. I, wie die neue Maschine nun genannt wird, wird bereits im November 1940 ausgeliefert, aber ihr folgen nur ganze 18 Serienmaschinen. Seit Eben Emael ist die Katze aus dem Sack, das Überraschungsmoment verspielt. Die sich rasch entwickelnde Radartechnik trägt ihr Übriges dazu bei, dass sich das Einsatzprofil alliierter Lastensegler grundlegend ändert. Bisher sollten sie in Höhen bis 6000m ausklinken und ihr Ziel in einem lang gestreckten Gleitflug anfliegen Nach der neuen Doktrin werden sie im Tiefflug in nur 500m Höhe direkt über die Landezone geschleppt und sollen dann möglichst rasch landen, ohne unnötig lange in der Luft eine gute Zielscheibe abzugeben. Überraschung ist irrelevant, gute Auftriebswerte und Gleitzahlen passee. Konsequenter Weise werden bei der Mk. II (Specification X.22/40 und X.23/40) die Tragflächen deutlich auf nur noch 13.99m eingekürzt. Der Rumpf wird überarbeitet und erhält links und rechts Zugangstüren (bei der Mk. I sollten die Fallschirmjäger die gesamte Rumpfoberseite wie eine Schote abwerfen und über die Bordwand ausbooten). Weitere kleinere Änderungen betreffen eine vergrößerte Cockpithaube, die Sitzbänke und den Einbau eines Bremsfallschirms. Die Zuladung bleibt aber gleich - acht Luftlandesoldaten oder zwei Piloten und 850 kg Fracht. Die Produktion der Hotspur läuft Anfang 1943 aus. Bis dahin entstehen fast 1000 Mk. II / Mk. III, davon fast alle beim Möbelfabrikanten Harris Lebus. In den Krieg zieht keine dieser Maschinen - sie werden beim Glider Pilot Regiments zur Grundschulung von Lastenseglerpiloten eingesetzt, bevor diese in der Heavy Glider Concersion Unit auf die deutlich größere und schwerere Airspeed Horsa umsteigen. Im Gegensatz zur Horsa ist die Hotspur kaum außerhalb der Grenzen Großbritanniens anzutreffen. 22 gelangen 1942 nach Canada, wo eine Commonwealth Flugschule für Lastenseglerpiloten aufgebaut werden soll. Das Projekt verläuft im Sand, und niemand ist ernsthaft an einer Rückführung nach England interessiert. So landen schließlich sechs der Maschinen bei der US Navy, die sie im Rahmen ihres GLOMB (GLiding bOMB) Programms testet und schließlich verbraucht. Das ModellDas Modell der russischen Modellbaufirma Ark Models (eine mir bis dahin völlig unbekannte Größe) scheint eine Neuauflage eines alten Frog Bausatzes zu sein. Darstellbar ist die G.A.L. Hotspur Mk.II BT 615 der 2nd Glider Training School der RAF in Croughton aus dem Jahr 1941. Außerdem liegt ein zweiter Satz Decals für eine Maschine mit dem Kennzeichen BT590 bei, auf die in der Baubeschreibung nicht eingegangen wird. Die Passgenauigkeit ist, von den Rumpftüren abgesehen, gut. Der Detaillierungsgrad ist mäßig, vor allem das Cockpit ist sehr spartanisch (Boden, zwei Sitze und zwei Piloten, deren Körperlänge, umgerechnet, etwa bei 1.40m liegt). Ich habe es mit einem neu gescratchten Boden, einem Steuerknüppel, Holzleisten und zwei Piloten aus dem Set „Pilots & Ground Crew - Royal Air Force WWII" von Revell etwas aufgefittet. Trotz der großzügigen Kanzelverglasung ist davon aber am fertigen Modell nicht mehr viel zu sehen. Sehr positiv: alle Ruder liegen separat bei und lassen sich damit problemlos ausgelenkt darstellen. Die zweiseitige Bauanleitung ist angesichts der geringen Teilezahl für den Zusammenbau ausreichend, für die Lackierung allerdings nicht. Zum Glück liefert das Internet genügend Vorlagen. Das gelb / schwarz gestreifte „Hummeldesign" britischer WW II Schulsegler ist wie schon bei der Horsa ein Hingucker. Lieber aber die Unterseite von Flügel und Rumpf separat lackieren und erst dann die Teile montieren, ihre Nerven werden es ihnen beim. Abkleben danken. Ein intelligentes Design des Rumpf / Flügel Übergangs und die gute Passgenauigkeit gestatten dies ohne weiteres. Die Decals sind hauchdünn und legen sich gut an. Eine böse Überraschung hielt der Bausatz aber dann doch noch parat: der eigentlich weiße, mittlere Ring der Kokarden für die Flügelunterseite war unbedruckt und damit transparent. Statt die betreffende Stelle weiß zu grundieren, habe ich zu den Abziehbildern eines alten Airfix Bausatzes gegriffen. Die Blautöne stimmen nicht völlig überein, das fällt aber auch nicht groß ins Auge. Eher schon, dass die Rumpfkokarden viel zu groß sind. Besser auch die ersetzen - leider ist mir das erst im Nachhinein so richtig bewusst geworden. Trotz kleinerer Defizite: der Bausatz macht Spaß, und der „Exote" macht sich gut in der Vitrine, vor allem wenn er neben seinem „großen Bruder", der Horsa, parkt. Quellen
Thomas Hannecke Publiziert am 13. Dezember 2012 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |