PZL P.23B Karasvon Bernhard Schrock (1:48 Mirage Hobby)GeschichteDie Luftfahrt hat viele Konstruktionen hervorgebracht. Viele davon waren sehr gelungen und als „Beilage“ dazu auch noch wohl proportioniert. Andere wiederum sahen mehr oder weniger hässlich aus (man denke an die französischen Bomber der 30er Jahre), erfüllten aber zumindest ordentlich ihre Aufgabe. Die Karaś gehört wohl zu der zweiten Kategorie, obwohl die wenigen Maschinen der polnischen Staffeln bei ihrem Einsatz 1939 hoffnungslos veraltet und der Luftwaffe unterlegen waren. Wie dem auch sei: dieser Typ nimmt in meiner Begeisterung für die Luftfahrt eine besondere Stellung ein... Mitte der 70er Jahre brach nämlich auch bei mir die Begeisterung für den Modellbau aus und mangels Auswahl griff ich, wie jeder Modellbaubegeisterte in Danzig, nach allem, was ein fertiges Modell versprach. Zu den wenigen einheimischen Produkten (der Hersteller hieß wohl Ruch) zählte auch die Karaś in 1:72, welche eher an ein Spielzeug erinnerte. Ungeachtet dessen habe ich den Bausatz gleich zweimal „zusammengeleimt“, um ihn anschließend auf dem Regal dem Staub preiszugeben. Dreißig Jahre und mehrere Dutzend „Modelle der etwas anderen Art“ später kündigte Mirage eine Karaś in 1:48 an und das gespannte Warten begann, was wohl der Modellbauer für sein Geld bekommt. Der BausatzDie polnische Firma Mirage bringt mit der P.23 Karaś-Serie bereits die vierte Familie einer polnischen Konstruktion und verfolgt konsequent den mit der P.37 Łoś (Elch) eingeschlagenen patriotischen Weg. Hatte die Łoś als Erstlingswerk noch mit vielen Schwächen zu kämpfen, glänzte bereits die P.11 mit sehr schön wiedergegebener Wellblechstruktur. Nach der noch einen Tick besseren P.24 gesellt sich nunmehr als vierte Serie die Karaś (dt. Karausche, eine Art Karpfen) zu der 1. Liga der Großserienbausätze dazu. Sehr ambitioniert als Multimedia-Kit gestaltet, bietet der Bausatz dank der CAD-Herstellung der Formen eine hervorragende Passgenauigkeit und eine bemerkenswerte Detaillierung. Verglichen mit Produkten anderer, führender Hersteller wie Academy, Hasegawa, Revell und Tamiya (alphabetische Reihenfolge) kann Mirage mit der P.23 ohne weiteres mithalten. Eine großzügig gestaltete Ätzplatte mit wirklich sinnvollen Teilen verzichtet auf den so oft anzutreffenden und überflüssigen Schnickschnack. Resinteile für die Funkgeräte, Kamera und Kühler ergänzen den Inhalt. Wie die Erfahrung einen langjährigen Modellbauer lehrt, gibt es keine Bausätze ohne Makel, wie es auch keine Rosen ohne Dornen gibt. Dementsprechend stellt aus meiner Sicht die Oberfläche noch nicht das Optimum dar, da sie zwar sehr schön versenkt graviert ist, aber eine störende Apfelsinenhaut aufweist. Auch an den Klarsichteilen könnte Mirage ein wenig arbeiten, die zumindest bei meinem Bausatz zwar sehr dünn, aber nicht ganz schlierenfrei waren und etliche Kratzer bzw. „erhabene Kratzer“ hatten (Form beschädigt?). Auch die Abziehbilder von Techmod bergen ein gewisses Gefahrenpotential: hauchdünn und satt gedruckt, sind sie jedoch ein wenig spröde und lassen sich nach einer nicht 100%igen Positionierung kaum einen Millimeter verschieben. CockpitIn meinen Augen ist es erfreulicherweise ein weiterer Bausatz, welcher ohne zusätzliche Zurüstteile im Cockpit auskommt. Ein paar Drahtstücke, insbesondere für den Gashebel, reichen vollkommen aus. Sehr realistisch wirken das Instrumentenbrett sowie die kleinen Anzeigepanele, für welche Abziehbilder mit farbenfrohen Instrumenten vorgesehen sind. Bei der Kamera (PR4 und PR8) rate ich zu einer kleinen Modifikation: die vier „Befestigungsohren“ sind so filigran, dass sie bereits beim Aufbereiten des Bauteils abbrechen. Da sie ohnehin zu kurz sind, sollte man sie lieber gleich abbrechen und durch eine stabilere Konstruktion ersetzen, wie z.B. durch 0,4 mm starke Drahtstücke, in Bohrungen eingeklebt, am Ende flachgequetscht und mit Stückchen eines Rundstabs (0,8 mm stark und ca. 1 mm lang) ergänzt. Es ist nämlich die einzige böse Falle des Bausatzes: wird das Bauteil so, wie es der Bauplan will, befestigt, stünde das Objektiv im Freien bzw. würde man die Tragfläche nicht ankleben können. Das Problem lässt sich mit den bereits erwähnten, ein wenig längeren Rundstabstückchen einfach lösen.
ZelleDie Bauanleitung ist sehr gut, übersichtlich gestaltet und lässt kaum offene Fragen. Die einzelnen Baustufen bzw. insbesondere die Reihenfolge des Zusammenbaus sind aus meiner Sicht allerdings nicht nachvollziehbar bzw. nicht sinnvoll. Vermutlich dienen die einzelnen und vielen Baustufen nur der Übersichtlichkeit, wo welches Teil anzukleben ist. Generell empfehle ich zuerst nur die Zelle zu komplettieren und die kleinen Teile wie Hecksporn (Baustufe XIV), das MG und Verglasung (XV) ganz zum Schluss zu befestigen. Auch beim Fahrwerk und Bodenwanne ist das Vertauschen der Reihenfolge ratsam: man kann viel leichter die Bodenwanne sauber ankleben, von der Einfachheit der Lackierung des Fahrwerks ganz zu schweigen. Motor und die MotorverkleidungDas Plastikteil gibt gut den Pegasus wieder, war mir jedoch ein wenig zu grob gestaltet. Bedingt durch die neuen Lebensumstände nehme ich vieles nicht mehr so genau wie früher, aber ein Zylinder sollte schon mehr als zehn Rippen haben. Ein kurzes Grabbeln in der Grabbelkiste beförderte einen Pegasus von MDC ans Tageslicht (endlich eine Bastelstube mit einem Fenster an der richtigen Stelle!!!). Hervorragend detailliert, erhielt der Motor nur ganz wenige Teile und fand in der Motorhaube der Karaś eine neue Heimat. Aufgrund nicht 100%iger Passgenauigkeit ist es ratsam, abweichend zum Bauplan die ganze Motorhaube (inklusive der Teile 27A, 28A und 42W) zu komplettieren und erst ganz zum Schluss anzukleben. Die Festigkeit der Klebenaht zum Teil 42W kann auf der Innenseite mit einem Klecks Füllpulver und Sekundenkleber wirkungsvoll verstärkt werden. Da das Originalteil aus dünnem Blech bestand, ist ein vorsichtiges Dünnerarbeiten der Kanten angesagt.
Lackierung und MarkierungDas polnische Khaki, egal ob in der frühen oder späteren Ausführung, gehört wohl zu der Gruppe der Farbtöne, welche sehr schwer zu beschreiben sind. Diese Standardfarbe für die Oberseite der polnischen Militärflugzeuge aus den 30ern ist ein relativ helles Braungrün, welches meines Wissens kaum als fertig angemischtes Produkt zu haben ist. Wie üblich sollte das Modell mit Humbrol seidenmatt lackiert werden, und so wurde die Farbe (wie auch das Hellgraublau der Unterseite) selbst zusammengemischt. Glücklicherweise gibt die letzte Seite der Bauanleitung beide Farbtöne sehr gut wieder. Als Basis für das Khaki diente ein dunkles Seidenmattgrün (H163), welches „P mal Auge“ etwa zu gleichen Teilen mit Hellbraun H6 verrührt wurde. Groß war das Erstaunen, als die fertige Mischung ziemlich genau dem Bauplan entsprach. Dann war das Blaugrau an der Reihe, das aus H127 und einem Klecks H14 entstand.
Nun konnte der Airbrushing-Spaß im neuen Airbrushkeller beginnen. Sinnvollerweise sollte die hellere Farbe zuerst verarbeitet werden und dementsprechend wurden die wenigen, scharfen Grenzen zu Khaki mit Tamiya-Tape abgedeckt. Das Abdecken ist wegen des störenden und porösen Sprühnebels generell sehr zu empfehlen und bei einem in Eigenregie "genieteten" Modell gar notwendig. Die Nieten sind nämlich vielen Farbschichten gegenüber sehr empfindlich und verschwinden irgendwann unter der x-ten Farbschicht. Generell sollte die Dicke der Farbe überall gleich sei, um ein homogenes Nietenbild zu ergeben. Übrigens dienten als Vorlage für das "Nieten" die Dreiseitenzeichnungen des Bauplans mit Bemalungsvarianten, welche im Vergleich mit Originalfotos das Nietenmuster genau wiedergeben. So weit, so gut die Theorie. Nachdem das Hellblau deckend aufgebracht war, wurden die Blechstöße mit der leicht mit Dunkelgrau/Hellbraun abgedunkelten Grundfarbe betont (Postshading als eine Art Konkurrenztechnik zu dem Preshading) und zwar feucht in feucht. An übertrieben hervorgehobenen Stellen wurde der Postshading-Effekt mit der Grundfarbe wieder abgeschwächt. Nach dem Trocknen war das obligatorische Verschleifen dran, dem alle Staubeinschlüsse und Fussel zum Opfer fielen. Anschließend erging es auf gleiche Art und Weise dem Khaki, allerdings mit dem Unterschied, dass die einzelnen Panelbleche mit Hellbraun H6 aufgehellt wurden. Die Klarsichtteile für die runden Fenster der Wanne sind leider zu klein. Als Lösung schlage ich vor, die Bauteile so tief wie es geht mit Sekundenkleber einzukleben, bündig zu verschleifen und zu polieren. Die Wanne besteht aus einem Bauteil, welches gefaltet werden muss. Zwecks optimaler Passung musste die untere Kante leicht angefasst bzw. in Form eines leichten Bogens verschliffen werden. Oben im Bild ist die strömungsgünstige Verlängerung der Motorverkleidung mit einem Fenster zu sehen, welches gleichzeitig als Referenz für die Montage der Motorhaube dient. Falls man an dieser Stelle nicht ganz genau gearbeitet hat, lässt sich der Fehler durch das Vergrößern des Fensters zu einer Seite (wie bei mir) kaschieren. Bis hierhin lief der Bau erstaunlicherweise glatt und ohne Panne, so dass ich mich nun fragte, wann der obligatorische Klops kommt? Als nächstes stand das Aufbringen der Abziehbilder auf dem Programm, und es kam es wie es kommen musste (da habe ich wohl davor diesen Gedanken zu laut gedacht): bereits das erste auf die Pinselspitze genommene Symbol (P.23) rollte sich zusammen und war nicht mehr zu retten. Da der Bogen keinen Ersatz bot und ich unbedingt die Variante mit dem weißen Slogan bauen wollte, griff ich zum Trick 4 (Mogeln). Hat einer der Leser ohne zu lesen dieses Mogeln bemerkt? Als Fazit für das Aufbringen von Decals: der erste Versuch beim Plazieren muss sitzen. Am besten ist man beraten, wenn die Modelloberfläche mit dem „Kleber“ vom Bogen zusätzlich benetzt wird.
FazitViel Modell fürs Geld in einer sehr guten Qualität. Bedingt durch die Komplexität des Originals, viele Klarsichtteile und Ätzteile ist der Bausatz bedingt für Anfänger gedacht. Bernhard Schrock Publiziert am 13. Dezember 2010 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |