Grumman F11F-1 TigerVF-51 Screaming Eagles - Die F11F: der Tiger, der sich selbst in den Schwanz biss...von Bernd Korte (1:72 Hasegawa)VorbildUrsprünglich sollte Grummans Tiger vom Konzept her eine überarbeitete Version der erfolgreichen F9F-6 Cougar werden. Daher wurde ihr zuerst auch die Bezeichnung F9F-8 gegeben, die in F9F-9 umgeändert wurde, als die letzte Cougar-Serie erstere in Beschlag nahm. Letzten Endes hatte der Tiger-Entwurf aber weniger Gemeinsamkeiten als Unterschiede zur Cougar, so dass die Bezeichnung im April 1955 abermals geändert wurde, in F11F-1 (die F10F war schon von Grummans Schwenkflügelprojekt Jaguar besetzt). Der erste von drei Prototypen (YF9F-9) flog am 30. Juli 1954 zum ersten Mal. Die ersten 39 Serienmaschinen hatten noch eine kürzere Nase als die nachfolgenden Produktionslose. Mein Modell gehört zu den so genannten „long nose Tigers“, den 157 Flugzeugen, die als Vorbereitung für den Einbau eines Radars mit einer verlängerten Nase ausgestattet wurden. Allerdings kam es anders, und die vorgesehenen Radargeräte wurden nie installiert.
Obwohl die Tiger weniger bekannt ist als die anderen Mitglieder der Grumman Katzenfamilie und nur eine relativ kurze Einsatzzeit bei den Frontverbänden für sich verbuchen kann, steht sie doch für ein paar wichtige Neuerungen in der amerikanischen Jagdflugzeugentwicklung. So war sie mit einer Spitzengeschwindigkeit von Mach 1,2 in knapp 11 km Höhe der erste überschallschnelle Jet der US Navy. Diese neuen Geschwindigkeiten wurden auch der breiten Öffentlichkeit bewusst, als sich am 21. September 1956 eine Tiger selbst abschoss, indem der Pilot im Sinkflug einem vorher abgefeuerten Projektil hinterher tauchte, und es einholte. Der resultierende Triebwerksschaden zwang den Piloten zur Notlandung, nach der er verletzt gerettet werden konnte. Eine weitere Neuerung bestand in der Anwendung der Flächenregel, was zu der charakteristischen Wespentaille oder Colaflaschen-Form führte. Die Tiger gilt als das erste Flugzeug, bei dem dieses Konstruktionsmerkmal von Beginn an mit berücksichtigt wurde. Ein letzter Glanzpunkt in der Geschichte der Tiger war ihre Verwendung als Showbird bei den Blue Angels, dem Kunstflugteam der US Navy, sowohl in der „short nose“ wie auch in der „long nose“ Version. Bausatz1980 brachte Hasegawa diesen Bausatz zum ersten Mal mit Markierungen für die Blue Angels auf den Markt. Seit dem ist der Bausatz immer wieder mit anderen Decals aufgelegt worden. Überdies gab es den Bausatz auch als short nose Version. Hierfür legte Hasegawa dem Standardkit eine neue Resinnase bei. Die Originalnase muss dementsprechend abgesägt werden. Bei unserer long nose Version können wir uns dies natürlich sparen. Die Oberflächenstrukturen stellen sich als erhabene Linien dar, nur die Steuerflächen sind versenkt angedeutet. Der Detaillierungsgrad ist angesichts des Alters der Formen ziemlich gut. Zur Aufwertung des Cockpits benutzte ich jedoch einen Ätzteilbogen von Airwaves (AC72-115). An Außenlasten liegen je zwei Zusatztanks und zwei Sidewinder inklusive Abschussschienen bei. Man sollte jedoch beachten, dass diese unter Berücksichtigung der Flächenregel bei Grumman konstruierten Zusatztanks bei den regulären Verbänden nicht benutzt wurden.
Zu aller erst wurden die erhabenen Strukturlinien abgeschliffen und nachgraviert. Das macht zwar etwas Arbeit, aber das Ergebnis lohnt sich. Nach dieser Fleißarbeit konnte der eigentliche Bau beginnen. Das Bausatzcockpit besteht aus der Cockpitwanne, einem Steuerknüppel, einem recht einfachen Sitz und dem Instrumentenbord als Klarteil mit angegossenem Visier. Letzteres wird allerdings entfernt, da es viel zu dick ist, und durch ein Stück Klarsichtfolie ersetzt. Der Sitz bekommt Gurtzeug, Auslösegriff und weitere Details aus dem Airwaves-Set spendiert. Ebenso enthält dieses Teile zur Darstellung des Instrumentenbords, der Seitekonsolen und der Cockpitwände. Die Grundfarbe ist hier Grau FS 36231, für das ich näherungsweise Humbrol 140 benutzte. Da mir das Bemalen der Konsolen per Pinsel zu aufwändig war, wandte ich einen kleinen Trick an: Die Hauptkonsole wurde zuerst schwarz lackiert und mit einer Schicht Future versiegelt. Als nächstes sprühte ich das Grau von Humbrol auf. Wenn man nun mit einem Tuch, das mit ein wenig Verdünner getränkt ist, vorsichtig über die erhabenen Instrumente fährt, kommt das ursprüngliche Schwarz wieder zum Vorschein, da die Humbrol-Emaillefarbe wieder abgewischt wird. Die Zwischenschicht Future wird von dem Verdünner nicht sofort angegriffen und schützt das Schwarz, da Future ja quasi ein Acryllack ist. Wer nicht ohne weiteres an dieses amerikanische Produkt kommen kann, kann natürlich auch die deutschen Pendants wie z.B. Erdal Glänzer verwenden. Bei den Seitenkonsolen wurde ebenso vorgegangen. Da die zusätzlichen PE-Teile an den Seitenkonsolen und am Sitz selbst für ziemlich beengte Verhältnisse sorgen, müssen die Seiten des Sitzes dünner geschliffen werden, damit er in die Cockpitwanne passt. Das sollte man natürlich tunlichst vor jeder Bemalung oder etwa der Anwendung irgendwelcher Ätzteile erledigen. Zusammen mit etwas Zusatzgewicht in der Nase wird das fertige Cockpit in eine der Rumpfhälften eingebaut. Die Passgenauigkeit der Teile ist durchweg sehr gut und so schreitet der Bau rasch voran.
Die Lufteinlaufssplitter (Teile D1 und D2) werden vorne dünner geschliffen und schon einmal in Möwengrau und Weiß lackiert, da sich dieses Farbschema der Flugzeugaußenseite auch auf ihnen im Innern der Lufteinläufe fortsetzt. Die Kanonenbewaffnung wurde von Hasegawa etwas halbherzig angedeutet. Ich bohrte sie aus und setzte aus einem Q-Tip heißgezogene Röhrchen ein. Das metallfarbene Düsenendstück (Teil D20) wird ganz pragmatisch separat bemalt und erst ganz zum Schluss an das fertige Modell geklebt. Die gute Passung macht’s möglich. Die einteiligen Flügel haben an der Unterseite Löcher zur Aufnahme der Zusatztanks und der Raketenbewaffnung. Ich wollte mein Modell aber „clean“ bauen, was meiner Meinung nach die ästhetische Form der Tiger besser unterstreicht – und Zeit spart. Daher verfüllte ich diese mit Sekundenkleber. Wer seiner Tiger jedoch Außenlasten unterhängen möchte, sollte allerdings besser auf eine reine Raketenbewaffnung zurückgreifen, da die beigelegten Zusatztanks im normalen Einsatz wie bereits erwähnt nicht üblich waren. Wer eine volle Grabbelkiste hat, kann auch vier Raketen oder nur deren Pylone montieren. Der Zusammenbau der Flügel und des Höhenleitwerks an den Rumpf gestaltet sich problemlos, allerdings muss der Flügel-Rumpf Übergang etwas verspachtelt werden. Gleiches gilt für die Frontscheibe.
Die Schiebehaube wird für die spätere Lackierung mit etwas Weißleim fixiert. Da ich sie am fertigen Modell offen zeigen wollte, wurden im Cockpit hinter dem Schleudersitz und in der Haube selbst ein paar Strukturen aus heißgezogenen Gussästen und Ätzteilresten hinzugefügt. Wertvolle Hilfe leisten hier Detailaufnahmen des Originals, die sich im Internet finden lassen (siehe Referenzen).
Wenn man diese Arbeiten hinter sich hat, hat man bereits vier von fünf Baustufen der Anleitung erfolgreich absolviert. Man merkt, die Teilezahl des Modells hält sich in einem gut überschaubaren Rahmen. In der letzten Baustufe sollen Kleinteile wie Fahrwerk und Fanghaken montiert werden. Zweckmäßigerweise heben wir uns das aber für den Schluss nach der Lackierung auf. LackierungDie schwarze Nase macht den Anfang, danach kommen die silberfarbenen Flügelvorderkanten und Lufteinlaufskanten dran. Nachdem diese Bereiche abgeklebt sind, folgt die weiße Unterseite, für die ich Weiß 05 aus dem Revell Aqua Color Programm benutzte. Das trifft zwar nicht 100%ig FS 17875 „Gloss White“, aber Weiß war hier für mich gleich Weiß – der Fachmann möge es mir verzeihen. Bei der Oberseitenfarbe FS 36440 „Light Gull Gray“ nahm ich es hingegen wieder sehr genau. Hier kam der passende Farbton aus dem Programm von JPS Color zum Einsatz, der diese charakteristische Navy-Farbe wirklich ausgezeichnet trifft. Den leicht welligen und unscharfen Farbübergang zwischen Weiß und Grau erzielte ich, indem ich ihn mit Uhu Tac abklebte. Dieses lässt sich wie Knetgummi formen, hinterlässt aber keine Rückstände, wenn man es in einem angemessenen Zeitrahmen von einer glatten Oberfläche wieder entfernt. Für meine Zwecke rollte ich dünne Uhu Tac Würstchen und legte sie entlang der Farbverlaufskante auf das Modell. Etwas Farbnebel gelangt beim Lackieren unter die Rundung dieser Würstchen und ergibt so eine leicht diffuse Farbgrenze.
Die Hauptlackierung war somit abgeschlossen und eine Schicht Future konnte in Vorbereitung auf die Decals aufgetragen werden. Decals und AlterungUrsprünglich wollte ich mit Hilfe eines alten Microscale Bogens (72-255) eine Maschine der VF-121 darstellen, da mir deren rote Nasenmarkierung und das rote Seitenleitwerk besonders gut gefielen. Leider ließen sich die links- und rechtsseitig geteilten Nasenmarkierungen aber nicht zufriedenstellend, will sagen nahtlos, zu einem ganzen zusammenfügen. Daher schaute ich mich auf dem besagten Bogen nach einer Alternative um, die sich mir dann auch in dieser F11F-1 der VF-51 „Screaming Eagles“ eröffnete. Mit Geduld und gutem Zureden gelang es schließlich, alle Decals an ihren vorgesehenen Platz zu bekommen. Standardmarkierungen wie die Stars-n-Bars, die NAVY Schriftzüge und Wartungsmarkierungen waren auf dem Microscale Bogen nicht enthalten, so dass hier vor allem der Decalbogen des Bausatzes gefragt war. Die Stars-n-Bars waren bei Hasegawa aber – wie gewohnt – eher cremefarben als weiß und entstammen daher der Restekiste. Hier und da kam etwas Weichmacher zum Einsatz. Meine Erfahrung, dass man diesen bei Hasegawa-Decals sehr behutsam anwenden sollte, wurde einmal mehr bestätigt. Setzt man sie dem Weichmacher zu lange aus, verwandeln sie sich gerne in einen nicht mehr zu rettenden Decal-Brei. Sind alle Markierungen dort, wo man sie haben will, kann eine weitere Schicht Future zur Versiegelung folgen.
Für das Washing mixte ich mir aus schwarzer und weißer Ölfarbe plus etwas Humbrol-Verdünnung ein graues Gemisch, das ich in die Gravuren laufen ließ. Das Fahrwerk und die Schächte wurden ebenfalls damit behandelt. Zusätzlich brachte ich ein paar Alterungsspuren mit Farbpigmenten aus den Tamiya Weathering Master Sets auf.
Fast schon ein Charakteristikum für alle Tiger ist die Schmutzspur am Rumpf hinter dem Steuerbordflügel. Sie stammt von zwei Öffnungen im Rumpf, die die Kühlluft des J65 Triebwerks nach draußen ableiten. Das J65 war nicht dafür ausgelegt, den Ölanteil aus der Abluft herauszufiltern, sondern blies ihn einfach mit ab, was zu seiner Bezeichnung als „das einzige Triebwerk, das um ein Ölleck herum konstruiert wurde“ führte. Daher die mal mehr und mal weniger stark ausgeprägte Schmutzspur. Das abschließende Finish erfolgte mit Mattlack von Vallejo Model Air.
KleinkramNach der Lackierung, den Decals und dem abschließenden Finish konnten nun die vorher ausgesparten Kleinteile montiert werden, was recht problemlos zu bewerkstelligen ist. Allein die Montage des Hauptfahrwerks ist etwas kniffelig und es muss auf die korrekte Ausrichtung geachtet werden. Vergleiche mit Planskizzen und Vorbildfotos helfen hier weiter. Bei den Hauptfahrwerksklappen wird an der Vorderseite jeweils eine kleine Strebe ergänzt und die Fahrwerksbeine bekommen ein paar Leitungen spendiert, ansonsten kommt alles direkt aus der Schachtel. Den Schlusspunkt setzte dann das Ankleben der geöffneten Haube.
FazitDie F11F-1 wird in Modellbauerkreisen eher stiefmütterlich behandelt. Sei es wegen ihrer kurzen Einsatzzeit und der damit verbundenen vergleichsweise geringen Auswahl an Markierungsmöglichkeiten, oder sogar wegen der Tatsache, dass keine Tiger jemals in Kampfhandlungen verstrickt war. Dank Hasegawa hat der 72er-Bauer jedoch eine sehr gute Grundlage für ein ansprechendes Modell, und das sogar nach Wahl mit kurzer oder langer Nase. Wer lieber eine Nummer größer baut, kann die Augen nach dem 1:48 Modell von FM offen halten. In jedem Fall wird man am Ende mit einem sehr attraktiven Marinejäger belohnt, der nicht in jeder Vitrine steht.
Referenzen
Bernd Korte Publiziert am 17. Februar 2007 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |