North American T-6G Texanvon Roland Sachsenhofer (1:48 Italeri)
Wenig verwunderlich, dass bei einem Flugzeugmuster, das mit über 15.500 Exemplaren zu den meistgebauten Entwürfen der Geschichte zählt, eine große Bandbreite an Varianten und Versionen zu finden ist! Die hohen Produktionsziffern sichern der T-6 Texan bis heute mit zahlreichen erhalten gebliebenen Veteranen regelmäßige Auftritte bei Flugtagen und Rundflügen- und damit hohe Bekanntheit und Popularität.
Die North American AT-6 wurde als-Trainer entworfen und in zahlreichen Luftwaffen auch als solcher eingesetzt. Voll kunstflugtauglich und gut motorisiert verhalfen die AT-6 Texan bzw. Harvard tausenden von alliierten Fliegern zu ihrer ersten Begegnung mit fortgeschrittenen Formen der militärischen Fliegerei. Die beiden größten Nutzer, die USAAF/USAF sowie die RAF, fanden für das vielseitige Muster aber auch Verwendung als leichtes Erdkampfflugzeug.
Die T-6 konnte dabei eine Bandbreite an Waffen zum Einsatz bringen, die das Muster auch nach dem Ende des zweiten Weltkriegs für militärische Nutzer interessant bleiben ließ. In den nach 1945 an Intensität zulegenden Konflikten, die im Zuge der Dekolonisierung Afrikas, Fernostasiens und Lateinamerikas aufflammten, war der Bedarf an zur COIN- Kriegsführung geeigneten Flugzeugmaterial groß.
So setzten die Briten, vor allem aber Frankreich, Portugal oder Belgien die leicht verfügbaren und flexibel ausstattbaren T-6 zur „Aufstandsbekämpfung“, wie diese Einsätze in alter kolonialer Manier genannt wurden, ein. Die Waffenlast der T-6 in dieser Rolle war durchaus beeindruckend.
Die Franzosen etwa statteten ihre T-6 mit insgesamt vier in zwei Waffengondeln untergebrachten 7,5 mm Maschinengewehren sowie Aufhängungen für je zweimal 18 ungelenkten 36 mm Raketen, Bomben oder Napalm Behälter aus. T-6 Texans wurden von den Franzosen übrigens „Tomcat“ genannt; die Verwechslungsgefahr mit einer F-14 bleibt aber gottseidank gering.
Noch bevor der 1954 bis 1962 andauernde Algerienkrieg Frankreich Ende der 50er Jahre bis an den Rand einer Gesellschaft und Demokratie gefährdende Staatskrise führen sollte, wurden die T-6 „Tomcats“ schon in großem Ausmaß in der Bekämpfung von Bodenzielen eingesetzt. Ab 1960 sollte das Muster aber mehr und mehr von der wesentlich leistungsstärkeren T-28 Trojan abgelöst werden, blieb aber ein Rückgrat im Arsenal der in Algerien kämpfenden französischen Luftwaffe.
Mein Modell zeigt eine dieser T-6G Tomcat/ Texan, wie sie 1961 in Algerien von der EALA 3/1 eingesetzt wurde.
Die Markierungen der „Air Pluto“, wie die Maschine dank ihrer „nose-art“ genannt wurde, stammt aus der Italeri Wiederauflage des 1998 erstmals erschienen Bausatzes von Occidental. Die Formen zeigen dabei solide Passgenauigkeit. Mit der etwas derben Behandlung von Details in Cockpit oder im Fahrwerksbereich versöhnt die recht gelungene Gestaltung von Oberflächenstrukturen an Rumpf und Flächen.
Das ja recht gut einsehbare Cockpit konnte ich mit einem passenden Eduard-Set „runderneuern“, wobei auch das Fahrwerk mittels Ätzteil-Federbein-Scheren sowie der Motor mit einer kompletten Zündverkabelung profitierten. Das dem Ätzteilset beiliegende Material ist auch für die Ausgestaltung der Waffengondeln essentiell.
Bremsleitungen aus Kupferdraht sowie ein aus Blechfolie gedrehten Auspuffstutzen, der das nicht brauchbare Bausatzteil ersetzte, ergänzten die Verfeinerungsmaßnahmen.
Angemessener Aufwand ist auch in die Umsetzung einer schon etwas abgewitterten Naturmetalloberfläche geflossen: hierzu wurde in mehreren Schichten verschiedene Alclad Metalltöne aufgebracht, die zum Teil durch aufgetupfte Maskierflüssigkeit getrennt worden sind. Nach Abreiben dieser Trennschicht trat das Metall darunter wieder in Erscheinung, was bei richtigem Licht einen schön abgewitterten Gesamteindruck ergibt.
Die Decals des Bausatzes sind gut verwendbar, wenn sie auch auf einem etwas dicken und recht matten Trägerfilm gedruckt sind. Je eine dicke Schicht glänzenden Klarlacks als Basis wie auch nachfolgend als Versiegelung der Schiebebilder sorgen dafür, dass die resultierenden Oberfläche bündig abgeschlossen erscheint und ein „Silbern“ der dafür potentiell anfälligen Decals verhindert wird.
Leider lässt sich die mehrteilig aufgebaute Kanzelhaube nicht in geöffnetem Zustand zeigen; die einzelnen Elemente sind zwar korrekt unterschiedlich groß gehalten, lassen sich aber nicht ineinander schieben.
Abschließend darf ich sagen, dass mir dieses Modell mit seinen soliden Teilen und der verschnörkelten Herangehensweise große Freude hat. Cockpit und Fahrwerksbereich sprechen eine Einladung zum Nachdetailieren aus, der man sich, gemessen an heutigen Erwartungen und Möglichkeiten, nicht verweigern kann. Der Rest ist pures Modellbauvergnügen, dass sich mit der packenden Geschichte, die das kaum bekannte reale Vorbild zu erzählen hat, vermengt. Was will man mehr?
Wenn Ihr Euch selbst ein Bild vom Bausatz und dem Bauprozess machen möchtet, kommt Ihr hier zu einem ausführlichen Baubericht auf „Scalemates“. Wie immer stehe ich für Anregungen und Fragen offen: ro.sachsenhofer@gmx.at Roland Sachsenhofer Publiziert am 23. Juni 2020 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |