Martin SP-5B MarlinFliegender Fischvon Bernhard Schrock (1:72 Hasegawa)Es gibt etliche Flugzeugtypen, von denen gar kein Bausatz existiert. Dann gibt es einige, derer sich eine Firma erbarmt hat und eine sündhaft teure Scratcheinladung aus Resin oder etwas kaum Baubares in Vaku herausbrachte. Bei der Marlin hat man dagegen richtig Glück, dass Hasagawa in den Siebzigern einen Spritzgussbausatz herausbrachte. Und der ist gar nicht schlecht. Auf den ersten Blick erscheinen die erhabenen Nietenreihen etwas zu überdimensioniert, aber dem fertigen Modell stehen sie meiner Meinung nach sehr gut, wohl der Größe wegen. Apropos Größe: die Martin Marlin ist ein echter Riese und deutlich größer als die viermotorige Shinmeiwa. Daher ist es kaum zu glauben, dass die relativ klein wirkenden Motoren und Propeller diesen Koloss aus dem Wasser wuchten konnten. Mehrere Farbschemata waren für die Marlin typisch: Seablue über alles, Seablue unten und Weiß oben, Engine Grey unten und Weiß oben sowie Möwengrau unten und Weiß oben. Selten war ein bunter Farbtupfer zu finden, mit Ausnahme der wenigen Trainingsmaschinen der VP-31, zu welchen auch die Maschine mit der Bu.-Nr. 137931 gehörte. Und genau diese hat es mir angetan. Wohl aber nicht nur mir: auch den Leuten von Caracal Decals, die einen Bogen herausbrachten, mit dessen Hilfe sich auch die 137931 markieren lässt. Leider hat sich der Bogen als vergriffen entpuppt, so dass ich die Markierungen selber machen durfte bzw. musste. Die Martin Marlin ist ein waschechtes Flugboot: für die Handhabung auf dem Land war ein spezielles "beaching gear" konzipiert, welches im Wasser vor dem Heraufrollen an Land montiert werden musste. Sinnvollerweise schwimmen sollte es auch und daher die rechteckigen Behälter. Grün rechts und rot links. Bei dem Orange handelt es sich um "Fluorescent Orange", welches es von Humbrol unter der Nummer 209 gibt. Pur aus der Dose lässt es sich nicht gut verarbeiten bzw. deckt schlecht bis gar nicht. Daher griff ich auf die altbewährte Technik zurück, es mit Seidenmatt Rot von Humbrol (H132) im Verhältnis 1:1 zu mischen. Unter der rechten Tragfläche war ein Suchscheinwerfer angebracht. Mit einem auf der rechten Seitenkonsole installierten Joystick konnte er in beiden Ebenen geschwenkt werden. Es ist besser, den Rumpf dicht zu lassen und ihn nicht durch irgendwelche Schachtklappen dem Wassereinfluss auszusetzen. Daher haben die Konstrukteure in den verlängerten Motorgondeln Platz für die Abwurflasten geschaffen und für den Beobachter eine besondere Kuppel für die Sicht nach unten spendiert. Dazu aber mehr etwas später. Der Laufbereich auf den Tragflächen und der Höhenflosse ist durch helle Streifen markiert. Mir schien dieser Job via Airbrush leichter zu bewerkstelligen als mich mit Abziehbildern abzumühen. Der Arbeitsplatz des hinteren Beobachters. Bei normalen Missionen saß der Beobachter auf einem Drehstuhl und hatte einen hervorragenden Ausblick nach hinten, oben und zu beiden Seiten. "Und was ist mit dem Blick nach unten?", werden Sie sich vielleicht fragen? Die nach hinten zeigende Kuppel beherbergt kein Radar (das dachte ich auch, bevor mir ein ehemaliger Marlin-Pilot das fast 500 Seiten umfassende Manual zusandte). Die Kuppel hat unten ein Fenster und beherbergt eine Liege, auf der der Beobachter liegen und nach unten Ausschau halten konnte. Die fünf Ringe gehören zum MAD-System (Magnetic Anomaly Detector) und haben mir im Modell ziemliche Kopfschmerzen bereitet. Lange Zeit wusste ich nicht, wie ich die Ringe hinsichtlich des richtigen Durchmessers und der Dicke gestalten sollte. Bis mir die Idee kam, mit dem selbstgebauten Kreisschneider die Ringe aus 0,13 mm starkem Plastik zu schneiden. Es waren nur acht Versuche notwendig, um fünf brauchbare Ringe herzustellen. Unter jeder Tragfläche war ein ausklappbarer Landescheinwerfer angebracht. Im Bausatz fehlten diese Elemente und wurden mit einem gepressten Alu-Kreis (Reflektor), einem Stück Acrylrundstab (Leuchtmittel) und einer Scheibe Plastik nachgerüstet. Die Räder und das Fahrwerk sind im Bausatz recht gut. Die Felgen sind bei den Rädern kurioserweise unterschiedlich und man muss aufpassen, die Räder richtig mit den vier Felgenteilen zu bestücken. Laut Manual wurden die Propellerblätter elektrisch enteist. Zu gern hätte ich gewusst, wie die Übertragung der elektrischen Leistung zu dem Propeller erfolgte. Wohl induktiv, da ich mir nicht vorstellen kann, dies mit Schleifkontakten zu realisieren. Das System war sehr ausgeklügelt: jeweils zwei gegenüberliegende Blätter wurden in Reihe geschaltet, um bei Ausfall eines Kreises eine Unwucht durch asymmetrisch enteiste Blätter zu vermeiden. Das Wright R-3350 Turbo Compound mit 3750 PS Dauerleistung. Eines der stärksten Kolbentriebwerke der Geschichte. Je sechs Auspuffrohre mündeten in eine Turbine, welche über ein Getriebe ca. 250 PS auf die Welle übergab. Es ist kaum vorstellbar, aber die Marlin konnte mit einem Motor nach Hause kommen. Die Anweisung sah beim Ausfall eines Triebwerks den Notabwurf aller in den Gondeln mitgeführten Waffen und sonst von allem an Bord überflüssigem Equipment vor... So einen "Trümmer" mit einem Motor in der Luft zu halten: Hut ab, Mr. Martin! Alle an der Entstehung des Modells Interessierten sind eingeladen, hier zu schauen.
Bernhard Schrock Publiziert am 27. November 2017 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |