USS Sterope (AK-96)Transportschiff der „Crater“-Klassevon Frank Ilse (1:350 Trumpeter)Die chinesische Firma Trumpeter ist bekannt dafür, mit ihren Modellen gern Neuland zu betreten. Als vor rund einem Jahr ausgerechnet ein Liberty-Schiff im Programm auftauchte, sorgte das für große Überraschung. Die Fachwelt reagierte schließlich mit einem allgemeinen „Warum nicht?“. Martin Kohring hat den Bausatz ja bereits auf Modellversium vorgestellt. Doch wie das so ist: Zwischen Blick in die Schachtel und Bau des Modells ist doch meistens ein Unterschied. Gerade bei Trumpeter-Modellen. Was im Karton nett aussieht, muss deshalb nicht auch einfach zu bauen sein. Ein paar grundsätzliche Bemerkungen: Der Bausatz hat eine Wahlmöglichkeit zwischen Vollrumpf und Wasserlinienmodell. Wer sich für die Wasserlinie entscheidet, läuft Gefahr, dass sein Modell anschließend nicht plan liegt. Bug und Heck neigen dazu, abzusacken. Das ist offensichtlich ein Konstruktionsfehler, denn Modellbaufreund Dirk Mennigke hat mit seinem Exemplar dieselbe Erfahrung gemacht. Wer Vollrumpf baut, hat die Probleme nicht. Bug- und Hecksegment werden gesondert aufgesetzt, einschließlich Deck. Das ist für ein Schiff mit einem durchgehenden Deck eine ziemlich blöde Konstruktion, denn sie bringt Einiges an Schleiferei an zwei gut sichtbaren Decksnähten mit sich. Hinzu kommt, dass die Passform schlecht ist und deshalb zusätzliche Schleifarbeiten an der Verbindungsnaht zwischen Schanzkleid und Rumpf anfallen. Und das bei einem Schiff, an dem Rumpf und Schanzkleid homogen ineinander übergehen. Die Abdeckungen der Frachtluken sind zu prominent. Im Original waren es Metallbänder, die eine darunter liegende Persenning hielten. Wer die Deckel sichtbar lässt, sollte die Bänder dünn schleifen. Bei meinem Schiff fällt das nicht ins Gewicht, da die Lukendeckel unter Ladung verschwinden. Der Schornstein ist komplett falsch. Ich habe das erst gemerkt, als der Bau schon ziemlich weit fortgeschritten war und habe den runden Abgaszug nicht mehr korrigiert. Im Original ist der Schornstein oval. Zur Korrektur müsste dann auch die Schornsteinbasis auf dem Deckshaus abgeschliffen werden. Doch die eigentliche Achillesferse des Bausatzes ist ausgerechnet auch der größte Hingucker: Die Lademasten. Das Elend fängt mit der Mastbasis an, die einfach eine katastrophale Passform haben. Die Schleifarbeiten sind so kompliziert und umfassend, dass die angeformten Türen und Ösen die Prozedur kaum überstehen. Die Ladebäume sind weich und biegen sich unter Zug sofort, ein Problem, wenn getakelt wird. Wenn man denn weiß, wie getakelt werden soll. Denn eine Anleitung dafür sucht man auf dem ansonsten sehr übersichtlichen Bauplan vergebens. Wer sich heute diesen Bausatz zulegt, sollte 45 Euro für den Zurüstsatz der französischen Firma L’Arsenal anwenden. Dieser Satz korrigiert mit neuen Frachtluken, einem neuen Schornstein, Flakständen und Geschützen die Fehler des Trumpeter-Bausatzes und liefert obendrein einen hervorragenden Fotoätzsatz. Bei freundlicher Nachfrage packt Jacques Druel vielleicht auch noch seine aus Messing gedrehten Ladebäume dazu….. Dann steht dem Bau eines schmucken Libertys nichts mehr im Weg. Ich habe dagegen im Januar mit meinem Bau angefangen. Und da war als Zurüstsatz nur der von Toms Modelworks auf dem Markt: Ein Satz Fotoätzteile aus weichem Messing mit einer Bauanleitung, die wenigstens ein wesentliches Problem beseitigt: Sie hat einen Takelplan für die Lademasten. Der Zurüstsatz wertet das Modell deutlich auf und ist mit 20 US-Dollar auch noch bezahlbar. Wer mehr will, sollte bei Gold Medal Models zuschlagen. Loren Perry von GMM brachte seine Platine im Frühjahr heraus, da war mein Bau schon weit fortgeschritten. Trotzdem habe ich mir den Satz auch noch bestellt, denn er enthält zusätzliche Feinheiten wie filigrane Blöcke, Spannschrauben für die Wanten, Munitionskräne oder Ruderblätter und Riemen für die Beiboote, die ich auch für andere Projekte verwenden kann. Wer sich für Toms entscheidet, kann auf den GMM-Satz durchaus verzichten. Der eigentliche Bau des Schiffs bereitet, von den bereits genannten Schwachpunkten einmal abgesehen, keine weiteren Probleme. Ich baue normalerweise meine Schiffe in einzelnen Abschnitten, die dann am Schluss zusammen gefügt werden. Diese Bauweise bietet sich beim Trumpeter-Liberty ebenfalls an. Der Rumpf ist ein Bauabschnitt für sich, der auch als eine Einheit lackiert werden kann. Darauf setzt man dann die Winschen, die Masten und die Deckshäuser an Bug, Heck und Mittschiffs, die ebenfalls vorher gebaut und bemalt werden können. Die Endmontage der fertigen Baugruppen ergibt dann das Endprodukt. Diesmal allerdings entschied ich mich für einen anderen Weg und baute das gesamte Schiff vor der Bemalung, einschließlich Fotoätzteilen und Takelage. Das ging nur deshalb problemlos, weil der Anstrich das trübe Measure 21, Navy blue über alle Flächen, werden sollte. Der Rumpf wurde nach Anleitung gebaut und die Platte für die Wasserlinien-Version untergesetzt. Anschließend baute ich die Luken samt Deckel zusammen und klebte sie über den vorgesehenen Öffnungen an Deck. Auch die zehn Winschen für die Ladebäume wurden nach Anleitung gebaut und an Deck geklebt. Die Lademasten wurden zusammengebaut und nach intensiver Spachtelarbeit noch intensiver verschliffen. Anschließend rüstete ich die Masten mit den notwendigen Blöcken für die Takelage aus dem Ätzsatz von Tom’s aus, klebte neue Türen auf und führte Leitern an den Masten hoch. Die Toppen bekamen die Baumhalterungen von GMM und die Reling dazu. Der achtere Mast erhielt noch eine Stenge aus Messingstab, 0,8 mm, an dem eine Ausguckplattform aus dem Ätzsatz von Tom’s befestigt wurde. Alle Masten wurden zunächst beiseite gelegt. Das achtere Deckshaus wurde nach Anleitung zusammengebaut. Anschließend beklebte ich die Vorderseite mit einer dünnen Lage Papiertaschentuch, die ich mit Weißleim tränkte, der vorher stark mit Wasser verdünnt worden war. Schmale Streifen des Papiertuchs klebte ich auch um die 20 mm Flakstände an Heck und Hauptaufbau. Warum?? Nun ja, beim Bau der Liberty-Schiffe kamen auch Betonelemente zum Einsatz, darunter einzelne Wände der Aufbauten und die Flakwannen. Und die raue Betonoberfläche lässt sich mit dünnen Lagen eines Papiertaschentuchs hervorragend nachbilden. Flak, 5-Zoll-Geschütz und Details wurden aus dem Bausatz genommen und mit Teilen aus den beiden Fotoätzsätzen verfeinert. Anschließend montierte ich das achtere Deckshäuschen auf dem Rumpf. Ähnlich ging es mit den zentralen Aufbauten und der Brücke. Auch in diesem Fall Zusammenbau nach Plan und Verfeinerung mit Ätzteilen aus beiden Sätzen. Zusätzlich bohrte ich einige der Türen auf, um sie anschließend am Modell offen darzustellen, immerhin war mein Schiff im Zentral- und Südpazifik im Einsatz und Klimaanlagen gab es damals nicht. Ein besonderes Vergnügen war es, den filigranen offenen Steuerstand über der Brücke aus den Fotoätzteilen von Tom’s zu bauen. Sogar ein winziges Steuerrad, ein Kompasshäuschen und ein Fahrtstand sind dabei! Davits und Boote wurden montiert, wobei ich drei der Boote mit einer „Persenning“ aus Papiertaschentuch abdeckte, um die hässlichen Sinklöcher am Boden der Boote zu verdecken. Die fotogeätzten Niedergänge, Reling und Leitern bringen die Aufbauten richtig zum Leben. Jetzt ging ich daran, das Deck weiter auszurüsten. Am Schanzkleid wurden innen die Tankentlüfter vom GMM-Satz angebracht und auf dem Deck wurden Bohlen ausgelegt, zwischen denen anschließend die Fahrzeuge stehen sollten, die das Schiff geladen hat. Dafür verwendete ich Styrene-Profile, 1mm Vierkant. Wie die Balken an Deck gesetzt wurden, entnahm ich unterschiedlichen historischen Aufnahmen von beladenen Liberty-Schiffen. Weitere Bohlen wurden auf den Ladeluken verlegt, für kleinere Fahrzeuge und Paletten. Zwischen die Bohlen setzte ich probehalber die Fahrzeuge: Lkw, Dukw und Jeeps, alle von der Firma GHQ, die eigentlich Fahrzeuge und Figuren für die Freunde des Wargaming herstellt. Sie sind deshalb auch ungefähr im Maßstab 1:300. Doch der Größenvergleich mit meinen 1:350 Figuren ergab so geringe Abweichungen, dass ich die leichte Übergröße im Millimeterbereich für die hohe Detailgenauigkeit der Fahrzeuge in Kauf nahm. Anschließend ging ich daran, die Masten zu setzen, von achtern nach vorn. Getakelt habe ich nach der Zeichnung auf der Anleitung von Tom’s mit dünner Vorfachschnur aus dem Angelbedarf. Beim vorderen Mast bin ich davon leider abgewichen und habe dort teilweise dünne Kupferlitzen verwendet. Mit dem Ergebnis bin ich allerdings nicht zufrieden. Als letzte Baugruppen wurden die Aufbauten in der Schiffsmitte montiert und die Bugplattform mit dem 3-Zoll-Geschütz. Abschließend wurden noch Funkantennen und die Flaggleine getakelt. Jetzt ging es an die Bemalung. Laut Vorschrift hatte Measure 21 zwei Farben: Navy Blue über alle senkrechten Flächen und Deck Blue auf dem Hauptdeck. In der Realität verschmolzen allerdings die beiden Grau-Blauen Töne durch Einfluß von See und Wetter miteinander, hellten sich auf und glichen sich einander an. Ich entschied mich also, zunächst eine Schicht Navy-Blue (WEM Colocoat) über alle Flächen zu spritzen. Gesagte, getan – nun war mein schönes hellgraues Schiffchen mit diesen wunderbaren Messingteilen mit einem Schlag dunkel Graublau und hässlich. Ich machte es noch hässlicher. Zunächst wurde der Grundton mit Light Ghost Grey aufgehellt und unregelmäßig über Rumpf und Aufbauten gespritzt. Dadurch ergab sich ein erster Verwitterungseffekt – ausgebleichte Farbe. Anschließend kamen die von mir so geliebten Pastellkreiden ausführlich zum Einsatz. Schwarz, Rostbraun, Hellblau und Hellgrau sind die vier Farben, die mit dem Pinsel trocken in unterschiedlicher Dichte und Intensität aufgetragen wurden. Schwarz und Rostbraun überall dort, wo sich Dreck und Rost auf einem Schiff sammeln: Innen am Schanzkleid, an der Bordwand unter den Speigatten, entlang der Wasserlinie und an den Winschen. Die hellen Farben dienen dazu, Kanten hervorzuheben, erhabene Flächen aufzuhellen und auf diese Weise den dreidimensionalen Effekt zu verstärken. Hellbraune Pastellkreide und Holzfarbe wurden im Trockenmalverfahren über die Balken an Deck gezogen, damit es aussieht, als ob das Holz unter abgeschabter Farbe hindurchschimmert. Zum Schluß erhielt der ganze Dampfer eine Schicht Mattlack (WEM matte varnish), die die Pastellkreide versiegelt und für einen schönen Verwaschungseffekt sorgt. Jetzt fehlte nur noch Leben in der Bude. Dafür sorgen Decksladung und Besatzung. Die Ladung besteht aus etlichen Fahrzeugen, die ich zunächst in Mittelgrün von Modelmaster spritzte. Anschließend wurden mit einem Washing aus stark verdünnter Wasserfarbe die Tiefen betont. Trockenmalen mit einem hellen Grünton brachte den endgültigen 3-D-Effekt hervor. Die Scheiben der Fahrzeuge wurden mit transparent Blau (Revell) bemalt. Nachdem ich die fertig bemalten Fahrzeuge an Deck gesetzt hatte, baute ich noch einige Frachtpaletten aus Holzleisten, die aus dem historischen Schiffsmodellbau stammen. Auch die Kisten an Deck sind entsprechend geschnittene Stückchen von Holzleisten. Die Drainagerohre schnitt ich aus einem 2 mm Alu-Röhrchen. Als Halteseile wurde Kupferlitze verwendet. Schließlich nahm ich noch rund 50 Mann der wunderbaren unbemalten Figuren, die uns von Preiser über Martin freundlicherweise zur Verfügung gestellt worden sind – im Handel gibt es sie leider noch nicht (hoffentlich bald) - und malte sie entsprechend an: Khaki für Offiziere und Chief Petty Officers, hellblaue Hemden, dunkelblaue Hosen und weiße Mützen für Mannschaften und Petty Officers. Sie wurden so an Deck verteilt, dass eine Szene beim Ankerwerfen wiedergegeben wird: Brücke bemannt, Ankerpersonal auf der Back und viele, viele an der Reling, Blick Richtung Land. Fertig! Mit einigen Unterbrechungen hat der Bau rund ein halbes Jahr in Anspruch genommen. Es ist eine aufwändige Fummelei, doch am Ende wird man mit einem Modell belohnt, das abseits der üblichen Kreuzer, Schlachtschiffe und Flugzeugträger liegt und deshalb für mich so reizvoll ist. Frank Ilse Publiziert am 08. Dezember 2005 © 2001-2024 Modellversium Modellbau Magazin | Impressum | Links |